Beiträge von Tiberia Lucia

    Arsinoe kam mit einigen Briefen ihrer Herrin beladen herein. Sobald sie an die Reihe kam, begann sie die verschiedenen Briefe auseinander zu klauben: "Der hier geht nach Ostia, diese nach Alexandria, dieser nach Mantua und die anderen alle nach Roma"


    Sim-Off:

    zwar ein Jahr verspätet von mir, aber besser spät als nie




    An Augusta Veturia Serena
    Palatium Augusti
    Roma, Italia


    Verehrte Augusta,


    ich schreibe dir aus einem Land, das aktuell wie unter einer weißen Decke schläft. So viel Schnee hab ich noch nie in meinem Leben auf einmal gesehen. Aber alles der Reihe nach.


    Für deine irgendwann ausstehende Reise in den Norden möchte ich dir von der Route, die wir gewählt haben abraten. Ich kann mir nur ausmalen, welche Ungemach einem bei der Benützung eines Schiffes für einen Abschnitt der Reise bereitet. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es unangenehmer sein kann, als auf Wochen in einem Reisewagen unterwegs zu sein. Ich bin froh darum gewesen Decima Seiana und die junge Esquilina – Marcus Iulius Licinus‘ Mündel - als Gesellschaft dabei gehabt zu haben und auch die Musik und verschiedene Lesungen haben mir die Zeit vertrieben, aber irgendwann wird selbst der unsterbliche Ovid öde. Ich konnte es selbst kaum glauben!


    Germania Superior ist ein Land gespalten zwischen zwei Welten. Die Menschen erscheinen mir sehr herzlich, aber im Gegensatz dazu, was ich von anderen Provinzen gehört habe, nehmen sie von der römischen Lebensart nur das Nötigste an und legen übermäßigen Wert auf ihre Kultur, die scheinbar viele als überlegen betrachten. Natürlich gibt es hier auch viele echte Römer und auch Soldaten im Ruhestand aus den verschiedensten Regionen des Reiches. Aber die Germanen stechen allein schon durch ihren Kleidungsstil hervor.
    Es gibt hier wunderbare römische Anlagen, Bäder, Tempel, natürlich kommt nichts an den Glanze Roms heran, aber man kann ihnen auch keinen großen Mangel nachsagen. Nein, man kann den Planern und Bauern Mogontiacums wahrlich keinen Vorwurf machen. Es ist das Wetter, der frühe Untergang und späte Aufgang der Sonne und die Lebensart einiger Einheimischen, die dem Ort einiges an Reiz nehmen. Es ist wirklich erstaunlich: Wenn man sich mit de Sonnenaufgang erhebt und seiner alltäglichen Morgentoilette nachgeht ist es, wenn man fertig ist, schon fast Mittag! Vier Stunden später senkt sich die Sonne dann schon wieder über den Horizont, um in das unglaublich lange dauernde Dämmerlicht überzugehen, ehe es wieder dunkel wird. Auch brauchst du unbedingt ein, nein eher mehrere Felle und warme Mäntel, wenn du den Norden besuchst! Vor zwei Tagen hat es begonnen zu schneien und es wirkt nicht so, als ob es irgendwann bald aufhören mag. Die Kälte kriecht durch jede Ritze und damit meine ich nicht die aus Rom bekannte Kühle, die mit dem Winter kommt, ich meine eine beißende Kälte, die in Nase, Wangen und jedes freie Zipfelchen Haut sticht.
    Mir wurde versichert, dass es wie um die Dunkelheit des Winters auszugleichen im Sommer dafür umso länger hell ist und warm, ohne die unangenehme Hitze die man aus Rom kennt. Ich gebe dir diese Worte weiter, ohne eine eigene Meinung dazu zu äußern, denn noch habe ich diese Seite des Nordens noch nicht kennenlernen dürfen. Bona dea, ich hoffe es ist wahr!


    Die Stadtverwaltung scheint, auch ohne die ständige strenge Hand eines gesunden Stadthalters, in den letzten Monaten effektiv weitergearbeitet zu haben. Es gab keine großen Mängel hinter denen mein Mann direkt nach seiner Ankunft aufräumen musste, nur die Regia ist kaum repräsentativ und scheint mir in den letzten Monaten nur wenig bis gar nicht gepflegt worden sein. Aber dessen werde ich mich persönlich annehmen, sobald der Frühling irgendeine Art der Arbeit außerhalb der beheizten vier Wände zulässt. Überhaupt scheint das Leben der Stadt es hier den Tieren des nahen Waldes im Winter gleich zu tun und schlafen zu gehen, um auf den Frühling zu warten. Mein Gatte lässt sich dadurch aber nicht davon abbringen die Provinz auf dem Pferd zu bereisen. Er regelt Angelegenheiten lieber vor Ort, als alle Beteiligten zu ihm kommen zu lassen.


    Zu guter Letzt möchte ich dir von meiner kleinen Aquilina berichten. Sie ist Valas Augenstern und macht sich prächtig. Ich fürchte es dauert nicht mehr lange und sie ist deiner Wiege entwachsen. Das kalte Wetter scheint sie kaum zu beeinflussen und, den Göttern sei Dank, hat sie eine scheinbar unzerstörbare Gesundheit. Nachdem meine Kleine bei unserem Treffen so begeistert von den bunten Bändern gewesen ist, hat sie nun auch hier welche über ihrem Platz hängen. Ihr Anblick zaubert mir jedes Mal aufs Neue ein Lächeln ins Gesicht.


    Aquilina und ich senden dir die besten Grüße,
    Tiberia Lucia



    Marcus Iulius Dives
    Domus Iulia
    Roma, Italia


    Mein guter Dives,
    du glaubst ja nicht wie es die Seele freut ein paar Zeilen aus der Heimat zu bekommen, noch dazu von einem so liebgewonnenen Freund.
    Auch ich hätte mich über ein letztes Mahl in deinem gastfreundlichen Zuhause gefreut doch die Umstände ließen es leider nicht zu. Ich möchte nicht in das müßige „was wäre wenn“ versinken und wechsele deshalb bewusst das Thema.


    Mein Aquilina nahm deine Grüße mit einem Trommelfell-malträtierendem, fröhlichen Quietschen auf, was ich als Zeichen ihrer Zuneigung dir gegenüber werte und dass sie dir herzliche Grüße zurücksenden möchte.


    Von Callistus kann ich dir keine Grüße schicken, vielmehr wollte ich gerne über dich welche an ihn vermitteln. Ich habe schon eine Weile nichts von ihm gehört und vielleicht könntest du ihn überzeugen doch mal seinen Verwandten und Freunden in Germania zu schreiben. Er ist in Rom geblieben. Es verwundert mich ehrlich gesagt, dass du davon ausgehst er wäre mit uns gezogen. Aber es heißt ja auch, dass er nicht negativ auf sich aufmerksam gemacht hat. Dafür möchte ich dankbar sein.


    Das Wetter in Germanien ist noch ungastlicher, als es immer beschrieben wird. Hier liegt so viel Schnee, das kannst du dir nicht vorstellen. Alles ist weiß und kalt. Die Kälte kriecht durch jede Ritze. So kalt hab ich es noch nie erlebt! Zwar wird mir immer wieder versichert, dass es sich bei dem Wetter auch in Germanien um eine Ausnahme handelt, aber glauben kann ich es nicht wirklich. So warte ich ungeduldig auf den Frühling und hoffe, dass es dann angenehmer wird.


    Ich sende dir nur die besten Wünsche nach Rom! Wenn die Rennen wieder beginnen, feuere Veneta für mich mit an!
    Vale bene
    Lucia



    Luca schüttelte langsam und ungläubig den Kopf. Dabei blieb einer ihrer Ohrringe im Pelz hängen. Eine sehr weiße, sehr kalte Hand fädelte sich unwillig aus dem warmen Versteck der Kleidung und löste in einer ungeduldigen Geste den Ohrring vom Fell.
    Sie glaubte nicht, das Bild hier vor sich großartig kommentieren zu können. "Willst du, dass sich unsere Tochter den Tod holt?", fragte sie deshalb nur mit entsetzter Stimme und machte eine ruckartige Kopfbewegung. Sekunda tauchte mit einer warmen Decke aus dem Hintergrund und wickelte diese rasch um die ohnehin schon dick eingepackte kleine Duccia.
    Lucia musterte währendessen ihren Gatten abschätzig, schüttelte nochmal den Kopf und sprach: "Du lässt die ganze Wärme raus!" Das sollte doch wohl als Hinweis genügen. "Hast du schon gefrühstückt?"

    Oh nein! Er hatte Esquilina in Schwierigkeiten gebracht! In grässliche Schwierigkeiten! Sie hatte ihm doch gesagt, dass ein Mädchen nicht in ein Legionslager gehört! Das durfte doch nicht wahr sein! Eine Lungenentzündung?! Lucias sonst so beherrschtes Gesicht spiegelte wilde Emotionen , die bei Unglaube begannen, dann Überraschung streiften, in Wut, Entsetzen und einem Hauch Enttäuschung überging und dann nur noch tiefe Sorge ausdrückten. Es ging ihr besser? Irgendeine germanische Wilde, die sich Obestrix schimpfte behauptete sie könne einem armen Mädchen mit Lungenentzündung helfen? Das musste Lucia selbst sehen!


    „Hast du… Bring mich… Sie ist…?“, Lucia räusperte sich, straffte unter ihrem Pelz die Schultern und verlangte: „Beeil dich mit deinem Opfer und dann bring mich zu ihr!“ Kurz zögerte sie. „Nein, noch besser, ich komme gleich mit und bringe ebenfalls ein Opfer für sie!“ Sie nickte sich selbst bestätigend zu. „Und komm mir jetzt nicht damit, dass sie Ruhe bräuchte. Die werde ich ihr nicht nehmen!“, versuchte sie einem weiteren möglichen Einwand zuvor zukommen.


    Mein guter Dives,
    du glaubst ja nicht wie es die Seele freut ein paar Zeilen aus der Heimat zu bekommen, noch dazu von einem so liebgewonnenen Freund.
    Auch ich hätte mich über ein letztes Mahl in deinem gastfreundlichen Zuhause gefreut doch die Umstände ließen es leider nicht zu. Ich möchte nicht in das müßige „was wäre wenn“ versinken und wechsele deshalb bewusst das Thema.


    Mein Aquilina nahm deine Grüße mit einem Trommelfell-malträtierendem, fröhlichen Quietschen auf, was ich als Zeichen ihrer Zuneigung dir gegenüber werte und dass sie dir herzliche Grüße zurücksenden möchte.


    Von Callistus kann ich dir keine Grüße schicken, vielmehr wollte ich gerne über dich welche an ihn vermitteln. Ich habe schon eine Weile nichts von ihm gehört und vielleicht könntest du ihn überzeugen doch mal seinen Verwandten und Freunden in Germania zu schreiben. Er ist in Rom geblieben. Es verwundert mich ehrlich gesagt, dass du davon ausgehst er wäre mit uns gezogen. Aber es heißt ja auch, dass er nicht negativ auf sich aufmerksam gemacht hat. Dafür möchte ich dankbar sein.


    Das Wetter in Germanien ist noch ungastlicher, als es immer beschrieben wird. Hier liegt so viel Schnee, das kannst du dir nicht vorstellen. Alles ist weiß und kalt. Die Kälte kriecht durch jede Ritze. So kalt hab ich es noch nie erlebt! Zwar wird mir immer wieder versichert, dass es sich bei dem Wetter auch in Germanien um eine Ausnahme handelt, aber glauben kann ich es nicht wirklich. So warte ich ungeduldig auf den Frühling und hoffe, dass es dann angenehmer wird.


    Ich sende dir nur die besten Wünsche nach Rom! Wenn die Rennen wieder beginnen, feuere Veneta für mich mit an!
    Vale bene
    Lucia




    Es hatte eine Weile gedauert, Lucia hatte auch Zeit gelassen, aber jetzt war der Brief an Dives fertig. Es fehlte nur noch die Adresse und Arsinoe konnte gleich auch diesen Brief abgeben. Eigentlich sollte sie besser noch warten mit dem Abschicken, bis auch Sergias Antwort fertig war... eigentlich. Aber warum eigentlich? Lucia würde sich einfach heute Abend entscheiden. Wenn sie da den Brief noch ncith fertig hatte, würde sie einfach erstmal das Schreiben an die Augusta und den Brief hier abschicken lassen.

    Nach der Wärme im Tempel biss die Kälte draußen noch unbarmherziger in Lucias Haut. Im Gehen legte sie sich das Kopftuch um, zog es sich vor das Gesicht und tat ihr Bestes sich bis zu den Wangen im Fell um ihre Schultern zu vergraben. Arsinoe eilte neben ihrer Herrin her und reichte ihr die Handschuhe, während Sekunda Mühe hatte mit der Geschwindigkeit, die Lucia vorlegte, mitzuhalten.
    Gerade wollte Lucia in die Sänfte steigen, als sie von einer bekannten Stimme angesprochen wurde. Da verließ sie einmal das Haus und traf gleich zwei Bekannte. Mogontiacum musste wirklich so viel kleiner sein als Rom!
    "Iulius", sprach sie zunächst kurz angebunden. Hatte der Mann vor ihr doch nun wirklich nichts getan um ihre Zuneigung zu erlangen. Wie konnte so ein ... Soldat jemanden so liebenswürdiges wie Esqulina großziehen? Das fragte sich Lucia nicht zum ersten Mal. Dann dämmerte es ihr so langsam, dass Iulius irgendwie anders klang als sonst. Er wirkte auch anders, müde, abgespannt. Sein ganzes Gebaren flößte Lucia ein so ungutes Gefühl ein, dass sie die Kälte für den Moment vergaß und sich voll ihrem Gegenüber zuwendete: "Für alte Freunde hab ich doch immer einen Augenblick Zeit." Ohne darüber nachzudenken tog sie sich die Handschuhe über die ohnehin schon kalten Finger, während sie Iulius fragend ansah: "Was kann ich für dich tun?" Irgendwie ging sie doch stark davon aus, dass der Mann irgendeinen Gefallen von ihr erbitten wollte. Waren er und Esqulina irgendwie in Schwierigkeiten geraten? Wehe, wenn er das Mädchen irgendwo mit hineingezogen hatte!

    Lucias Augenbrauen zuckten in die Höhe. Duccia schien ja doch etwas auf Spitzen zu verstehen und sie verschoss sie mit einer Beiläufigkeit, die bewundernswert war! Es war wahr, Lucia hatte sich im Haus verkrochen gehabt, das würde sie wohl ob sich das Wetter nun besserte oder nicht ändern müssen. Es schien schon sehr aufzufallen. Da die Schwangere dann jedoch gleich ein Kompliment hinterherschickte, wollte Lucia mal nicht so sein und ihr die eine Bemerkung durchgehen lassen.
    "Ach, das mit der Figur ist ganz einfach. Du musst nur eine wochenlange Reise, quer durch das Imperium, unternehmen.", versuchte sich Lucia an einem Scherz und winkte ab. Sie selbst fand nämlich nicht, dass sie ihre alte Figur zurück hatte. Ihre Hüften waren breiter, ihr Bauch weicher und sie fühlte sich selbst jetzt noch irgendwie aus der Form. All das konnte man unter der Winterkleidung natürlich nciht erkennen. "Aber ich bin mir sicher, es gibt auch einfachere Wege. Wenn du möchtest kann ich dir gerne mal meine Sekunda schicken. Sie kennt sich in diesen Belangen sehr gut aus!", Lucia fühlte sich bei diesem Angebot wieder voll in ihrer Rolle. Großzügige Angebote, die einen selbst nicht viel kosteten, um sich ein bisschen an den Gegenüber anzubiedern, fast wie daheim in Rom. Schön!


    Duccia schien ob ihrer Frage verwirrt zu sein und das brachte Lucia wiederum leicht aus dem Konzept. Das konnte man jedoch nur daran erkennen, dass sie schnell hintereinander blinzelte.
    "Ach, du arbeitest in deinem Zustand?", musste sie dann auch gleich ihre Verwunderung ausdrücken. "Ich hätte viel eher damit gerechnet deinen Vater oder Gatten hier anzutreffen.", gestand sie spontan. Dann winkte sie ihre Worte mit einer gezierten Bewegung davon und schüttelte den GEdanken mit einer kleinen Kopfdrehung ab. "Aber egal! Wie es scheint habe ich mit dir gleich die richtige getroffen. Ich möchte Iuppiter opfern und ihn um ein Ende dieses weißen Grauens bitten." Vage deutete Lucia hinter sich, womit sie wohl alles Außerhalb des Tempels zu meinen schien.

    Oooohweh! Ohweh, ohweh, ohweh!
    Da war ein wichtiger Brief doch tatsächlich beim Einzug untergegangen.
    Das ist nicht gut, gar nicht gut!
    Wer auch immer das Schreiben wiedergefunden hatte, hatte es nicht gewagt es persönlich zu übergeben, es tauchte eines Tages einfach auf Lucias Schreibtisch auf.



    Roma, ANTE DIEM III NON OCT DCCCLXV A.U.C.

    Ad
    Tiberia Lucia
    Regia Legati Augusti pro Praetore
    Mogontiacum, Germania

    ____________________________________________________________


    Wir wollen nicht klagen, dass sie gegangen sind,
    sondern dankbar sein, dass wir sie hatten.


    In diesem Sinne wünsche ich dir in diesen schweren Stunden den Trost deiner Verwandten und Freunde, nach der Zeit der Trauer jedoch auch wieder einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. Sei dir meines Beileids ob des Verlustes deines Großonkels Tiberius Telophanes bewusst.


    Vom hohen Senat zum Vigintivir gewählt ist es meine Pflicht, dem Praetor Urbanus in Erbschaftsprozessen zur Hand zu gehen, was nun speziell auch diesen Fall betrifft. So ist es meine Aufgabe, dir mitzuteilen, dass du nach Intestatrecht als rechtmäßiger Erbe der folgenden Vermögenswerte festgestellt wurdest: Geld, Waren.


    Dir steht es nun frei, ob du dieses an keinerlei weitere Verpflichtungen geknüpfte Erbe annimmst oder nicht. Solltest du dich gegen eine Annahme des Nachlasses entscheiden, wird dein Erbanteil auf die übrigen Erbberechtigten aufgeteilt respektive der Res Publica zugeführt.


    Ich bitte dich, mir möglichst zeitnah, spätestens jedoch bis zum ANTE DIEM XIII KAL DEC DCCCLXV A.U.C. (19.11.2015/112 n.Chr.) mitzuteilen, ob du dieses Erbe anzutreten gewillt bist. Denn sollte ich bis dahin keine Antwort in mein Officium von dir erhalten haben, bin ich gezwungen dies als Ablehnung der Erbschaft anzusehen.


    Mögen die Unsterblichen deinen Verwandten sicher ins Elysium geleiten, dir und den Deinen aber ein langes und erfülltes Leben schenken.


    Vale bene!


    [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/SiegelCaduceus100.png]


    Caius Flavius Scato

    Natürlich hat auch Lucias Lieblingsfreundin ein Fach in dem Schrank erhalten.




    SERGIA FAUSTA



    Ad
    Tiberiam Luciam

    Domus Legati Augusti pro Praetore
    Mogontiacum - Germania Superior



    Sergia Tiberiae s.d.


    Wie habe ich mich über deinen Brief gefreut. Wie haben wir uns alle hier gefreut. Ich hoffe, deine Tochter und du, ihr seid gut angekommen im kalten, provinziellen Norden.
    Uns hier im warmen, pulsierenden Süden geht es jedenfalls ganz ausgezeichnet! Wir waren zu Gast in der Domus Augustana und haben einen ganzen Abend lang in intimer Runde mit dem Kaiser, seiner Frau und dem jungen Caesar gespeist. Es war ein ganz köstliches und exquisites Essen! (Ich hoffe, ich mache dich damit nicht neidisch. Denn in so einem kleinen Provinznest ist die Auswahl ja wahrscheinlich nicht ganz so groß.. und das nicht nur beim Essen.)


    Aber wir haben uns alle wirklich gut unterhalten an dem Abend. So gut, dass mein lieber Dives jetzt im Senat sitzt, während ich nun jeden Tag auf den Palatin darf - als Procuratrix a memoria. Ist das nicht toll?
    Mein. Lieber. Dives. Da fällt mir ein, dass ich dich leider darum bitten muss, diese Formulierung nicht mehr zu verwenden in deinen Briefen. Denn mir macht sowas ja nichts aus. Du weißt, dass ich nicht zimperlich bin. Aber du musst auch Rücksicht nehmen auf die restliche Familie. Iulia Torquata, die süße kleine Vestalinnentochter meines Mannes, sie ist vor Schreck auf der Stelle tot umgefallen.


    Tja. Ihre Beisetzung findet jetzt in ein paar Tagen statt. Aber keine Sorge, ich hege keinen Groll gegen dich deswegen. Mein Babybauch sagt mir nämlich, dass ich den Verlust meines Mannes schon bald kompensieren werde.
    Viele Grüße aus dem Zentrum der Welt an die Grenze zum wilden, germanischen Busch! Grüß die [strike]Barbar[/strike] Götter, wenn du sie siehst. Vale bene!


    /images/signet/Siegel_Sergia.png


    Sergia Fausta
    PRIDIE ID NOV DCCCLXV A.U.C.
    Casa Iulia | Rom | Italia


    Ihre Briefe stellten doch gerne ein nette Herausforderung für eine passende Antwort dar. Da nahm sich Lucia lieber ein bisschen länger Zeit, um auch jede Formulierung passend zu wählen.

    Der erste Brief, den Lucia in Germanien bekommen hat, befindet sich in diesem Fach.


    Roma, KAL OCT DCCCLXV A.U.C.

    Ad
    Tiberia Lucia
    Domus Legati Augusti pro Praetore
    Mogontiacum, Germania Superior



    Iulius Dives Tiberiae Luciae s.d.


    Ich danke dir, selbstredend auch im Namen meiner Frau, für deinen Brief. Denn in der Tat ist es mir nicht entgangen, dass dein Ehemann, mein Mitklient Duccius Vala, mit der Statthalterschaft über die Provinz Germania Superior betraut wurde. Dies ohne jeden Zweifel ist eine überaus ehren- und verantwortungsvolle Aufgabe, zu der ich ihn nur beglückwünschen kann.
    Jedoch, so muss ich gestehen, rechnete ich nur mit einer nicht ganz so zeitigen Abreise eurerseits, sodass ich mich hiermit entschuldigen möchte, nicht noch einmal die Gelegenheit genutzt zu haben, euch alle zum Abschied in die Domus Iulia einzuladen.


    Ferner möchte ich deine Erwähnung der Factio Veneta aufgreifen und verspreche dir sehr gerne, dich über alle diesbezüglichen Aktivitäten und Ergebnisse stets auf dem Laufenden zu halten. Bei diesen Zeilen denke ich gerade lächelnd zurück an die Qualifikationsrennen zu den Ludi Funebres zu Ehren des Cornelius. In Begleitung des adretten Duccius Callistus und seines wohlgenährten Freundes warst du da und zu viert verfolgten wir gemeinsam das zweite und entscheidende Rennen - ein wundervoller Tag!
    Da ich seither nicht wieder etwas von den beiden gehört habe und folglich davon ausgehe, dass sie wohl mit euch nach Mogontiacum reisten, richte ihnen doch bei Gelegenheit einfach ein paar Grüße aus.


    Ja, und bei dieser Gelegenheit möchte ich selbstverständlich auch deinem Gatten für seine Amtszeit den Segen und Beistand der Götter wünschen, wie sich hoffentlich auch eure Tochter bereits über ein paar schriftliche Grüße zu freuen vermag. Aquilina, das sei zudem gesagt, ist ein überaus schöner Name.
    Meine herzlichen Glückwünsche zu der Kleinen, die ganz ihre Mutter gewiss einmal zu einer ganz tadellosen Dame heranwachsen wird.


    Mögen die Unsterblichen stets wachen über dich und eure Familia. Vale bene!


    /images/signet/Siegel_gens_Iulia_Tabula.png



    MARCUS IULIUS DIVES
    QUAESTORIUS


    Inzwischen ist das Schreiben etwas abgegriffen, da Lucia es so häufig herausgenommen hat, nicht nur um eine Antwort darauf zu verfassen.

    Noch enthielt dieses Fach keinen einzigen Brief, aber Lucia hatte sich die letzten Tage die Mühe gemacht ein Schreiben an die Augusta persönlich zu verfassen. Sie hatte über die eine oder andere Formulierung ewig nachgedacht, wollte jetzt aber auch nichts mehr ändern. Jetzt fehlte nur noch die Adresse und Arsinoe konnte die Nachricht abschicken.


    Verehrte Augusta,


    ich schreibe dir aus einem Land, das aktuell wie unter einer weißen Decke schläft. So viel Schnee hab ich noch nie in meinem Leben auf einmal gesehen. Aber alles der Reihe nach.


    Für deine irgendwann ausstehende Reise in den Norden möchte ich dir von der Route, die wir gewählt haben abraten. Ich kann mir nur ausmalen, welche Ungemach einem bei der Benützung eines Schiffes für einen Abschnitt der Reise bereitet. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es unangenehmer sein kann, als auf Wochen in einem Reisewagen unterwegs zu sein. Ich bin froh darum gewesen Decima Seiana und die junge Esquilina – Marcus Iulius Licinus‘ Mündel - als Gesellschaft dabei gehabt zu haben und auch die Musik und verschiedene Lesungen haben mir die Zeit vertrieben, aber irgendwann wird selbst der unsterbliche Ovid öde. Ich konnte es selbst kaum glauben!


    Germania Superior ist ein Land gespalten zwischen zwei Welten. Die Menschen erscheinen mir sehr herzlich, aber im Gegensatz dazu, was ich von anderen Provinzen gehört habe, nehmen sie von der römischen Lebensart nur das Nötigste an und legen übermäßigen Wert auf ihre Kultur, die scheinbar viele als überlegen betrachten. Natürlich gibt es hier auch viele echte Römer und auch Soldaten im Ruhestand aus den verschiedensten Regionen des Reiches. Aber die Germanen stechen allein schon durch ihren Kleidungsstil hervor.
    Es gibt hier wunderbare römische Anlagen, Bäder, Tempel, natürlich kommt nichts an den Glanze Roms heran, aber man kann ihnen auch keinen großen Mangel nachsagen. Nein, man kann den Planern und Bauern Mogontiacums wahrlich keinen Vorwurf machen. Es ist das Wetter, der frühe Untergang und späte Aufgang der Sonne und die Lebensart einiger Einheimischen, die dem Ort einiges an Reiz nehmen. Es ist wirklich erstaunlich: Wenn man sich mit de Sonnenaufgang erhebt und seiner alltäglichen Morgentoilette nachgeht ist es, wenn man fertig ist, schon fast Mittag! Vier Stunden später senkt sich die Sonne dann schon wieder über den Horizont, um in das unglaublich lange dauernde Dämmerlicht überzugehen, ehe es wieder dunkel wird. Auch brauchst du unbedingt ein, nein eher mehrere Felle und warme Mäntel, wenn du den Norden besuchst! Vor zwei Tagen hat es begonnen zu schneien und es wirkt nicht so, als ob es irgendwann bald aufhören mag. Die Kälte kriecht durch jede Ritze und damit meine ich nicht die aus Rom bekannte Kühle, die mit dem Winter kommt, ich meine eine beißende Kälte, die in Nase, Wangen und jedes freie Zipfelchen Haut sticht.
    Mir wurde versichert, dass es wie um die Dunkelheit des Winters auszugleichen im Sommer dafür umso länger hell ist und warm, ohne die unangenehme Hitze die man aus Rom kennt. Ich gebe dir diese Worte weiter, ohne eine eigene Meinung dazu zu äußern, denn noch habe ich diese Seite des Nordens noch nicht kennenlernen dürfen. Bona dea, ich hoffe es ist wahr!


    Die Stadtverwaltung scheint, auch ohne die ständige strenge Hand eines gesunden Stadthalters, in den letzten Monaten effektiv weitergearbeitet zu haben. Es gab keine großen Mängel hinter denen mein Mann direkt nach seiner Ankunft aufräumen musste, nur die Regia ist kaum repräsentativ und scheint mir in den letzten Monaten nur wenig bis gar nicht gepflegt worden sein. Aber dessen werde ich mich persönlich annehmen, sobald der Frühling irgendeine Art der Arbeit außerhalb der beheizten vier Wände zulässt. Überhaupt scheint das Leben der Stadt es hier den Tieren des nahen Waldes im Winter gleich zu tun und schlafen zu gehen, um auf den Frühling zu warten. Mein Gatte lässt sich dadurch aber nicht davon abbringen die Provinz auf dem Pferd zu bereisen. Er regelt Angelegenheiten lieber vor Ort, als alle Beteiligten zu ihm kommen zu lassen.


    Zu guter Letzt möchte ich dir von meiner kleinen Aquilina berichten. Sie ist Valas Augenstern und macht sich prächtig. Ich fürchte es dauert nicht mehr lange und sie ist deiner Wiege entwachsen. Das kalte Wetter scheint sie kaum zu beeinflussen und, den Göttern sei Dank, hat sie eine scheinbar unzerstörbare Gesundheit. Nachdem meine Kleine bei unserem Treffen so begeistert von den bunten Bändern gewesen ist, hat sie nun auch hier welche über ihrem Platz hängen. Ihr Anblick zaubert mir jedes Mal aufs Neue ein Lächeln ins Gesicht.


    Aquilina und ich senden dir die besten Grüße,
    Tiberia Lucia

    In Lucias Zimmer steht ein Schrank mit dutzenden von kleinen Schubladen. Früher hatte er wohl das übliche Allerlei einer Frau enthalten. Jetzt wird er von Lucia allein für die ordentliche Lagerung ihrer Korrespondenz mit ihren Freunden in Rom genutzt.


    Neben dem Schrank steht ein kleiner Tisch mit einem verzierten Schemel. An diesem nimmt der Schreiber Platz, sofern sich Lucia nicht dazu entschließt selbst den Stift zu führen.

    „Mein Herrin möchte Iuppiter ein Opfer…“, begann Arsinoe, die ebenfalls völlig ahnungslos bezüglich ihres Gegenübers war, jedoch aus anderen Gründen. Doch noch ehe sie auf irgendwelche Details eingehen konnte, ach was, noch ehe sie den Satz beenden konnte, fiel ihr Lucia ins Wort. „Duccia!“, rief sie erfreut aus. Natürlich erinnerte sich Lucia an ihr letztes Zusammentreffen. Die Ehe schien ja sehr bald Früchte getragen zu haben! Vielleicht etwas zu schnell? Oh, wie Lucia ihre Freundin Manlia vermisste. Mit dieser hätte sie sich nun in die wildesten Spekulationen ergehen können. Doch nun erstmal bei der Sache bleiben, Lucia wollte ein nettes kleines Schwätzchen halten, bevor sie den Göttern opferte. Dabei ignorierte sie geflissentlich die Tatsache bei ihrem letzten Treffen wohl nicht den besten Eindruck bei der damaligen Braut hinterlassen zu haben. Sie freute sich einfach ein vage bekanntes Gesicht zu sehen, mit dem sie nicht die letzten Wochen, durch die Kälte, in einem Haus eingesperrt war.
    Während Arsinoe beinahe etwas beleidigt guckte, hielt sich Sekunda im Hintergrund, zog sich das Tuch vom Kopf und tat ein paar Schritte zur nächsten Wärmequelle.
    „Sieh dich an! Gut siehst du aus!“, fuhr Lucia fort, während sie ein paar Schritte auf sie zutat. Dabei zog sie sich mit gezierten Bewegungen die Handschuhe von den Fingern. Arsinoe erinnerte sich an ihre Aufgaben und nahm sie Lucia sofort ab. Dann wollte sie ihrer Herrin routiniert das Fell abnehmen, doch Lucia winkte ab. Gab ihr jedoch zu verstehen das Kopftuch zu nehmen. „ Was führt dich in den Tempel, meine liebe Duccia?“, fragte Lucia im Plauderton, während Arsinoe die Patricia entmummte und fein frisierte Locken und teure Ohrringe zum Vorschein brachte.

    Sie wollte eigentlich nicht rausgehen. Es war viel zu kalt dafür! Aber genau war das Problem, was sie nun aus ihrem kuschelig warmen Zimmer trieb. Sie war sich nicht sicher, ob die Germanen hier sich einfach mit dem Wetter abfanden. Es wirkte auf sie zumindest nicht so, als ob schon irgendjemand versucht hätte es an diesem ewigen, eiskalten Winter zu ändern. Genau dafür war sie nun zum Tempel der kapitolinischen Trias gekommen. Sie wollte Iuppiter ein Angebot machen, das er einfach nicht ablehnen… äh, ignorieren konnte. Zumindest würde er dadurch endlich darauf aufmerksamen werden, dass sich hier nicht alle einfach so mit diesen unmengen an Schnee abfanden, geschweige denn sie guthießen!


    Lucia war in einen bodenlangen, warmen Umhang gehüllt. Darüber trug sie das flauschigste Fell, das man hatte auftreiben können. Sie vergrub ihren ohnehin mit einem Tuch bedeckten Kopf bis zu den Ohren darin. Selbst wenn man Lucia gut kannte konnte man sie kaum erkennen, waren doch grade mal ihre Nase und Augen noch durch die wärmende Vermummung zu sehen. Hinter ihr liefen ähnlich warm eingepackt, aber nicht in ganz so edle Materialien gehüllt Arsinoe und Sekunda. Die drei wirkten wie drei Fellkugeln, die in den Tempel trippelten. Die Bewacher und der ganze Rest wurde draußen sich selbst überlassen ein warmes Örtchen zu finden.


    Trotz der ganzen Kleidung schon jetzt leicht frierend sah sich Lucia suchend um. Eine behandschuhte Hand grub sich aus dem Fell frei und gab Arsinoe ein Zeichen nach jemandem suchen zu gehen, der ihnen hier weiterhelfen konnte.

    Es war kalt. Lucia war fror fürchterlich. Was die Sklaven bei Vala weniger heizen mussten, durften sie bei ihr gleich zusätzlich verwenden. Sie war die Nacht immer wieder aufgewacht, wenn einer der heizenden Geister in ihr Zimmer kam, um zu verhindern, dass die Kälte bis an ihr Bett kroch.
    Obwohl hier die Sonne erst so spät aufging wurde Lucia erst nach Sonnenaufgang wach und das auch nur wegen Sekundas sanften aber gnadenlosen Mühen sie zu wecken. Zitternd grub Lucia sich tiefer in die Decke und musterte ihre in dicke Tücher und ein Fell gehüllte Leibsklavin mit vernichtendem Blick. Diese kannte den Blick nur zu genüge, ignorierte ihn gekonnt und sprach: „Es hat geschneit.“ Lucia schnaubte unfein. „Ach, wirklich?“ Sekunda schüttelte mit dem Kopf. „Viel mehr, als ich es je gesehen habe.“ Lucia verzog das Gesicht: „Ein Grund mehr im Bett zu bleiben“ „Da sind dein Mann UND deine Tochter aber anderer Meinung!“, kommentierte Sekunda trocken. Natürlich erreichte die alte Frau damit was sie wollte und Lucia quälte sich aus den warmen Decken.
    Es dauerte eine Weile die Spuren der halb durchwachten Nacht zu überdecken. Die Zeit konnte Lucia aber in der Wahl ihrer Kleidung sparen. Die wärmsten Strümpfe, das am dichtesten gewebte Kleid, die flauschigsten Tücher und dazu noch ein Fell um die Schultern. Das Fell war ohnehin Lucias neuer bester Freund. Es sah zwar aus, als ob sie keinen Hals hätte, wenn sie es trug, aber sie konnte sich bis zur Nasenspitze in der Wärme vergraben, das war wichtiger!
    So für die Kühle des Hauses gerüstet begab sich Lucia dann auch endlich zum Frühstück, doch sie kam nur bis zum ersten halb-durchsichtigen Fenster und blieb fasziniert und entsetzt zugleich stehen. Sekunda hatte nicht übertrieben. Lucia lief trotz der warmen Kleidung ein kalter Schauer ob dieses Anblickes über den Rücken. Weiß so weit das Auge reichte. „Oh, ihr Götter…“, murmelte Lucia entsetzt.

    Na wenigstens waren sie einer Meinung, was den weiteren Umgang mit dem Gebäude anging. Jetzt im Herbst war Abreißen aber wohl nicht die Beste Idee… Vielleicht konnte man ja zunächst nur einen Teil des Gebäudes umbauen? Welche Gesteinssorten es hier wohl gab und welche am besten geeignet waren? Aus Rom Steine zu importieren… Ach, Lucia, überleg doch mal. Der Stein der römischen Gebäude kommt sicher nicht aus Rom selbst! Aber woher dann? Und ob es wohl viel zu teuer werden würde welche zu importieren?
    Den Kopf voller Fragen zu ihrem neuen Projekt und auch der einen oder anderen Idee nahm Lucia Valas Arm an und betrat mit ihm ihr neues Zuhause. Selbst mit den Gedanken woanders war es für Lucia ein leichtes den Magistraten ein angemessen höfliches Lächeln zu schenken. Alles Übungssache.

    So halb war Lucia mit ihren Gedanken noch bei ihrem Gespräch eben mit Licinus. So konnten sie beide keinesfalls verbleiben! Unmöglich! Sie würde sich später, wenn sie Esquilina wieder zu ihm brachte nochmal mit ihm unterhalten müssen. So ging das nicht! Der Mann hatte überhaupt keien Manieren, von Kritikfähigkeit mal ganz zu schweigen! Dass ihr die Knie immernoch ein wenig weich waren, von seinem Tonfall, verdrängte Lucia lieber.
    Lucia nickte leicht abwesend, aber zufrieden mit dem was sie vom Maiordomus zu hören bekam. „Ich sehe, ich kann mich in dieser Sache ganz auf dich verlassen.“, sprach sie zufrieden und wies mit einer Hand zu Sekunda, die noch immer auf einer Bank saß. „Meine Leibsklavin kann dir mit Rat und Tat ob unserer Reisegesellschaft beiseite stehen… Naja, aktuell wohl eher mit Rat. Ich wünsche, dass du für sie ein warmes Plätzchen zur Erholung findest, ihr hat die lange Reise nicht gut getan.“ Man konnte echte Besorgnis in Lucias Mine lesen, während sie zu ihrer alten Begleiterin blickte. Dann glättete sich ihre Mine wieder und ein höfliches Lächeln erschien darauf. „Ich werde mich jetzt mit den meisten anderen Frauen der Reisegesellschaft in die Therme begeben. Wir werden mindestens zwei Stunden fort sein.“ Das sollte das Chaos hier doch etwas vermindern und dem Maiordomus die Arbeit etwas erleichtern.

    Sie hatten die Reise hinter sich gebracht. Monate lang waren sie unterwegs gewesen. Dann, endlich angekommen, mussten die Frauen doch noch ein paar Schritte hinter sich bringen. Die Therme lag doch einige Minuten Fußweg von der Castra Legionis entfernt. Geführt und gleichermaßen eskortiert von ein paar Soldaten erreichten die Frauen endlich, endlich das Ziel.
    Arsinoe wurde ausgeschickt das finanzielle des Besuches für alle Frauen der Reisegesellschaft zu klären, damit sich der Rest endlich entspannen konnte.


    Mit einem zufriedenen Seufzen lehnte sich Lucia im Wasser des Tepidariums zurück. „Herrlich!“ Sie schöpfte mit den Händen Wasser und wusch sich den Straßenstaub vom Gesicht. Nicht, dass sie im Wagen besonders viel davon abbekommen hätte, aber es ging um das wohlige Gefühl der Sauberkeit.
    Sie gab allen Anwesenden erstmal die Zeit sich ähnlich wie sie des gröbsten Schmutzes zu entledigen, ehe sie die Stimme hob: „Da ich es bisher noch von niemandem gehört habe, bin ich mal so frei und übernehme die Begrüßung: Willkommen in unserer neuen Heimat, meine Damen!“ Sie lächelte fröhlicher in die Runde als ihr ob dieser Tatsache zumute war. Aber hier hieß es mit gutem Beispiel voran zu gehen, immerhin waren auch Kinder anwesend. Lucias Blick glitt über Esqulina zu ihren übrigen Mitreisenden. „Wir sind tatsächlich da! Ich kann es kaum glauben, dass ich morgen nicht wieder in diesen holprigen Wagen steigen muss!“ Lucia lachte erleichtert.

    Das Kleid war ihr Hochzeitskleid?! Lucia kam einfach nicht darüber hinweg. Während der gesamten Zeremonie – die an sich schon sehr seltsam war und eigentlich genug Ablenkung bereithalten sollte – konnte sie ihre Augen nicht von diesem verflixten Kleid nehmen. Wie sollte sich Lucia angemessen verhalten, wenn die Gebräuche, Kleidungsstile und… ALLES hier so bizarr waren?! Der Brautvater verhielt sich barbarisch und wusste trotzdem, wie er sie durch gesellschaftliche Zwänge binden konnte. Das Familienoberhaupt wirkte, wenn er sprach, so römisch und sah so… unrömisch aus. Selbst der römische Teil der Feier, also die Familie des Bräutigams, wirkte irgendwie verkehrt auf Lucia. Sie machten nichts falsch, so meinte sie das nicht, aber sie kamen irgendwie viel zu gut mit dieser… Seltsamkeit hier zurecht.


    Es waren einfach zu viele Eindrücke hier. Zu viel nicht römisches. Zu viel Absurdes. War das ein Blutfleck auf ihrem guten Kleid?! Vorhin hatte sie noch gedacht sie wäre von dem Gesprenkel verschont geblieben, aber jetzt sah sie ganz deutlich einen roten Fleck auf ihrem Kleid! Lucia biss die Zähne zusammen. Ein leichtes zucken der Wangenmuskeln war alles, was man davon wahrnehmen konnte. Sie würde nicht an diesem Fleck herumreiben und dadurch noch mehr Aufmerksamkeit auf ihn ziehen! Sie würde gute Miene zu diesem Spiel hier machen. Es würde schon bald herum sein, immerhin schien die Zeremonie jetzt beendet.


    Ja, es ging zu den Gratulationen und wieder musste Lucia sich zusammenreißen. Sie war dagegen, den Brautleuten diese Dinge zu schenken. Es war zu viel! Viel zu viel! Diese Geschenke waren einfach zu gut für diese, diese… Unauffällig atmete Lucia tief durch, während Vala seine kleine Geschenkübergabe-Rede hielt. Sie wollte sich da lieber nicht hineinsteigern. Sie konnte es jetzt eh nicht mehr verhindern. Als ob sie das überhaupt gekonnt hätte. Eisern hielt sie ihr höfliches Lächeln aufrecht und wartete ab, bis sie an der Reihe war ein paar Worte zu sprechen.


    Zuerst wandte sie sich an die Braut, die grade einen nicht ganz angemessenen Kommentar zu dem Tuch und dem Balsam abgegeben hatte. Verstand sie überhaupt wie wertvoll diese Geschenke waren? Doch Lucia beschloss es einfach zu ignorieren. So war es einfach leichter das höfliche Lächeln aufrecht zu halten. „Bona Dea, du strahlt ja mit der Sonne um die Wette! Es ist schön eine so glückliche Braut zu sehen. Mögen Iuga und Iugatius euch so gewogen bleiben, wie sie es offensichtlich sind.“, mehr wusste sie beim besten Willen nicht zu den Worten ihres Mannes hinzuzufügen. Hoffentlich reichte es der jungen Frau, immerhin hatte sie noch einige Gratulationen vor sich, da sollte sie für ein paar knappe Worte doch ganz dankbar sein.


    Natürlich war es Lucia inzwischen aufgefallen, dass der Bräutigam vorhin ihr sicherer Hafen gewesen war und sie war ihm dankbar dafür. Gleichzeitig war es ihr doch ziemlich peinlich wie sie sich benommen hatte, wie ein verschrecktes Eichhörnchen! Also schob sie auch diese Gedanken möglichst weit von sich und sprach, als ob nichts davon geschehen wäre. Immerhin gab es genug Positives an seiner aktuellen Reaktion auf das sie eingehen konnte. Er verstand offensichtlich nicht nur die Problematik ihrer Ehe, sondern auch wie übertrieben die Geschenke waren, die sie erhielten. „Ich bin mir sicher, du wirst der Familia alle Ehre machen.“ Immerhin machte er sie schon jetzt ein bisschen besser, allein durch sein römisches Auftreten. „Ich gratuliere dir.“ ‚Dazu, dass du es irgendwie geschafft hast diese Ehe überhaupt zustande zu bringen. Offensichtlich hast du dich nicht der gleichen Mittel wie Vala bedient, sonst wäre deine Braut nicht so übertrieben glücklich.‘ Lucia biss sich auf die Zunge, damit auch ja keiner ihrer Gedanken verbalisiert wurde.