Beiträge von Iullus Flavius Fusus

    Bereits am Vorabend hatte die Nachricht von Domitillas Ankunft den jungen Iullus Flavius Fusus erreicht. Seinem Bedürfnis nach einem perfekten Äußeren erlegen hatte er jedoch so viel Zeit damit zugebracht sich zurecht machen zu lassen, dass er schlichtweg zu spät im Atrium erschienen war als sie sich bereits zurückgezogen hatte.


    Diesen Fehler wollte er nun kein zweites Mal machen und hat seine Sklavin Vulpes bis eben unermüdlich angetrieben, die Vorbereitungen maximal zu beschleunigen - mit dem Ergebnis, dass er zwar nicht als erster erscheint die Verwandte zu begrüßen, doch zumindest noch vor ihrem erneuten Verschwinden eintrifft.
    Mit einer recht attraktiven, rothaarigen Sklavin als Gefolge betritt er nun das Atrium, während jene noch eine letzte Falte an seiner Toga berichtigt. Im nächsten Moment entwischt er ihr aber auch schon und geht der Flavierin und seinem Onkel mit einem heiteren Lächeln entgegen. "Salve, Manius! Salve, Flavia!" An letztere gewandt ergänzt er selbstredend eine höfliche Vorstellung seiner eigenen Person: "Iullus Flavius Fusus nennt man mich."
    Aufmerksam und interessiert mustert er insbesondere den Neuankömmling.


    Fusus' Gesichtszüge sind nicht unattraktiv, aber noch etwas kindlich-weich und lassen ihn in Kombination mit einem feinen Lidstrich, seiner schlanken Gestalt und einem fast schon betont geschmeidigen Bewegungsablauf ein wenig weiblich wirken. Das dunkle Haar trägt er natürlich kurzgeschnitten, wenngleich nicht gänzlich unfrisiert. Die in die Stirn ragenden Strähnen sind zu einem dezenten Muster aus feinen, leichten Bögen arrangiert, dass es noch gerade so nicht allzu künstlich wirkt.

    Flüchtig kann man ein erheitertes Glucksen von Fusus hören, als dieser die eigentlich doch recht unverschämte Beschreibung seines großen Bruders vernimmt. Er hat Mühe sich zusammenzureißen und die gebotene Contenance zu wahren. Einmal tief durchgeatmet funkelt zwar immernoch ein leichter Schalk in seinen Augen, doch der sicherlich angebrachte Tadel kommt ihm glücklicherweise dennoch über die Lippen: "Das mit den 'lustigen Löckchen' will ich überhört haben, Sklave. Du solltest dich künftig hüten, in respektloser Art und Weise von deinem Herrn zu sprechen, welcher zufällig auch mein Bruder ist. Andere Flavier oder auch der hiesige Vilicus..." Kurz stockt der junge Mann und blinzelt angesichts einer sich plötzlich einstellenden, weniger positiv belegten Erinnerung. Ein kurzes Kopfschütteln soll die bösen Geister der Remniszenz vertreiben. "...könnten sich bei solchen Worten als aufmerksamere Zuhörer herausstellen." Was eigentlich wohl ein strenger Tadel sein sollte, klingt nun doch mehr nach einem gut gemeinten Ratschlag. Diese strenge Sklavenbesitzer-Masche liegt Fusus einfach nicht.


    Ein missbilligendes Brummen ist dennoch von ihm zu hören, als Angus nun einfach ein Gespräch mit seiner Sklavin beginnen will, um ihr an seiner Stelle eine Führung durch die Villa anzubieten. Und so wird der Sklave mit einem weiteren halbherzigen Tadel konfrontiert: "Ich muss doch sehr bitten, Sklave Angus. Du hast noch einiges an gutem Benehmen zu lernen. Wie ich bereits erwähnt hatte, begleitet sie mich in diesen Minuten auf meinem Rundgang. Überdies wird sie sich in nächster Zeit noch dem ... Vilicus vorstellen müssen, um sich so bald als möglich effektiv in den Haushalt einfügen zu können. Ehe dies nicht erledigt ist, wird sie keine Zeit haben für irgendwelche Freizeitbeschäftigungen." Sein Missmut ist durchaus aus den Worten des Flaviers herauszuhören, fast scheint der junge und etwas weiblich geratene Kerl ein wenig zu schmollen. Trotzig hebt er sein Kinn und sondiert die Umgebung nach einer Fortführung seiner Wege.

    Ein kurzes melodisches Lachen ist von Fusus zu hören und er erwidert das verschwörerische Lächeln des Minor mit nicht minder konspirativem Funkeln in seinen braunen Augen. "Ich werde meine Zunge im Zaume halten, wenn ich an dieser Beschreibung an sich auch nichts wirklich Verwerfliches finden kann..." schmunzelt er amüsiert und blickt sich kurz suchend um. "...wo wir gerade von ihm sprechen: Ist er derzeit nicht in der Villa zugegen? Ich verspüre schon das Bedürfnis, ihm zumindest meine Aufwartung machen, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet. Er ist doch gewissermaßen der Kopf der hier lebenden Verwandtschaft, nicht wahr?" Von seinem direktem Umfeld in Tusculum hat der bis dahin quasi im Exil lebende Flavier nur sehr wenig über die Persönlichkeiten seiner hiesigen Anverwandten erfahren. Wenn man ihm dann doch etwas berichtete, dann waren dies doch allzu häufig nicht deren schillerndste und bewundernswerteste Seiten.


    Eine fragend hochgezogene Augenbraue begleitet seine nächste Frage an Gracchus Minor: "Du scheinst mir sehr darauf bedacht zu sein, es deinen Vater in vielerlei Aspekten deines Lebens möglichst gleich zu tun. Aber - so respektabel diese Einstellung auch zweifelsohne ist - verlangt es dich nicht auch hin und wieder danach, eigene Akzente zu setzen? Unsere Kultur belebt sich bei aller Tradition doch auch sehr an Diskurs, Kreativität und auch Individualität. Es gilt schließlich nicht nur zu kopieren, sondern auch zu übertreffen und neu zu brilieren. Spräche denn wirklich etwas dagegen, wenn du dich stattdessen - beispielsweise - für eine Mitgliedschaft bei den nicht minder angesehenen Arvalbrüdern bewirbtest, Manius?" Natürlich hat Flavius Fusus sich nicht bewusst oder gezielt vorgenommen, seinem jüngeren Verwandten Flausen in den Kopf zu setzen oder sich in dessen Entwicklung einzumischen. Doch allzu häufig spricht er schlichtweg seine Gedanken aus, ohne diese Worte im vorhinein nennenswert kalkuliert oder sich deren Auswirkungen überlegt zu haben.

    Fusus legt seine Stirn kurz in leichte Falten und schüttelt schließlich den Kopf. "Kein naher Verwandter, jedenfalls. Über die weitläufigeren Relationen in der Gens Tarquitia bin ich nicht im Bilde."
    Sonderlich intensiv hat er sich nie mit der Familie seines Stiefvaters befasst, zu dem selbst er auch - nicht zuletzt wegen dessen hohen Alters und wohl auch aufgrund der Tatsache, dass sein leiblicher Vater ein anderer und somit jener Tarquitier auch nicht im Besitz der vormundschaftlichen Rechte über den Flavier ist und war - kein sonderlich enges oder emotionales Verhältnis pflegt. Allerdings wäre dem wohl der Vollständigkeit hinzuzufügen, dass er sich mit den Verhältnissen in der Gens Flavia auch erst in jüngster Zeit intensiver auseinandergesetzt hatte, da in der Mehrzahl der Jahre seiner Kindheit und Jugend die Vorbehalte der Mutter gegenüber der Flavischen Familie die Erziehung dominiert hatten.


    Der junge Mann atmet einmal tief durch und meint dann: "Wo wir gerade von Familien und Verpflichtungen sprechen... Mich deucht, dass ich es meinen Verwandten gleich tun und einer Sodalität beitreten sollte. Könnt ihr mir hierzu bestimmte Empfehlungen aussprechen? Bislang habe ich mich lediglich mit den Salii Collini beschäftigt, welchen unser leiblicher Vater dereinst angehörte. Meiner Lektüre zufolge ein durchaus possierlicher, interessanter Verein." Ein fröhliches Strahlen begleitet diese Umschreibung mit Adjektiven, die wohl nur wenige in diesem Kontext gewählt hätten. Fusus hat derzeit insbesondere die Festivitäten und Tänze der Salier im Sinne und findet Gefallen an der Vorstellung, sich selbst aktiv an so feierlicher Präsentation und Zeremonie zu beteiligen.

    "Ah... Ein Gott also. Nun, wenn du meinst..." zieht er die Schultern nur etwas hoch und interessiert sich damit vorerst nicht weiter für dieses Thema. Mit einem Sklaven eine theologische Diskussion zu führen, läge ihm mehr als nur fern.


    Allmählich nähert sich die Geduld des sonst so gutmütigen Flaviers einem vorläufigen Ende. Fusus' glatte Stirn legt sich vorwurfsvoll in Falten und wiederum sieht er sich veranlasst, seine Frage zu wiederholen: "Willst du mir nicht antworten, oder kannst du es nicht?" klingt er jedoch eher ein wenig genervt als wirklich verärgert. "Wessen Sklave bist du, Angus?" Dieses Mal legt er einen strengeren Nachdruck in seine Stimme und fokussiert sein Gegenüber.


    Als seine eigene Sklavin hinzutritt und die Aufmerksamkeit vorübergehend auf sich zieht, seufzt der Flavier verhalten. Seiner spürbaren Genervtheit zum Trotze stellt er die junge Frau mit wenigen Worten vor: "Das ist Vulpes, meine Leibsklavin. Sie belauscht uns nicht, sondern begleitet mich auf meinem Rundgang. - Und mich deucht, dass wir diesen alsbald fortsetzen sollten..."

    Fusus blinzelt überrascht. Das Verhalten des Sklaven verwirrt ihn zunehmend. Bislang war er hauptsächlich mit solchen Exemplaren konfrontiert, die sich bereits längst mit ihrer Rolle abgefunden hatten und ihrer Position auch positive Aspekte abgewannen. Folglich ist der junge Mann gerade etwas unsicher, wie mit diesem 'wildgewordenen' Angus umzugehen war. Sollte er sich fürchten? Als ihm dieser Gedanke kommt, weicht der Flavier auch tatsächlich einen halben Schritt zurück. Vorsichtshalber. Nur für den Fall.


    "Dann ist jener Lugh soetwas wie der Häuptling deines ehemaligen Barbarenstamms?" versucht er aus den Erläuterungen schlau zu werden. Doch gilt es natürlich auch, sich um dessen Position im flavischen Haushalt gewahr zu werden. "Wessen Sklave bist du, Angus? Gehörst du zu zur Entourage des Flavius Gracchus?" Der Name des Senators schien ihm für einen ersten Versuch den Besitzer zu erraten wohl am Naheligendsten.


    Hatte er zuvor noch nach dem vermeintlich Angesprochenen Lugh gesucht, ist dieses Kapitel für Fusus nun ad acta gelegt. Er legt daher den Kopf etwas schief und meint nach einem kurzen Blick in die bedeutete Richtung nur: "Wir befinden uns im Anwesen der Flavier. Natürlich ist es angesichts der zahlreichen Bewohner und Bediensteten grundsätzlich schwer, hier wirklich allein zu sein."

    Für einen kurzen Moment schürzt Fusus seine Lippen zu einem Anflug einer mitleidigen Geste als der Jüngling ihm erneut nur so einsilbig auf dieses - zweifellos doch so hochinteressante - Thema seiner Heirat antwortet. Dem Missmut und die mangelnde Begeisterung seines Verwandten begegnet er mit unbeirrbarem Optimismus: "Nun hab' dich nicht so, Manius. Eines Tages wird jeden von uns dieses Schicksal ereilen. Die einen früher, die anderen später. Es wird jedoch um keinen Deut besser, so man mit diesem Schicksal schon im Voraus keine Perspektive einer positiven Entwicklung einräumt. Umarme es und versuche das Beste daraus zu machen." Er strahlt den Jüngeren freundlich an. "...und wenn du bei irgendetwas in dieser Sache meine Hilfe benötigtst - sei es um sie kennenzulernen, sei es um manchen Entwicklungen doch noch den einen oder anderen Impuls in eine andere Richtung zu geben - so lasse es mich nur wissen."


    Dann seufzt er tief und kratzt sich nachdenklich am Kinn, entsendet einen kurzen, vorsichtigen Blick in die Richtung seines Bruders. "Im Vorfeld vereinbart und entgolten..." Fusus räuspert sich verhalten und antwortet nicht sofort auf die Frage nach seiner Familie, die für ihn in engem Zusammenhang mit jenen Arrangements besteht, die für einen Kurs in der Kunst der Rhetorik erforderlich wären. Nach kurzem Schweigen hat er sich jedoch hinreichend für einen Bericht gesammelt und richtet sich damit wieder an Minor. "Unser Vater weilt bereits seit vielen Jahren im elysium, wie man so schön sagt. Ich war noch ein kleiner Junge als dies geschah, und meine Erinnerungen zu jenem Ereignis sind leider sehr vage. Es muss wohl ein Reitunfall gewesen sein, der ihn das Leben kostete." Der Flavier spricht recht ernst, was er in dem Maße selten tut, zeigt aber keine offensichtlichen Anzeichen von Trauer. Vielmehr beschäftigt ihn die Kausalität der Vorgänge an sich, die seinem eigenen Lebenslauf eine gewisse Rätselhaftigkeit geben. Ein seltener Moment, in dem er seine sorgfältig kultivierte Oberflächlichkeit vorübergehend ablegt. "Nach seinem Ableben suchte unsere Mutter Distanz zu seiner Verwandtschaft. Einige Zeit verbrachten wir mit ihr noch auf Sardinien... Doch schließlich ging sie eine neue Ehe mit einem recht betagten Tarquitier ein und nahm uns mit zu ihrem neuen Gemahl nach Tusculum." Nachdenklich runzelt Fusus die Stirn. Vieles von all diesen Geschehnissen, die seine Vergangenheit nachhaltig prägten, hat sich ihm selbst noch immer nicht vollständig erschlossen. Insbesondere die Motivationen der Beteiligten stellen ihm ein Buch mit sieben Siegeln dar und obwohl er hie und da versucht hatte, sich mit neugierigen Fragen Aufklärung zu verschaffen, konnten die Antworten bislang nicht so recht befriedigen.


    Noch einmal atmet der Flavier tief durch. Nun ist er es, der ein Thema nicht so recht vertiefen möchte, und kommt daher auf die ursprüngliche Idee zurück: "Wie dem auch sei... Du siehst, dass mein Vater mich in dieser Angelegenheit nicht tatkräftig unterstützen kann. Ich bin jedoch gewissermaßen mein eigener Herr und werde die Zusage auch selbst tätigen können." Fusus pausiert kurz und scheint sich mit einem kurzen Seitenblick dennoch Zuspruch, Bestätigung oder gar Erlaubnis von Scato holen zu wollen. "...nicht wahr?"

    "Iullus Flavius Fusus, Sohn des Titus Flavius Milo und..." entgegnet er überrumpelt und unterbricht sich wieder.
    Der Patrizier blinzelt überrascht. Mag er generell auch von umgänglicher Natur sein, so haben sich gewisse Standesunterschiede doch tief in sein Weltbild eingegraben. Demzufolge irritiert es ihn nicht schlecht, dass er von einem Sklaven so harsch nach seiner Identität gefragt wird, ohne dass jener sich zuvor selbst ausgewiesen hätte. Auf den ersten Blick ist ihm die Verwandtschaft mit Flavius Scato schwerlich anzusehen, zumal sie vom Wesen her so äußerst unterschiedlich geraten sind. Noch einmal räuspert sich Fusus vernehmlich und zieht die säuberlich zurechtgezupften Brauen zusammen, auf dass er Angus mit etwas schärferem Blicke bedenkt.


    "...aber das ist hier nicht die Frage, Sklave. Zwar verweile ich erst seit gestern in diesem Haushalt, doch steht mir fraglos ein deutlich höheres Maß an Respekt zu, als du ihn mir gerade zu zollen gedenkst..." bemüht er sich um Autorität und begradigt seine Haltung, um sich eine stärkere Präsenz zu geben. "Wer bist du und wer ist dieser Lugh mit dem du hier konferierst?" Erneut blickt er sich etwas argwöhnisch im hortus um, ob er wohl etwas übersehen haben mag.

    ... Flavius Fusus vermutlich gerade nicht. Jedoch ist es eben jener, der kurz zuvor - während Angus' Suche noch andauerte - ebenfalls den hortus betreten hatte, ohne dabei einen nennenswerten Lärm zu veranstalten. Aufmerksam auf den betenden Sklaven wird er selbst aber auch erst gerade, als er dessen himmelwärts adressierte Anrufung vernimmt. Neugierig orientiert er sich in der Flavischen Anlage, bis er des Sprechers schließlich nahe einem der schattenspendenden Bäume ansichtig wird.


    So nähert sich der Patrizier von Neugier getrieben auf eher leisen Sohlen, ohne jedoch bewusst zu schleichen. Er hat sich ohne die besonderen Erfordernisse einer Reise für den heutigen Tage von seiner Leibsklavin schon etwas sorgfältiger herausputzen lassen als dies noch bei seiner Ankunft der Fall gewesen war. Folglich trägt er heute die standesgemäße toga und ist auch sonst sehr gepflegt, wobei ein Hauch von Kosmetik seine Jugend noch zusätzlich perfektioniert und ihn ein frischer, blumiger Duft umweht.


    Mit etwas Abstand zu Angus bleibt der junge Mann schließlich stehen, um dessen Tun zu beäugen. Immer wieder gleitet sein Blick dabei nach oben, während er die umliegenden Dächer nach etwas abzusuchen scheint. Da vorerst keine weitere Anrufung mehr ausgesprochen wird und er selbst auch nichts entdecken kann, räuspert er sich schließlich verhalten. "Mit wem sprichst du, Sklave? Ich sehe niemanden...?"
    Noch überlegt der relativ frisch eingezogene, ob ihm der Name 'Lugh' als einer seiner Anverwandten entfallen sei.

    "Wunderbar, ganz wunderbar!" quittiert Fusus freudig die erteilten Zusagen und bürdet dem jungen Flavier einen weiteren Körperkontakt auf, indem er dessen Schulter ein weiteres Mal mit dem Gewicht seiner Rechten belastet und diese dort auch vorerst ruhen lässt.
    "Nenne mir nur Zeit und Ort, werter Oheim..." scheint Fusus sich am selbst empfundenen Amüsement bei dieser Anrede noch immer zu ergötzen. Feine Grübchen bilden sich auf seinen Wangen. "Mangels anderweitiger, nennenswerter Verpflichtungen stehe ich dir zu einigermaßen beliebigen Zeiten zur Verfügung... Sofern du nun nicht gerade der Idee anheim fällst, deine Studien des Nachts zu betreiben." Der gemeinte Scherz wird von einem breiten Grinsen Fusus' untermalt.


    Jenes wird auch nicht durch die mangelnde Begeisterung gebrochen, welche der Minor dem Arrangement seiner Hochzeit entgegenzubringen scheint. "Die Angst vor dem Unbekannten, nicht wahr?" meint er heiter, ohne Gracchus dabei bewusst zu nahe treten zu wollen. "Ließe sich ein erstes Treffen denn nicht ebenfalls bald arrangieren? Man würde doch annehmen, dass die Cornelier auch ein gewisses Interesse daran verspüren dürften."
    Er drückt die Schulter Minors noch einmal kurz und entlässt ihn dann wieder aus seinem Griff.


    "An die XIX Lenze dürften seit meiner Geburt mittlerweile ins Land gezogen sein." gibt er bereitwillig Auskunft. Hinsichtlich seiner Körpergröße und Statur mag Gracchus dies durchaus plausibel erscheinen, wenn Fusus auch von recht schlanker Gestalt ist. Seine Stimme ist zwar nicht mehr die eines Kindes (oder einer Frau), aber für einen Mann doch vergleichsweise hell und melodisch, somit nicht von der maskulinen Gravität, wie man sie bei Autoritätspersonen gerne hört.

    "Fulminant! Dann wollen wir doch gleich am morgigen Tage aufbrechen, die urbs aeterna zu erkundigen! Oder spricht etwas dagegen?" Der Flavier hadert nicht länger mit der vermeintlichen vorübergehenden Vernachlässigung der Frage seiner Unterkunft.


    Iullus Fusus mag hinsichtlich der familiären und gesellschaftlichen Pflichterfüllung durchaus noch einiges an Nachhilfeunterricht benötigen. Bisherige Belehrungen blieben entweder aus oder fielem bei ihm nicht auf hinreichend fruchtbarem Boden, als dass daraus schon konkrete Pläne oder Absichten erwachsen wären. Zwar besitzt er eine gewisse Kenntnis dieser Erwartungshaltung seiner Gens und auch der Gesellschaft im Allgemeinen gegenüber seinem Stand, doch pflegte er bislang diese an den Rand seines Bewusstseins zu verdrängen und sich nicht weiter darum zu kümmern. Hart genug diese Haltung zu erschüttern, hat in seinem Leben bislang noch niemand durchgegriffen, zumal dies seinem leiblichen Vater aufgrund dessen viel zu frühen Ablebens auch schlichtweg nicht möglich gewesen war. "Das wird sich alles schon noch ergeben, großer Bruder." meint er daher recht unbekümmert. "Wer weiß... Vielleicht treibt es auch mich eines Tages gar auf die rostra."


    Er schmunzelt verhalten als Minor sein Alter benennt und meint dazu fröhlich: "Oh... Na, dann wirst du noch ein paar Jahre deines Lebens zur Verfügung haben, um sie deinen bevorzugten Freizeitaktivitäten zu widmen." Mit einem fröhlich strahlenden Lächeln blickt er den an Lebensjahren jüngeren Onkel an. "Der Kunst der calliope strebst du dich zu widmen? Wie erquicklich! Vielleicht kann ich dir zu der einen oder anderen Gelegenheit dabei Gesellschaft leisten, soweit es den Ablauf nicht stört." Im Sinn hat er dabei die Rhetorik als Kunst an sich und kommt unmittelbar nicht auf den Gedanken, diese als ein Mittel zum Zweck für ein Amt im cursus honorum oder auch andere Positionen mit Verantwortung zu sehen.


    "Doch nun erzähle schon: Wer wird denn die Glückliche sein, die man als deine Gattin auserkoren hat? Wurdet ihr bereits einander vorgestellt? Ist sie von angenehmer Natur?" Neugierig und gespannt auf die Details zu dieser Neuigkeit beäugt er den Minor. Fusus selbst war solchen Plänen seiner Familie bislang noch nicht derart konkret ausgesetzt.

    "Aha, aha..." folgt Fusus verhalten verwirrt, mit anschaulich gerunzelter Stirn und somit doch ein wenig Confusus den Erläuterungen eines Bruders. "...und dies wird auch Tironicum genannt? Nun, wenn dem so ist... dann hast du meinen Segen, selbst wenn du ihn nicht brauchst." Er lächelt flüchtig und zwinkert Scato versöhnlich zu. "Nichts für ungut, großer Bruder. Ich bin erst noch dabei mich umzustellen, von den Dimensionen Tusculums auf die Dimensionen Roms." Mit einem leisen Seufzer und schicksalsergeben gen Himmel verdrehten Augen sucht er zusätzlich um Nachsicht für seinen Irrtum.


    Das Lächeln des Flaviers wird verschmitzt, als es sich von den Worten des Scato gelenkt nun den Gracchus Minor als Adressaten sucht. "Die besten Voraussetzungen für eine große Karriere wirst du gewisslich haben und ich wünsche dir schon jetzt alles Gute für deinen Weg, dessen erste Schritte du aller Voraussicht nach bereits getan hast." Fusus grübelt kurz und schürzt dabei nachdenklich die Lippen. "Wie alt bist du noch gleich, verehrter Oheim? Werde ich schon bald für dich an die Wahlurne treten können oder wohin gehen deine konkreten Pläne?"


    Er lächelt wohlwollend, kratzt sich dann jedoch etwas verlegen am Kinn und druckst etwas herum, ehe er auf die Frage des noch etwas jüngeren Flaviers antwortet. "Meine persönliche Perspektive... und zumindest ein wenig schäme ich mich doch, mir und auch euch dies einzugestehen... ist zugegebenermaßen noch nicht so weit gediehen. Zweifelsohne legt meine Herkunft und der Werdegang meiner Vorfahren - sowie natürlich auch derjenige meiner noch lebenden Anverwandten - den Weg des Cursus Honorum nahe... Doch fühle ich mich für ein solches Amt noch keineswegs gerüstet - sei es hinsichtlich rhetorischer Fähigkeiten oder auch administrativer Kenntnisse, wie man sie für die Ausübung dieser ehrenvollen Posten sicherlich benötigen würde." Fusus schließt kurz die Augen, seufzt erneut und schüttelt den Kopf. "Nein... All diese Dinge erscheinen mir allzu fremd und allzu wenig erstrebenswert. Ich interessiere mich vielmehr für die schönen Dinge des Lebens, für die Kunst in all ihren Ausprägungen." Ein verklärtes Lächeln erscheint auf seiner Mimik. "...all die kleinen Wunder, zu denen die Musen uns zu inspirieren vermögen." Mit einem breiten Lächeln bedenkt er seine beiden Gesprächspartner, lacht dann melodisch. "Unsere Mutter hatte mich ja gewarnt... Kaum bin ich hier in Rom, schon habe ich mich mit den hohen Erwartungen der legendären Gens Flavia auseinanderzusetzen." Er lacht noch einmal und schüttelt amüsiert den Kopf.


    Die beiden anderen mögen es absichtlich oder auch versehentlich überhört haben, doch Fusus hatte seine implizite Aufforderung ganz gewiss noch nicht vergessen und erinnert sich just in diesem Moment noch einmal ganz konkret daran.
    "Aber ihr werdet euch doch nicht etwa scheuen, euren geliebten Bruder respektive geschätzten Neffen auf einen Stadtrundgang einzuladen?!" proviziert der junge Flavier daher leicht schmollend. "Wenn dem tatsächlich so sein sollte, dann werde ich mir wohl anderweitig Schutz und Begleitung suchen müssen!" offenbart er den beiden eine anstrengendere seiner Facetten. "So soll es mir eben genügen, wenn ihr mir hier im Schoße der Familie ein Obdach geben wollt. Oder wird gar von mir erwartet, dass ich mich in einer jener unsäglichen Insulae einmiete?" schnieft er und wirkt ein wenig verschnupft ob dieser gefühlten Ignoranz seiner Bedürfnisse.

    Fusus entlässt die Schulter des Minor aus seiner Hand und verdreht kurz die Augen, um mit leicht vorgeschobener Unterlippe und schmollendem Tonfall auf Scatos Neckerei zu reagieren. Dazu hebt er kurz abwehrend beide Hände mit den Innenflächen nach vorn.
    "Nicht doch, werter Bruder. Ich bin durchaus Herr meiner Sinne und Entscheidungen! Ich bin erwachsen geworden seit wir uns zuletzt gesehen haben, und durchaus eher als Inconfusus zu bezeichnen."
    Eine Aussage, über die sich wohl streiten ließe. Sein verhaltener Groll verfliegt jedoch so schnell, wie er gekommen ist, und weicht wiederum dem strahlenden Lächeln.
    "Aber so all diese Gefahren tatsächlich so immanent sind, wie ihr sie mir schildert, so wäre es wohl am besten ich suchte mir einen meiner treuen Anverwandten, der mir die ewige Stadt und in ihr den rechten Weg zeigen möge."
    Die 'Drohung' ist freundlich ausgesprochen und trifft die beiden von ihm im Wechsel gemusterten Flavier gleichermaßen, unterstrichen von einer einladenden Geste.


    "Das Krieghandwerk, herrje." weiten sich die Augen des Neuankömmlings und er sieht Scato mit Sorge und Skepsis an. "Du willst aber doch keine Gräben ausheben, Pallisaden errichten und mit den gewöhnlichen Legionären in einfachen Zelten schlafen? Am Ende gar in glorreiche Schlachten ziehen und den Feinden Roms zu Hunderten dein Gladius ins Herz stoßen, um blutüberströmt vom Felde zurückzukehren?" Transparent wird durch seine zusammengezogenen Augenbrauen und die irritierte Mimik, dass ihm selbst ein solches Los geradezu undenkbar erschiene. Allerdings mag seine Vorstellung vom Militär auch zu großen Teilen der eigenen lebhaften Phantasie oder dem Erleben aus Büchern entsprechen. "Gewiss klingt dies sehr aufregend und ist wohl auch eine durch und durch ehrenhafte Sache... aber es wird doch hoffentlich Alternativen geben, für unsereins?"

    War sein Bilck bis eben noch unverwandt und einzig auf den großen Bruder gerichtet, so wendet sich Fusus sogleich dem jungen Manne zu, der sich ihrer Gesellschaft angeschlossen und ihn direkt adressiert hat. Interessiert und neugierig mustern die braunen Augen des Neuankömmlings den Jüngling, sein Gesicht und seine Statur, während ein freundliches Lächeln der Begrüßung seine Mimik beherrscht.


    "Salve! Ich bin Iullus Flavius Fusus, wie du wohl bereits vermutet hast." Noch während er spricht, geht er dem Jungen einen Schritt entgegen, um die eigene Rechte freundschaftlich auf die linken Schulter des Minor zu legen. Die dem Jüngeren auferlegte Erschwernis seine Umgebung visuell wahrzunehmen, ist ihm bis dato entgangen.
    "Nun... Wenn mich nicht alles täuscht, dann bist du wohl der Sohn des Manius Flavius Gracchus... welcher wiederum der Vetter meines Großvaters Felix wäre. Macht dich dies nicht zu meinem... Fusus hält kurz inne und grübelt kurz, während er im Geiste die komplizierten Verwandtschaftsbeziehungen und zugehörigen Bezeichnungen durchgeht. Anschaulich zieht er dabei eine grüblerische Miene und verdreht die Augen sekundenlang konzentriert denkend gen Himmel. Als er zu einem vorläufigen Schluss kommt, gibt er ein helles, heiteres Lachen von sich.
    "...zu meinem Onkel dritten Grades, nicht wahr? Es freut mich, dich kennen zu lernen, Oheim!"
    Dem Tonfall zufolge macht sich der fröhliche Zeitgenosse keineswegs absichtlich lustig über diese Konstellation ihrer Generationen, sondern ergeht sich schlichtweg in einfachem, simplen Amüsement.

    Darauf zieht Fusus seinen Bruder in seine Arme, drückt ihn sekundenlang fest an sich und lässt ihn so in den Genuss einer sehr herzlichen, innigen Umarmung kommen. Möglicherweise fällt auf, dass der Flavier trotz der langen Reise und seiner eher zweckmäßigen Aufmachung einen durchaus angenehmen, blumigen Duft an sich trägt. Nach einer für manchen gewiss schon zu langen Zeit entlässt er ihn wieder aus seinen Fängen und zieht sich auf eine bequeme Gesprächsdistanz zurück.
    "Wenn mein Geist dich erfrischen kann, dann hat sich diese Reise schon zu einem guten Teil gelohnt." lächelt er Scato an und will ihn sanft beim Arm nehmen, um ihn ganz in das Atrium hinein zu führen. Fast als sei er selbst vielmehr der Gastgeber dieser Räumlichkeit.
    "Komm doch herein und mache es dir mit mir ein wenig gemütlich. Man wird uns bald ein paar eher leibliche Erfrischungen herbei bringen." Seine braunen Augen funkeln den Bruder verschmitzt an und wüsste man es nicht besser, dass dies nun einmal seine Art sei, so könnte man es wohl für leichte Koketterie halten. "Diese Neuigkeiten zu vernehmen wird unsere Mutter gewiss freuen. Im Übrigen bin ich gehalten dir auszurichten, dass du ihr ein wenig öfter schreiben mögest." zwinkert Fusus dem Scato zu. "Du kannst dir gewiss vorstellen welches Maß an Überzeugungskunst es mich gekostet hat, bis sie mich aus Tusculum hat weggehen lassen." Er seufzt theatralisch und schüttelt mit einem liebevollen Lächeln den Kopf. "Doch schließlich, als sich endlich auch die kriegsähnlichen Zustände im Lande nicht länger als Ausrede darboten, hatte sie ein Einsehen mit meinem Streben und erlaubte mir zumindest den Gang nach Rom. Mutmaßlich wird sie wohl darauf hoffen, dass mein verlässlicher großer Bruder ein wachsames Auge und eine schützende Hand über mich hält. Daher fürchte ich, dass meine Anwesenheit dir über die Annehmlichkeiten hinaus auch einiges an Berichterstattung abverlangen könnte."
    Zumindest ein Hauch von Schuldbewusstsein zeigt sich in den femininen Gesichtszügen des Flaviers als er entschuldigend lächelt.
    "Allein ist Tusculum schlichtweg zu klein für einen Schöngeist meiner Natur. Es verlangt mich sehr danach, die Reize und Künste dieser als ewig gepriesenen Stadt zu erkunden." Sein versonnener Blick gleitet für einen Augenblick in die Ferne. "Noch weiß ich kaum, wo ich beginnen soll, mir die ganze Vielfalt, Schönheit und Spektakel Roms zu Gemüte zu führen." sprechen seine Worte von einer gewissen Naivität gegenüber lauernden Gefahren. Dann blinzelt er kurz und sieht zu Scato auf, als haben dessen Worte sein Bewusstsein teilweise verspätet erreicht.
    "...ein Tironicum? Ist das nicht etwas... Militärisches?" scheut sich Fusus nicht zu raten und seine Unwissenheit zuzugeben.

    Der jüngere Flavier war gerade in die Betrachtung einer der Säulenreihen versunken und überlegte sich, wie man hier wohl mit kostbarem Stoff eine noch etwas gemütlichere Atmosphäre gestalten könnte. Den Klang des eigenen Cognomens hörend löst er sich von diesen Gedanken und wendet sich sogleich zum Sprecher um.


    "Caius, mein Lieber!" entfährt es dem jüngeren Bruder erfreut und ohne sich an dessen Zurückhaltung zu stören eilt er auf ihn zu. Mochte Scato ihm auch stets so kühl und distanziert gegenübertreten, so tut dies seiner eigenen Herzlichkeit doch keinen Abbruch. Er streckt ihm offene Arme entgegen, um sie dann auf die Schultern des großen Bruders legen. Eine alsbald drohende Umarmung dürfte jener umgehend erahnen.


    "Meiner Treu, hast du dich verändert!" strahlt Fusus freudig und mustert sein Gegenüber eingehend von Kopf bis Fuß. "Ich habe dich viel... jünger in Erinnerung. Stattlich bist du geworden. Noch stattlicher, als du freilich schon immer warst." Verschmitzt zwinkert der Flavier seinem Bruder zu. "Gut siehst du jedenfalls aus, sehr gut. Wie geht es dir, was gibt es Neues zu berichten? Ich habe ein laaange Reise hinter mir. Wer hätte gedacht, dass der Weg von Tusculum bis in die ewige Stadt so... ewig anmuten könnte?"

    Ohja, er wünschte. Erst nun, von der Sklavin so ausdrücklich danach befragt, wird dem Flavier die Trockenheit seiner Kehle bewusst und so verlangt es ihn und daher er gegenüber der Sklavin insbesondere nach einem stark verdünnten Wein, dessen Geschmack sie ihm jedoch ein wenig versüßen und mit Gewürzen annehmlicher gestalten möge. Ein paar Früchte und dergleichen wären vermutlich auch nicht schlecht.


    Als die Bedienstete hinfort geeilt ist, verlangt es den jungen Flavier nicht gleich nach Kline oder Stuhl. Vielmehr hat er die letzten Stunden ohnehin im Sitzen zubringen müssen, sodass er ein paar Schritte im Atrium umher geht, sich interessiert in allen Ecken umblickt und tief durchatmet, die Luft und den Duft seiner Herkunft zu spüren.