"Ich denke sie nicht als das zu betrachten. Ich betrachte sie gerade als Opfer deiner Gewalt," erklärte der Offizier ernst und legte die Schuhe zurück in die Auslage. Ein Funke kam in Verus Sinn. Ein Funke von Mitgefühl und Gnade. Es war andersartig, da er sonst solche Gefühle zu Sklaven immer vermieden hatte. Immerhin sollten sie Dinge, Sachgegenstände sein aber diese Sklavin mit ihrem traurigen Blick und ihrer Haltung, erweckte eine andere Ansicht in ihm. Sonst hatte ihn ein Sklavenschicksal wenig gekümmert aber jetzt? Die Kleine war so engelsgleich, wie ein schöner Vogel in einem Käfig, den man freilassen wollte. "Ich möchte sie kaufen," war der spontane sowie laut ausgesprochene Gedanke des Tiberius, der damit wohl unweigerlich der Schönheit der Sklavin unterlegen war. Ahnte sie ihre Macht? Wohl nicht.
Beiträge von Aulus Tiberius Verus
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Das war es nun also: Krieg. Aufstand. Es spielte keine Rolle. Fakt war, sie zogen aus, um Gewalt zu üben. Sie mussten diese üben. Es war ein seltsames Gefühl in der Seele des jungen Offiziers, der seine Männer auf den Platz führte. Die Marschstange mit Gepäck fest umrissen, blickte er zur Seite und sah bereits seine angetretene Kohorte. Mit gezielten Schritten lenkte er seine Hundertschaft in Position. Die Befehle waren ohnehin gesetzt und so brachen sie bereits im geübten Schritt auf. Der Tross schob sich in breiter Lindwurmformation über die Via hinaus. Verus selbst ging seiner Centurie vor Weg, um die Richtung gelegentlich zu bestimmen. Jedoch waren seine Männer geübt darin, zu marschieren und so verlief die Ausrichtung in Marschhaltung gut. Verus, griff mit der Linken in seinen Marschbeutel und zog einige Rosinen hervor, um diese in seinen Mund zu stecken. Kauen beruhigte die Nerven, während man stumpf einen Fuß vor den anderen setzte. Ein dumpfes Unwohlsein kam in seinem Geist auf; eine widernatürliche Spannung. Immerhin zogen sie gegen Sklaven, die alles für ihre Freiheit tun würden. Ihr Ende war beschlossene Sache. Wahrscheinlich würden viele an einem Kreuz an der Via Appia enden, als Warnung für alle Sklaven Roms. Widerstand war unter tödliche Strafe gestellt. Verus, seines Zeichens verkappter Philosoph, dachte darüber nach. Sollte er beten? Was war ein Leben wert? Diese Fragen drängten sich mühsam auf, während man den gewohnten Alltag des Standlagers verließ.
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Verus nickte und sagte im militärischen Drill: "Jawohl, wird ausgeführt." Dann entfernte er sich, um die Stabsoffiziere zu wecken, wie auch den Primus Pilus. Seine Gedanken kreisten auf dem Weg und ein wenig Angst kam auf, was dieser Aufstand der Sklaven für ihn bedeutete. Eine Schlacht? Eine Verletzung? Vielleicht die Stunde seiner Bewährung? Verus, seines Zeichens jetzt Offizier, war missmutig gespannt auf die kommenden Tage, die wohl mit Blut getränkt sein würden. Noch zu gut erinnerte er sich an die Texte über Spartacus, dem Feind Roms, der fast im selben Atemzug mit Hannibal bedacht wurde. Männer, die alles daran setzten, Rom zu vernichten. Hoffentlich gab es keinen neuen Spartacus.
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Centurio? Verus fiel - innerlich - nahezu tot um. Jetzt schon? Natürlich freute er sich aber fürchtete auch die Verantwortung dieses Postens sowie Ranges. "Darf ich fragen, welche Centurie?" Eine wichtige Frage, da sich danach seine Stellung in der Legion bemaß und darüber hinaus noch, welche Schlachtposition er einnehmen würde. Dennoch hoffte der junge Tiberius, nie in einer echten Schlacht zu kämpfen, da er sich dafür noch nicht reif genug fühlte. Man hatte noch viel zu lernen, bevor man bereit war. In Wahrheit war wohl niemand bereit dafür, zu kämpfen. Irgendwann tat man es einfach. Mars schien Verus zu begünstigen. Die Legion entpuppte sich als Zukunftspferd für den Patrizier.
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Verus bemerkte die sichtlich zerfahrene Sklavin jedoch. Die Striemen auf der Wange missfielen ihm, da ihre Schönheit dadurch unnötig entstellt wurde. Verus, ein gutherziger Mann, konnte einfach kein Leid sehen, welches unnötig erschien oder vielleicht sogar überflüssig. Für ihn war Gewalt immer nur Werkzeug und nie Selbstzweck. Zudem sah die Kleine nicht aus, als ob sie eine gemeingefährliche Sklavin war, die andere bedrohte und somit bestraft werden musste. "Eine Frage," drängte sich aus dem Mund des jungen Offiziers. "Ist das deine Sklavin?" Verus schaute nun ernst aus den Augen auf den Schuhmacher hinab. Irgendetwas war um den Patrizier geschehen, dass er diese Sklavin kennenlernen wollte oder sogar musste. Ihre traurige Erscheinung erzeugte tiefes Mitgefühl in ihm, welches er noch nicht gekannt hatte.
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Der Centurio Verus schwieg einen Moment, um die Worte zu finden; als auch ein wenig Luft. Mit einer seltsam krummen Bewegung reichte der junge Tiberius seinem Präfekten die Schreiben, voran das Hauptschreiben, welches sichtbar oben lag. "Aufstand der Sklaven bei Eporedia," war dann die Antwort. In seiner Eile hatte er sogar die vorgeschriebene Meldungsweise vergessen, was sicherlich nichts mehr zur Sache beitrug und auch nicht mehr von Belang war. Immer noch hielt Verus die Schreiben, da der Präfekt sie noch nicht angenommen hatte. Doch das obere Schreiben war immer nur deutlich sichtbar.
Ad Legatus Legionis Legio I Traiana Pia Fidelis
MantuaLegatus!
Ich schreibe dir ein einer Sache von äußerster Dringlichkeit. Die Sklaven der Minen vor unserer Stadt haben sich erhoben, und machen nun die Gebiete um unsere Stadt unsicher. Sie befreien weitere Sklaven, ob aus Minen, von den Feldern, oder aus den Wäldern, und wir wissen nicht wie viele es mittlerweile sind.
Bitte Legatus, die Stadtwache wird der Lage nicht Herr, und wir haben Angst dass sie bald auch ihre Lager in den Bergen verlassen und uns Heimsuchen könnten.
Schickt Hilfe, bitte, wir wissen nicht was sonst geschieht.Unserem Meldereiter gebe ich Kartenmaterial und die letzten Meldungen aus dem Umland mit, bitte helft Legatus!
In Verbundenheit,
Servius Volturcius Rufio, Decurio Eporedia
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Verus rollte sich aus seinem kleinen Bett, als er den Krach in der Stube des Centurios vernahm. Momentan war es recht ruhig, da viele Kameraden mit Diensten beschäftigt waren und Verus sich eigentlich die Zeit nehmen wollte, ein wenig Schlaf nachzuholen. Man konnte sagen, dass er in seinem Bett faulenzte. Mit mäuseartigen Schritten trat er aus der Unterkunft heraus, nur die Tunika und seinen Gürtel tragend, natürlich mit Soldatenstiefeln an den Füßen, suchte er die Ursache des plötzliches Geräusches zu finden. Aha! Der Präfekt war dort und er hatte die Tür aufgestoßen, die dann an die Wand geschlagen war. Gut, dann konnte er wieder zurückgehen und weiter dösen. Doch irgendetwas hielt ihn hier. Vermutlich die Neugier. Da kam ihm ein Soldat entgegen und deutete hinter sich. Scheinbar war dies das wortlose Zeichen auch einzutreten. Man musste also nicht mehr weit nach Verus schicken lassen. "Ave," sagte er beim Eintreten und nahm vorsichtig Haltung vor dem Präfekten ein.
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Und aus ehrlichen Gründen der fairen Höflichkeit, auch hier: Alles Gute!
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Ich bezeuge mal den Inhalt dieses Forenthreads mit meiner Anwesendheit und sage schlicht: Alles Gute.
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Mit den Schreiben in seiner Hand, war Verus - mitsamt seiner lorica hamata, die nur übergeworfen schien - zur Casa des Präfekten gerannt. Der Waffengürtel war bereits fest um seine Hüfte geschlossen und das Gladius an diesem verbracht. Verus war nervös, während seine Linke fest an die Türe hämmerte. "Aufmachen," rief er. "Alarm," setzte er noch nach, um den militärisch geschulten Iulius aus dem Schlaf zu reißen, der dieses Wort sicherlich kannte als alter Haudegen.
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Verus, gerade frisch ernannter Centurio einer hinteren Centurie, hatte sich des Wachdienstes am Tor persönlich angenommen und war somit wachhabender Offizier. Im Gegensatz zu den Soldaten am Tor selbst, befand sich der Offizier mit wenigen Männern in einem kleinen Häuschen, welches in den Wall verbaut war und mit einem Wachturm abschloss. Diese kleine Wachstube schien beheizt, da Rauch durch einen kleinen Schornstein aufstieg. Zudem schien gute Stimmung darin zu herrschen, da sich die Männer angeregt unterhielten. Die Wachen am Haupttor stoppten den eiligen Meldereiter geübt mit ihren Hastae, ohne ihn direkt zu verletzen. Der Optio, den Verus beauftragt hatte, das Manipel zu leiten, welches das Tor direkt bewachte, hatte zwar keine Lanze aber war skeptisch über die Eile der Person, so dass er vorsichtig die Hand an den Griff des Schwertes gesetzt hatte. Der ältere Optio lauschte aufmerksam, sprach aber kein Wort. Aufstände? Minen? Sklaven? Der römische Unteroffizier war erschreckt, bewahrte aber eine disziplinierte Ruhe und griff die Schreiben, welche der Reiter zittrig aus seinem Beutel fischte. "Bringt den armen Mann in die Gästeunterkunft. Er soll sich eine Nacht ausruhen," befahl er und alsbald legten zwei Legionäre ihre Lanzen zur Seite, halfen dem Mann vom Pferd und trugen ihn - mehr oder minder - sanft zu seiner Unterkunft. Der Optio hingegen eilte im Laufschritt zur Wachstube. Mit einem zackigen Stoß seiner Schulter öffnete er die schwere Holztür, die nur angelehnt war. "Centurio," rief er in den Raum. Verus blickte auf, denn er hatte es sich in einem Sedes vor dem Kamin bequem gemacht und trank aus einem Tongefäß süßen Honigwein. "Ja, Optio?" Der junge Offizier war unsicher. Gleichzeitig blickten die weiteren Männer in der Stube den Optio gespannt an; sie unterbrachen sogar ihr Würfelspiel. "Ein Aufstand in den Minen bei Eporedia," erklärte der Unteroffizier mit gehetzter Stimme. Verus stand mit einem Satz auf, trat direkt vor seinen disziplinarrechtlichen Stellvertreter, nahm die Schreiben aus seiner Hand und blickte auf diese. Seine Augen weiteten sich beim Lesen des ersten Schreiben, welches mit unruhiger und hektischer Hand verfasst worden war. "Wir müssen zur Principia," stellte der Tiberius im Plural fest, obwohl er eigentlich sich selbst meinte. "Optio, du hast die volle Wache," befahl Verus und rannte dann hinaus in die Nacht, um den Präfekten zu wecken, da sie immer noch keinen neuen Legatus hatten. Also war es am Führungsstab zu entscheiden. Verus Herz pochte, da dies wahrscheinlich seinen ersten Einsatz außerhalb des Lagers bedeuten könnte.
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... und so wurde der Scheiterhaufen entzündet. Die Flammen schlugen hoch, da man die Hölzer mit Öl getränkt hatte. Das abdeckende Leinen verbrannte fast rauchfrei und der tote Legatus verschwand im heißen Licht der Flammen. Verus nickte dem Mann zu, den er dafür abgestellt hatte, das Feuer zu entzünden. Im Anschluss blickte er angestrengt in die Flammen, die fast blendend hell waren.
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Auch wieder "mehr" anwesend. Es gab ein wenig mehr Arbeit die letzten Wochen, so dass ich mehr oder minder nur lesend online war.
Ich bitte um Verzeihung.
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Der Weg war schwer, doch dann erreichte man das Ziel: den Stapel an Hölzern, den Scheiterhaufen. Ohne Worte deutete Verus mit einem heftigen Tritt seines rechten Fußes auf den Boden, der dank der Nägel laut knallte, an, stehen zu bleiben. Die Legionäre mit den verdeckten Gesichtern blieben mit der Bahre über dem Haufen stehen. Kurz verweilten sie so, bis man die Bahre vorsichtig herabsenkte und diese schließlich auf dem Scheiterhaufen zum Liegen kam. Dann ließ man die Griffe los, wandte sich im Gleichschritt vom Tragegerät ab, trat in Reihe ab und verschwand hinter die Reihen der Soldaten. Die Ehrenwache übernahm. Dennoch nahm man seine Masken nicht ab und rückte schlicht ins Glied ein. Verus musste ein lautes Atmen unterdrücken, da der plötzliche Abfall des Gewichtes eine rechte Erleichterung war. Das Ritual begann, dem Verus mühsam lauschte, da die gestaute Wärme in seinem Gesicht einen klare Aufmerksamkeit nahezu unmöglich machte. Das Glück der Träger mit den silbernen Masken war, dass man ihre Augen nicht sehen konnte und sie so im Grunde den Befehl nur in Teilen ausführen mussten, den Licinus gerade gedonnert hatte. Das Gebet begann und damit der Höhepunkt der Zeremonie.
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An den Hausherren
Casa Decima Mercator
Roma, ItaliaWerter Dominus,
dies ist ein Brief an meine Frau Decima Calena, die ich nicht mehr auffinden konnte. Könntest du diesen an sie weiterleiten, da sie wohl zu dieser Casa aufgebrochen ist? Wenn ich den falschen Adressaten gewählt haben sollte, vernichte diesen Brief.
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Decima Calena,
erneut ging keine Antwort von dir auf meinen Brief bei mir im Lager ein. Ich bin enttäuscht. Es scheint gar so als ob meine Briefe zu dir verschwinden oder deine Briefe zu mir. Ich fürchte, dass du nichts mehr von mir wissen willst. Ich, einfacher Narr, schicke diesen Brief in Verzweifelung sogar an die Casa Decima in Rom. Scheinbar seid ihr dorthin gezogen, als ich euch beide, in Rom besuchen wollte. Keiner war dort! Ich fand nur gepackte Kisten und eine alte Frau berichtete mir, dass ihr wohl verziehen wollt. Calena, meine Liebste, ich bin traurig und wütend, dass ich nie eine Mitteilung von dir erhielt. Nie - keine einzigen Monat und ich wartete jeden Tag vergebens. Ich werde erst wieder Geld schicken können, wenn ich weiß, wo ihr euch aufhaltet, da ich befürchte, dass es sonst im orcus verschwindet. Wenn du dich nicht mehr meldest, gehe ich von einer endgültigen Scheidung aus.
Vale bene!
AULUS TIBERIUS VERUS
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Das Signal ertönte. Verus blickte noch einmal zu seinen Männern, nickte diesen zu und schloss die silberne Gesichtsmaske, die ihn anonym werden ließ. Seine Männer legten auch ihre strahlend-polierten Masken an, die ein kaltes Gesicht zeigten. "An die Bahre," befahl der junge Optio vorsichtig und leicht entstellt durch das Blech des Gesichtsschutzes. Der Helmschmuck wehte bei jeder Bewegung dezent auf und die braun-roten Federn zeigten einen gewissen Wert. "Anheben!" - dröhnte er nun, lauter als er üblicherweise seine Befehle ansagte. Seine gereinigten Hände drängten sich um die Holzstangen der Bahre auf dieser der Leichnam lag. Das weiße Leinen und breite Wappen, nebst dem Insignium - SPQR, wurden jetzt durch das Gladius des Legaten und seinen Pugio, wie auch Helm, gehalten. Diese Gegenstände lagen darauf, um die Stellung des Toten anzuzeigen. Verus hatte dies spontan entschieden, auch um damit das Leinen, welches notdürftig an den Boden genagelt war, zusätzlich zu beschweren. Das Leinen bedeckte also nur den toten Körper. Mit aller Kraft hob der junge Mann das Holz an. Seine Soldaten taten es gleich. Die Rüstung, das Kettenhemd mit den verstärkten Schultern, die lorica hamata, war gut geeignet, um diese ehrenhafte Arbeit zu verrichten. Die Blattgoldränder der Verzierung seiner Rüstung hatte er noch poliert. Die Soldaten, die er befehligte, trugen die übliche - aber polierte - lorica Segmentata, den Schienenpanzer, der typisch für die Legionen war. Hinzukamen bei Verus Armschienen und Beinschienen, die er sich vor Kurzem schmieden ließ. Man erkannte ihn nur daran, dass sich seine Ausrüstung minimal unterschied aber der Helm mit dem Schmuck glich die Erscheinung zu einer gewissen Hegemonie aus. "Langsamer Tritt," befahl der Tiberius und man bewegte sich mit gemächlichen, leicht wankenden Schritten, zum Scheiterhaufen. Schweiß bildete sich im Nacken, da der Helm kaum Luft hindurchkommen ließ und die Haltung ungünstig war. Der breite Nackenschutz erwies sich als Hindernis beim Tragen dieser Bahre, da man den Kopf leicht streckte.
Verus konnte an nicht viel denken, außer an seine Aufgabe, die viel Kraft kostete. Dennoch zog er viel Stärke aus seiner Hingabe zur Sache, zur Legion. Dies hier waren nun seine Brüder. Hatte er noch vor Kurzem an den Ausstieg gedacht, war er in diesem Moment ganz verschmolzen mit seiner Aufgabe und seinem Dasein. Selbst Calena schien vergessen, da man nun mit dem Gladius verheiratet war, welches die Legionäre auch bei dieser Zeremonie trugen. Hier war seine neue Familie. Lepidus Machtspiele, Lucias Zickigkeiten, der Verlust seiner Ehe: all das trat zurück, hinter diesen Moment. Die Atmung unter der Gesichtszier war schwer und so öffnete der junge Mann seinen Mund weit, um Luft durch den schmalen Spalt einzusaugen. Zum Glück konnte niemand den Schweiß im Gesicht erkennen. Die Soldaten, die die Bahre trugen, wirkten, wie Maschinen, im Schritt und Aussehen.
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Verus und seine Männer hatten unter letzten Kräften eine angebrachte Bahre errichtet. Diese sogar mit Lorbeer geschmückt, der in kleinen Kränzen vom Rand des Holzes hing. Die Leiche war mit einem weißen Leinentuch abgedeckt, darüber lag ein kleines Banner mit einem gestickten Adler der Legion. Darunter stand mit Farbe, die leicht verwaschen war: SPQR. Scheinbar hatte Verus dieses wichtige Insignium des römischen Staates persönlich auf das Leinen gemalt, um zumindest die Beerdigung im Namen des Staates zu begehen. Der Tiberius, seines Zeichens Anfüher der Bahrenbewacher und der Leiche, nickte seinen Soldaten dankend zu, richtete noch einmal das weiße Leinentuch, welches bereits ein wenig Leichenwasser an den Rändern aufnahm. Ein leicht gelber Ton zog ins Leinen hinauf. Man war bereit, den Legatus, zum Scheiterhaufen zu tragen, sobald der Befehl kam. Vorher würde man sich noch in Paraderüstung werfen, auch Verus würde seinen Helmschmuck und Gesichtsmaske aus Silber anlegen, wie er auch seine Männer angewiesen hatte. Das letzte Geleit zum Scheiterhaufen war wichtig, um nicht den Zorn des Mars auf sich ziehen. Ein Soldat starb unter den Augen des Mars und wurde auch unter diesen seinen Adlern zu Grabe getragen.
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Deserteure? In der Tat lagen die Tatsachen den geflüchteten Leibwächtern nicht zu Gute und eine gewisse Feigheit mochte man ihnen auch unterstellen. Feigheit war im militärischen Machtapparat aber wenig erwünscht und so waren sie wohl Deserteure, Fahnenflüchtige und damit militärische Straftäter. Verus mochte sich aber keine klare Meinung darüber bilden, da er den Vorfall nicht genau durchschaut hatte und im Zweifel urteilte der junge Patrizier nicht. In dieser Hinsicht war er vielleicht anders als der Präfekt, der im Grunde ein Urteil gefällt hatte. Verus hätte sich die betreffenden Person angehört und dann auf Grundlage der Fakten eine Entscheidung gefällt; niemals aus dem Moment. Spontane Entscheidungen überforderten ihn. Man mochte meinen, dass er langsamer dachte aber seine Wirrungen ließen kaum eine schnelle Entscheidung zu. "Jawohl," nickte der Optio, streckte sich noch einmal militärisch und trat dann ab. Wenig später würde er mit seinem Conternubium zurückkehren, um die Bahre zu errichten. Ein weiteres, hartes Stück Arbeit, nach dem Marsch - aber die Legionäre, ausgenommen Verus, waren es gewohnt, auch nach langen Märschen noch Bauten, wie Lager, zu errichten. Auch der Tiberius hatte sich daran angepasst. Man entzog sich dem Korpsgeist nicht ohne Strafe. Lieber schwitzen als bluten, so war wohl das Motto und bei den üblichen Strafen für Befehlsverweigerung war es wohl besser, zu schwitzen.
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Früh am Morgen hatte sich Verus aufgemacht, um ein neues Paar Schuhe zu erwerben. Die Freischicht zwischen den Wachen bot sich einfach an, ein paar Besorgungen zu machen. Er brauchte noch ein ziviles Paar, um standesgemäß vor seiner Familie auftreten zu können. In der Tat waren seine alten Calceus inzwischen völlig zerschlissen. Die Tunika eines Soldaten tragend, das cinculum militare ohne Gladius führend, trat er in die Stadt Mantua ein. Der junge Tiberius hatte sich sagen lassen, dass es hier einen guten Schuhmacher gab und dieser hier residierte. Der Laden wirkte schmucklos, fast steril aber die Produkte, die in der Auslage standen, wirkten attraktiv. Ein dicklicher Mann kam aus dem Innenraum auf Verus zu, scheinbar der Meister. Im Hintergrund sah er ein junges Mädchen, gar junge Frau, arbeiten, die Lederreste sortierte. Sie wirkte erschöpft und ging gebückt. Vorerst dachte er sich nichts weiter dabei und lächelte dem Meister entgegen. "Hübsche Waren hast du da," kommentierte Verus und griff einen Calceus auf, der wohl grob seine Größe hatte. "Passt du auch noch an?" Eine verständliche Frage beim Schuhkauf.
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Und so tat der junge Soldat, wie ihm geheißen und trat mit Meldung ein: "Optio Tiberius meldet sich, wie befohlen."