Ich meine, dass es sogar recht einfach ist, wie Marsus bereits andeutet. Man zahlt eine kleine Gebühr oder Spende an die Stadt und wird in die Bürgerliste eingetragen. Das IR hatte auch immer Mittel und Wege nach römischem Brauch etwas zu erreichen. Natürlich gab es immer simoff Schranken aber ich denke grundlegende "Bürger einer Stadt" zu sein, dürfte kein Hindernis sein, wenn man es simOn schön ausspielt. Immerhin gilt ja das Primat des simOn.
Beiträge von Aulus Tiberius Verus
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Verus sortierte gerade ein paar Schriftrollen in sein armatarium, wandte sich um, als sein Bruder eintrat. Grimmig verzog Verus sein Gesicht, wie einst sein Vater, wenn die Kinder wieder mit ihren schwächlichen Befindlichkeiten auftauchten. "Ja," antwortete der trecenarius und legte die letzten Schriftrollen schnell ab und deutete dann seinen Heerscharen an, den Raum für einen Moment zu verlassen. Insofern war Verus noch ein Bruder und nahm seine Pflicht als interrex der Familie durchaus ernst. "Wir können reden," sagte der angeschickte Patriarch dieser Familie, der seinem Vater ähnlicher war, als er wahrhaben wollte. Verus nahm auf seinem sedes platz und schenkte beiden unverdünnten Wein in Bronzebecher ein, die mit dem Familienwappen gesegnet waren. Der trecenarius war sich recht sicher, dass beide bei diesem Gespräch Wein gebrauchen konnten.
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Nein, sie war besessen von sicht selbst und ihrem Weltbild. Sie verstand Verus und seinen Zorn nicht, der gespeist aus einer tiefen Trauer, nicht schrumpfen konnte. Corvina hatte ein zu großes Selbstbild, eine begrenzte Wahrnehmung aus sich selbst heraus, die sich allein auf Wünsche und eigene Annahmen beschränkte. Es fiel ihr wohl schwer, sich auf Verus einzulassen und ihn verstehen zu wollen. Es ging in dieser Familie jedoch niemals um Verständnis, sondern schlicht um Macht. Wer hatte das Meinungsmonopol? Ein Kampf keimte innerhalb dieser Familie, getragen durch Unwollen und Unwissen der Beteiligten. Verus konnte nicht mehr lächeln, nicht mehr lachen, wenn die Welt so widersprüchlich war. Dennoch wollte er irre gackern, sich widerständig zeigen, gegen all diese Ignoranz, die seine Familie ihm gegenüber zeigte.
"Die Prätorianer sind meine Familie," geiferte er ihr hinterher und die Wachen im Atrium blickten der Tiberiua abfällig hinterher. Scheinbar hatten sie ihre Loyalität klar bekundet und - sofern es notwendig war - würden sie auch die Familie ihres trecenarius auf Befehl beseitigen. Gnade kannten sie nicht. "Du willst nicht verstehen, sondern willst nur deine Wünsche umsetzen! Deine verlogenen Wünsche!" - schrie Verus und lehnte sich an eine der Säulen, bevor er an dieser herabruschte und sich auf dem Boden zusammenkauerte. Wieder dieser Schmerz. Der unsägliche kalte Schmerz, der durch die Seele fuhr. Er verlor wieder etwas unter dieser Stärke, die längst zu einem ständigen Kampf verkommen war. Verus war ein starker Soldat aber ein schwacher Mensch. Die Schrecken seines Leben wollten nicht weichen.
Nicht einmal hier. "Ich wünschte...," flüsterte er, als er auf die Scherben der Büste blickte. Der Todeswunsch gegenüber seiner Familie wuchs. Sie waren eine Belastung. Eine echte Belastung. Und gleichsam mit diesem Gedanken wuchs die Selbstverachtung. Er hasste sich selbst für diesen Gedanken, seine Familie töten zu können und es sogar in Erwägung zu ziehen. Der Krieg und die Legionen hatten ihm zu dem gemacht, was er heute war. Er war sein Vater. All die Gewalt und der geltende Machtanspruch. Der trecenarius war ein Monster und dessen Maske passte Verus selbst sehr gut. Inzwischen konnte Verus nicht einmal mehr trennen, wann der trecenarius begann und Verus aufhörte. Die Linien verschwammen. Verachtung war ein starkes Gift. Verus verabscheute so vieles in dieser Welt und doch folgte er brav seinen Routen und Wegen, die unwegsam in diesen Konflikt führten. Verus war unfähig zur Flucht. Niemand fragte ihn wirklich. Niemand hatte Interesse an seiner Person, sondern nur Interesse an der Erfüllung seiner Pflichten. Auch seine Familie stellte Anforderungen, wie einst sein Vater. Immer wieder. Dienstbarkeit war seine Lebenspflicht. Und genau dieser Pflicht war er so überdrüssig. Mühsam raffte sich der tapfere Soldat auf, während seine verweinten Augen zu seinen Soldaten wanderten.
"Wir sind der Krieg und ihr seid meine Brüder," sagte Verus und umarmte die Wachen - nach Sitte - eine nach der anderen. "Bis in den Tod," antworteten die Prätorianer lautstark, bevor sich Verus in Richtung seines cubiculums verabschiedete. Bereit für eine einsame Nacht mit viel Wein und Mohnsaft. Er brauchte diesen privaten Schluck Vergessen jetzt, um überhaupt Schlafen zu können. Ansonsten kämen die Stimmen des Krieges und die Erinnerung hoch, die so furchtbar und terror-behaftet waren, dass sie ein gelebter Albtraum waren. Verus würde sich soweit betäuben, dass er für wenige Stunden komatös schlafen würde.
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Original von Marcus Helvetius Commodus
[...]Das anschließende überraschte ihn dagegen.
"Oh das ist merkwürdig. Sie sagte zu mir das sie allerhöchstens ein Jahr in Alexandria war um ihren Vater zu beerdigen und seinen Nachlass zu regeln. Das sie während ihrer Abwesenheit vom Kaiser entlassen worden ist hat sie mir verschwiegen. Das was ich von ihren Fähigkeiten gesehen habe deutet für mich daraufhin das es ein Verlust für den Kaiser war."Als dann nach dem Lachen auch noch das mit dem Gepäck kam brachte ihn das tatsächlich etwas aus dem Gleichgewicht.
"Ich schwöre dir, vor den Ereignissen gestern habe ich sie noch nie gesehen. Die Information ich hätte eine enge Verbindung zu ihr ist nicht korrekt. Aber ich schulde ihr seid gestern einiges nehme als natürlich ihr Gepäck auf."Er war sich sicher das es sich um einen Irrtum handelte aber nicht zuletzt wegen der Stimmung und des Auftretens des Männer ihm gegenüber diskutierte er das nicht weiter.
Es folgten weitere haltlose Anschuldigungen und Beleidigungen. Commodus beschloss endgültig das die Prätorianer in ihrer aktuellen Fassung und Führung nichts mit dem zu tun hatte was er gedacht hatte. Sehr ärgerlich aber nicht zu ändern. Es gab, zu mindestens in Roma ja noch eine Alternative. Ihm lagen etliche Dinge auf der Zunge.
Varia war in den Besitz eines anderen übergangen, bei dem Aufstand hatten sich ganz sicher noch andere Sklaven beteiligt. Sicher war Varia nicht die einzige die man gefasst hatte. Soweit Commodus wusste hatte aber bisher niemand Entschädigungen gezahlt. In den Augen dieses Mannes waren also nahezu alle römischen Bürger ohne Ehrgefühl und/oder Geldmittel.
Es mochte sogar Bürger geben die Kommissionen leiten und über sehr viel Einfluss und Macht verfügen und so vielleicht sogar in der Läge wären solche Aufstände anzuzetteln. Die nach dem Aufstand sogar profitiert hatten z.B. indem sie wertvolle und mit großen Fähigkeiten ausgestattete Personen in Besitz hatten. Wobei letzteres Commodus nicht wirklich auf der Zunge lag, sondern mehr ein Verdacht war, den er aufgrund fehlender Beweise und weiteren Informationen aber nicht äußern würde.Er beschloss schließlich hier und jetzt diesem tollwütigen Hund vor ihm zu beweisen das er zu mindestens über Geld verfügte. Ehrgefühl zu beweisen war ja schlechter schnell machbar. Zumal er grundsätzlich daran zweifelte das er diesem Mann irgendwas sagen und zeigen konnte das er seine scheinbare sehr schlechte Meinung über Commodus revidieren würde.
Er gab ein paar Anweisungen und aus dem Thesauros wurden vier kleine Truhen geholt."Ich hoffe du erweist mir die Ehre diese kleine Spende an den .... Pensionsfond... der Garde zu tätigen und so wenigstens einen kleinen Teil der Schuld der Gens Helvetia", er würde den Teufel tun und persönliche Schuld an den Vorkommnissen einräumen.
"...am Ungemach der von mir hochverehrten Garde zu mildern!"Sim-Off: Siehe gleich in der WiSim
Dieser Mann wurde Verus lästig. Nicht, weil er besonders gut argumentierte, sondern schlicht, weil er Widerstand zeigte. Es war nicht nach Gefallen des trecenarius, wenn Personen sich der Obrigkeit widersetzten. Menschen mussten ihren Platz kennen. Insbesondere Bürger mit einer derartigen Vorgeschichte. Sie alle dienten nur einer Sache: Rom. - Und Rom war Macht, so dass schlicht und folglich jeder dieser Macht untergeordnet war. Selbst der Kaiser. Der zynische Kopf des Prätorianeris ging ein paar Intrigen gegen den Helvetius durch, die noch im Bereich des Möglichen waren aber unterließ eine weitere Verfolgung dieses Gedankens, da dieser Fall faktisch abgeschlossen war. In sich war es nur schlüssig, diesen Vorgang zu vermerken und bei Zeiten eine Strafmaßnahme für dessen Arroganz zu gestalten, sich verteidigen zu wollen. Doch jetzt nicht. Denn der Mann ging wenigstens ein wenig auf die Positionen der Prätorianer ein, auch wenn er nicht wirklich einbrach, was Verus grimmig stimmte. Die Helvetii gaben eine Mitschuld zu. Etwas. Und immerhin gab es Geld. Geld war immer gut. "Diese kleine Spende nehmen wir gerne an," kommentierte der trecenarius nur und ließ alle anderen Antworten offen, um sich nicht festzulegen. Man legte sich als Schlange niemals fest, sondern sammelte Gift für einen schönen Biss. Verus nickte dem Helvetius zu und hoffte für heute aus dieser Sache zu entkommen, um wichtigere Fälle zu bearbeiten, die wieder aktuell waren: Christen. Zu viele Christen. Sollten sie doch alle brennen. Endlich brennen. Verus war so voller Hass und Verachtung für abweichende Meinungen und Geisteshaltungen, dass er innerlich brannte und sein Herz verächtlich weinte.
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Mist. Verus hatte gehofft, dieses Interesse geheim abzuwickeln, da die umverteilten Gewinne aus dem Betrieb einer staatlichen Mine mitsamt Steinbruch sicherlich gut ins Schatteninteresse der Prätorianer gepasst hätten. Doch nun musste er den ganz offiziellen Weg gehen und nicht den halb-offiziellen Prätorianerweg. "Einverstanden," knauserte Verus mit einer Antwort und gab seinen Handlangern ein Zeichen, dass sie abrücken konnten. "Das werde ich," verabschiedete sich der trecenarius knapp und verschwand dann wieder.
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Ein einziges Versprechen, welches unwahr war, galt stets für diesen Mann, der seinem Vater nacheiferte. Ein Gebot der Stärke. Doch wollte Verus nie, wie sein Vater sein. Niemals wollte er dessen Brutalität vererben und weitergeben. Und doch musste er erkennen, dass ihn sein Vater mehr geprägt hatte, als ihm lieb war. Die Legionen hatten nur ihr Übriges getan, um dieses Versprechen von Stärke wahr zu machen. Traurig über seine Wut und seinen Jähzorn schleppte er sich mit der Vitis in seinen Händen ins Atrium. Er wusste, was er war und sein musste aber ihm gefiel diese Rolle nicht. Ein Monster fürchtete sich vor sich selbst und vor diesem Versprechen. Seine Schwester eilte heran, durchbrach den Schutzkreis, und näherte sich dem gebrochenen und seelisch verkrüppelten Mann, dessen Lebenswelt alleine das Militär und der Krieg war. "Meine Männer bleiben," warnte Verus leise und blickte seine Schwester nicht einmal an. Stärke verlangte auch eine grausame Handhabung eigener Emotionen. Einst hatte ihn sein eigener Vater mit der Vitis zusammengeschlagen, wenn er weinte. Tränen zogen noch mehr Schläge nach sich. "Sie dienen unserem Schutz. Meinem Schutz," fügte er zusammen und blickte Corvina dann mit traurig-kalten Augen an. Endlich erkannte Corvina den wahren Zustand in dieser Welt. Verus war kein Bruder und kein Mensch, sondern nur der trecenarius. Eine Kriegsbestie, gehalten von schweren Ketten des Kaisers, auf dessen Befehl er meuchelte und kämpfte. Schlussendlich war diese Wahrnehmung zumindest ehrlich. "Du hast nie gefragt, was ich im Krieg gesehen habe. Du hast nie gefragt, was ich tue," meinte Verus beiläufig und spielte damit auf die Belanglosigkeit dieser Familie an, die sich mehr Status und eigenes Fortkommen sorgte, als um Menschlichkeit. "Dein schönes Gesicht ist Stein," sagte der Mann, der den Rebstock wieder an seinem militärischen Gürtel verstaute. "Vieles ist in dieser Familie Stein," erklärte sich Verus und seine Gedanken, die noch immer getrieben durch einstige Erfahrungen in einem wütenden Rausch tanzten. "War hier jemals Liebe? Etwas Leben?" Der trecenarius trat zu den aufgereihten Büsten seiner Verwandten und blieb vor der von Tiberius Durus stehen, um seine Hand auf dessen Kopf zu legen. "Ein vermutlicher Kaisermörder," sagte er und ging zur nächsten Büste. "Ein Kriegstreiber und Mörder von Tausenden," bemerkte er mit einer Geste auf Tiberius Vitamalacus, dessen Büste auch hier stand. "Liebe war uns immer fremd," sagte der Mann nüchtern und wandte sich wieder zu seiner Schwester. "Verstehst du Liebe?" Mit geweiteten Augen, die Verrat in diesem Hause sahen, trat er weiter mit einem stampfenden Schritt auf Corvina zu. "Ich weiß, was hier vor sich geht. Ich weiß, was ihr von mir denkt," ballte er seine Worte zusammen und fauchte sie böse in die Richtung seiner Schwester, bevor sich Tränen über seine eigenen Wangen quälten. "Nicht eine Umarmung, nicht eine Geste der Liebe..." sprach mit geschlossenen Zähnen, fast fordernd leise und zischend. "Ich bin der trecenarius," verweinte er und warf die Büste vom kriegstreibenden und Militärnarren Vitamalacus mit einer hektischen Bewegung um. Sie zerschellte am Boden und die kleinen Plättchen flogen über den Fußboden. Ironischerweise war er selbst Vitamalacus sehr ähnlich. Und vielleicht verachtete er deswegen diesen Narren besonders, weil er die gleichen Fehler machte. Diese Geste verschaffte ihm wieder Luft zum Atmen. "Du hast nie gefragt...," jappste der Mann, der nichts mehr wollte, als ein echtes Zuhause.
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Wut stieg auf. Echte Wut. Nicht darüber, dass sein Bruder ausfallen wurde, sondern wie er ausfalllend wurde. Er untergrub in seinem jungen Eifer jedwedes Fundament, welches Verus als Heim suchte. Auch missfiel Verus erheblich, dass sein Bruder mit einem Ehrenmann der Garde so sprach, wie er es gerade getan hatte. "Meine Wache bleibt," verlangte Verus kaltherzig und blickte mit durchblickenden und wütenden Augen zu seinem Bruder. Der trecenarius kannte diese Stimmlage, diese Wahl der Worte nur zu gut und wusste, dass sein Bruder keinerlei Respekt hatte. Nicht mehr. Der Zorn stieg weiter an und der Soldat wollte handeln. Verus wollte handeln. Disziplin war ein wichtiger Anker in der römischen Gesellschaft. Zumindest für einen Prätorianer. Tief verletzt, enttäuscht und zermürbt über diese Entwicklung setzte der Drill ein. Verus betrachtete seinen Bruder als zu disziplinierenden Rekruten, der eine Regel gebrochen hatte. Der Centurio lebte auf. Mit einer drastischen Bewegung zog er seinen Rebstock hervor, das Standeszeichen eines militärischen Offiziers, und deutete damit auf seinen Bruder. "Du hast eine Grenze überschritten. Dies ist mein Haus. Meine Wachen handeln auf meinen Befehl. Du lebst unter meinem Dach. Du dienst nicht nur dir selbst, sondern auch einem Namen," forderte Verus und seinen Augen fanden diesen paranoiden Wahnsinn. Verrat. Sein Bruder hatte ihn verraten und diese tiefsitzende Verletzung verlangte eine Handlung. Eine sofortige Handlung. "Dein Ton verletzt nicht nur den Anstand, sondern auch die Würde unseres Namens. Einst musste unser Vater dich richten und da du immer noch gelernt hast, werde ich dies tun," sagte Verus und schlug mit der Vitis fest zu, so dass ein roter Streifen auf der Wange seines Bruders entstehen musste. Eine römische aber standesgerechte Demütigung. Er wurde nicht mit der flachen Hand geschlagen, sondern mit dem Rebstock, was aus römischer Sicht ehrbarer war. Danach spuckte Verus auf den Boden, da er salzigen Speichel schmeckte. Wieder war da dieser Frost, der ihn umfing. "Vergiss' niemals, dass du ein Tiberius bist und du sprichst nicht so mit mir, deinem Bruder, der dir dieses Leben bezahlt," drohte Verus mit böser Stimme, die tonlos und leblos war. Danach rückte er aus dem Raum ab und die Wache folgte. Er hatte genug davon. Die Hoffnung blieb, dass sein Bruder verstand und sich entschuldigen würde. Wenn nicht, würde dies für Verus eine Entscheidung bedeuten. Warum war Nero nicht so folgsam, wie er selbst? Der Vater hatte recht. Nero musste stets an seinen Platz erinnert werden. Immer wieder. Traurig zog sich Verus in sein officium zurück, wo bereits ein Offizier wartete, um mit ihm über wichtige Dinge zu sprechen. Das Geschäft wartete nicht und Nero schien sich auch zum Opfer dieses Geschäftes machen zu wollen.
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Original von Iunia Axilla
[Blockierte Grafik: http://oi63.tinypic.com/11r6j36.jpg] ArarosWie immer öffnete Araros die Tür. Diesmal aber standen da nicht ein freundlicher, klopfender Sklave mit einer feinen Herrschaft oder Damenschaft, nein. Diesmal standen da drei grimmig dreinblickende Männer. Araros öffnete die Tür daher vorerst nicht zu weit. Wer so guckte, war dem erfahrenen Ianitor nicht ganz geheuer.
"Ja, bitte?" fragte er dennoch höflich nach dem Grund des Klopfens."Ich bin Tiberius Verus, im Auftrage der Prätorianer hier, um mit der Herrin Iunia Axilla über ein Geschäftsinteresse zu verhandeln," meldete Verus zackig und ohne weitere Betonung. Man merkte, dass er ein gedienter Soldat war, dem Höflichkeiten schwerfielen und er nur soldatische Merklinien beherrschte. Melden. Gehorchen. Befehlen. Mehr konnte Verus nicht wirklich vermitteln, so dass er mit der Mimik eines Toten auf den Sklaven blickte.
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"Umgebung sichern," schallte eine fremde Stimme durch das Haus. Soldatenstiefel der Prätorianer kratzten mit ihren Nägeln über die Bodenplatten. Verus kehrte zurück, und war erstaunt darüber, dass sich niemand im Atrium eingefunden hatte. "Danke," vermeldete er seiner persönlichen Wache, die deutlich aufgestockt worden war, um einen erneuten Anschlag zu verhindern und Verus wollte stets verfügbare Soldaten in seiner Nähe wissen, um zeitnah auf aktuelle Lagen reagieren zu können. Sein Gepäck wurde unachtsam von groben Händen ins Atrium geworfen, da es ihn auch nicht kümmerte. In Gedanken wanderte er im Haus umher, denn Luna war wichtiger aber aus Gründen ihrer Gesundung hatte man sie noch in Misenum zurückgelassen, da die dortige Seeluft gesund war. Beide hatten sich vorerst in Liebe verabschiedet und Verus war dort erst aufgebrochen, als klar war, dass sie überleben würde. Mehr oder minder hatte Luna ihn fortgeschickt, da sie wusste, dass er seiner Pflicht nicht entkommen konnte. Luna würde aber bald nachkommen, darauf hoffte Verus. Enttäuscht über seine eigene Familie trat der immer noch nicht ganz gesundete Verus ins Cubiculum seines Bruders, da er aus diesem Geplärre und Stimmen vernommen hatte. Er trat unvermindert ein und eine der prätorianischen Wachen war gefolgt, da man Verus nicht mehr aus den Augen ließ. Auch die Leibwachen hatten nun Angst, da man wusste, was man den anderen Wachen angetan hatte, die versagt hatten. Sie waren in dieser Hinsicht deutlich aufmerksamer und der gestählte Soldat blickte grimmig auf die Anwesenden. Auch Verus tat es ihm gleich, als er auf ein fremdes Gesicht blickte. "Was ist das?" - fragte der trecenarius und war bereit seinen Pugio vom cingulum zu ziehen. Ihr Geplärre und dieser Gesichtsausdruck von Bruder und Fremdling machten Verus Angst, so dass er gedrillt zu seiner verfügbaren Waffe greifen musste. Seine Paranoia machte nicht einmal vor der Familie halt. "Übrigens: Ich lebe noch. Danke der Nachfrage," blaffte er zynisch, da seine Familie noch nicht einmal eine Nachricht nach Misenum geschickt hatte.
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Damit war der offizielle Teil beendet. "Doch, mein Kaiser, ich habe noch ein Geschenk für dich," wollte sich Verus erkenntlich bei seinem Meister zeigen, und hatte ihm ein wertvolles Geschenk bringen lassen. "Eine Eule," sagte der trecenarius mit einem schelmischen Grinsen, als man einen Vorhang unweit zur Seite zog und ein goldener Käfig zum Vorschein kam. In diesem großen Käfig saß eine schöne Eule auf einer Stange und blickte den Kaiser mit einem schiefen Kopf an und gab den typischen Ton von sich. Ein Sklave fütterte sie mit einem Stück Fleisch, welches über einen Spieß hinein gehalten wurde. "Eulen stehen für Weisheit und als Dank für deine Weisheit, die uns alle anleitet, war es für mich ein Anliegen diesen Dank auszudrücken." Verus senkte - nicht als Vorbeugung - sein Haupt.
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"Das müsste möglich sein," war die einfache Antwort. Mehr würde er ohnehin in den nächsten Wochen nicht tun können. Er musste sich wieder in die aktuelle Bearbeitung und das eigentliche Geschäft einlesen. "Danke," versicherte Verus seinem alten Freund seine Loyalität. Es war nicht selbstverständlich, dass beide derart offen sprechen konnten. Denn Verus lebte längst in einer Charade, einem Schattenspiel, welches kaum mehr von seiner eigentlichen Person zu unterscheiden war. Er wusste nicht mehr, wie oft er log und wie oft er Wahrheiten verbog, um politische Ziele zu erreichen. Der Mann hatte seine Linie verloren und konnte keine neue Linie ziehen. Seine Träume waren noch immer erfüllt mit Sorgen und Ängsten. Reue, gerade jetzt wo er Vater war, wuchs mit jedem Tag in dieser Farce. Verus konnte nicht mehr zwischen der Zeit zum Bleiben und zum Gehen unterscheiden. Er brauchte Hilfe und doch konnte ihm keiner wirklich helfen, denn seine Entscheidungen lagen allein bei ihm. Sie lagen immer bei ihm und warme Worte oder fremde Zuversicht konnten nicht erlösen oder auflösen, was er in seinem Leben durchgemacht hatte. Nicht nur Dakien, Germanien und jetzt Rom, sondern die kleinen Verluste, die er mit sich trug. Der frühe Tod seiner Mutter, die verlorene Liebe zu Calena und ihre gemeine Rache im Alltag von einst, die Lügen seines Vaters und das Ränkespiel, welches ihn einst vertrieben hatte. Verus verstand diese Welt nicht und versuchte ihr einen logischen Stempel aufzuzwingen. Etwas, was man kontrollieren konnte und zu Teilen funktionierte diese Kontrolle sehr gut aber sie erleichterte nicht das Verständnis. Dieses grobe Unverständnis der Welt, warum Menschen sich oft Grausames antaten. Verus hatte eine tragische Erklärung, die ihm selbst nicht gefiel. Nicht nur sein Mann Sternius, der Gelder unterschlug, sondern vieles in der urbs schienen entzogen. Verus musste und wollte entkommen. Seine kleine Familie nehmen und erneut fliehen. Doch war ihm längst klar, dass es kein Entkommen gab. Nicht vor seinen Kreisen. - Es gab kein Entkommen vor seinen Entscheidungen und erst recht nicht vor sich selbst. Verus war ein Gefangener seiner Zeit, ohne Linie, gehalten durch Pflicht und Lügen. Ein guter Selbstbetrug war gut genug. Mehr konnte Verus sich nicht helfen. Nicht in dieser Welt. Nicht mit sich, der allein für sein Rom lebte und alles dafür vergeben hatte. In Lunas Augen hatte er eine andere Welt gesehen und doch hatte er sie in seine Welt hinabgerissen. Warum gab er diese Charade nicht endlich auf? Riss sich selbst die Maske herunter? Nein, er tat es nicht und konnte es nicht. Verus wollte irre lachen, sich auslachen, für die Gemeinheit seiner eigenen Existenz und seiner Pläne, die mit einer engen Agenda der Prätorianer verknüpft waren. Es war verrückt. Er war verrückt. Nicht, weil er verrückt sein wollte oder von Geburt verrückt war, sondern weil die Welt irre war. Sie durchzogen von Widersprüchen und falschen Wahrheiten. Alle belogen sich in dieser Stadt. Ständig. Immer wieder.
"Ich weiß es deshalb, weil meine Quellen mir davon berichten aber sich über die Gründe ausschweigen. Ich weiß nicht mehr als das," erklärte sich Verus und log nicht. Und doch steckte auch in diesem Fakt politische Berechnung. Verus wusste, dass ein baldiger Parthienkrieg Roms Aufmerksamkeit massiv binden würde. Ein Krieg machte einig und stark. Er war politisch sinnvoll und vielleicht hoffte Verus sogar darauf, diesen Krieg auslösen zu können, wenn er dorthin aufbrechen konnte. Für Verus, der den Krieg lebte und kannte, war er ein guter Freund. Der Krieg war brutal ehrlich und zeigte jedem Menschen, wer er wirklich war. Zwar logen die Menschen weiterhin, gerade in Kriegszeiten aber auf dem Schlachtfeld lag eine einfache Wahrheit. Ein müder Hunger hockte in Verus Seele, nach etwas mehr als diesem Zustand hier; nach einem fernen Ruhm, der seiner selbst überdrüssig war.
Er wollte nicht nur ein seelisch verkrüppelter und trauriger Prätorianer sein, sondern ein Held. Dennoch konnte er nie ein Held sein. Helden gab es nicht. Es gab nur Menschen. Auch Verus war längst klar, dass er nichts mehr zu gewinnen hatte außer neuen Eitelkeiten, wie Auszeichnungen und Titeln. Immer wieder suchte er Anschluss, versuchte einen Menschen zu imitieren, der er nicht mehr war. Verus fragte sich eindringlich, welchen Sinn hatte diese Existenz, die bloßes Überleben war? Wo zog er seine Linie? Er betrachtete den eifrigen Iulius; ein tapferer Soldat, der stets folgte und sich darin zurechtfand. Doch auch Licinus war gefangen. Ein Leben außerhalb dieser strengen Strukturen war ihn nicht mehr möglich. Auch nicht für Verus.
Beide hatten auf dem Feld der Ehre mehr gelassen, als sie zugeben konnten, ohne an symbolischer Stärke einzubüßen. Kriegsschwere nannte es Tacitus. Ja, schwere Ketten hielten beide in einer zynischen Welt gefangen, die ihre feste Ordnung hatte. Eine Ordnung, die nicht selten widersprüchlich zur realen Welt war. "Ich brauche deine Organisationsfähigkeiten. Ich plane, die Subura aufzuräumen und ein paar Problembereiche zu säubern. Ich brauche deine Hilfe bei der Organisation eines Einsatzes meiner Statores," offenbarte sich Verus und verschwieg dabei, dass er Teile der Subura anzünden wollte, um den Pöbel zu vertreiben und die Problembereiche zu verkleinern. Für ihn war die Subura zu wild gewachsen und zu undurchdringlich, so dass sich ein wirkliches Aufräumen nicht lohnen würde. Lieber fackelte er pragmatisch einen Teil des Wildwuchses ab und sortierte danach. Ein kontrollierter Brand konnte politisch sinnvoll sein. Kaltherzig hatten seine Leute dies überlegt und waren zur Erkenntnis gekommen, dass die Subura im jetzigen Zustand nicht zu kontrollieren war. Also sollte sie in partiellen Teilen brennen, damit die Prätorianer die Kontrolle wieder etablieren konnten. Nicht wieder sollten Patroullien verschwinden. In Verus faschistischem Kopf klang dies sinnvoll, auch wenn sein Herz rebellierte. Allein der Versuch reichte den klugen aber zynischen Köpfen aus, um Hunderte ihres Obdachs zu berauben und zu vertreiben. Eine einfache und brutale Lösung für ein altes Problem.
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Ja, der Tod, wollte sie alle. Jederzeit. Verus, nicht nur als Soldat, sondern auch als Prätorianer, war sich dessen stets bewusst. Er kannte den Tod nur zu gut. Diese Kälte folgte ihm stets, verdammte ihn zu einer anderen Art der Sklaverei. Er hörte seinen eigenen Herzschlag in ihrer Nähe. Er hörte sein eigenes Leben verinnen, wie der Sand der Zeit. Alles schien still auf sein eigenes Ende zu zugehen. Verus kannte sein Herz, und leider verachtete er es. Nicht, weil er es wollte, sondern weil er es musste. Sein schwaches Herz verlangte nach Reue und Hingabe aber diese konnte er nicht mehr geben, so zerfetzt und zerrissen war seine Lebenszuversicht. "Ich lebe," antwortete der Soldat, dessen Liebe mehr Hoffnung erbat. Verus kauerte sich an seine Luna, deren Wärme sein Schluchzen verbarg, welches er bekämpfte und dennoch rannen zwei Tränen über seine Wangen. Doch die Zeit war knapp bemessen. Er wurde ihr wieder entrissen und auf sein Krankenlager verbracht. Der Tiberius konnte sich nicht mehr wehren. Gegen was sollte er sich wehren? Er hatte sich stets mit Waffen und Gewalt gewehrt aber in dieser Lage war er hilflos; ausgeliefert seiner eigenen Unfähigkeit. Er war feige. Zu feige, um wahrlich zu leben. Seine Angst lähmte ihn, mehr als das falsche Gift. "Ein Kind... - Einen Sohn...," stammelte der willfährige Soldat zusammen, während er mit müden Händen die alte Decke über seinen zernarbten Körper zog. Spuren vieler Schlachten, die ihn zeichneten und mehr über ihn aussagten, als jedes Wort. Dies war sein Zuhause, trotzdessen, das er eine Kriegsbestie war und seine dunkle Seite stets in Terror spürbar war. "Ich... Es... wollte... Ich kann... Muss...," wollten die Worte nicht mehr kommen. Sich nicht mehr finden lassen, während seine Augen glasig auf die Raumdecke gerichtet waren. Ein Singsang aus Worten, die nach Vergebung suchten und einbrachen, bevor sie einen Satz erfinden konnten. Wo Wärme war, kam der Frost. Ein kalter Frost, der sich alles nahm, bevor es wachsen konnte. Liebe kämpfte dagegen, und doch waren dort diese Grausamkeiten, die Verus ins Unmenschliche trieben. Noch war er nicht verloren aber die schweren Ketten der römischen Macht zogen an ihm. Die Römer waren grausam. Und Verus war einer von ihnen. Ihre Macht verlangte stets einen Preis, den Verus unwillig entrichtete und doch war dort etwas, was ihn ganz zum Römer machte. "Ich lebe...," verweinte er diese beiden Worte und war sich im Klaren, dass er schon lange nicht mehr lebte, sondern nur überlebte. Er überlebte seine eigene Zeit auf Befehl anderer. Seine Agenda war nicht die seine, sondern eine Lüge, eine Geschichte, die sie sich erzählten, um zu überleben. Die Prätorianer waren das wahre Gift in seinen Adern. Die Prätorianer schmiedeten die Ketten gegen die Liebe. Und doch war Verus auch genau in diesem Atemzug klar, dass er sich niemals befreien konnte. Niemals konnte er seiner Vergangenheit entkommen. Eine Zukunft lag allein in fremder Willkür, unberechenbar und kalt vor ihn geworden, wie ein Donativum. Kaum konnte er noch atmen, während er in seinen Tränen Erlösung suchte. Erinnerungen quälten ihn und doch war da diese Gewissheit, etwas Gutes erschaffen zu können. Irgendwo gab es eine Gelegenheit mehr zu sein als dieser Sklave einer wahnhaften Allmachtsfantasie. Er schlief ein, weihte sich selbst Morpheus, damit dieser ihm zeigen möge, was möglich war. Seine Liebe wählte bereits ihre eigene Zeit.
Wochen vergingen. Wochen, in einem diesigen Dämmerzustand, der unaufhaltsam und doch gebrochen, über Verus und Luna gekommen war. Verus öffnete morbide seine Augen, während die Äderchen in ihnen pulsierten. Eine Melodie durchfuhr seinen Körper, während sein Verstand die Worte des Arztes realisierte. Beten? Verus betete nicht, sondern erfüllte eine Glaubensfunktion, wie jeder Römer, der die Riten nur befolgte, um sie zu befolgen. Trotzdessen war ihm klar, was der medicis meinte und bezweckte. Seine Geliebte erwartete ein Kind. Sie gebar es und Verus war durch Feigheit und Schwäche an sein Lager gefesselt. Der Mann war unfähig mutig in dieser Sache zu sein, da er sich vor den Konsquenzen fürchtete. Er sah sich nicht als Vater, nicht als liebevolle Person, die es verdiente, eine Familie zu haben. Verus wollte nicht wirklich etwas besitzen, was er lieben sollte. Eine Familie besaß man nicht, sondern lebte sie. Der Soldat rang mit sich, im festen Gewissen seiner eigenen Taten für Rom, oder waren es doch Taten, die er inzwischen aus wahnhafte Fixierung beging? Verus wurde schlagartig klar, dass er handeln musste. Egal, wie und was er tat aber konnte seine Luna nicht allein mit dieser grausamen Welt lassen. Der Mann erhob sich verschwitzt aus seinem Bett, suchte seine einfache Tunika, warf diese über und suchte das Atrium auf, um dort zu warten, da man Luna bereits verlegt hatte, um sie besser versorgen zu können. Die Schreie fuhren Verus in seine Seele, als sie er sie vernahm. Seine Ohren waren aufmerksam. Der nach Schweiß riechende Tiberius ging nervös auf und ab. Seine Handlung war sinnlos verkommen zu einem Warten. Der Arzt kehrte ein und Verus wandte sich ängstlich um. Der griechische medicus legte ein Bündel mit einem Säugling vor Verus ab, der nervös herabblickte. "Ich...," stammelte er wieder. Der tapfere Soldat war wieder hilflos. Nun musste Verus nach römischer Sitte handeln. Entweder er verstieß das Kind, verdammte es zu einer Existenz als Sklave oder nahm es als sein eigenes Blut an. Seine Geste unter den anwesenden Zeugen war nun entscheidend. Es dauerte einen Augenblick, bis sich Verus entscheiden konnte. Diese Sache fiel ihm schwer aber als er das Gesicht des Kindes sah, war ihm klar, dass auch er etwas Gutes erschaffen konnte. Trotz all sein Verfehlungen und Dienstbarkeit für eine grausame Macht. Er war Vater und fand genau in diesem Sturz Lebenskraft, wie auch Verletzlichkeit. Er konnte es nicht verstoßen. Nicht mehr, da sein Herz bereits in Mitgefühl schlug. Verus kniete sich herab und nahm das Kind auf seine Arme. "Mein Sohn," sagte der Tiberius und vergab damit jede Chance. Dieser Säugling war nun ein Tiberius aber Luna damit der Mutterschaft entrissen. Dieses Kind hatte absofort nur noch einen Vater und eine Amme. "Danke," sagte er merkwürdig an den Himmel gerichtet, welcher durch die Dachöffnung sichtbar war. Der Mond strahlte dankbar, während sich der gewordene Vater mit dem Kind, welches er in seinen Armen hielt, wieder dem medicus näherte. "Wie geht es Luna?" - fragte er nun besorgt den Arzt. Verus spürte Sorge und gleichsam Hingabe. Er fühlte sich lebendig.
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Verus, mit seinen beiden neuen Leibwächtern, trat vor die Porta und ließ anklopfen. Die Prätorianer brauchten einen legalen Geschäfterspartner oder viel mehr eine Partnerin, um baldige politische Gefangene - sprich' Sklaven - sinnvoll einzusetzen. Ein Steinbruch oder eine Mine waren angebracht, da die staatlichen Minen bereits überlastet waren, da die Legionen sehr eifrig Kriegsgefangene lieferten. Verus war über einen alten Aushang in Ostia informiert worden und hoffte, das dieser noch gültig war. Seine Prätorianer waren manchmal auch etwas langsam.
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Damit war die Sachlage klar: Ein Beweis für Menschenopfer musste her! Er würde mit seinem Stab sprechen und vielleicht sogar weitere Kreise mit ins Boot holen. Die Agenda verfestigte sich und bald würde man Rom von unliebsamen Subjekten reinigen können. Ein gutes Regime etablieren, welches für Sicherheit und Ordnung sorgen würde. Zum Wohle Roms. "Ich verstehe," antwortete der trecenarius doppeldeutig mit einem beißenden Zynismus, der sich auch in den Augen spiegelte. "Ich werde dir bald diese Beweise vorlegen lassen," versicherte der Prätorianer und damit war dieser Besuch beim Imperator vorerst abgeschlossen. Verus brauchte nun doch etwas Geschick und diese prätorianische Magie, die alles machbar machte.
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Verus ahnte, dass dieser Fall erneut seine Nerven beanspruchen würde. Immer wieder schienen die Menschen den Wert von Obrigkeit nicht zu verstehen. Jeder Mensch auf dieser Welt hatte seinen Platz und wenn jeder seine Funktion entsprechend ausfüllte, würde die Welt sicherer und friedlicher sein. Verus, im Sinne einer Konditionierung und militärischen Erziehung, war ungewillt, hier lange einen Disput zu führen. Auch wollte der trecenarius nicht feilschen, verhandeln oder vermitteln, sondern schlicht einen Fakt auflösen. "Helvetius," begann Verus. "Du bist nicht das Thema, sondern dein Sklave," wich der Prätorianer dezent zurück und ließ seinen Blick unverhohlen auf sein Gegenüber fallen. "Das Schreiben ist mir bekannt," wieß er den Helvetier zurück und nahm das Schreiben nicht einmal an. "Wir haben dir bereits unsere Gnade bewiesen...," rückte Verus das Selbstbild ein wenig zurecht. "Aber wenn du dich gerne zum Thema machen möchtest, kannst du das gerne tun," gab der faschistische Tiberius einen zynischen Kommentar von sich.
Dieser Helvetius strahlte vor Arroganz und Selbstgerechtigkeit. Etwas, was Verus nicht ausstehen konnte. Obrigkeit musste befolgt werden. Es gab nichts, was diesen Helvetius wirklich besonders machte oder anders als andere Opfer der Staatsmacht. Rom war Macht. Man beugte sich oder ging unter. Verus kannte wenig außerhalb seiner Grenzen und war auch nicht gewillt, sein erlerntes Schema aufzugeben; auch wenn er dienstlich sicherlich zur erweiterten Betrachtung in der Lage war. Doch im Umgang war Verus überaus hart, kaltherzig und brutal. Das Geheimnis lag in seinem eigenen Schmerz, den er benutzte, um anderen Schmerzen zu zufügen. Seine Macht war Gewalt; und gleichsam Antwort auf seinen eigenen Verlust. Er hatte die Magies seines Lebens verloren. Irgendwo in Dakien oder Germanien.
"Du kannst uns gerne dienen. Jedoch kann ich dir aus verständlichen Gründen nichts zu den Ermittlungen sagen, Helvetius," richtete der trecenarius aus und wollte Fremdkörper auch nicht einbinden. Jeder hatte seine Rolle, selbst die angeworbenen Söldner und Agenten, die nicht alles wissen mussten. Zumal es verdächtig war, dass sich dieser Mann so sehr um eine Zusammenarbeit bemühte. Niemand wollte gerne mit den Prätorianern zusammenarbeiten. Man musste es aber wer bot sich schon freiwillig einem Leviathan an? Verus, in seiner erlernten und gelebten Paranoia, wollte nicht glauben, dass man dies freiwillig tat. Dieser Helvetius musste etwas zu verbergen haben. Er wollte von sich ablenken und Einfluss auf die Prätorianer nehmen. Das konnte er als Meuchelchef natürlich nicht zulassen. Denn einzig und allein die Offiziere der Prätorianer bestimmten über die Agenda. "Es freut mich, dass deine Familie so dienstbar ist aber um dich zu schützen, werden wir nicht so offensichtlich auf eine Zusammenarbeit zurückkommen. Du bist in Gefahr," kommentierte Verus abwehrend und blickte den Mann eindringlich mit frostigen Augen an. Ein gewisser, fast berechneter Wahnsinn lag in ihnen. "Wir werden auf dich zurückkommen, wenn die Zeit gekommen ist," war die offene Drohung, die er besonders betonte, damit sich dieser Helvetius nie sicher sein konnte. Wieder vernahm er jene warnende Stimme seiner eigenen Angst, dass ihm die Kontrolle entgleiten konnte. Gefahren summierten sich und warfen ihre Schatten zurück. Verus fühlte wieder diese verstecke Panik, die ihn antrieb, noch mehr zutun.
"Oh, dein armer Verwandter," gab Verus kaltschnäuzig von sich und zeigte damit, wie gering er den Varus schätzte. In seinen Augen waren diese beiden Helvetier nicht minder verantwortlich für all das Debakel, warum er sich als trecenarius kümmern musste. Wenigstens konnte Verus Eliten hinter sich wissen; nicht alle freiwillig aber viele folgten willfährig den Wünschen des imperialen Geheimdienstes. "Welche medica? Die seit Jahren nicht aufgetaucht ist und immer noch darauf pocht, angestellt zu sein?" Verus lachte böse auf, nur kurz aber bösartig verzerrt. "Ihr Gepäck müsste sich bereits auf den Weg zurück befinden. Wir wussten nicht wohin mit dem Zeug, da es zur falschen Zeit angeliefert wurde und niemand eine medica kannte. Sie hat sich ja noch nicht einmal angemeldet... aber dank meiner lieben Kenntnisse, konnten wir ausmachen, dass sie eng mit dir verbunden ist. Das Gepäck müsste bald hier eintreffen," sagte der Meuchelmeister ohne jegliche Betonung, sachlich und bestimmt. "Wenn sie erneut für unseren wertgeschätzten Augustus arbeiten möchte, soll sie sich üblich bewerben und sich erneut vorstellen. Sie hat kein öffentliches Amt, sondern gehört allein zu seinem Hausstand. Wir werden für den Hausstand keine Ausnahmen machen. Es gibt Regeln. Die Welt ist kein Wunschort und nicht sonderlich frei, Helvetius. Womit wir wieder bei deinem Sklaven sind," erklärte der trecenarius die Beweggründe für sein Handeln. Verus hatte noch gut die Erläuterung des Helvetius im Ohr. "Ich denke nicht, dass das ausreicht," drohte die Stimme des Schattenmannes wieder.
"Du hast ja noch nicht einmal die Schäden, die deine Sklavin Varia angerichtet hat, dem Staat oder den Familien zurückerstattet, so dass ich davon ausgehen muss, das du keinerlei Ehrgefühl besitzt oder keine Geldmittel. Ansonten wäre es jedem römischen Bürger ein Anliegen gewesen, zumindest eine symbolische Entschädigung an die betroffenen Familien und den Staat zu zahlen. Ich möchte hier nicht als Bittsteller auftauchen aber das Handeln deines Sklaven reiht sich erneut in eine Reihe ein, die nicht nur bei mir und vielen Prätorianern für Ungemach sorgt," sagte der trecenarius und deutete mit einer Geste auf den Helvetius. "Ein Anfang wäre es, wenn du uns Prätorianern die Schäden und den Ehrverlust mit einer Summe ersetzt. Danach empfehle ich dir, dich beim Augustus zu entschuldigen und ihm eine Summe bereitzustellen und dann den betroffenen Familien. Zumindest eine symbolische Summe," drängte der Tiberius ehrlich in der Hoffnung, dass dieser Mann verstand, was vor sich ging. Nicht nur er selbst, dessen eigener Stammsitz abgebrannt war, sondern auch viele andere warteten immer noch auf etwas, was zumindest lindern wirken konnte. Vom Kaiser selbst kam wenig und auch vom Senat bewegte sich nicht viel in Richtung der Opfer. Einzig und allein der Konsul hatte sich bemüht. Aus diesem Grund unterstützte Verus auch den Claudius derartig. Beide Männer waren inzwischen eng verbunden, und wollten Rom genau vor diesem Sittenverfall retten.
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Sklavin des Todes? Dient sie Pluto? Das dürfen nur die Prätorianer!
Willkommen in der Familie!
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Verus verzweifelte dezent an der Sanftmütigkeit dieses Kaisers, der den Nutzen einer politischen Verfolgung nicht erkennen wollte. Dabei breitete Verus ja bereits bereitete Albträume aus, die er nur noch annehmen musste. "Sie blenden uns und durchsetzen viele Strukturen. Nicht jeder zeigt sich offen als Christ, Imperator. Sie sind nicht harmlos," versicherte Verus eindringlich und blickte den Augustus mit festem Blick an. "Ich habe Beweise für Menschenopfer," log er und nahm sich vor, jene Beweise zu finden oder zu erzeugen. Dies würde sich machen lassen, damit die politische Agenda endlich verfolgt werden konnte. Zumal er fest daran glaubte, dass die Christen derartig eingestellt waren. Sie mussten einfach so sein und wenn sich nichts fand, würde man etwas finden müssen. Das Urteil - in den Köpfen vieler Prätorianer - war bereits gesprochen. "Mit Verlaub, mein Kaiser, aber das Decretum ist überholt und muss dringend verschärft werden," gab Verus seinen Wunsch nun offen zu. "Wenn du Rom schützen möchtest, solltest du uns erlauben, härter gegen Christen vorzugehen und auch gerne auf Basis eines neuen Decretum, welches uns anleiten soll," meinte der trecenarius. Neue Sichereitsgrundlagen als Handlungsmaßgabe waren immer gut und eigneten sich immer für die Interessen der Prätorianer.
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"Helvetius Commodus," rief Verus warnend, während seine Mannschaften Position bezogen. Sie nahmen förmlich das Atrium ein und umstellten die Person des Helvetius. Verus trat mit zwei begleitenden Absicherungskräften ins Zentrum, um direkt auf Commodus zu zugehen. "Wir haben ein Problem. Ein erhebliches Problem," erklärte der trecenarius nüchtern und gab seinen Knüppel an seinen Nebenmann ab, um eine breite Geste mit seinen Armen zu vollführen. "Ich verstehe dich nicht." Er zeigte keinerlei menschliche Mimik. "Um es kurz zu machen: Ich verlange den Sklaven, der neulich als Bote am Palast erschienen ist. Er soll an uns herausgegeben werden, um seine Strafe zu erhalten," war dann die kalte Offenbarung. "Noch immer scheinst du deine Sklaven nicht im Griff zu haben. Noch immer bist du ein Problem," drohte der Prätorianer und zeigte auf den Mann vor sich. "Du solltest dich glücklich schätzen, dass wir gnädig waren. Wir haben dir und deiner Familie Gnade gezeigt und wie dankst du es? Noch immer vergehen sich deine Sklaven an Rom," gab der trecenarius auffordernd von sich. "Wenn du diesen Sklaven nicht herausgibst, wirst du seine Strafe erhalten. Eigentum verpflichtet, Helvetius," drohte der zynische Meuchelmeister.
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"Aufmachen," forderte Verus lautstark ein. Er musste keinen Grund nennen. Als Prätorianer war es ihm sogar egal, was man von ihm hielt. Er hatte genug auf sich geladen. In späterer Zeit würde man ihn einen Faschisten nennen, doch in der römischen Antike war er ein tapferer Verteidiger der staatlichen Übernacht gegenüber einer Einzelperson. Verus, längst gebrochen und ausgeliefert, tat stets das, was notwendig war und ihn kümmerte eine subjektive Moral nicht mehr. Der Zweck heiligte grundsätzlich die Mittel. "Du hast nun Gelegenheit uns Zutritt zu verschaffen oder wir verschaffen ihn uns," sagte der trecenarius etwas leiser und ließ einen Mann mit einer großen Brechstange vortreten. Was Atermas nicht wissen konnte, dass das Ziel der Prätorianer garnicht Commodus war, sondern sein Sklave Legaturus, den Prätorianer für Verrat und Beleidigung einer staatlichen Institution verhaften wollten. "Keine Sorge, deinem Herren wird nichts geschehen," gab Verus süffisant von sich. Inwischen hatte der zynische Charakter Gefallen an diesen Intrigen und Machtspielchen gewonnen, die einen Staat ausmachten. Was kümmerte ihn auch ein Einzelschicksal?
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Mit kalter und zynischer Verachtung für das Leben anderer, wollte Verus endlich diesen Vorfall untersuchen, der sich erneut im Umfeld dieses Commodus abspielte. Dieser Mann, dessen Glück ihn vor einer vollständigen Untersuchung bewahrt hatte, zeigte sich wieder in Rom und wieder waren es seine Sklaven die für Ungemach sorgten. Verus musste diese Vorfälle - auch aus eigenem Gewissen - untersuchen und zur Abstellung bringen. Er würde mit seinen Männern dafür sorgen, dass dieser Commodus seine Sklaven unter Kontrolle hatte. Mit ein paar ihn begleitenden Statores, hämmerte Verus mit seinem schweren Holzknüppel gegen die Porta.