Beiträge von Angus

    Ja Britannien! Die meisten Römer, die es dorthin verschlug, zählten die Tage, bis sie unsere herrliche Insel wieder verlassen durften. Es sei oft zu nass und zu kalt, hörte man aus ihren Mündern. Und das Land sei zu unwegsam. Da fragte ich mich doch, weshalb sie sich überhaupt dorthin verirrt hatten! Aber, das war eine andere Geschichte.


    Mein Gegenüber hatte zumindest schon einmal etwas über das Essedum gehört – den Streitwagen, mit dem unsere Anführer in die Schlacht fuhren. Die Esseda waren in den letzten Jahren rar geworden, seitdem die meisten Stämme mehr oder weniger befriedet worden waren. Dennoch drangen immer mal wieder wilde Krieger aus dem Norden in die römische Provinz ein.
    Außerdem war ein solcher Streitwagen auch nicht ganz billig. Nur die Krieger der Oberschicht konnten sich ein eigenes Essedum leisten.
    „Sagen wir´s mal so, wir kämpfen nicht mehr so oft. Na ja, gelegentlich noch ein kleiner Aufstand da oder ein winziger Überfall dort. Aber das war es auch schon!“ antwortete ich grinsend. Noch immer waren wir in den Augen der Römer nichts weiter als tumbe wilde Barbaren, die sich den ganzen Tag gegen die römischen Eindringlinge auflehnten. Dass es mancherorts auch anders war, konnten sich die meisten gar nicht vorstellen.


    „Dann hast du einen guten Geschmack!“, meinte ich, als er seine keltische Freundin erwähnte. Wobei eine Keltin nicht zwangsläufig eine Britannierin sein musste. Ebenso gut konnte sie aus Gallien stammen oder aus dem Noricum, oder...oder… oder.


    „Aha,“ merkte ich nur kurz an, als er über sich erzählte. Doch die Informationen, die ich über mein nächstes Opfer erfuhr, speicherte ich sofort ab: Trans Tiberim, Mosaikleger. Ein Handwerker also! Keiner der Ahnung vom Kämpfen hatte. Umso besser, dann hatte ich später leichtes Spiel mit ihm.


    „Ich bin im Personenschutz-Geschäft tätig.“ Besser konnte man es wohl kaum umschreiben. Allerdings war es nicht mein Geschäft, denn ich verdiente dadurch ja kein Geld. Ich wollte dem Kerl aber auch nicht verraten, dass ich ein Sklave war. Viele Römer reagierten ziemlich hochmütig, wenn sie merkten, dass sie es mit einem Sklaven zu tun hatten.


    Nachdem Gwen meinem neuen Freund den Lammeintopf kredenzt hatte und er davon kostete, interessierte es mich natürlich brennend, ob ihm das Essen schmeckte. Die Cervisia trank er ja noch zaghaft. Aber etwas Besseres als Gwens Lammeintopf gab es nicht in der Subura! „Und, wie schmeckt dir der Lammeintopf? Ist doch gut, oder?“

    Ich sah belustigt zu, als sich mein neuer römischer ‚Freund‘ an das Cervisia herantraute. Wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich noch keinen einzigen Römer erlebt, der gerne den Gerstensaft getrunken hatte. Für die meisten von ihnen war das ein Barbarengetränk. Aber das war durchaus in Ordnung, denn so bleib mehr Cervisia für uns Barbaren übrig.


    Sein Urteil fiel dann eher auch moderat aus. Gar nicht übel… naja, wenn er meinte! Wahrscheinlich sagte er das auch nur, um mich nicht vor den Kopf zu stoßen. „Das ist das Beste, was es gibt!“ meinte ich nickend. „Früher war ich sehr oft hier. Aber dann hatte der Wirt Probleme mit den Cohortes und musste für einige Zeit schließen.“ Ja, weil er in ihrem verdammten Kerker gesessen hatte. „Aber jetzt sind anscheinend alle Unklarheiten beseitigt.“


    Mich überraschte es dann schon, als sich der Römer das Gleiche bestellte, was ich vor mir stehen hatte, nachdem Gwen mir den Eintopf serviert hatte. „Wird gemacht!“, rief sie nickend und verschwand sofort wieder.
    „Aha, du weift waf gut ist!“, stellte ich mit vollem Mund fest, denn ich hatte mich sofort über das Essen hergemacht. Dann schüttete ich gleich noch etwas Cervisia hinterher, denn der Eintopf war noch ganz schön heiß – aber lecker!


    Mein Tischnachbar wurde nun noch gesprächiger, während er auf sein Essen wartete. Aber das konnte mir nur recht sein. Auf diese Weise konnte ich ihn noch näher kennenlernen und er fasste Vertrauen zu mir, so dass ich ihn später wesentlich leichter ausnehmen konnte. „Ich komme aus Albion und mein Stamm sind die Carvetii, wenn dir das etwas sagt.“ Die meisten Römer hatten keine Ahnung von den Völkern, die sie unterjocht hatten, geschweige denn kannten sie ihre Namen. „Mein Stamm lebt im Norden eurer Provinz Britannia inferior.“ Womöglich wusste er mit dieser Information etwas mehr anzufangen. Die nächsten beiden Fragen irritierten mich etwas. Was wollte er denn plötzlich mit Frettchen? "Äh nein, tut mir leid. Mit Frettchen kenne ich mich nicht aus." Nun zermarterte ich mir plötzlich den Kopf, ob das Frettchen eventuell ein Deckname für eine weitere Verbrecherbande in der Subura war, so wie die Krähe. Ach nein! Ich sah jetzt nur Gespenster!


    „Und wie steht es mit dir? Wohnst du hier in der Nähe?“, fragte ich, um noch ein paar Informationen über mein Opfer zu erfahren.
    Dann kam Gwen nach ein paar Minuten wieder mit einem Becher schäumender Cervisia und einem Teller Lammeintopf. Sie lächelte meinem Tischnachbarn noch zu, dann stellte sie den Teller und den Becher vor ihm ab. „Magst du auch noch´n Becher, Angus?“ Das musste Gwenn nicht zweimal fragen! „Na klar! Immer her damit!“ Ich sah der Wirtin noch nach, dann schwang mein Blick wieder zu meinem neuen Freund.

    Mein Nachbar hob auch seinen Becher und erwiderte meinen Trinkspruch. Wahrscheinlich hatte er keine Ahnung, was er eigentlich bedeutete. Doch gute Gesundheit konnte er durchaus brauchen, wenn ich erst einmal mit ihm fertig war. Doch eines nach dem Anderen. Erst beobachtete ich ihn einmal und versuchte, dabei nicht allzu auffällig zu sein. Jedes Detail konnte später wichtig sein! Ich hatte auch schon so eine Idee, wie ich dann vorgehen wollte.
    Jetzt, da er so nah neben mir saß und ich sein Gesicht erkennen konnte, kam er mir irgendwie bekannt vor. Doch ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, von woher wir uns kennen sollten. Vielleicht sah er auch nur jemandem ähnlich, den ich irgendwann einmal getroffen hatte. Na ja, im Grunde war es ja auch egal. Er war dazu auserkoren, mein drittes Opfer an diesem Abend zu werden. Danach würden sich unsere Wege so schnell wieder trennen, wie sie aufeinander getroffen waren.


    „Das ist Cervisia!“, erklärte ich. „Und zwar das Beste, was es weit und breit gibt! Der Wirt braut es selbst. Hier, willst du mal probieren? Ist garantiert besser als deine saure Brühe!“ Ich hielt ihm meinen Becher hin, damit er sich davon überzeugen konnte. Er sah nicht so danach aus, dass er nicht aus den Bechern von anderen trinken würde. Zum Glück gab es auch noch normale Leute in dieser Stadt, die auf dem Boden der Tatsachen geblieben waren und sich nichts auf ihre ach so edle Herkunft einbildeten, wie so manche römischen Herrenmenschen.


    Zu guter Letzt kam dann auch noch Gwen, Cians Frau, mit einem Teller lecker duftendem Lammeintopf in der Hand, den sie vor mir auf den Tisch abstellte. Ach, wie sehr hatte ich das vermisst! Ich sog den Duft des leckeren Essens ein. Gwen hatte es verstanden, ein traditionelles Gericht unserer Heimat mit den Gewürzen aus der Gegend zu veredeln. Das Ergebnis war einfach umwerfend! „Ach Gwen, du bist einfach zu gut zu mir!“, sagte ich ihr und wirkte dabei sehr heiter.
    „Für dich nur das Beste, Angus! Lass es dir schmecken!“, gab sie lachend zurück und entfernte sich wieder vom Tisch. Ich griff sofort nach meinem Löffel und begann zu essen.

    Es war ein seltsames Gefühl, welches mich bei ihrem Anblick überkam. Eine unbändige Freude, das Verlangen, sie berühren zu wollen. Doch da war auch die Scham, sie zu berühren. Die Angst, ihr ungewollt wieder wehzutun. Für einen winzigen Augenblick glaubte ich, dass wir das alles überwunden hätten. Doch dann wich sie wieder mit ihrer Hand zurück.


    Sie tat sich schwer mit der Beantwortung meiner Frage. Doch das zeugte von ihrer Aufrichtigkeit mir gegenüber. Statt einem lapidaren ‚gut‘ hatte sie mit ihrer Aussage gekämpft. Scheinbar um von sich selbst abzulenken, fragte sie nach meiner Befindlichkeit. Doch was hätte ich sagen sollen? Ich fühlte mich ihr genauso zur Aufrichtigkeit verpflichtet. Allerdings wollte ich auch nicht vor ihr herumjammern.
    „Nun ja, es ist viel geschehen, seit unserer letzten Begegnung. Der Flavier wurde von einem Fieber dahingerafft. Iduna und ich wurden verkauft. Kurze Zeit später landeten wir als Gewinn bei einem Würfelspiel bei den Iuliern.“


    Als sie sich nach meiner Gefährtin erkundigte, verfinsterte sich plötzlich mein Gesicht. Letztendlich war es Iduna gewesen, die zuletzt zwischen uns gestanden hatte. „Sie ist nicht mehr meine Gefährtin! Sie hat sich bei unserem Dominus angebiedert und sein Bett gewärmt, um eine bessere Stellung zu erhalten.“ Doch wie es zum Bruch zwischen uns kam, verschwieg ich. Schnell ging ich deshalb noch auf die aktuellen Ereignisse ein, die nicht minder an mir und meinem Gewissen nagten. „Ach ja und wie du vielleicht gehört hast, unser Dominus wurde vor einigen Tagen ermordet. Er und seine Cousine. Ihre Leichname liegen schon seit Tagen aufgebahrt im Atrium herum und beginnen bereits stinken.“


    Ich seufzte und senkte meinen Kopf, damit sie möglichst nicht die Scham und die Bitterkeit in meinen Augen erkennen konnte. Doch dann sah ich sie wieder an und die pure Verzweiflung stand mir im Gesicht.
    „Mir geht es furchtbar, Morrigan! Ich wünschte, wir wären damals geflohen. Du und ich!“

    „Rabenmädchen!“, entgegnete ich ihr flüsternd, denn ich war nicht weniger überrascht, sie wieder zu sehen. Nach unserer letzten Begegnung hatte ich mir immer wieder eingeredet, sie vergessen zu können und dass sie mir nichts mehr bedeutete. Ich hatte mich selbst angelogen, als ich sagte, ich sei über sie hinweg. Nein, tief in mir drinnen hatte es die ganze Zeit etwas gegeben, das ihr nachtrauerte.


    Man hatte ihr übel mitgespielt. Sie die einst frei gewesen war, hatte man wieder in die Ketten der Sklaverei gelegt und hatte ihr eingeredet, dass sie ein Nichts war. Sie war nicht mehr sie selbst gewesen, als ich damals von ihr ging. Völlig verängstigt, wie ein in die Enge getriebenes Tier war sie gewesen. Ich fragte mich, wie es ihr jetzt gehen mochte, als ich ihr plötzlich gegenüberstand und erst einmal wie gelähmt war.


    „Es ist lange her!“, sagte ich dann. Unendlich lang. Ein anderes Leben lag zwischen uns. Was hatten sich die Götter nur dabei gedacht, als sie uns hier die gleiche Straße entlang gehen ließen, so dass wir uns zwangsläufig begegnen mussten? War das die Strafe für das, was ich Iduna angetan hatte?


    „Wie geht es dir, Morrigan?“, folgte dann noch nach ein paar Atemzügen. Früher hätte ich sie, ohne mit der Wimper zu zucken, in meine Arme geschlossen. Doch nun war ich mir so unsicher, ob ich sie damit nicht wieder verschreckte. Ich hätte gelogen, wenn ich behauptet hätte, nichts mehr für sie zu empfinden. Vom ersten Augenblick an, als ich wir uns damals an den Saturnalien begegnet waren, liebte ich sie. Und ja, ich tat es immer noch. Iduna zu lieben war wie eine Verpflichtung gewesen. Doch meine Liebe zu ihr war pure Leidenschaft!

    Von Gewissensbissen geplagt irrte ich durch die Stadt. Vielleicht hätte ich den Tod des Iuliers und seiner Cousine verhindern können, wenn er mich dabei gehabt hätte. Doch das hatte er nicht, woran ich nicht ganz unschuldig gewesen war! Daran war aber nun leider nichts mehr zu ändern.
    Ob ich den Tod meines Dominus betrauerte? Weswegen sollte ich das? Er war mir nie wirklich sympathisch gewesen. Ein aufgeblasener in sich selbstverliebter Gockel war er gewesen. Pah!


    Wie man so hörte, hatte man blanke Krähenschädel bei den Toten gefunden. Ich hatte eine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Doch ich teilte dieses Wissen mit niemandem, um nicht selbst noch in Verdacht zu geraten. So sehr sehnte ich mich nun auch nicht danach, mein Leben, an einem Kreuz hängend, auszuhauchen. Aus diesem Grund beschloss ich, zumindest für die kommenden Wochen und Monate, gänzlich auf meine Kontakte mit den Männern der Krähe zu verzichten. Nichts durfte daraufhin weisen, dass ich jemals mit ihnen etwas zu tun hatte.


    Trotz alledem ich war froh, wieder einmal hinaus zu kommen und etwas anderes zu sehen. Für Domina Graecina hatte ich einige Besorgungen machen sollen. Verständlich, dass sie nicht das Haus verlassen wollte. Fast alle Sklaven der Domus Iulia benahmen sich seit dem Tod des Dominus wie aufgescheuchte Hühner. Keiner traute sich mehr hinaus, aus Angst auch abgestochen zu werden. Das war natürlich blanker Unsinn. Die Krähe hatte längst ihre Rache bekommen. Weshalb also sollte sie sich noch mit ein paar dummen Sklaven herumschlagen?


    Auf meiner Einkaufsliste standen auch noch ein paar Wollballen mit feiner weißer Wolle. Offenbar wollte sich Domina Graecina die Zeit mit Handarbeiten vertreiben. Ich wünschte, eine der Sklavinnen - meinetwegen auch Iduna - hätte mich begleitet. Wie sollte ich als Mann entscheiden, welche Wolle gut genug für die Domina war? Andererseits war es wohl am besten so, wenn ich mich in Zukunft von Iduna fern hielt. Auch wenn sie die Mutter meines Kindes war. Aber das, was passiert war, war einfach zu einschneidend gewesen. Nie wieder würde ich in ihre Augen mehr blicken können, ohne mir jedes Mal meine Schuld eingestehen zu müssen. Ich wollte auch nicht mehr länger darüber nachdenken! So schritt ich weiter zu diesem vermaledeitem Wollladen.


    Plötzlich und ganz unvermittelt stand sie vor mir. Ich blickte direkt in ihre dunklen Augen. Ihr schwarzes Haar, der dunkle Teint ihres Gesichts. Ja, sie war es!


    Sim-Off:

    Reserviert!

    Ich blieb meinem nächsten Opfer weiterhin auf den Fersen. Mit genügend Abstand, verstand sich. Nicht dass er am Ende noch Verdacht schöpfte. Als er dann ganz plötzlich in eine Seitengasse einbog, beschlich mich langsam das Gefühl, das der Kerl doch schon Lunte gerochen hatte und mir womöglich nun gleich auflauern würde. Also tastete ich mich auch vorsichtig in der Gasse voran, merkte aber dann schnell, dass er eine Taberna ansteuerte. Darüber sehr erleichtert wurden meine Schritte wieder größer und ich folgte ihm weiter.
    Ich ließ ihn eintreten und blieb kurz vor dem Gebäude stehen, welches die Taberna beherbergte. Irgendwie kam mir das alles seltsam vertraut vor. Endlich hob ich meinen Blick und erkannte das vertraute Holzschild an der Hauswand, das von einigen Laternen beleuchtet war und auf dem mit schwarzer Farbe die Umrisse eines Baumes mit voller Krone abgebildet war. Darüber stand in großen Lettern römische Lettern, deren Bedeutung aber nur jene erfassen konnten, die meiner Muttersprache mächtig waren: 'CRANN NA BEATHA" (sprich: Grann na Ba-ha). Ich stand direkt vor dem ‚Baum des Lebens‘! Denn genauso hatte mein alter Freund und Landsmann Cian seine Taberna genannt. Nachdem ich gehört hatte, dass die Cohortes ihn festgenommen hatten, weil er sich angeblich mit lichtscheuem Gesindel eingelassen hatte, glaubte ich schon, ihn nie wieder zu sehen. Doch offenbar hatte sich seine Unschuld herausgestellt und man hatte ihn wieder laufen lassen.


    Mein Herz wurde leichter, als ich eintrat. Beinahe hatte ich schon vergessen, weshalb ich überhaupt hier war. Ich zog die Kapuze meiner Paenula nach hinten und entledigte mich ihrer dann ganz.
    Da stand er auch dann hinter seinem Tresen, mein Freund Cian, und lachte. Lieblicher Gesang einer alten Weise von meiner geliebten Insel drang in mein Ohr. Die Sängerin war seine älteste Tochter, die sich in der Zwischenzeit zu einer wahren Schönheit gemausert hatte. Natürlich war auch seine Frau da, die sich um das Essen kümmerte.


    Kurz ging mein Blick durch den Schankraum, auf der Suche nach meinem Mann. Der hatte sich bereits mit einem Becher römischen Fusels in eine Ecke verzogen. Dort sollte er ruhig noch eine Weile bleiben! Zuerst wollte ich meinen Freund begrüßen.
    Als Cian mich erblickte, kam er mir entgegen geeilt und umarmte mich. Wir unterhielten uns in unserer Muttersprache. Natürlich bestand er darauf, dass die Cervisia, die er mir anschließend einschenkte, aufs Haus ginge. Außerdem rief er seiner Frau zu, mir schnell einen ordentlichen Lammeintopf zuzubereiten. Ich dankte vielmals, nahm den Becher mit der Cervisia und suchte mir einen freien Platz.


    Natürlich steuerte ich jene Ecke an, in die sich mein unbekannter ‚Freund‘ verzogen hatte und setzte mich neben ihn. „Slàinte mhath!“ - auf die Gesundheit, sagte ich in seine Richtung, hob meinen Becher und genoss das dunkelbraune Gesöff. Ahh, war das gut! Das erinnerte mich an alte Zeiten, die wesentlich besser gewesen waren, wie die jetzigen. Damals, als ich noch bei den Flaviern gewesen war und als ich mit Lyciscus auf Tour gewesen war, um das süße Leben zu genießen. Wahrlich war das in einem anderen Leben gewesen!

    Nach den beiden geglückten Überfällen war ich irgendwie wählerischer beim Aussuchen meines nächsten Opfers geworden. Keine der Passanten die mir begegneten oder an denen ich vorbei lief, schienen mir gut genug zu sein. Denn schließlich wollte ich diese zweite Aufgabe mit Bravour meistern. Die einen kamen mir zu schmächtig vor. Manchen sah man schon von weitem an, dass sie arme Schlucker waren und bei ihnen nicht viel zu holen war. Diejenigen, die ich als „richtig“ erachtet hatte, waren fast immer in Begleitung unterwegs. So langsam wurde ich verdrießlich und ich beschloss, den nächstbesten auszuwählen, der mit über den Weg lief. Außerdem knurrte mir der Magen und gegen eine Cervisia hätte ich nichts einzuwenden gehabt.


    Gesagt, getan! Es dauerte nicht allzu lange, bis ich fündig wurde. Auch wenn dieser schmierige Kerl, dessen Haare wie geleckt nach hinten geölt waren, auf den ersten Blick nicht besonders lukrativ wirkte. Dennoch beschloss ich, dass dies mein nächstes Opfer sein sollte. Der Mann mittleren Alters war einfach gekleidet. Doch mir fiel die Schriftrolle auf, die er bei sich trug. Im Gegensatz zu jenen, die Vergnügen in der Subura suchten und daher durch die Gassen schlenderten, war er mit strammen zügigen Schritten unterwegs. So als ob er zu einem bestimmten Ziel strebte. Warum auch immer redete ich mir ein, mit ihm einen guten Fang machen zu können. Also ließ ich ihn erst ein paar Schritte an mir vorbei gehen und folgte ihm dann unauffällig mit einem gewissen Abstand. Zunächst wollte ich ihn beobachten. Doch bei der nächsten Gelegenheit, die sich mir böte, würde ich zuschlagen.

    Einige Abende später begab ich mich im Schutz der Dunkelheit erneut in die Subura. Die zweite Aufgabe stand an: Drei Überfälle auf Passanten mit gezogenem Dolch. Um die nötige Kaltschnäuzigkeit für diese Aufgabe zu haben, hatte ich mir im Vorfeld schon ein wenig Mut angetrunken. Jedoch nicht so viel, dass dadurch meine Sinne getrübt wurden. Denn auch dieses Mal konnte ich mir sicher sein, dass all mein Tun von den Vögelchen der Krähe überwacht wurde.


    Aufmerksam lief ich durch die Gassen und hielt dabei Ausschau nach geeigneten Opfern. Es sollten keine armen Schlucker sein. Aber auch nicht solche, die mit ihrem halben Hofstaat unterwegs waren. Zum Glück musste ich nicht lange suchen. Ich nahm einen Mann ins Visier, der gut zehn, fünfzehn Jahre älter war, als ich. Seine Aufmachung verriet mir, dass er nicht zu den Allerärmsten der Stadt gehörte. Ich verfolgte ihn eine Weile und blieb dabei stets einige Schritte hinter ihm. Die Götter schienen mir auch hold zu sein, denn plötzlich bog er ein eine stille dunkle Gasse ein, um sich an einer Hauswand zu erleichtern. Das war meine Chance und ich nutzte sie auch, ohne zu zögern. Ich zog meinen Dolch, trat von hinten an mein Opfer heran und drückte ihn mit der Masse meines Körpers unsanft gegen die Hauswand. Dabei setzte ich ihm meinen Dolch direkt unter die Kehle, so dass er die Schärfe meiner Klinge erahnen konnte. Eine falsche Bewegung und der Kerl würde in Sekundenschnelle sein Leben aushauchen.
    „Dein Geld her, sonst lasse ich dich wie ein Schwein ausbluten!“, wisperte ich ihm eiskalt in sein Ohr. Er hatte sich mächtig erschrocken und begann leise zu wimmern und zu betteln, ich möge doch sein Leben verschonen. Kurze Zeit später hielt er mir seinen gefüllten Geldbeutel entgegen. Ich nahm ihn an mich. Dann stieß ich ihn mit dem Gesicht gegen die Hauswand, um ihn so außer Gefecht zu setzen, damit er mich nicht verfolgte. Stöhnend und mit blutender Nase taumelte er schließlich zu Boden, als ich von ihm abließ und verschwand.


    Ich war richtig stolz auf mich und den geglückten ersten Überfall. Doch wenn ich eines aus meiner ersten Aufgabe gelernt hatte, dann war es, in all dem Freudentaumel nicht übermütig und dadurch unaufmerksam zu werden! So konzentrierte ich mich sofort wieder auf die Suche nach meinem zweiten Opfer.


    Diesmal war es ein jüngerer Mann, der protzig eine goldene Kette um den Hals trug. Der Kerl schien förmlich darauf aus zu sein, dass man ihn überfiel. Diesen Gefallen würde ich ihm tun, beschloss ich. Wieder beobachtete ich ihn erst eine Weile, bevor ich zuschlug. Dann wollte ich an ihm vorbeilaufen, aber rempelte ihn dabei an, so dass er zu straucheln begann. Ich blieb stehen, begann mich für meine Unaufmerksamkeit zu entschuldigen und legte meinen Arm um ihn, um ihm wieder aufzuhelfen. Womit der junge Mann in diesem Augenblick am wenigsten gerechnet hatte, war der Dolch in meiner anderen Hand, der ihn urplötzlich bedrohte.
    „Wenn dir dein Leben lieb ist, gibst du mir jetzt all deine Habe! Deinen Geldbeutel und diese alberne Kette um deinen Hals… und wehe, du schreist!“, zischte ich. Gemeinsam gingen wir ein paar Schritte weiter. Noch immer lag mein Arm um seinen Oberkörper. Irgendwann schob ich ihn in eine Häusernische, um ihn dort all seiner Habseligkeiten zu entledigen. Für die vorbeikommenden Passanten schienen wir beide wohl ein Liebespaar zu sein, die dabei waren, sich zu vergnügen. Meinem Opfer jedoch war spätestens dann der Spaß vergangen, als ich ihm mein Knie in den Unterleib rammte und er sich vor Schmerzen zusammenkrümmte. So ließ ich ihn dort zurück und verschwand schnell. Seinen Geldbeutel und die Goldkette waren bereits sicher verwahrt.


    Ich lief noch ein Stück die Gasse hinunter und verschwand dann in einer Seitengasse. Dort blieb ich stehen und schnaufte durch. Ich war über meine Dreistigkeit und Bosheit selbst erschrocken. Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte ich es nicht für möglich gehalten, zu so etwas fähig zu sein. Doch diese Gedanken schob ich schnell wieder beiseite. Jetzt nur nicht einknicken, dachte ich. Ich hatte es doch schon fast geschafft! Nur noch einen Überfall und ich hatte die zweite Aufgabe auch erfüllt. Also noch einmal volle Konzentration auf mein drittes und letztes Opfer für diesen Abend!

    Bitte alle meine Chars ins Exil verfrachten. Danke!


    Ich bedanke mich bei all meinen Mitspielern. Nach dreizehn Jahren ist nun Schluss.

    Nein, ich fühlte mich überhaupt nicht besser! Diese blinde Wut, die meine Sinne vernebelt hatte, war zwar gewichen, doch sie hinterließ die Erkenntnis über mein Handeln. Was hatte ich nur getan? Wieso war ich zu so etwas fähig gewesen? Diesmal hatte es mir niemand befohlen, sie zu vergewaltigen. Diesmal hatte ich es aus freien Stücken getan. Ich hoffte nur, dass aus dieser Schandtat nicht noch ein weiteres Kind resultieren würde, so wie beim letzten Mal.


    Noch immer beteuerte sie ihre Unschuld und ließ sich jammernd und klagend hinab auf den Boden sinken, wo sie wie ein Häufchen Elend liegen blieb. Ich Idiot, noch vor ein paar Stunden hatte ich vor dem Iulier anerkannt, dass er sie sich nehmen könne, wann immer es nach ihr verlangte. Dabei hatte er es schon längst getan! Warum nur hatte ich ihren Worten keinen Glauben geschenkt?


    Ich schüttelte meinen Kopf, weil ich über mich selbst fassungslos war. Jedoch fand ich auch nicht den Mut, ihr zu helfen und ihr beizustehen. Ich war ein verdammter Feigling! Dies war der Moment, da ich sie endgültig verloren hatte. Sie und Aislin! Ich musste hier weg!

    Die Germanin hatte es einfach nicht kapiert! Statt das Weite zu suchen, wie ich es von ihr verlangt hatte, klammerte sie sich nun um meine Beine und presste ihren Kopf auf meine Beine. Dann säuselte sie auch noch etwas von Liebe und dass ihr Herz nur mir gehöre! Offenbar musste sie es auf die harte Tour lernen!


    „Falsche Schlange! Geh weg von mir und verschwinde endlich in dein Loch, aus dem du hervorgekrochen bist!“ Um meine Worte zu untermauern, versuchte ich sie von meinen Beinen abzuschütteln, doch sie krallte sich regelrecht an mich. Schließlich half nur eins: Ich beugte ich hinunter zu ihr, packte sie in ihrem Nacken und an ihren Haaren und zog sie nach oben. Dabei war es mir ziemlich egal, wie schmerzhaft es für sie war. Als ich sie soweit hatte, dass sie über kurz oder lang meine Beine loslassen musste, packte ich sie mit einer Hand an ihrem Hals und zog sie weiter nach oben. Dann schob ich sie unsanft an die nächste Wand und ich presste mich gegen sie. Ihr wehrloser Blick aus ihren verheulten Augen, dann der Hauch des Duftes, der von ihr ausging und mich an die lustvollen Momente erinnerten, die wie Schall und Rauch vergangen waren und dann war da noch meine grenzenlose Wut, all das ließ eine seltsame Art von Lust in mir aufkeimen, die ich so noch nie erlebt hatte. Ich packte sie an der Schulter, so dass sie mir den Rücken zudrehte. Dann packte ich sie wieder am Schopf und begann, sie vor mir herzuschieben. Ich schob sie in einen Raum, der tagsüber als eine Art Officium des Maiordomus genutzt wurde. Dort presste ich sie gegen einen Tisch, drückte ihren Kopf auf die Tischplatte, riss ihr die Kleider vom Leib und drang mit Gewalt in sie ein.
    „Hat er dich auch von hinten genommen? Oder bist du freiwillig in sein Bett gestiegen und hast für ihn die Beine breit gemacht?“ Ich versetzte ihr mehrere heftige Stöße, bis ich völlig außer Atem von ihr abließ. Tumelnd machte ich ein paar Schritte zurück und blickte auf das, was ich soeben getan hatte. „Das soll dir eine Lehre gewesen sein! Verschwinde jetzt endlich, du Dreckstück!“

    Voller Zorn hatte ich Iduna im Hortus zurückgelassen und war hinein, ins Innere der Domus gelaufen. Nur weg von ihr, war meine Devise. Und die Germanin tat gut daran, wenn sie mir nicht folgt und mir in nächster Zeit nicht mehr unter die Augen trat. Sie hatte mich so tief verletzt und augenscheinlich hatte sie mich die ganze Zeit auch zum Narren gehalten. Als ob ich es nicht von Anfang an gewusst hätte!

    Auf dem Weg zur Sklavenunterkunft zog ich mir die Tunika über meinen Kopf und suchte mir eine Waschgelegenheit, damit ich mir ihren Geruch hinfort waschen konnte. Um diese Zeit schliefen alle bereits. Daher war es unwahrscheinlich, dass mir einer der anderen Sklaven begegnete. Lediglich leise musste ich sein, damit ich niemanden aufweckte. Auf dem Weg zu der Schlafkammer in der sich mein Lager befand, drang dann plötzlich ihre Stimme an mein Ohr, jammernd und flehend, so wie sie es meistens tat, wenn sie einen Fehltritt begangen hatte. Doch dieser Fehltritt war bereits eine ausgewachsene Schandtat. Sie sank vor mir auf den Boden und flehte mich an. Doch ich wollte nichts mir von ihr wissen „Hau ab! Verzieh dich, dreckige Schlampe! Lass mich in Ruhe!“ Ich hatte Mühe damit, die Lautstärke meiner Stimme zu regulieren, damit nicht am Ende noch das ganze Haus wach wurde. Wenn sie schlau war, dann verschwand sie nun besser, sonst konnte ich für nichts garantieren.

    Ja gewiss, das tat sie. Ob ich mein Versprechen allerdings halten konnte, stand noch in den Sternen geschrieben. Auf jeden Fall würde ich den Kampf in vollen Zügen genießen und diesem eingebildeten Römer zeigen, wo seine Grenzen lagen.
    Doch genug davon. Nun genoss ich erst einmal Idunas Lippenkünste und war mir schon sicher, sie sei ein wahres Naturtalent. Mindestens genauso gut wie jede Lupa in einem der unzähligen Bordelle in der Subura. Als sie dann neben mir lag und sie ihren Kopf sanft auf meine Brust abgelegt hatte, fuhren meine Finger durch ihr Haar. Meinen Blick wandte ich hinauf zu den Sternen. Ja, dies war ein Moment vollendeten Glücks! Die letzten Wogen der Lust verzückten noch meinen Körper, meine Frau lag bei mir und über uns tausende von fernen Lichtern. Was wollte man mehr.


    Schließlich begann Iduna zu erzählen. Sie erwähnte eine Lupa, die sie auf dem Sklavenmarkt kennengelernt hatte. Damals, als der Flavier sie gekauft hatte. Sie war also ihre Lehrmeisterin gewesen. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Sie wirkte doch immer so scheu und demütig. Ich stellte mir vor, was sie dort bei dieser Lupa alles gelernt hatte und allein schon dieser Gedanke belebte erneut mein Verlangen. Womöglich konnte mich Iduna noch weiter überraschen, mit dem, was man sie gelehrt hatte.
    Jedoch wurde ich ganz plötzlich aus meinen Fantasien herausgerissen, als hätte man mir den Boden unter den Füßen genommen.
    „Was sagst du da?!“ Gerade noch hatte sie sanft ihre Fingerspitzen über meinen Brustkorb gleiten lassen, da fuhr ich hoch und packte sie fest an ihren Oberarmen und schüttelte sie. „Was hast du da gesagt? Unser Dominus hat deine Zungenkünste verfeinert?“ Ihr Anblick begann mich anzuwidern und dies spiegelte sich auch in meinem Gesicht. Die Eifersucht kochte wieder über und machte mich blind für jeden klaren Gedanken.
    „Du widerst mich an, elende Hure!“ Mit diesen Worten stieß ich sie unsanft zurück, sprang auf und eilte davon, zurück in die Sklavenunterkunft.

    Nach einer unruhigen und viel zu kurzen Nacht, begann mein Tag kurz vor Sonnenaufgang. Die Arbeit wartete an den Öfen des Hypokaustus bereits auf mich. Bis ich mir eine erste Pause gönnen konnte, in der ich für gewöhnlich auch ein einfaches Frühstück zu mir nahm, vergingen einige Stunden, denn schließlich sollte es in der Domus angenehm warm sein, wenn die Herrschaften am Morgen aufstanden und in den Tag starteten.


    Die Vorfreude auf den heutigen Tag war einem Grübeln gewichen. Idunas Worte hatten mich die ganze Nacht verfolgt und dafür gesorgt, dass ich kaum hinab in den Schlaf sinken konnte. Plötzlich war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob diese Herausforderung wirklich eine gute Idee gewesen war. Doch wenn ich nun einen Rückzieher machte, dann konnte ich mich gleich hier unten bei den Öfen begraben lassen.
    Auch während der Arbeit ging das Grübeln weiter. Was würde passieren, wenn ich den Kampf verlor? Dann konnte ich auch alle meine Hoffnungen auf eine bessere Stellung über Bord werfen. Und was war, wenn ich gewann? Würde der Iulier dies dulden oder würde er mich dafür bestrafen, weil ich an seiner Ehre gekratzt hatte. Wie ich es auch drehte und wendete, das Ergebnis war nicht sehr befriedigend. Ich Idiot, warum hatte ich mir das selbst eingebrockt?


    Durch mein ständiges Nachgrübeln war ich unvorsichtig geworden, was bei der Arbeit am Ofen durchaus gefährlich werden konnte. Gerade hatte ich mehrere Stücke Holz ein wenig zu schwungvoll im Ofen verschwinden lassen, als mehrere glühende Funken heraussprangen und einer davon auf meiner rechten Hand landete und deren Innenfläche verbrannte. Ich schrie auf und wich mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück. Als ich mir etwas später meine Hand anschaute, musste ich feststellen, dass sich dort eine große Brandblase bildete. Auch das noch! Offenbar hielten auch die Götter nicht viel von meiner Idee.
    Um meine Hand zu schützen, band ich mir einen Stofffetzen um sie herum. So konnte ich wenigstens die letzten Stunden bis zum Nachmittag weiterarbeiten. Die Schmerzen waren groß, doch ich biss die Zähne zusammen.


    Müde und schmutzig wusch ich mich und kleidete mich danach in eine einfache Tunika. Diese sollte genügen für den Kampf. Falls es der Iulier vorzog unbekleidet zu kämpfen, dann war das Kleidungsstück schnell wieder ausgezogen. Die Blase auf meiner Handinnenfläche stach ich auf und verband mir sie mir einem sauberen Stoffstreifen. Wahrscheinlich würde das nicht weiter auffallen.


    Als ich mich hinaus in den Garten begab, fielen mir die geschäftigen Sklaven auf, die an mir vorbeihuschten. Was war denn los? Als ich dann hinaustrat und die Veränderungen und die Dekoration erblickte, bleib ich erschrocken stehen. Der Hortus war kaum wiederzuerkennen! Was sollte das denn? Der Iulier ließ offenbar um unseren Kampf ein riesiges Tamtam aufziehen, bei dem es offenbar auch Zuschauer geben sollte. Einige davon hatten sich auch schon im Hortus eingefunden. Verdammt! So hatte ich mir das aber nicht vorgestellt. Es sollte doch nur eine kleine Demonstration meiner Fähigkeiten werden! Am liebsten hätte ich wieder kehrt gemacht. Doch zu spät! Es gab kein zurück mehr! Und dann war da auch noch Iduna. Das war einfach zu viel. Ich machte kehrt und ging zurück an meine Arbeit. Es würde heute keinen Kampf mehr geben.

    „Natürlich werde ich das, Liebes! Ich werde mich nicht provozieren lassen.“ Allerdings was war ein Faustkampf, in dem nicht mit Fäusten gekämpft wurde? Ganz sicher würde ich mir die Hucke vollhauen lassen! Ich würde es dem Iulier überlassen, mich anzugreifen, damit ich mich verteidigen konnte, denn schließlich sollte er genau das sehen und begreifen, dass ich sein Mann war!
    Aber gut, der morgige Tag würde zeigen, was in mir steckte. Damit aber der heutige Abend einen lustvollen Ausgang nahm, konzentrierte ich mich nun voll und ganz meiner Kleinen, die verstanden hatte, was ich von ihr wollte. Zu meiner großen Überraschung war es richtig gut, was sie da mit ihren Lippen anstellte. Man hätte meinen können, sie habe die Erfahrung einer Lupa aus der Subura. Um sie zu bestärken, weiterzumachen, streichelte ich ihr Haar. Doch irgendwann begann ich zu stöhnen und krallte meine Finger in die Erde, auf der ich lag. Sie trug mich direkt, ohne Umschweife hinauf auf die höchste Spitze der Lust und ließ dabei meinen Körper erbeben. Ja, das war mein Mädchen!
    Als sie fertig war, zog ich sie zu mir nach oben und deutete ihr an, ihren Kopf auf meine Brust zu betten. „Wo hast du das nur gelernt, mo leannan*?“


    Sim-Off:

    Eigentlich hat er nur eine Tunika an und keine Hose. ;)


    *= mein Liebling

    Natürlich würde sie das tun! Sie war gleich einer Löwenmutter, die nichts unversucht ließ, um die Zukunft ihrer Tochter zu verbessern. Und wenn wir uns Mühe gaben, würden wir es gemeinsam schaffen. Dass ich bereits diesen Kampf als Möglichkeit sah, meine Stellung zu verbessern, um dann alles geben zu können, sickerte nur langsam bei Iduna durch. Doch nach langem hin und her schien sie endlich begriffen zu haben.
    „Ja, genau! Er soll mir endlich meine Stellung zuweisen, um mich beweisen zu können! Deshalb will ich ihm zeigen, dass ich als sein Custos besser geeignet bin, als ein namenloser Sklave, der Tag ein, Tag aus den Ofen des Hypokaustus füttert.“ Natürlich ging ich davon aus, dass ich der bessere Kämpfer von uns beiden war. Für mich sprachen meine Erfahrung, meine Zähigkeit und vor allem die Kraft, die in mir steckte. Was konnte dieser degenerierte Römer denn schon vorbringen? Gut, er hatte Muskeln, die er sich wahrscheinlich beim Sport in den Thermen antrainiert hatte. Aber was wusste er schon, wie es wirklich da draußen war, jenseits von seinem gepflegten Zuhause, das mit allen Annehmlichkeiten des Alltags gespickt war? Rein gar nichts! Er war genauso unerfahren wie der Flavier damals.


    Wie es schien, hatte es Iduna gefallen. Zwar sagte sie es nicht direkt, weil es wohl ihre Scham nicht gebot, doch ihre Blicke sagten mehr, als tausend Worte. Da lag sie nun neben mir und hatte ihre Hand auf meinem Körper abgelegt. Konnte sie sich denn nicht denken, was ich mir nun gewünscht hätte? Sah sie denn nicht die Signale, die unübersehbar in meinem Schritt meine Tunika nach oben wölbten? Doch dann dachte ich, dass sie ja noch so jung war und unerfahren. Wahrscheinlich wusste sie nicht, wie man einen Mann auf diese Weise beglücken konnte. Woher auch? Sie war ja schließlich keine Hure, die es mit jedem trieb?
    „Willst du mich nun auch auf diese Weise küssen und verwöhnen, mein Herz?“ Dabei schob ich ihre Hand weiter nach unten und hoffte, sie verstünde, wonach ich mich sehnte.

    Wie? Was bedeutete das? Es bedeutete das, was ich gesagt hatte. Manchmal zweifelte ich an Idunas Lateinkenntnissen. Gut, wir beiden hatten eine andere Muttersprache und im Gegensatz zu mir war sie als Kind nicht mit Latein in Berührung gekommen, da sie ja aus dem Barbaricum stammte. Mein Vater hatte immer darauf Wert gelegt, dass ich die Sprache der Römer erlernte und auch deren Schrift lesen konnte. „Du musst die Sprache der Besatzer kennen, mein Junge!“ Das hatte er mir immer und immer wieder eingetrichtert. Und ich hatte ihn nicht enttäuscht.


    „Na, es bedeutet, dass wir zusammen bleiben. Du und ich und Aislin zusammen, nicht getrennt.“ Um ihr das zu verdeutlichen, hantierte ich anschaulich mit meinen Händen herum. „Und natürlich, wenn wir uns gut anstellen, dann wird unser Kind sicher frei kommen und hat eine schönere Zukunft.“
    Dass sie natürlich über den Faustkampf ganz und gar nicht erfreut war, konnte mir zumindest im Augenblick nicht die Vorfreude nehmen. Erst als sie mich verärgert anfunkelte und meinte, ich solle mir mein Grinsen sparen, war dies auf einen Schlag aus meinem Gesicht verschwunden.
    Dann folgte die alte Leier, warum ich denn nicht mit ihm geredet hätte und so weiter und sofort, blablabla.
    Ich habe doch mit ihm geredet und ihm vorgeschlagen, dass ich doch als Custos arbeiten könnte. Aber er hat mir keine Antwort darauf gegeben. Aber du als Frau verstehst das ja sowieso nicht! Nichts da! Wir regeln das wie Männer! Ganz einfach. Er und ich und sonst niemand!“ Ich konnte ja nicht ahnen, dass der Iulier gleich ein mittleres Volksfest daraus machen würde.


    Zum Glück nahm sie mir dann ab, was der Magus angeblich zu mir gesagt hatte und ich dankte allen Göttern, sogar den römischen und den germanischen, dass sie nicht unendlich weiter bohrte und misstrauische Fragen stellte. Und weil sie so brav war, hatte sie es wahrlich verdient, verwöhnt zu werden. Immer wieder warf ich dabei einen Blick nach oben, um zu sehen, wie sie sich der Lust hingab. Ihr Stöhnen war Musik in meinen Ohren , die wiederum in mir die Vorfreude weckte von ihr anschließend auf ähnliche Weise verwöhnt zu werden.
    Als sie den Höhepunkt endlich erreicht hatte, ließ ich von ihr ab und schob mich nach oben. Nachdem ich sie leidenschaftlich geküsst hatte, blieb ich neben ihr liegen. „Hat es dir gefallen, mein Herz?“, raunte ich in ihr Ohr, während mein ganzer Körper danach lechzte, ebenso solche Lust zu verspüren.

    Zufrieden mit meinem Plan steuerte ich eine der besseren Tabernae an. Schließlich wollte ich die erfolgreiche Ernte meines ersten Raubzuges nicht in einem Drecksloch begießen. „Zum durstigen Gallier“ hieß der Schuppen, der zwei Straßen weiter lag und in der sich für gewöhnlich nicht der größte Abschaum Roms traf. Ja, dort würde ich mir ein paar Cervisiae genehmigen und vielleicht auch noch eine Kleinigkeit essen. Der Wirt, natürlich ein Gallier, war ein begnadeter Koch, so wie ich gehört hatte. Dementsprechend war sein Laden auch nicht ganz billig. Auch die Mädchen, die dort bedienten und zu gewissen anderen Diensten zur Verfügung standen, waren sauber, gesund und sollten eine wahre Augenweide sein.
    Voller Vorfreude darauf hatte ich gar nicht den Knirps beachtet, der mich, ohne dass ich es geahnt hatte, schon eine ganze Weile verfolgte. Als er sich mir plötzlich in den Weg stellte und er aus seinem Mantel einen bleichen Krähenschädel hervorzauberte, bleib ich abrupt stehen und schluckte erst einmal. Babilus´ Worte waren auf einmal wieder präsent, als hätte er sie erst gestern ausgesprochen. Mein Herz schlug auf einmal schneller. Der Knirps hatte mich die ganze Zeit im Auge behalten. Selbst dann noch, als ich im Laden des Magus verschwunden war. Er würde der Krähe auch Bericht erstatten und ihn über meine Fähigkeiten in Kenntnis setzen. Mit Sicherheit hatte er auch bemerkt, dass ich nicht nur sechs, sondern sieben Leute bestohlen hatte. Also lohnte es sich nicht, das zu verleugnen.
    Ich fackelte nicht lange, sondern kramte die sechs Geldbeutel hervor und übergab sie dem Jungen, als er mich angesprochen hatte. „Hier, sechs Geldbeutel. So wie gefordert. Der Siebte ist für mich selbst. Ich brauche schließlich auch ein bisschen Geld.“ Damit sah ich die erste Aufgabe als erledigt an und ging weiter, nachdem ich dem jungen noch einmal unauffällig zugenickt hatte. Der durstige Gallier wartete schließlich schon auf mich! Nach zwei Krug Met kehrte ich müde und weinselig zurück in die Domus.