Beiträge von Angus

    Von Anfang an hatte ich nicht viel von dieser Unterredung gehalten und war nur Iduna zuliebe mitgegangen. Wie hatte sie auch glauben können, dass alleine die Äußerung eines Wunsches den Iulier dazu bewegen konnte, unsere Tochter freizugeben? Hatte sie denn inzwischen nicht lange genug unter den Römern gelebt, um deren Mentalität zu verstehen? Für sie zählte nicht das Menschliche oder das Emotionale, sie handelten nach ihrer Ratio und diese wurde nur durch den materiellen Wert einer Sache bestimmt. Für ihn waren wir nichts mehr, als Sachen, die man gebrauchen, verkaufen oder im schlimmsten Falle wegwerfen konnte. Es tat mir Leid für sie, dass sie das immer noch nicht begriffen hatte. Aber vielleicht hatte sie sich auch blenden lassen, von seinen Worten oder Taten. Doch was hatte sie letztendlich gewonnen? Nichts, rein gar nichts! Sie war sogar auf diesem schmalen Grat, auf dem sie gegangen war, gestrauchelt und wäre beinahe noch gänzlich in Ungnade gefallen, als sie in ihrer Naivität seine Familie beleidigte.


    Nun klammerte sie sich an mich, so dass ich ihren Schmerz fühlen konnte. Auch mir ging es nahe, dass sie der Realität auf diese Weise ins Auge blicken musste. Da konnte auch ihr letzter Versuch, ihn umzustimmen nichts ändern. Sie hatte von mir abgelassen und streckte dem Iulier nun bittend die Hände entgegen. Sanft legte ich meine Hand auf ihre Schulter, um sie davon abzuhalten. „Lass gut sein, Liebes!“, sagte ich leise. Schließlich besann sie sich und schob ihre Sentimentalität beiseite.


    Als Iduna sich zurückzog, wollte ich ihr zunächst folgen, doch dann beschloss ich, doch noch einen Moment zu verweilen. Mir war klar, dass dies nicht der beste Zeitpunkt war, um mit dem Iulier alleine zu sprechen. Nicht nachdem was gerade geschehen war. Doch ich befürchtete, dass sich vielleicht in nächster Zeit nur wenig Gelegenheit dazu ergab. Also machte ich einen Schritt nach vorne, statt zurück zur Tür, als Iduna das Officium verlassen hatte.
    „Dominus, bitte noch auf ein Wort!“, bat ich ihn um seine Aufmerksamkeit.

    Ich war müde und freute mich schon auf mein Lager. Zuvor hatte ich mich noch gewaschen, denn ich hatte mich schmutzig gefühlt und hatte nach Schweiß gerochen. Das kühle Wasser war eine Wohltat gewesen, so dass sich mein Körper nach einem langen Arbeitstag entspannen konnte.
    Nun trottete ich zu den Sklavenunterkünften und zog mir dabei meine Tunika über den Kopf. Wenn ich nicht schon so müde gewesen wäre, hätte ich noch bei Iduna und unserer Kleinen vorbeigeschaut.


    Gerade als ich es mir auf meinem Lager gemütlich machen wollte, fand ich ein kleines Wachstäfelchen. Ich wunderte mich schon, wie das wohl hierhergekommen war. Dann las ich den knappen Text darauf und ich begriff. Ein Lächeln huschte über meine Lippen. Ich war zwar müde, doch ich liebte Überraschungen. Also erhob ich mich wieder, streifte die Tunika wieder an über und zog meine Sandalen wieder an, die ich zuvor abgestreift hatte.


    Ganz leise bewegte ich mich durch die Gänge und stieg die Treppe empor. Nur noch wenige Schritte trennten mich vom Hortus. Die Nacht war angenehm. Es war nicht zu kühl. Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich mich um. Ich machte ein paar Schritte und erkannte sie dann. Wie sinnlich, sie hatte sich am Brunnen der Venus niedergelassen. Fast lautlos bewegte ich mich auf sie zu und küsste sie schließlich ihren Nacken. „So spät noch wach, Geliebte?“, raunte ich ihr zu und setzte mich neben sie.

    Schon einmal hatte ich Donima Graecina als Custos gedient, obwohl dies im Hause des Iuliers gar nicht meine Aufgabe war. Unglücklicherweise hatte man dort noch nicht meine Fähigkeiten erkannt und mich stattdessen für Arbeiten eingesetzt, die kein anderer machen wollte. Die junge Iulia aber hatte dies schon erkannt, als sie mich wieder zu sich rufen ließ und mir mitteilte, ich solle für ihre Sicherheit sorgen, wenn sie zu dieser Werkschau ging. Was immer das auch sein mochte. Sie sollte dort ihren Zukünftigen treffen, von dem sie, mal abgesehen von seinem Namen, kaum etwas wusste.


    Ihre Sklavin Sulamith, bei deren Rettung ich auch dabei gewesen war, begleitete sie. Nach allem, was in jener Nacht vorgefallen war, hatte sie sich scheinbar wieder erholt. Das arme Ding! Sie war völlig von der Rolle gewesen. Ob man eine Vergewaltigung jemals ganz vergessen konnte? Ich war mir da nicht so sicher. Ob Iduna jemals vergessen konnte, was ich ihr (unter Zwang) angetan hatte? Zumindest gab sie sich mir immer willig hin und sie schien auch Freude daran zu haben. Ob sie mich sogar liebte? Was für Fragen mir schon wieder durch den Kopf gingen! Es war besser, sich jetzt auf die Sache zu konzentrieren!


    Wie ein Schatten folgte ich Domina Graecina, die den Weg zu diesem Atelier kannte. Dabei sondierte ich natürlich auch, was links und rechts von ihrem Weg passierte. Nicht dass ein betrunkener Irrer oder sonst ein Tagedieb die junge Frau oder ihre Sklavin belästigte. An einem Torbogen dann blieb sie stehen und tuschelte etwas mit der Hebräerin. Dann ging sie auf diesen Mann zu, der dort mit einem Begleiter, wahrscheinlich sein Sklave, zu warten schien und begrüßte ihn. Er schien um einiges älter zu sein, als sie. Aber anscheinend kannte sie ihn. Sein Begleiter war um einiges jünger an Jahren und wirkte beinahe noch knabenhaft. Da fiel mir ein, dass sich manche Römer hübsche junge Männer als Sklaven hielten, um sich mit ihnen zu vergnügen. Eine widerliche Vorstellung! Zum Glück war mir bisher so etwas erspart geblieben!

    Zum Glück hatte der Seher nicht mit mir zu disputieren begonnen, weil ich ihm nicht gleich die nächsten zehn Sesterzen in den Rachen geworfen hatte. Er schloss die Augen und kurze Zeit später teilte er mit mir seine Visionen. Schnell verzog sich meine Mine zu einem verträumten Lächeln, als er die Schönheit und den Liebreiz meiner Lieben erwähnte. Noch war ich voll der Hoffnung, dass den beiden doch noch eine vielversprechende Zukunft bevorstand. Zumal Idunas letzter Versuch, den Iulier dazu zu bringen unserer Tochter die Freiheit zu schenken, gescheitert war. Jedoch war meine Hoffnung schnell verflogen, als ich die Worte des Sehers hörte. Bei der Erwähnung der gierigen Hände des Römers stieg wieder die Wut in mir hoch. Dieser elende Dreckskerl! Doch ich hatte Iduna mein Wort gegeben, ruhig zu bleiben, wenn es um den Iulier ging. Selbst hier, denn der Weissager konnte ja nichts dafür, was ihm die Götter zuflüsterten. Also schluckte ich meinen Zorn hinunter und versuchte sachlich zu bleiben.
    „Kannst du sehen, was dieser Römer mit seinen gierigen Händen macht?“ Zwar konnte ich mir die Antwort schon denken, aber damit es nachher nicht hieß, ich würde mich in irgendwelche Dinge nur hineinsteigern, wollte ich hören, was der Seher dazu sagte.


    Als er augenscheinlich meine eigene Situation ansprach, ließ mir meine Emotionen nicht wirklich anmerken. Vor einigen Jahren hätte ich sicher den Verlust meiner Freiheit lautstark nachgetrauert. Doch inzwischen war viel passiert. Vielleicht zu viel. Natürlich fühlt ich noch immer den Schmerz über die Art und Weise, wie ich zum Sklaven geworden war.
    „Gewiss, besonders wenn man die Umstände betrachtet, wie es dazu kam. Doch das muss ich dir als Seher ja nicht sagen. Du kennst sicher bereits die Einzelheiten. Anderseits habe ich mich damit arrangiert. Zumindest versuche ich es.“ Besonders jetzt, seitdem Aislin da war, war es an mir, die Füße still zu halten und gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

    Die zehn Sesterzen, die ich mit gutem Gewissen gegeben hatte, waren schnell in der Hand des Wahrsagers verschwunden. Jede einzelne Münze war es mir wert gewesen, denn sonst hätte ich nie erfahren, wie es meinen Lieben in der Anderswelt erging.


    Während ich noch ganz gerührt da saß und mein Glück kaum fassen konnte, griff der Wahrsager plötzlich zu seinem Dolch, einem ziemlich exotischen Stück, welches mir gleich zu Anfang schon aufgefallen war, als ich an seinen Tisch getreten war. Doch wenn ich es recht bedachte, dann passte die Waffe sehr gut zu dem seltsamen Vogel. Fragte sich nur, was er damit wollte! Gewiss stach er damit nicht seine Kundschaft ab. Zumindest nicht die zahlungskräftigen Kunden. Wenn auch nicht ganz freiwillig, schob ich die Gedanken an meine Familie zur Seite und konzentrierte mich wieder auf mein Gegenüber.


    Schließlich ergriff er wieder das Wort und was er sagte, klang doch sehr… schräg. Oder tapste er einfach im Dunkeln und wusste nicht so recht, was er auf meine Frage hin antworten sollte? Natürlich wusste ich, dass meine Lieben nun in Tir na nOg auf mich warteten. Um sie musste ich mir keine Sorgen mehr machen. Doch was war mit denen, die noch auf dieser Welt weilten und meines Schutzes bedurften? Meine neue Gefährtin und unser Kind. Aislin hieß es also gut, dass ich mir eine neue Frau erwählt hatte, von der allerdings der Wahrsager keinen blassen Schimmer hatte. Oder etwa doch?


    Ich sah den Seher forschend an, wobei sich dabei langsam meine linke Augenbraue nach oben verschob (ein kleines Detail, was ich früher des Öfteren bei den Flaviern hatte beobachten können). Zumal er noch einmal zehn Sesterzen verlangte. Wofür eigentlich?
    „Äh ja… nein! Moment mal, du hast meine Frage nicht richtig verstanden! Ich meine, was die Götter über die Zukunft meiner neuen Gefährtin und unserem Kind zu sagen haben. Verstehst du? Iduna und Aislins Zukunft.“ Vorerst ließ ich mein Geld noch in meinem Beutel. Denn schließlich hatte er mir ja nicht auf meine Frage geantwortet. (Als Wahrsager musste er das doch wissen.) Außerdem waren meine Mittel begrenzt. Ich war zwar in den letzten Monaten recht sparsam gewesen und hatte nur ganz selten ein Lupanar besucht, doch im Reichtum schwelgte ich auch nicht.

    Gespannt lag mein Blick auf dem Wahrsager. Natürlich hatte ich all die Jahre gehofft, dass meine Lieben den Weg nach Tir na nOg gefunden hatten, denn sowohl mein kleiner Sohn als auch meine Frau waren rechtschaffen und mutig gewesen. Doch nun die Bestätigung dessen aus dem Mund dieses Mannes zu hören verschaffte mir ein gutes und beruhigendes Gefühl.


    Schließlich begann der Wahrsager weiter zu sprechen. Auch diesmal waren seine Worte sehr bewegend. Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie mein Junge die Forelle mit seiner Hand packt, die Götter auf der Jagd begleitet und dann am Ende eines Tages zu seiner Mutter eilt.. Das würde mir als Vater versagt bleiben, denn ich würde niemals mehr mit meinem Sohn zur Jagd gehen können. Auch diesmal konnte ich nicht verhindern, dass meine Augen feucht wurden und ich ganz gerührt dreinblickte, als sich der Wahrsager nach der Botschaft bei mir erkundigte. Da er anscheinend lediglich als Medium fungiert hatte, wusste er natürlich nicht, was die Götter durch ihn gesprochen hatten.
    Als er mir dann seinen Preis für seine Dienste nannte, fühlte ich mich ein wenig aus der Situation herausgerissen. Doch ich hatte Verständnis, denn ich sah ja, welche Mühe und Kraft ihn der Kontakt mit den Göttern gekostet hatte.
    „Äh, ja natürlich!“, meinte ich und kramte in meinem Beutel herum. Die fünf erbeuteten Geldbeutel waren unterschiedlich gefüllt, was machten da schon zehn Sesterzen aus. Außerdem hatte ich noch einige Münzen von meinem Peculium übrig. Ich war also gar nicht auf das Diebesgut angewiesen.


    Etwas nachdenklich überreichte ich dem Wahrsager die Münzen. Da ich mich ja nun vom Können dieses Mannes überzeugt hatte, konnte er mir bestimmt auch noch ein wenig über meine Zukunft weissagen. Gerade jetzt, wo ich mich sozusagen mit einem Bein bereits in den kriminellen Sumpf begeben hatte. Außerdem waren da Iduna und unser Kind. Was würde aus ihnen werden.
    „Kannst du auch in die Zukunft blicken? In meine Zukunft und die meiner Gefährtin und unseres Kindes?“



    Sim-Off:

    Die unterschiedlichen Threadüberschriften erlauben es dem Schreiber mehrere Threads zu unterschiedlichen Zeiten am gleichen Ort zu schreiben. Du musst Angus also in einem völlig anderen Thread, mit dem er gar nichts zu tun hat, nicht raus schreiben, da wir beide ja in diesem Thread schreiben. ;)

    Glücklicherweise war der Rückweg zur iulischen Domus ganz unproblematisch verlaufen. Denn ein weiterer Zwischenfall wäre sehr ungünstig gewesen, da ich Sulamith den ganzen Weg zurück getragen hatte.
    Erst als ich, der Domina folgend, in ihrem Cubiculum angekommen war, legte ich ihre Sklavin auf ihrem Bett ab. Nun lag die hebräische Sklavin direkt neben der kleinen Kröte, die sie aus unerfindlichen Gründen gerettet hatte. Der Kleinen schien es wenigstens etwas besser zu gehen. So diese Dummheit, die die Hebräerin begangen hatte, nicht vollkommen umsonst gewesen.


    Damit war meine Arbeit getan. Dennoch hielt ich mich abwartend im Hintergrund, bis die Domina mich entließ. Das tat sie dann auch umgehend, was mir sehr in den Kram passte, denn inzwischen war ich hundemüde. Ich warf noch einen auffordernden Blick auf Eireann zu, mir am besten zu folgen. Dann drehte ich mich um und ging zur Tür. Kurz bevor ich im Begriff war, sie zu öffnen, bedankte sich die Domina plötzlich bei uns allen. Das passierte auch nicht alle Tage! Ich wandte mich noch einmal zu ihr hin und nickte ihr freundlich zu. „Gute Nacht, Domina!“ Dann ging ich.

    Dem Wahrsager war nicht verborgen geblieben, dass die Wandbilder eine gewisse Faszination auf mich ausübten. So fühlte ich mich etwas ertappt, als mein Gegenüber mir erklärte, dass es sich hierbei um ägyptische Götter handelte. Mit offenem Mund hörte ich mir seine Ausführungen an. Über Ägypten und dessen reichhaltige Kultur, die um ein vielfaches älter war, als die der Römer, hatte ich nur sehr wenig gehört. Zumal ich wenig bis gar keinen Kontakt zu fremden Göttern hatte, seitdem ich nach Rom verschleppt worden war. Trotz meiner Versklavung huldigte ich noch regelmäßig Lugh und einigen anderen Göttern, die mich und die Meinen in meiner alten Heimat beschützt hatten.
    Vielleicht war es die Verschmelzung von Tier und Mensch, die mich so anzog. Ich fühlte mich ein wenig an Cernunnos erinnert, den Gehörnten, der mit einem Hirschgeweih dargestellt wurde.


    Ich konnte meinen Blick von den Götterdarstellungen erst abwenden, als der Weissager mir erklärte, dass ich nicht ohne Grund hier bei ihm gelandet sei. Diese Götter, so behauptete er, hätten mich hierher geführt. Ein wenig überrascht musterte ich den Wahrsager. Was hatten seine Götter mit mir zu schaffen? Andererseits war es meine Rettung gewesen, dass die Tür zu diesem Haus nur angelehnt gewesen war. Ansonsten hätte mich mein Verfolger noch weiter gejagt und am Ende hätte man mich vielleicht noch gefasst.


    Anis schloss plötzlich seine Augen, als ob er gerade eine göttliche Eingebung bekam. Mir war ein wenig seltsam zumute, denn was war, wenn der Wahrsager mich längst durchschaut hatte und er genau wusste, welche Umstände mich an diesem Abend in die Subura geführt hatten? Als er dann unvermittelt die Augen wieder öffnete und mich anvisierte, musste ich schlucken. Offenbar hatten tatsächlich die Götter zu ihm gesprochen, und was sie ihm gesagt hatten, war schier ungeheuerlich! Eine Nachricht von Aislin, meiner Frau, die vor vielen Jahren hier in Rom in meinen Armen gestorben war, hatten sie ihm gesandt.
    „Aislin?!“, flüsterte ich entsetzt. Dabei schossen mir die Tränen in die Augen. Aislin war in Tir na nOg, dem Land der ewigen Jugend und Glückseligkeit, einem Ort in der Anderswelt. „Sie ist dort, ja?“, fragte ich, mit den Tränen kämpfend.
    Trotz meiner Aufgewühltheit fühlte ich dennoch eine gewisse Befriedigung. Zu wissen, dass es Aislin gut ging, nahm mir die Sorge und den Schmerz, den ich all die Jahre schon mit mir herumgetragen hatte.


    „Und was ist mit meinem Jungen? Was ist mit Conor?“, fragte ich sichtlich bewegt. Hoffentlich war er ebenfalls dort, zusammen mit seiner Mutter.

    Der Mann war nicht gerade entzückt von meinem Erscheinen. Sein Blick hätte wahrlich ganze Völker auslöschen können, was ja auch durchaus nachvollziehbar war. Schließlich war ich der Eindringling. Allerdings hatte ich so etwas zuvor noch nicht gesehen. Die Bilder an den Wänden wirkten auf mich ganz speziell. Die abgebildeten Wesen, denn es waren weder Tiere noch Menschen, waren überlebensgroß. Ob das Götter sein sollten? War ich in einem Tempel gelandet, mitten in der Subura? Nein, in dieser Gegend gab es ganz sicher keine Tempel!

    Nachdem mir der der Mann aufgefallen war, der auf seltsame Weise in dieses Interieur hineinpasste, entdeckten meine Augen auch noch einige weitere Details. Er saß an einem schwarzen Tisch, auf dem seltsame Dinge lagen. Der Dolch, der dort mit dabei lag, war davon wohl noch am profansten, obwohl sein Griff eine sehr eigentümliche Form hatte, nämlich die einer Schlange. Doch am mysteriösesten wirkte auf mich der menschliche Schädel in dessen Augenhöhlen zwei funkelnde Steine eingelassen waren. Ich fragte mich, was das hier sein mochte. Vielleicht doch ein Tempel? Ein sehr seltsamer Laden, der noch seltsamere Dinge verkaufte? Oder war das schlicht und ergreifend das Heim eines sehr unkonventionellen Zeitgenossen, von denen es in dieser Stadt ja reichlich gab.


    Da mich diese Umgebung voll und ganz in Beschlag nahm, hatte ich kein Wort des Bedauerns über mein Eindringen, geschweige denn eine Erklärung abgegeben, was nun zusätzlich zu Irritationen führte. Aber was hätte ich ihm sagen sollen? Dass ich ein Anwärter für eine Räuberbande war, der gerade seine Aufnahmeprüfung absolvierte, indem er sechs Leute bestehlen sollte? Wohl kaum!


    „Oh, bitte verzeih, dass ich hier so hereingestolpert bin. Aber die Tür hat nachgegeben. Wahrscheinlich war sie nicht richtig geschlossen.“ Ob das als Erklärung genügte? Oh, ich hatte mich noch nicht vorgestellt! Doch was mein Gegenüber mir dann offenbarte, hätte mich wahrscheinlich unter anderen Umständen sehr amüsiert. Im Augenblick aber sparte ich mir das Grinsen, obschon die Komik kaum zu überbieten war. Anscheinend war ich bei einem Wahrsager und Astrologen gelandet. Eigentlich hätte er doch schon vorher über mein Kommen informiert sein müssen. Mal ganz abgesehen vom Wissen über meine Identität. Aber gut, ich wollte ihm nicht seine Fähigkeiten absprechen. Vielleicht konnte er ja eher in anderen Bereichen punkten.
    „Angus, mein Name ist Angus und wie gesagt, ich bin nur durch Zufall hier hereingestolpert.“

    Niemand antwortete auf mein Rufen. Obwohl ich das Gefühl hatte, nicht allein zu sein. Dann war da dieser widerliche Gestank, den ich überhaupt nicht einordnen konnte. Das alles wirkte schon irgendwie gespenstig auf mich. Ich überlegte, ob ich den Dolch hervorholen sollte. Doch ich zögerte und ließ ihn dort, versteckt unter meiner Tunika.


    Nach einigen Minuten hatten sich meine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Wie es schien, gab es im Nebenzimmer eine schwache Lichtquelle. Da meine Neugier geweckt war und ich auf diese Weise meinen Verfolger gut abschütteln konnte, ging ich vorsichtig und möglichst lautlos dem Licht entgegen. Bei meinem 'Eintreten' hatte ich schon genug Krach gemacht. Schließlich betrat ich einen Raum an dessen Wänden seltsame Gestalten, teils mit Tierköpfen, abgebildet waren. Erst beim zweiten Hinsehen entdeckte ich den Mann, der dort mit verschränkten Armen davor saß. Vor Schreck fuhr ich zusammen. Der Kerl, ich schätzte ihn auf mein Alter, saß einfach da und grinste.
    „Salve!“, grüßte ich ihn mit zittriger Stimme. „Entschuldige, dass ich hier so herein platze,“ schob ich gleich hinterher. Doch dann sagte ich eine ganze Zeit lang gar nichts mehr, da dieser Ort so seltsam und mysteriös auf mich wirkte. Als sei ich mitten in einem Traum gelandet. Hoffentlich kein Alptraum, dachte ich noch.


    „Äh, wo bin ich hier und… wer bist du?“, wollte ich dann doch noch nach einer Weile wissen.

    „Ja, natürlich hatte ich auch einen Hund!“ antwortete ich ihr. Iduna lag sogar richtig, es war ein Wolfshund – ein cú faoil, wie er in meiner Sprache hieß.
    Er war groß und hatte ein struppiges langes hellgraues Fell und eine lange Rute. Er lebte mit uns und schlief stets in der Nähe der Feuerstelle, weil es dort immer besonders warm war.“ Mich verwunderte es auch nicht, dass ihre Leute ebenfalls Hunde besessen hatten. Hunde waren stets treue Begleiter ihrer Menschen. Wenn es sein musste, bis in den Tod. Ich wusste nicht, was aus unserem Hund geworden war. Nachdem in unserem Dorf die Kämpfe ausgebrochen waren, hatte ich ihn aus den Augen verloren. Wenn er nicht auch getötet worden war, dann war er danach herrenlos geworden. Vielleicht hatte sich jemand seiner angenommen. Das wünschte ich mir für ihn.


    Den Preis, den ich für meine Rache hatte zahlen müssen, war in der Tat meine Frau gewesen. Die Erinnerung daran fiel mir immer noch schwer, obwohl inzwischen schon so viele Jahre vergangen waren.
    Ich antwortete Iduna nur mit einem knappen „Ja“, denn ich wollte nicht darüber reden. Vielleicht konnte ich ihr irgendwann später einmal davon erzählen, doch jetzt nicht.


    Damals aber hatte ich gelernt, wie vergänglich und kostbar ein Leben sein konnte. Das war wohl auch der Grund, weswegen ich mich für meine Tat, die ich Iduna angetan hatte, schuldig fühlte. Was wäre aus ihr geworden, wenn ich nicht zu ihr gestanden hätte?
    Anfangs dachte ich, sie gab sich nur mit mir ab, weil es der Wille des Flaviers gewesen war. Stets begegnete sie mir mit Demut, als ob ich ihr Herr sei. Dabei hatte es nie einen Unterschied zwischen uns gegeben. Auch jetzt schien sie es mir recht machen zu wollen. Wobei ihre eigenen Wünsche oder ihre Ambitionen in den Hintergrund traten. So auch jetzt schien sie damit überfordert zu sein. Doch ich respektierte ihren Willen und sagte mir, ihr noch mehr Zeit zugestehen zu wollen. Eines Tage würde sie vielleicht etwas mehr Selbstbewusstsein und Mut haben. So umschlag ich sie mit meinen Armen und drehte mich gemeinsam mit ihr, so dass sie ihre gewünschte Position einnehmen konnte. Ich lächelte sie an, küsste ihren Hals und vergrub dann mein Gesicht zwischen ihren Brüsten. Schließlich vereinigten wir uns und erlebten unsere Leidenschaft aufs Neue.

    Der Iulier ließ sich zwar nichts anmerken, doch was hätte ich dafür gegeben, seine Gedanken zu lesen, als Iduna ihn auf diese Weise regelrecht überfallen hatte. Ob dies ein schlechtes oder ein gutes Omen war? Wie hatte sie nur so einfältig sein können, um zu glauben, dass er Aislin freigeben könnte, sobald sie diesen Wunsch vor ihm äußerte. Ich für meinen Teil hätte dieses Gespräch ganz anders begonnen. Wie hatte ich auch so dumm sein können, um mich darauf einzulassen, dass ich das Reden der Germanin überlassen wollte? Aber so war es eben, wenn man dem Weibsvolk das Wort überließ! Ob ich mit meinem Einwurf noch etwas retten konnte, musste sich noch herausstellen.


    Der Römer fragte doch tatsächlich nach unseren Beweggründen, als ob das nicht offensichtlich war! Oder glaubte er etwa, zwei Barbaren wie uns hatte nichts Besseres passieren können, als dass man uns versklavt hatte? Wir mochten vielleicht in seinen Augen Barbaren, doch waren wir in erster Linie auch Eltern und hatten damit eine Verantwortung übernommen. Dementsprechend gestaltete sich dann auch Idunas Argumentation. Sie wollte, dass es der Kleinen einmal besser ging und dass sie nicht befürchten musste, etwas zu erleiden, was sie gar nicht wollte. Als Beispiel nannte sie dafür Vergewaltigung. Ich spürte sofort die Veränderung in ihrer Stimme. Dann war da noch ihre Hand, deren Finger sich mit meinen Fingern verwebten. Ich wusste genau Bescheid, worauf sie dabei hinaus gewollt hatte und auch ich sah in diesem Moment ganz schuldbewusst zu Boden. Es würde niemals vergessen werden, was ich ihr angetan hatte, obgleich auch ich dazu gezwungen worden war.


    Doch mit genau dieser Begründung hatte Iduna unwissentlich in ein Wespennest gegriffen und die ganze Brut schickte sich nun an, sich gegen sie zu verbünden. Der Iulier fühlte sich nun persönlich angegriffen und er meinte doch allen Ernstes, dass niemand seiner ehrenhaften Familie unserer Tochter etwas antun wolle. In mir keimte schon wieder die Wut. Dieser Wicht hatte doch keine Ahnung, wozu Menschen fähig waren. Wozu er und seinesgleichen fähig waren! Wir beide hatten es am eigenen Leibe miterlebt. Uns musste man nichts mehr erzählen! Doch ich hielt mich weiter zurück. Das war im Augenblick sicher das Klügste.


    Iduna erkannte auch hier ihren vermeintlichen Fehler und sank vor ihm auf die Knie. Ich merkte, dass hier etwas ganz gewaltig schief lief, denn ganz gleich, was man dem Iulier zur Antwort gab, würde er ihm ein passendes Gegenargument einfallen, was dagegen sprach. „Steh auf, mein Herz“, sagte ich leise zu ihr und hielt ihr meine Hand entgegen, damit sie sich daran hochziehen konnte.
    Letztendlich sprach er dann mich an und fragte mich nach meiner Meinung. Doch ich machte mir wenige Hoffnungen, dass ausgerechnet ich ihm das Argument lieferte, was er als richtig erachtete und durchgehen ließ. Doch ich konnte es ja versuchen.


    „Nun, natürlich wollen alle Eltern nur das Beste für ihr Kind, damit es ihm später einmal besser geht. Doch wir beide – Iduna und ich – wurden nicht als Sklaven geboren. Wir wissen, wie es ist, einen freien Willen zu haben und nach dem zu streben, was unserer Meinung nach das Richtige ist. Es besteht sicher kein Zweifel daran, dass es Aislin in deinem Hause gut ergehen wird. Doch was ist mit ihren Träumen und ihren Wünschen? Ihrem Streben nach Glück und allem, was ihr in ihrem Leben wichtig sein wird. Vielleicht möchte sie eines Tages heiraten. Das könnte sie nicht, wenn sie eine Sklavin wäre. Gut, sie könnte mit einem Gefährten zusammenleben, wie es ihre Mutter tut. Doch sie müsste jeden Tag damit rechnen, dass man ihr diesen Gefährten wegnimmt. Flavius Scato gab mir vor vielen Monaten die Erlaubnis, Iduna als Gefährtin zu nehmen. Inzwischen haben wir zweimal den Besitzer gewechselt. Dir Dominus könnte es morgen einfallen, uns dieses Privileg zu nehmen und wir könnten nichts dagegen tun. Außerdem… ich habe schon einmal ein Kind verloren. Ich konnte nichts dagegen tun, sondern musste dabei zusehen, wie es stirbt. Deshalb… deshalb bitten wir dich, Dominus.“ Damit beendete ich meinen leidenschaftlichen Monolog.

    >>>


    Verdammt noch eins! Der Kerl begann zu schreien "Haltet den Dieb!" Ich nahm meine Füße in die Hand und begann zu rennen so schnell ich nur konnte. Ausgerechnet beim letzten Geldbeutel musste alles schief gehen!
    Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich, dass der Mann mir folgte. Ich lief weiter und versuchte ihn abzuhängen, indem ich die Richtung wechselte. Doch der Kerl hatte eine gute Ausdauer.


    Als ich merkte, dass mir langsam die Puste ausging, bog ich in eine andere Gasse ein und versteckte mich in einer Türnische. Der Mann blieb an der Ecke stehen. Auch er war außer Atem, doch er suchte noch immer nach mir. In dem Moment gab die Eingangstür nach. Sie war wohl nicht richtig geschlossen worden und ich kullerte regelrecht in den Eingang eines Hauses hinein. Ein fast dunkler Raum lag vor mir und seltsamer Geruch umgab mich, während ich wieder versuchte, auf die Füße zu kommen. Besser ich schloss die Tür, bevor mein Verfolger noch Wind bekam, wo ich steckte.
    „Hallo, ist hier jemand?“ rief ich. Wo war ich hier nur gelandet?

    Von der Domus Iulia begab ich mich direkt in die Subura. Um diese Zeit schien mir das am sinnvollsten zu sein, um sechs Passanten um ihre Geldbeutel zu erleichtern. Den ganzen Tag über hatte ich mir überlegt, wie ich das anstellen sollte. Dann erinnerte ich mich, was ich bereits gesehen oder gehört hatte. Wichtig war es, dass ich schnell und konzentriert vorging. Dummerweise hatte ich keine Möglichkeit mich groß darauf vorzubereiten. Das bedeutete, ich musste meine Opfer vorher beobachten, bevor ich zuschlug.


    Als ich die Subura endlich erreicht hatte, beschloss ich, zuerst eine Taberna aufzusuchen, um mir Mut anzutrinken. Wie es der Zufall wollte, setzen sich ein paar Männer an meinen Tisch, die sich munter mit mir unterhielten. Die beiden hatten vorher schon ordentlich getrunken und begannen schon bald zu lallen. Noch eine Cervisa mehr und sie bekamen nichts mehr mit. So war es dann auch. Ich nahm den beiden ihre Geldbeutel ab und verschwand unauffällig aus der Taberna.


    Über meinen ersten Erfolg beflügelt, wurde ich nun mutiger. Als ich an einer Garküche vorbei kam und ein Mann, der sich gerade etwas zu Essen geholt gekauft hatte seinen Geldbeutel wegstecken wollte, stieß ich mit ich mit ihm zusammen und raubte ihm seine Habe. Da er sich darüber aufregte, dass sein Essen zu Boden gefallen war, hatte er gar nicht bemerkt, wie ich ihn bestohlen hatte. Ich entschuldigte mich vielmals und ging weiter. Erst als ich schon längst verschwunden war, bemerkte er seinen Verlust. Auf diese Weise gelang auch der vierte und fünfte Geldbeutel in meinen Besitz.


    Bei meinem sechsten Opfer allerdings wurde ich übermütig. Wieder schlenderte ich durch eine Gasse. Diesmal stieß ich mit einem der Passanten zusammen, doch ich konnte seinen Geldbeutel nicht rechtzeitig greifen. Der Kerl, der zunächst ganz überrascht gewesen war, kam mir auf die Schliche und begann laut zu schreien. „Ein Dieb! Ein Dieb! Fasst den Dieb! Er wollte mir meinen Geldbeutel stehlen!“ Verdammt noch eins! Ich nahm meine Füße in die Hand und begann zu rennen. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich, dass der Mann mir folgte. Ich lief und lief und lief. Ich versuchte ihn abzuhängen, indem ich die Richtung wechselte. Doch der Kerl hatte eine gute Ausdauer.
    Als ich merkte, dass mir langsam die Puste ausging, bog ich in eine andere Gasse ein und versteckte mich in einer Türnische. Der Mann blieb an der Ecke stehen. Auch er war außer Atem, doch er suchte noch immer nach mir. In dem Moment gab die Eingangstür nach. sie war wohl nicht richtig geschlossen gewesen und ich kullerte regelrecht in den Eingang eines Hauses hinein. Ein seltsamer Geruch umgab mich, während ich mich wieder aufrappelte und die Tür schloss „Hallo, ist hier jemand?“ rief ich.



    Sim-Off:

    Titel frei nach Schiller :D


    Sim-Off:

    edit: Link nachträglich eingefügt

    Stunden später, nachdem die Sonne gerade unter gegangen war, lief ich zielstrebig zur Porta. Meine Arbeitstunika hatte ich gegen eine andere saubere getauscht. Unter meiner Kleidung war der Dolch verborgen. Die Nachricht, die mich am Morgen erreicht hatte, ließ keinen Zweifel mehr übrig. Ich sollte nun endlich meine drei Aufgaben erledigen. Ich hatte mich der Worte des Bandenanführers wieder erinnert. Seitdem schirrten sie in meinem Kopf herum:
    ‚Aufgabe 1: Stiehl auf der Straße durch Taschendiebstähle insgesamt sechs Geldbeutel. Bleibst du unbemerkt schön für dich, wird man auf dich aufmerksam, dann häng sie ab. Aufgabe 2: Überfalle in der Subura drei Passanten mit einem Dolch in Händen und sie sollen dir alles geben was sie bei sich haben. Sieh zu, dass du möglichst nicht die aller abgemagertsten Habenichtse aufgabelst. Halte dich an die Umgebungen der Lupanare, wer dahin geht hat ja normalerweise Geld. Aufgabe 3: Suche dir irgendein unschuldiges und dir unbekanntes Opfer auf der Straße aus und töte es.‘
    Wenn ich die drei Aufgaben nicht erledigte, dann bedeutete das mein Tod!


    Mit dem Vorwand, für Domina Graecina etwas erledigen zu müssen, verließ ich schließlich die Domus.

    Äh, was war das denn? Kaum stand Iduna neben mir im Officium des Iulier, begann sie auch schon loszulegen. Gerade noch hatte ich ihm verkündet, dass wir mit ihm sprechen wollten, da sprudelten ihre Worte auch schon aus ihr heraus wie ein Quellfluss. Wahrscheinlich guckte ich gerade ziemlich dumm aus der Wäsche und so fühlte ich mich auch. Eigentlich hatte ich gehofft, Iduna würde in dieser Sache besonnener und diplomatischer vorgehen. Doch das war die Holzhacker-Methode!
    Ich war ziemlich perplex, denn gerade sie war es doch, die darauf bestanden hatte, nichts mehr zu tun, was den Iulier verärgern konnte. Sie hatte ihm nicht mal Zeit eingeräumt, um sich zu äußern, Vielleicht hatte er gar keine Zeit für uns. Iduna aber schien das alles nicht weiter zu stören. Sie kam sofort zur Sache und legte ihm sozusagen den Gladius an die Kehle.
    Ich räusperte mich und trat einen Schritt nach vorne. „Verzeih bitte, Dominus. Wir würden gerne mit dir über unsere Tochter sprechen.“ Hoffentlich hatte Iduna nun nicht alles schon verdorben.

    In Idunas schützenden Armen sprach ich weiter. So war es weniger schmerzlich. „Conor bedeutet Freund des Hundes.“ Das mochte in ihren Ohren zunächst abwertend klingen, doch das war es nicht. „Du musst wissen, Hunde sind für uns wichtige Tiere. Sie genießen eine besondere Stellung bei uns. Wir benutzen sie für die Jagd und früher begleiteten sie die Krieger in den Kampf.“
    Sie wirkte erschüttert über das, was ich ihr über den Tag erzählte, an dem man mich zum Sklaven gemacht hatte. Ich war froh, dass sie bei mir war, denn obwohl dieser Tag nun schon so viele Jahre zurücklag, empfand ich immer noch Trauer und Wut. „Der, der uns verraten hatte… ich habe ihn getötet.“ Wenigstens diese Genugtuung hatte ich. Jedoch der Preis dafür war unendlich hoch gewesen – das Leben meiner Frau! Daher war ich so glücklich gewesen, als sie mir sagte, sie habe unser Kind Aislin genannt. Von nun an würde ich jeden Tag zu meinen Göttern beten, damit sie sie beschützten.


    Als Iduna dann auf mir war und sie nicht wusste, was sie tun sollte, wirkte sie auf einmal wieder so kindlich. Ja, sie war einige Jahre jünger als ich. Manchmal war mir das gar nicht so richtig bewusst gewesen. Vielleicht hatte sie aber auch einfach vergessen, wie es war, seinen eigenen Willen zu haben. Ich wollte geduldig mit ihr sein und so erwiderte ich ihre Küsse. „Wenn du mich möchtest, dann scheue dich nicht, mein Herz,“ raunte ich sanft zu ihr.

    Ich hielt mich dezent im Hintergrund und sah gespannt dem ganzen Geschehen zu. die Domina hatte zwei Aurei aus ihrer Palla gezaubert und gab sie dem Schankmädchen. Zwi Aurei! Ich dachte, mich trifft der Schlag! Verdammt viel für eine kleine Kröte, die kurz vorm abnibbeln war! Mal ganz zu schweigen, was sie hier mit ihrer Sklavin angestellt hatten. Das Schankmädchen freute sich wie Bolle, nahm die Münzen und ließ sie zwischen ihrem Busen verschwinden.


    Eigentlich war es mir ganz recht, dass die Domina entschieden hatte, nun endlich zu gehen. Natürlich oblag es mir, ihre Sklavin nach Hause zu tragen. Bevor ich jedoch zu ihr gehen konnte, um ihr aufzuhelfen, mischte sich der Hänfling wieder ein. Nachdem er die Erlaubnis der Domina eingeheimst hatte, mit ihrer Sklavin zu sprechen, kauerte er sich vor Sulamith hin und sprach mit ihr in einer seltsamen Sprache. Ich verstand kein Wort davon. Wahrscheinlich entschuldigte er sich nochmal bei ihr, weil er sie im Stich gelassen hatte. Die Kleine sah ziemlich fertig aus und hatte wahrscheinlich nur noch darauf gewartet, dass dieser Halbzwerg ihr in einem Kauderwelsch etwas ins Ohr flüsterte.
    Als er endlich fertig war, schob ich mich an ihm vorbei und zog die Kleine hoch. Sulamith war völlig verängstigt und begann zu zittern und zu wimmern. „Hey, alles gut Kleine! Ich tu dir nichts. Ich bringe dich nur nach Hause!“, redete ich sanft auf sie ein. Als ich sie in der richtigen Position hatte, nickte ich der Iulierin zu, um ihr zu zeigen, dass ich bereit war. Dann verließen wir endlich dieses Drecksloch.