Ich hatte kein Interesse daran, den Flaviern irgendwie zu schaden. Mein eigener Großvater (sergischer Seite - also: Marcus Sergius Stephanus) war ja zu seinen Lebzeiten sogar treuer Klient des Senators Flavius Felix gewesen! Und auch ich selbst verstand mich mit Flavia Domitilla nach eigenem Empfinden nicht schlecht. Andernfalls hätte ich sie ja auch kaum in die Casa Iulia eingeladen, um die Freude über meinen kleinen Sohn mit ihr zu teilen.
Aber: Egal wie verbunden ich mich den Flaviern fühlte (und das auch, weil meine Ahnen bis in die späte Republik hinein ja selbst urpatrizisch waren), musste ich an dieser Stelle einmal einen etwas mahnenden Brief formulieren. Wie gesagt, wollte ich ganz bestimmt nicht mit einem Flavier das gleiche machen wie mit diesem ollen Germanicus Sedulus! Doch gerade deshalb fand ich, dass ich in der Pflicht stand, die Flavier hier vor anderen, ihnen vielleicht weniger freundlich gesonnenen Menschen zu warnen:
SERGIA FAUSTA
Ad Quintum Flavium Flaccum
Villa Flavia Felix
Rom - Italia
Sergia Fausta Flavio Flacco s.d.
Es fällt mir nicht leicht, mich an jeden einzelnen Namen der überaus zahlreichen Gäste meiner Hochzeit in der Casa Sergia zu erinnern. Trotzdem bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass du keiner derjenigen anwesenden Flavier warst, die meine Bekannte und ich möchte sagen Freundin Flavia Domitilla zu und auf diesem Fest begleitet haben. Deshalb möchte ich mich dir zunächst einmal vorstellen: Mein Name ist Sergia Fausta, Tochter des Caius Sergius Curio und Enkelin des Eques und gewesenen Quästors Marcus Sergius Stephanus von den Sergii Furores, deren einst ebenso patrizische Blutlinie bis zum mit Aeneas nach Rom gekommenen Sergestus zurückreicht. Benannt nach meiner Urgroßmutter Cornelia Fausta bin ich zudem eine Urenkelin des Auguren Roms Tiberius Annaeus Sophus und über diesen die geliebte Nichte sowohl des einstigen Praefectus Aegypti Decimus Annaeus Varus als auch die Nichte des gewesenen Prätors, Feldherrn und Siegers über Vescularius Usurpator - Kaeso Annaeus Modestus! Aber damit genug von mir. Es geht hier nämlich nicht um mich - es geht um dich! Als Eigentümerin mehrerer Betriebe und äußerst interessierte Marktgängerin kam mir jüngst zu Ohren, dass unter deinem Namen seit kurzem ein Sklave öffentlich feilgeboten wird. Und ich muss zugeben, dass mich dies im Sinne der Lex Mercatus doch ziemlich überraschte! Denn besagt nicht der §4 Absatz 1 dieser Lex, dass der Verkauf von Waren und Dienstleistungen nur durch behördlich genehmigte Betriebe geschehen darf? Und verbietet nicht zugleich auch der §4 Absatz 5 unter anderem Patriziern den Besitz anderer Betriebe als der Produktion landwirtschaftlicher Güter und deren Weiterverarbeitung dienender? Die Unsterblichen seien mit dir!
Ich bin eine Ritterin aus eigenem Recht, amtierende Praefecta Vehiculorum pro Italia sowie als Gattin des kürzlich vereidigten Quaestor Urbanus Marcus Iulius Dives natürlich ein Mitglied des hohen Ordo Senatorius. Und mein ehrenwerter Patron, nicht zuletzt, ist kein geringerer als der Consular und amtierende Stadtpräfekt Marcus Decimus Livianus.
Lass dir versichern, dass ich nicht die Absicht habe, einen edlen Flavier ähnlich in Verlegenheit zu bringen wie einen Senator Germanicus Sedulus. Als Sergia, die ich mich nicht nur mit der flavischen Gens verbunden fühle, weil mein sergischer Großvater bis zu seinem Tod ein treuer Klient des Senators Flavius Felix war, möchte ich dich allerdings eindringlich warnen vor jenen Römerinnen und Römern, denen womöglich nicht so viel an dir und den Deinen liegt....
Vale!
/images/signet/Siegel_Sergia.png
Sergia Fausta
ANTE DIEM XV KAL IAN DCCCLXV A.U.C.
Casa Iulia | Rom | Italia