Die Saturnalien waren sicher das Verworrenste, was sich die Römer jemals ausgedacht hatten. So jedenfalls war es mir immer vorgekommen. Ich hatte nie richtig verstehen können, warum an diesen Tagen die ganze Welt Kopf stand und aus den Geringsten Gleichgestellte wurden. Trotz allem hatte ich die Saturnalien stets genossen, was weniger am Festmahl lag, welches Flavius Gracchus, der Hausherr, Jahr für Jahr ausrichtete. Dabei hatte er niemals Kosten und Mühen gescheut. Nein, der eigentliche Genuss dieser Tage lag an der Freiheit, die unsereinem zugestanden wurde. Vor vielen Jahren, ich war erst kurze Zeit Sklave gewesen, hatte ich SIE kennengelernt. Sie war damals wunderschön gewesen. Ihr langes schwarzes Haar war so exotisch gewesen und ihr Name hatte mir damals einen Schauer über den Rücken laufen lassen. Morrigan – mein Rabenmädchen. Damals hatte ich mich unsterblich in sie verliebt. Sie hatte mir damals wieder Hoffnung gegeben, einen Sinn, um weiterzuleben. Wir hatten uns geküsst und berührt und uns schließlich die ganze Nacht geliebt…
Doch das war lange her. Alles hatte sich verändert. Morrigan war fort und unerreichbar geworden. Inzwischen gab es eine andere Frau, die mein Leben bestimmte. Es war nicht die wahre Liebe, die uns zusammengeführt hatte. Immer noch erwischte ich mich manchmal dabei, dass ich zweifelte. Ich zweifelte an mir und meinem Tun. Doch spätestens seit Scato sich von den Lebenden verabschiedet hatte und mich und Iduna unserem Schicksal überließ wusste ich, dass es nun kein Zurück mehr gab.
Ich hatte mich dem Neuen gestellt und versuchte nun das Beste daraus zu machen, obwohl wohl immer noch ein Teil von mir in der Villa Flavia herumgeisterte. Doch heute waren wieder einmal die Saturnalien. Also schob ich all meinen Gram und meine düsteren Gedanken zur Seite und versuchte das Fest zu genießen.
Ich hielt mich ein wenig abseits des Germanicers auf und schlürfte gelangweilt an einem Becher Mulsum. Dabei beobachtete ich das Treiben und die Menschen um mich herum. Zugegeben, ein Cervisa wäre mir lieber gewesen.