Alpina lächelte dankbar. Es war schön eine so gute Freundin zu haben.
"Gut, dann lass uns ein wenig an den Fluss hinuntergehen. Währenddessen erzähle ich dir von meiner Reise. Und erschrecke nicht, wenn ich die Palla abnehme. Ich habe mir die Haare abgeschnitten, um nicht sofort als Frau erkennbar zu sein. Du kannst dir gar nicht vorstellen, welchen Gefahren man ausgesetzt ist als Frau im freien Germanien."
Sie hakte Runa unter und schlenderte los, den Weg aus der Stadt hinaus ans Flussufer.
"Ich habe gefunden was ich gesucht habe. Es war ein weiter, erkenntnisreicher Weg, voller guter wie schlechter Erfahrungen. Ich habe kurz vor dem Limes eine Händlergruppe gefunden, die mich begleitet hat. Es waren sehr ehrliche Männer, raubeinig und schweigsam, aber durch und durch integer. Mit ihnen bin ich bis eine Tagesreise vor meinem Ziel gewandert. Dann habe ich meine Weg zu der weisen Seherin Osrun gefunden. Ich sage dir, es war so wichtig, dass ich sie gefunden habe. Sie hat mir so viele, teils schmerzhafte Erkenntnisse beschert, aber alle haben mich ein Stück weitergebracht, haben mich verändert, haben mich wachsen lassen."
Ganz genau sah Alpina den Teich der Göttin Holle vor sich, Osrun, die weiße Frau und Alwina. Jetzt war es an der Zeit Runa einzuweihen. Alpina setzte sich mit Runa an das Flussufer. Nachdenklich sah sie auf die andere Seite des Rhenus hinüber. Dorthin, wo sie zu sich gefunden hatte und wo jetzt Corvinus nach ihr suchte.
"Ich habe dir noch nicht alles erzählt, was du über mich wissen musst. Vor allem jetzt, wo so viele Veränderungen stattgefunden haben, musst du den Ursprung von all dem kennen."
Sie sah Runa an.
"Vor einiger Zeit kam ein junger Mann in meine Taberna Medica. Er war gutaussehend und machte mir schöne Komplimente. Er schien sich Hals über Kopf in mich verliebt zu haben. Unerfahren und naiv wie ich war, verschenkte ich mein Herz an ihn und als er es darauf anlegte auch meinen Körper. Ich schenkte ihm meine Jungfräulichkeit - in einem Versteck im Garten. Wie dumm von mir. Nur kurz darauf sagte er mir, dass er mich aus Standesgründen nicht heiraten, ja nicht einmal eine offene Beziehung mit mir leben könne. Sein Onkel hatte es verboten. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Bis zu diesem Punkt hatte ich nicht groß über Standesunterschiede nachgedacht. Wie auch immer, er zog sich aus meinem Leben zurück, ich aber war schwanger. Und nun beging ich den größten Fehler meines Lebens. Ich trank einen Kräutertrank, der das Kind in meinem Leib tötete. Ich tötete mein eigenes Kind. Curio fand mich in meinem Blut und rettete mir das Leben. Aber ich konnte nicht vergessen was ich getan hatte. Ich glaubte, dass die Furien mir die Alpträume schickten, die mich Nacht für Nacht aus dem Schlaf rissen. Curio versuchte alles, die Götter zu besänftigen, doch nichts half. Die weise Frau half mir zu verstehen, dass ich es war, die dieses Kind nicht loslassen konnte, die es auf Erden festhielt. Ich musste lernen, es loszulassen, es gehen zu lassen. Jetzt geht es mir besser damit."
Ihr Blick ging zu der Freundin.
"Du weißt, wer der Mann war, der mir so schöne Augen gemacht hat und mich dann schwanger sitzen ließ?"