Im Grunde interessierte es mich wenig, worüber der Flavier mit seinen potentiellen Wählern sprach und wie er sich ihnen gegenüber verhielt. Einige Wortfetzen von dem was gesagt wurde, drangen trotzdem zu mir durch und ich musste noch mehr grinsen und hätte am liebsten nur verächtlich nur den Kopf geschüttelt. Ich fragte mich, wie er es nur geschafft hatte, gewählt zu werden. Selbstverständlich versuchte ich weitgehend meine Gedanken für mich zu behalten, damit keiner der anderen Leibwächter etwas mitbekam. Mir war ja bereits von früheren „Bädern in der Menge“ bekannt, wie schwer er sich tun konnte, wenn sich ein Bürger dann tatsächlich direkt an ihn wandte. Meistens verströmte er dann nur heiße Luft und speiste ihn mit wenigen Worten ab, statt sich tatsächlich den Leuten und ihren Fragen zu widmen und etwas mehr Zeit zu investieren. So war es heute nicht anders. Gerade noch hatte mein verträumter Blick auf eben jener Straße gelegen, die hinunter zur Subura führte, als sich Scato aus den Fängen seiner Wähler befreit hatte und seinen Weg fortsetzte. Ganz beschwingt setzte auch ich mich wieder in Bewegung, um trotzallem meinen Pflichten nachzukommen. Schließlich war das kein netter Ausflug mit anschließendem Picknick irgendwo in der Botanik.
Eigentlich hätte ich es mir denken können, dass sich die Laune des Flaviers mittlerweile ihrem Tiefpunkt näherte. Spätestens jetzt wäre es an der Zeit gewesen, mit dem albernen Pfeifen dieser dämlichen Melodie, die mir einfach nicht mehr aus dem Sinn gehen wollte, aufzuhören und mit dem aufkommenden Frust zu partizipieren. Doch meine gute Laune und jenes Glücksgefühl, welches ich seit einigen Tagen empfand, brauchten unbedingt ein Ventil, welches sich eben in dem Pfeifen äußerte. Dass dies dem Flavier missfallen würde, war eigentlich schon vorprogrammiert. Dennoch traf es mich ziemlich unvorbereitet, als er sich mir näherte, um mir leise etwas mitzuteilen, so dass es nur für mich hörbar war. Sofort stellte ich das Pfeifen ein. Meine heitere Miene zerbarst in Scherben, nur ein versteinerter Blick blieb zurück. „Natürlich nicht, Dominus. Entschuldige bitte“, brachte ich ebenso leise heraus und versuchte, meinen Missmut runterzuschlucken.
Doch er ließ es dabei nicht bewenden uns sprach weiter, diesmal wesentlich lauter, so dass es auch Alcimenes und Tisander, die beiden anderen Leibwächter, die auch noch Brüder waren, hören konnten. Die zwei Jungspunde, die bisher noch nicht besonders viel Erfahrung gesammelt hatten aber dafür über viel Muskelmasse und wenig Hirn verfügten, begannen natürlich sofort feixend in Gelächter auszubrechen. „Da geht er schon von ganz alleine hin, allerdings nicht zum singen,“ prustete Tisander laut heraus, was natürlich auch bei Alcimenes zu weiterem Gelächter führte. Ich schnaubte vor Wut und bereute es bereits unter den Sklaven auch nur ein Wort darüber verloren zu haben, dass ich verliebt war. Natürlich hatte ich niemandem von Morrigan erzählt, sondern Bouadicca, das rothaarige Küchenmädchen aus Britannien vorgeschoben, der ich ab und zu schon schöne Augen gemacht hatte, um eine zweite Portion Essen zu bekommen. Trotzdem hatte ich wusste mich so weit noch im Griff, um mich zu beherrschen. „Nein, Dominus“ , antwortete ich gepresst und warf ihm und den beiden andern Clowns einen düsteren Blick zu. Starr vor mich hinunter blickend setzte ich still meinen Weg fort.
Als sich dann tatsächlich noch ein paar Bürger fanden, die sich interessiert an den „Hüter der Münze“ heranmachten, um ihn mit Fragen zu belästigen, blieb ich stehen und sah mich genervt um. Dabei fiel mir eine verhüllte Gestalt auf, die sich wohl unterdessen unbemerkt an unsere Fersen geheftet hatte, die stehen blieb, wenn wir stehen blieben und uns mit einigem Abstand verfolgte, sobald wir weiter gingen. Wäre ich nicht so wütend gewesen, hätte ich sie vielleicht schon viel früher bemerkt, doch so fiel es mir erst nach einer Weile auf, dass uns jemand folgte. Nach allem, wie der Flavier mich der Lächerlichkeit preisgegeben hatte, fiel es mir nun umso schwerer, ihn davon unauffällig in Kenntnis zu setzen. „Wir werden verfolgt… schon seit einer Weile,“ raunte ich ihm und den anderen schließlich zu. „Nicht hinsehen!“, zischte ich meinen jungen Kollegen aber auch dem Flavier leise zu.