Seneca schien zu verstehen, oder sie zumindest nicht zu verurteilen. Lucia lächelte erleichtert. Sie glaubte sogar aus seinen Worten lesen zu können, dass er es gutfand, dass jemand seinem Verwandten schrieb. Dabei kam jedoch eine sehr überraschende Information ans Tageslicht: "Er hat einen Sohn?!", echote Lucia ungläubig. "Wer ist denn die Mutter?" Sie runzelte verwirrt die Stirn. War das etwa dieses unscheinbare Mädchen, mit dem sie Avianus an der Hochzeit gesehen hatte? Warum war das überhaupt so wichtig? War Lucia etwa ein wenig eifersüchtig? Bei der Selbsterkenntnis blinzelte Lucia verwirrt. Sie hatte doch überhaupt kein Anspruch und erst recht kein Interesse an Anvianus. Warum empfand sie dann so? Ach, diese blödsinnigen Gefühle.
Und schon traf Lucia die nächste große Neuigkeit: "Tribunat? Tribunat im Sinne von, er ist ein Tribun?" Das hatte Lucia seltsamerweise noch weniger erwartet als ein Kind. Ein Kind konnte mal passieren. Gerade Männer waren, was das anbelangte, alles andere als vorsichtig und wenn eine Frau davon profitieren konnte taten manche auch gerne unvorsichtig und verlangten dann nach Unterstützung des Kindvaters. Diese Geschichten passierten immer und immer wieder. Aber Avianus ein Tribun? Lucia schüttelte ungläubig den Kopf. Nicht, dass sie es ihm nicht gönnte, aber sie hätte es wirklich, wirklich nie erwartet!
"Manchmal?", wiederholte Lucia wehmütig lächelnd. "Es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendwelche Gedanken an die Heimat kommen. Es ist hier so anders. Alles ist hier so anders. Selbst die römischen Dinge sind hier anders. Wer würde Rom da nicht vermissen?" Sie gestikulierte zum Fenster. "Nicht nur die Stadt, sondern auch das Wetter..." Sie seufzte. "Aber da ich, im Gegensatz zu dir nicht selbst irgendetwas aktiv daran ändern kann..." den Rest ließ Lucia einfach offen und ignorierte auch den Teil der Frage, der auf das Einleben hier abzielte. Manchmal war es besser nicht die Wahrheit zu sagen.