Beiträge von Caius Flavius Scato

    Aristocles


    "Sehr gut. Wirklich, sehr gut!" entgegnete der ältere Herr, und war wahrlich entzückt über die ersten Schritte seines Schützlings. Der harte germanische Akzent war ein Problem, welches sich allenfalls reduzieren ließ, denn wenigstens Sklaven schafften eine völlige Umstellung auf das weichere Latein, gerade Sklaven aus dem germanischen Raum taten sich oft schwer damit. Aber es ging ja ums Verständnis und nicht etwa darum dass Attica nun Reden im Senat halten müsste, weshalb ein kleiner Akzent vielleicht sogar zu ihrem Charakter beitragen würde.


    "Mein Name ist griechisch. Ich komme aus Athen." stellte sich Aristocles weiter vor und bot damit eine erneute Möglichkeit zu lernen, "Dein Name ist Attica, und woher kommst du? Kommst du aus Macedonia? Oder..." er deutete mit einer Geste die offensichtliche Alternative an, "...kommst du aus Germania?" wobei er beim Wort 'Germania' die Augen groß öffnete und nickte.


    Der Vorteil Atticas war ihr alter. Aristocles hatte die Erfahrung gemacht das junge Sklavin besonders schnell lernten, was ihn natürlich einerseits die Arbeit erleichterte, ihn andererseits aber auch um den Lohn einiger Lehrstunden brachte. Zum Glück war er hier bei den Flaviern und nicht bei irgendwelchen geizigen Plebejern, sodass sie ihn auch mit der lyrischen Ausbildung der Sklaven beauftragt hatten, und er seinen Lebensunterhalt somit mittelfristig gesichert hatte..
    "Dein Name ist Attica..." wiederholte er noch einmal und deutete dann auf sie, "Mein Name ist Aristocles." wobei er auf sich deutete um den Unterschied der Ansprache zu verdeutlichen.
    "Du kommst aus Germania. Ich komme aus Athen. Caius Flavius Scato kommt aus Roma. Er kommt aus Roma." erläuterte er und zeigte damit mit dem Finger ins leere, wobei die leere für Scato stand.
    Wenn man erstmal das Konzept von 'Ich, du, er/sie/es' kannte, so wusste es Aristocles, waren die Vokabeln meistens weniger schwer für seine Schüler.

    Nemo nascitur sapiens, sed fit - Niemand wird weise geboren, sondern man wird es erst.
    -Seneca


    Nach einer recht lauen Sommernacht in Rom hatten sich die ersten Sonnenstrahlen auf die sieben Hügel Roms gelegt, und mit ihnen erwachte die Stadt nach und nach aus ihrem sowieso nicht tiefen Schlaf.
    Die Händler stellten ihre Waren raus, die Tavernenbesitzer fegten die Straßen vor ihren Gasthäusern, und in den Straßen wimmelte es von Klienten, welche zuerst bei ihren Patronen sein wollten, um sich nicht wieder den halben Vormittag bei ihnen anstellen zu müssen.
    Auch in der Villa Flavia Felix war am heutigen Morgen einiges los. Während viele Sklaven in der Culina bereits das Essen für die Herrschaften zubereiteten, wartete auf Attica an ihrem zweiten Tag in der Villa - und nach ihrer ersten Nacht im Servitriciuum - ein ganz besonderer Gast.


    Aristocles


    Ein anderer Sklave führte Aristocles, einen Freigelassenen welcher sein Brot nun als Lehrer verdiente, zu Attica. Er selbst kannte diese Gemäuer gut, schließlich hatte er schon einigen Sklaven die recht komplexe römische Sprache beigebracht, ganz gleich woher sie kamen, und bisher hatte sich noch niemand dumm genug angestellt um nach dem Unterricht nicht zu verstehen was ihre Herren von ihnen wollten.
    "Ah Attica! Salve!" grüßte der alte Mann sie und machte dabei eine grüßende Handgeste, "Ich bin Aristocles. Dein Lehrer." stellte er sich danach langsam und mit Handzeichen als Unterstützung vor, bevor er Iduna einen Platz anbot.

    "Hab Dank Onkel." entgegnete Scato ob des unverhofft unkomplizierten Austausches, welches ihn nun in die Lage versetzen würde sich für den Senatorenstand zu empfehlen.
    "Ich spiele mit dem Gedanken zu kandidieren. Die Ruhe tut mir nicht gut Manius. Ich bin innerlich getrieben, und der Dienst bei den Saliern lindert meine Unruhe nur unzulänglich." erklärte Scato, welcher sich ob der obligatorischen Wartezeit zwischen den Ämtern furchtbar nutzlos vorkam, auch wenn die Muße hier und da auch ihre süßen Seiten bereithielt.
    "Aber genug des Kummers, wie geht es deiner Gattin, und Manius Minor?" fragte Scato nach, nun da sein Anliegen und ein Großteil seiner Sorgen in Wohlwollen aufgegangen waren, konnte er sich wieder ein wenig um den Familiensegen bemühen, schließlich lag seine kurze Liebschaft mit Prisca schon einige Zeit zurück, und von Manius Minor hatte er vor einiger Zeit zwar einen verstörenden Brief erhalten, diesen aber als Ausdruck eines noch kindlichen Trotzes abgetan und die darin geschilderten Vorwürfe auch nicht weiter verfolgt.

    "Du bist eine Sklavin des Hauses Flavia. Glaub mir, bald schon wird jeder in der Gegend die rothaarige Sklavin des Flavius Scato kennen." erklärte Scato, und sah davon die Sklavin etwaig zu markieren, denn das hätte ihren Wert doch nur gemindert.
    "Ob du mich enttäuschst hängt ganz von dir ab." entgegnete er und erklärte ihr noch einige Details, "Ich werde alsbald einen Lehrer kommen lassen der dich unsere Sprache lehren wird. Darüber hinaus wirst du lernen zu musizieren und zu dichten. Je gewissenhafter du deinen Aufgaben nachkommst, desto besser werden wir uns verstehen." signalisierte Scato und fuhr dann fort, "Glaub mir, wenn du eine gute Sklavin bist wirst du ein angenehmes Leben führen..." er stockte kurz und hob seinen Becher an, "Solltest du jedoch versuchen zu fliehen, oder mir oder meinem Ruf sonst wie schaden wollen." er trank einen Schluck, "Werde ich dich finden. Egal wo du bist. Und dann wird dieses Gesicht..." er deutete auf Rufus, "...das letzte sein was du in dieser Welt sehen wirst. Ich hoffe wir haben uns verstanden."


    Danach erhob sich Scato und bewegte sich in Richtung seines Bettes. Während einige Domini wohl direkt mit ihrem neuen Spielzeug spielen wollten, hatte er keinerlei derartigen Gelüste, zumindest im Moment nicht, wo ihm so viele andere Dinge durch den Sinn geisterten..
    "Das wäre dann alles Attica. Du kannst deinen Wein mitnehmen. Bereits morgen beginnt deine Ausbildung. Rufus hier wird dir ein Bett und weitere Kleidung sowie weitere Gegenstände aushändigen. Ich bevorzuge nun allein zu sein."

    Scato beobachtete das Sklavenmädchen ganz genau, und der Alkohol sowie die rührseligen Geschichten ihrer Heimat schienen ihr ein wenig den Kopf zu verdrehen, was er zufrieden zur Kenntnis nahm, schließlich war all das Teil der Konditionierung und dem deutlich machen der eigenen Dominanz, sodass er sie nur musterte und nichts weiter dazu sagte. Ihr nächster Satz entlockte ihm dennoch eine Reaktion, Rom sollte irgendwann fallen? Der Patrizier lachte süffisant, welch absurde Vorstellungen diese Sklaven manchmal hatten..
    "Eine Frage die es nicht wert ist gestellt und beantwortet zu werden." wiegelte Scato diesen gerade zu lächerlichen Einwurf Atticas ab.


    Ihre weiteren Worte jedoch konnten wieder beantwortet werden. Und natürlich ließ sich Scato, der die Philosophie in Achaia erlernt und studiert hatte, hier auch ein wenig zum schwadronieren einladen.
    "Niemand ist wirklich frei oder? Man ist Soldat, Politiker, in einer Ehe, oder man hat Kinder. Man muss das Feld bestellen, oder man ist zu einer guten Verbindung genötigt. Der Unterschied zu deiner Situation ist lediglich der Umstand, dass es ein jeder weiß dass du nicht frei bist." plauderte Scato und fuhr fort, "Aber ja, du gehörst mir. Und natürlich beantworte ich dir deine Fragen.", sonst wüsste sie ja schließlich nicht was sie zutun hatte wenn er ihr nicht alles haarklein befehlen müsste.
    "Du wirst in den Quartieren der Sklaven schlafen. Erstmal in den größeren Schlafräumen. Wenn es mir beliebt wirst du irgendwann einem komfortableren Raum zugeteilt. Deine Aufgaben sind mein Wohlbefinden. Du wirst dich um meine Kleidung kümmern. Du wirst mir Wein einschenken und Zierde bei meinen Terminen sein. Du begleitest mich auf den Reisen zu meinen Ländereien und wirst Botengänge sowie Einkäufe für die Villa Flavia erledigen."
    Dann musterte er sie von oben nach unten, und fixierte dann seine Augen auf den ihren, "Darüber hinaus..." er schaute ihren Körper erneut an, "Nun.. Wir werden sehen."

    "Ich pflege nicht zu scherzen." wiederholte Scato noch einmal trocken, und blickte dabei Rufus an, welcher es Attica verständlich machen sollte. Die Tatsache dass der nicht oft zu scherzen pflegte war ein zentraler Bestandteil seiner Verhaltensweisen.
    Entgegen seiner Prämisse das Thema zu ändern ging er doch noch mal auf Atticas Frage ein, schließlich war die Zivilisation, und damit verbunden die Rolle Roms in der Welt ein Umstand, welchen die Sklaven lieber früher als später verstehen sollten.
    "Am Anfang forderte unser Aufstieg auch hier Opfer. Die Vertreibung der etruskischen Könige, oder die Kriege gegen die Karthager." erklärte Scato und dachte an die epischen Geschichten zurück, welche ihm sein Lehrer oft erzählt hatte. "Rom ist dazu bestimmt die Welt zu beherrschen. Rom ist das Licht in einer sonst dunklen Welt. Doch dieser Umstand erfordert Arbeit, und Opfer, doch all das hier ist es wert." fuhr er fort und deutete ebenfalls mit den Händen auf seine Umgebung. Natürlich hatte er niemals derartiges Leid erfahren, aber auf der anderen Seite waren Sklaven oft ehemalige Feinde Roms, weshalb es durchaus legitim schien dass sie nun hier war.


    Dennoch war es schön, dass Attica das neue Thema aufschnappte und eine derart köstliche Antwort zum besten gab, beinahe hätte Scato ob der Bestätigung seiner Erwartungen Grinsen müssen, jedoch überspielte er es mit einem langsamen Schnauben.
    "Dann hast du ja sogar als Sklavin wesentlich mehr Komfort als in Germanien. Da haben wir also beide gewonnen." merkte er dazu an und blickte sie über den Becherrand an während er einen Schluck Wein trank.

    "Gewiss, ich pflege selten zu scherzen." entgegnete Scato auf die Frage der Sklavin, welche Rufus natürlich übersetzte. Diese umständliche Methode nervte den Flavier, und er würde bald einen Hauslehrer bemühen müssen welcher Attica ein sauberes Latein beibringen würde.
    Nachdem sich Attica gesetzt hatte, und begann zu erzählen, wurde Scatos Gesicht wieder äußerst ernst. Sie hätte es sicherlich mit einer gewissen Empathie oder einem Respekt für ihren Leidensweg verwechseln können, doch die Kenner des Flaviers würden wissen, dass er lediglich die Souveränität Roms ausstrahlen wollte. Er hatte diese Geschichte nämlich schon einige Male gehört, und doch wollten diese Umstände ihm kein Mitleid entlocken, immerhin würde sie sonst nicht hier sitzen, in dieser prächtigen Villa, sondern im Schlamm irgendwo im dunklen Wald bei den restlichen wilden...
    "Nun, die Zivilisation verlangt einige Opfer." befand er trocken und trank einen Schluck, "Jedoch, und wenn du dich in diesen Räumlichkeiten einmal umsiehst wirst du mir sicherlich zustimmen, sind derartige Schicksale ein Preis den man bereit sein zu zahlen um ein derartiges Licht wie Rom in die Welt zu bringen." erklärte er ihr, und dachte gar nicht darüber nach dass sein hochtrabendes Latein erst noch ins einfache germanisch würde übersetzt werden müssen, aber Rufus sollte das mal lieber hinbekommen, "Rom schützt seine Freunde. Aber es ist unerbittlich zu seinen Feinden, und diese sind zahlreich." fuhr er fort und musterte die junge Frau, welche noch immer leicht gerötet war, "Das bedeutet nicht immer dass deine...", Sippe, Familie, Bande.. Er suchte das passende Wort, "Gemeinschaft..." drückte er sich leicht grinsend aus, "Direkt gegen Rom kämpfte, doch Freunde Roms konntet ihr nicht gewesen sein." beendetet er den Satz und setzte seinen Becher ab.
    "Aber naja, wer möchte schon diese schlechte Laune verbreiten nicht wahr? Wir haben doch einen großen Kauf zu feiern!"
    Scato wechselte bewusst das Thema, Zuckerbrot und Peitsche, eine emotionale Irrfahrt machte den Sklaven immer wieder ihre Position klar: Sie sollten sich öffnen wenn sie gefragt wurden, doch wenn es Scato beliebte dann hatten sie auch fröhlich zu sein.
    "Attica, wie gefällt es dir hier in der Villa? Hast du schon mal ein derart prächtiges Gebäude gesehen?"

    Und so wurde aus einer Mauerblume eine ansehnliche Blüte. Livilla hatte es mal wieder geschafft, das alte Schlachtross hatte immer noch einiges auf Lager, das musste Scato einfach anerkennen. Aber, und das war der entscheidende Punkt, seine Sklavin sollte seine Aufmerksamkeit nur in geringen Dosen zu spüren bekommen. Er hatte einige Sklaven der Flavier kommen und gehen sehen, sowohl in Rom als auch in Achaia, und bei Sklaven wie Attica, welche sich nicht zu harten Arbeiten eigneten, ganz zu schweigen davon, dass er auch keine 3200 Sesterzen auf den Tisch gelegt hat um sie den Boden schrubben zu lassen, kam es auf die richtige Balance an.
    Sie sollte einerseits nicht auf die Idee kommen dass sie mit ihrer exotischen Ausstrahlung und ihrer Aufmachung auch nur irgendwo in der Nähe der Gleichstellung zu ihrem Dominus kam. Auf der anderen Seite, und dieser Aspekt war ebenfalls wichtig, sollte sie über ein gewisses Selbstbewusstsein verfügen, schließlich brachte es nichts wenn ein Häufchen Elend in goldenem Geschmeide rumlief, und ihre Erscheinung den Dominus und seine Gäste stets an die Vergänglichkeit des Lebens und des Reichtums erinnerte.
    Fingerspitzengefühl also, gut dass Scato dieses Talent zu beherrschen wusste.


    "Ah, Attica!" entgegnete Scato und breitete die Arme passend zu einem gönnerischen Grinsen aus, "Wunderschön, wahrlich wunderschön." fuhr er fort und erhob sich aus seinem Sessel, um sie aus der Nähe zu betrachten, "Da hat Livilla ganze Arbeit geleistet." murmelte er mehr zu sich selbst als zu ihr und musterte sie von oben bis unten.
    Dann folgte Phase zwei der Selbstbewusstseinskampagne, "Setze dich Attica. Trink etwas Wein." orderte er sie, und deutete auf die kleine Kanne und den Becher, denn einschenken müsste sich schon selbst, denn das war nun wirklich nicht sein Gebiet.


    Um der peinlichen Sprachbarriere beizukommen, Scato hasste nämlich derartige Situationen, hatte er in der Zeit in der Attica 'renoviert' wurde einen weiteren Sklaven ranschaffen lassen. Rufus, einer der Leibwächter, welcher ebenfalls von irgendwo aus Germanien stammte, und ihre primitive Muttersprache beherrschen und übersetzen konnte, zumindest im Grundsatz, denn die Dialekte unterschieden sich ja durchaus. Der Schrank der Scato sonst schützte trat in den Raum und stellte sich in eine Ecke, von welcher aus er übersetzen würde, so gut es eben ging.


    "Dann erzähl einmal von dir Attica, wer bist du?" fragte Scato extra langsam damit der starke, aber nicht unbedingt mit hoher Intelligenz gesegnete Rufus auch mitkam. Der wiederum tat wie befohlen und übersetzte es ebenso langsam mit seiner tiefen, etwas treudoofen Stimme damit Attica es verstehen konnte.

    "Bitte Schätzchen." entgegnete die alte Matrone, welche irgendwo unter ihrer harten Schale ein weiches Herz verbarg, und welche immer ein wenig Mitleid mit den Neuankömmlingen verspürte, auch wenn sie ihre Pflichten stets gewissenhaft erledigte.
    Nachdem sie hier und da die Tunika noch zurechtzupfte, die Germanin war derart dünn dass sie eventuell noch einmal korrigierend am Stoff arbeiten müsste, war ihre Arbeit auch schon wieder erledigt, und mit einem kleinen Klaps auf die Schulter entließ sie die Sklavin aus dem Balneum. Jedoch, und das war Schritt eins ihrer Ausbildung, begleitete sie Attica nicht zurück zu Scato, sondern ließ sie den Weg alleine gehen. Es war schon ein kleiner Marsch, jedoch nicht so weit wie es wohl zunächst den Eindruck gemacht hätte wenn man neu im Hause war.
    Während Livilla also das Mädchen aus dem Balneum schob, und ihr noch kurz ein Handzeichen gab dass sie zurück zu ihrem Dominus gehen sollte, machte sich Livilla daran Ordnung zu schaffen.
    Sie nahm den mit Lumpen gefüllten Sack und brachte ihn hinaus, sogar noch vor die Villa Flavia, um ihn dort einfach auf die Straße zu werfen, denn einer vernünftigen Entsorgung war dieser Lappen auch nicht würdig. Danach leerte sie den Zuber, wischte kurz die diversen Wasserpfützen auf, und ging in die Culina um den anderen Sklaven beim Gemüseschnibbeln zu helfen.

    Kurz eingetaucht, kräftig abgeschrubbt, und wieder raus. Das war schließlich keine Therme hier, und das Mädchen sollte nicht denken, dass sie gleich noch massiert werden würde. Nachdem Livilla kurz noch das schroffe Handtuch über den Körper Atticas fahren ließ, und das nasse Tuch anschließend in einen Korb legte, griff sie auch schon die frische Tunika, welche auf einer der Ablagen im recht kleinen Balneum der Sklaven lag.
    Bläulich war sie, nicht tiefblau aber schon eingefärbt. Ihr Schnitt war fein, wie es sich für römische Damen eben gehörte, und kleinere Stickereien zierten den Kragenbereich.
    Die alte Dame überreichte der Sklavin die Tunika, und packte, nicht ohne pikierten Blick, ihre alten Lumpen in einen Sack, um ihn später ganz weit weg zu entsorgen.
    Anschließend wusch sie sich kurz die Hände ab, denn wer wusste schon was auf den Lumpen kreuchte und fleuchte, und legte der Sklavin dann ein paar römische Schuhe, sowie einen Armreif heraus, gold, man war ja nicht bei armen Leuten.
    Unter dem strengen Blick der Matrone sollte Attica sich von dem germanischen Bauernmädchen in eine flavische Sklavin verwandeln, auf dass der Dominus irgendwas mit ihr anfangen könnte.

    Vom Cubiculum des Flavius Scato kommend hatte die alte Livilla, eine untersetzte, grobschlächtige Frau, die neueste Errungenschaft des Dominus in das Badezimmer der Sklaven geführt.. Wobei geführt eindeutig das falsche Wort war, denn sie hatte das Mädchen gepackt und mitgezogen. Angekommen im Balneum wartete schon die Wanne mit warmen Wasser auf Iduna, oder Attica, wie sie nun hieß. Natürlich hätte man auch einfach kaltes Wasser einlassen können, jedoch waren sie noch immer Flavier, und da hatten auch die Sklaven einen gewissen Komfort, zumindest solange sie sich benahmen.
    "So ausziehen." sagte Livilla der Germanin und zerrte an ihrem Kittel herum, welcher alsbald seinen Weg in den Abfall finden würde, sobald die Germanin ihn abgelegt hatte.
    Im Balneum bereit lagen bereits eine frische Tunika und ein Handtuch, außerdem noch einige Kosmetika..
    ..Bisher hatte Livilla noch jede Sklavin vorzeigbar machen können.
    Während sie darauf wartete dass Attica sich entkleidete, bemerkte sie die anderen Sklaven, welche versuchten einen Blick auf die neue zu erhaschen, "Weg! Weg!" scheuchte sie die alte Matrone auf, und machte mit den Armen wirbelnde Bewegungen, bevor sie die Tür schloss. Die Germanin war nun vor neugierigen Blicken geschützt, auch wenn sie von jetzt auf gleich eine bedrückende Stille umgab.

    "Nun. Ich werde dir die Sprache ja nicht beibringen müssen." sagte Scato mehr zu sich selbst als zu ihr, denn sie konnte ja sowieso nichts verstehen. Da stand sie also, hilflos, verwirrt, und für Scato zunächst ohne Nutzen, besonders nicht in ihrem Zustand, ihre Lumpen waren fast schon eine Beleidigung für die Augen Flaviers, sodass er direkt zu drastischen Maßnahmen greifen ließ..
    "Livilla!" rief Scato etwas lauter, und lehnte sich im Stuhl zurück. Die Tür öffnete sich, und der alte Hausdrache, seit Ewigkeiten in Diensten von Scatos Familie, betrat den Raum.
    "Livilla. Kümmer dich bitte um Attica. Kleide sie ein, wasche sie, mache sie vorzeigbar." befahl der Flavier, und entließ dann beide. Die Sprache war durchaus ein Problem, doch fürs erste konnte sie Wein einschenken und hübsch aussehen ohne Ovid zitieren zu können. Aber früher oder später sollte sie eben auch diese Fähigkeit besitzen, ein Glück dass sie so jung war.

    Scato seufzte merklich auf, natürlich hatte niemand den Anstand besessen der Sklavin auch nur einen Hauch von Sprachkompetenz zu vermitteln. Aber gut, nun war sie hier, und die Furcht war oft noch der beste Lehrer.
    Scato fuhr seinem neuen Besitz durch die Haarspitzen, das rote Haar machte sie zu einer Rarität, und zum ersten Mal blickten seine kühlen Augen direkt in ihre..
    "Egal wie du heißt. Jetzt heißt du Attica." sagte er und blickte ihr weiter in die Augen, so als könnte sein Blick ihr diesen Namen einhämmern,
    "Attica, verstehst du?" fragte er nun mit Nachdruck und ließ von ihren Haaren ab.
    "Sprichst du unsere Sprache? Ein wenig?" hakte er erneut nach, während er sich wieder auf seinen Stuhl setzte, und einen Schluck Wein trank. Das Leben war gut.

    Als die Sklavin, seine Sklavin, mehr oder weniger in den Raum geschoben wurde, blickte Scato erst einmal etwas pikiert. Seine Leute hätten sie wenigstens einmal waschen können anstatt ihm mit diesem Anblick zu belästigen.
    Aber der Erstkontakt stellte immer etwas spannendes dar, besonders bei solch zierlichen Gestalten, denn Scato liebte es mit Menschen zu spielen.
    Er lehnte sich schweigend ein bisschen nach vorn und schnitt mit einem kleinen Messer ein wenig Käse ab, bevor er das Messer wieder ablegte, und eben jenes Käsestück mit einem Haps im Mund verschwand.
    Dann erhob er sich, ging langsam auf das Mädchen zu, und umkreiste sie einmal, "Wie ist dein Name?" fragte er monoton und sah sie dabei nicht an, sondern blickte praktisch durch sie durch.

    Es war schon ein wenig später am Tag. Scato saß an seinem Tisch in seinem Cubiculum, mit etwas Wein, Käse, und ein paar Früchten, und studierte einige Dokumente, vor allem aber das Dokument welches ihm sein neues Landgut bei Sulmo garantierte, welches er persönlich vom Princeps erhalten hatte, und dass er schon bald zu besuchen und zu nutzen plante.
    Er war zufrieden. Und hatte seine jüngsten Erfolge mit einem vielleicht etwas überteuerten Sklavenkauf gefeiert, wobei er mehr den Triumph über die Konkurrenz denn die eigentlich erworbene Ware feierte.


    Es war ruhig in der Villa, hier und da hörte man ein paar Schritte welche sich in den langen Gängen stets zu wiederholen schienen, als es plötzlich an der Tür klopfte. Zweimal kurz, einmal lang, ja das mussten seine Leute sein.
    "Ja." rief er nur kurz, rollte seine Schriftrolle zusammen, und lehnte sich mit seinem Wein in der Hand zurück um seine neueste Errungenschaft zu begutachten. Hoffentlich sprach sie ein wenig Latein, es nervte ihn immer furchtbar wenn die Sklaven schwer von Begriff waren und sich obendrein bei Bedarf auch einfach dummstellen konnten.

    Zufrieden war Scato allemal, auch wenn er sich das natürlich nicht anmerken ließ. Er ließ drei seiner Leute am Markt, welche das monetäre und den Abtransport der Sklavin in die Villa Flavia veranlassen würden.
    Ein kurzer, emotionsloser Blick auf die umstehenden Mitbietenden.. Es war immerhin ein zerstreuender Kampf gewesen, wofür es einen Tipper auf den noch nicht erfundenen Hut gab.. Und er zog die Vorhänge wieder zu, womit sich die gesamte Entourage wieder in Bewegung setzte.


    Sim-Off:

    Überwiesen

    1500 Sesterzen.. Scato war überrascht dass das Gebot so schnell in die Höhe geschossen war, denn wenn er sich die hier anwesenden so anschaute, dann sah es nicht unbedingt nach dem römischen Geldadel aus..


    ..ein Glück dass er zum echten Adel gehörte. Ein kaum sichtbares Handzeichen lugte aus der Sänfte hervor, doch sein Sklave verstand natürlich, und setzte seinen Befehl in die Tat um.
    "1700!" rief der Sklave, der selbst gefallen an der zierlichen Dame fand. Aber wenn er sich überlegte wie sein Dominus auf etwaige Annäherungen reagieren würde, verflogen jegliche Gefühle gleich wieder.

    Natürlich wusste Gracchus, dass Scato nicht nur für Floskeln und Glückwünsche hergekommen war, er spielte dieses Spiel schon wesentlich länger als Scato und es war ihm wohl bewusst dass in der Politik nicht einmal die Familie nur wegen der warmen Worte kam.
    "Nun, wenn du das offensichtliche schon direkt ansprichst Onkel." begann Scato und räusperte sich kurz bevor er fortfuhr, "Der Kaiser hat mir aufgrund meiner Verdienste ein Stück Land vermacht. Und während ich indes über Namen und Ruf, sowie die Eigenschaften eines Flaviers verfüge, hat mein Vater mir kein weiteres Land vermacht." erklärte er und fuhr direkt fort, "Ich denke jedoch dass ich in den Senat gehöre. Ich könnte dort großes vollbringen. Weshalb ich dich um deine Hilfe bei diesem Unterfangen bitten wollte."