Wenn im Senat ein neuer Kaiser gewählt wurde und sich außerhalb der Kurie die Leute versammelten, um das Ergebnis der Wahlen zu erfahren, dann durfte ich natürlich nicht fehlen! Und so hatte ich mir ein hübsches Plätzchen zusammen mit meinen beiden Freundinnen Paula und Tusca gesucht, von wo aus wir noch gut sehen und auch einigermaßen gut hören konnten, wo wir aber dennoch nicht zwischen irgendwelchen anderen Leuten zerdrückt wurden. (Letzteres auch dank einer handvoll Leibwächter.)
"Was meint ihr? Ob der Purgitius jetzt auch da drinnen sitzt und mit seiner Stimme den neuen Kaiser wählt?", kam Tusca natürlich früher oder später auf ihr absolutes Lieblingsthema zu sprechen. "Es wird Zeit, dass der endlich wieder heiratet.", meinte daraufhin Paula. "Dann kriegst du den vielleicht endlich mal aus deinem Kopf und singst auch mal ein anderes Lied." Immer dieser Konsular Purgitius. Die Pontia war genvert. "Pssst. Seid still. Da vorne tut sich was!", forderte ich meine beiden Freundinnen dann auf. Denn würden die beiden so unentwegt weitertratschen, könnte hier niemand auch nur ein Wort verstehen - und keiner würde wissen, wie die Wahl am Ende nun ausgegangen war. "Das sagst du nur, weil du ihn selbst gerne hättest, aber ihn nicht haben kannst!", dachte Tusca jedoch nicht daran, jetzt ihren Mund zu halten. "Ach, sei doch still. Ich habe meinen Mann gefunden und bin eine anständige, verheiratete Frau. Du auf der anderen Seite.." Tusca war noch immer single. Das wussten wir alle drei. Das war nichts Neues. "Jetzt haltet aber mal die Luft an! Passt lieber auf, was da gleich ausgerufen wird!" Denn der Gardetribun (den ich aus der Entfernung zum Glück nicht weiter identifizierte) gab einen Befehl an seine Soldaten: Und.. es war.. dieser Aquilius. Nicht der Flavius, ein Verwandter des Flaviers, der einst das Patronat über meinen Großvater Stephanus übernommen hatte. Nicht der Vinicius, der Patron meines Ehemannes. Nicht der Cassius, über den ich auch nur nicht viel mehr wusste, als über diesen Aquilier. Ich applaudierte trotzdem.
"Ah! MädelsMädelsMädels, seht mal!", war Paula auf einmal ganz aufgeregt und deutete in die Menge. "Sieht der nicht fesch aus?! So jung und dynamisch und dabei trotzdem so würdevoll galant!" Tusca lächelte abschätzig. "Also alles, was dein Mann nicht ist, was?" Ich konnte mir ein kurzes Grinsen nicht verkneifen. "Ach, hör doch auf mit meinem Mann. Wer denkt denn noch an den, wenn er diesen jungen Aquilius da sieht!" Dann drang auch sein Name zu uns. "Und Bala, was für ein schöner Name!" Die Pontierin beschloss, genau so würde sie ihren ersten Sohn auch nennen.. vorausgesetzt ihr Mann hatte da nicht schon eigene Pläne. "Ganz nett ausschauen tut er ja. Aber das Format eines Purgitius zum Beispiel.. davon ist er noch weit entfernt."
Kaum hatte Titia Tusca diese Worte gesprochen, da verschlug es uns allen die Sprache. Aber hallo! Da kam die neue Kaisergattin zu Pferd auf das Forum Romanum geritten! "Ich hab ja schon vieles erlebt.", fand ich als erste von uns dreien meine Worte wieder. "Alexandria bei Nacht, eine Fahrt über das Mittelmeer, einen germanischen Konsul.. ja sogar einen ganzen Bürgerkrieg. Aber DAS, eine reitende Kaisergattin!" Da fehlten mir wirklich die Worte. Denn jeder wusste doch, dass Frauen sich nicht auf ein Pferd setzten und ritten! ..nicht wenn sie irgendwann mal schwanger werden und Kinder kriegen wollten! - Und diese Frau sollte das neue Vorbild für die römischen Frauenwelt im ganzen Imperium werden! "Ich hoffe nur, die arme Sentia muss das hier nicht sehen." Fassungslos schockiert schüttelte ich den Kopf, während ich mich fragte, ob ihr diesen Floh womöglich der Bote aus dem Senat (irgendwer musste sie ja scheinbar informiert haben) ins Ohr gesetzt hatte oder ob diese Frau.. dieses Mädchen am Ende noch selbst auf diese fatale Idee gekommen war. "Kaum im Amt und schon der erste Skandal. Ich meine, das wäre in der Familie eines Purgitius bestimmt nicht passiert.", kommentierte dann auch Tusca die Szenerie, während Paula einfach nur niedergeschlagen war davon, dass ihr Hochgefühl wegen Bala dem Auftritt der Kaisergattin sei Dank gleich wieder verpuffte.