Beiträge von Susina Alpina

    Curio hatte sich endlich einmal am späten Nachmittag von seinen Pflichten freimachen können, um gemeinsam mit Alpina in der Taberna des Hartmuth nach dem Pelzhändler Othmar zu suchen. Alpina wollte sich so gerne für die großartige Hilfe bedanken und die Pelzhändler sowie Hildrun zu sich zu einem gemeinsamen Abendessen einladen.
    Etwas unsicher betrat Alpina an der Seite des Magister Vici die Taberna. Sie war noch nie zuvor im Vicus Novus gewesen. Der Raum war gesteckt voll. Draußen regnete es in Strömen, weshalb wohl besonders viele Menschen die trockene Wärme der Taberna aufsuchten, um sich mit gewärmtem Wein, Bier oder Met vom tristen Wetter abzulenken.


    Neugierig sah sich Alpina um. Da! Erst auf den zweiten Blick erkannte sie Othmar und seine Gefährten an einem der Tische ganz im hintersten Eck. Mürrisch wie immer starrte der Pelzhändler in seinen Bierkrug.
    "Da, Curio!" Alpina zeigte auf die Gruppe im Eck. "Das sind sie! Ist das der Othmar, den auch du kennst?"

    Alpina hörte Runa ihren Namen aus der Taberna Medica. Sie machte kehrt. Als sie den Verkaufsraum betrat, bekam sie noch den Rest von Runas Antwort mit. Die Schlange Phryne musste ihre Vermutungen über die Vaterschaft Curios gleich der jungen Duccierin zum Besten gegeben haben.


    "Salve Duccia Silvana", begrüßte sie Runa förmlich. Sicher war sicher.
    Zu Phryne gewandt sagte sie: "Ich dachte, wir wären soweit fertig, Phryne. Wenn ich nichts weiter für dich tun kann, darf ich mich nun wohl meiner neuen Kundin widmen."


    Ihr stechender Blick sollte Phryne zu verstehen geben, dass sie unerwünscht war.

    Zitat

    Mir geht es auch so, dass mir manchmal das Engagement insbesondere bei sehr wichtigen Themen von vielen etwas zu gering erscheint. Irgendwie wird der Brisanz, welche bestimmte Ereignisse für das IR haben, nicht immer so gut Rechnung getragen.


    Aber: Man kann wohl niemanden dazu zwingen, bestimmte Beiträge zu verfassen oder sich da und da zu beteiligen. Die Spieler entscheiden das, wie es ihnen gefällt und wie es ihnen Spaß macht.


    Immerhin sollte man wirklich nicht so unbekümmert mit seinem Senatorenamt umgehen. Wenn es um die hohe Politik geht, muss man aber auch folgendes Bedenken: Es gibt nur eine Handvoll Senatoren-ID's und viele davon sind nur sehr sehr eingeschränkt aktiv (leider). Wenn dann die wenigen Aktiven auch noch abwesend sind wird es eben sehr schnell sehr still im Senat.


    Lieber Lucius Tiberius Lepidus,
    du sprichst mir aus der Seele. Es ging in meinem Anstoß nicht primär um Kritik, und das hast du wohl auch so verstanden, sondern zunächst war es Sorge und der Versuch wieder mehr Aktivität zu fordern. Denn, wie man jetzt sehen kann, und ich will mir keinen Orden an die Brust heften, aber es scheint nicht ungehört verhallt zu sein, holt das Bemühen EIniger bald die anderen auch hinterm Ofen vor. So viel wie in den letzten Tagen ist ja schon ewig nicht mehr geschrieben worden.
    Es ging mir darum aufzuzeigen, dass man sich auch ein wenig Mühe geben muss, wenn man so etwas Wertvolles, wie das IR, am Leben (und damit meine ich aktives Leben) halten will.


    Darf ich sagen, dass ich mich einfach darüber freue, dass ihr alle wieder da seid!???

    Dass Phryne Alpinas Bemerkung ins Lächerliche zog, war abzusehen gewesen. Sie selbst wusste aber, aber dass es so falsch nicht wahr, doch eine Lupa wie Phryne würde das ohnehin nicht verstehen. Alpina machte sich also daran aus einem Kästchen die aromatisch duftenden Harztränen der Myrrhe und des Weihrauchs zu entnehmen und mit der Handwaage abzuwiegen. Sie füllte beides in eine Tüte, die sie aus einem gebrauchten Papyrus gefaltet hatte. Auf Phrynes Frage nach dem Geburtszeitpunkt ging Alpina gar nicht ein. Sie nannte stattdessen den Preis für die Harztränen.


    "Das macht 9 Sesterze, Phryne. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag. Vale bene"


    Mit einem aufgesetzten Lächeln drückte Alpina Phryne die Tüte in die Hand und bevor die bissige Bewohnerin der Casa Acilia noch etwas erwidern konnte, verschwand Alpina im Durchgang zur Casa Atia.

    Mit einem Korb, einem Gastgeschenk und einer kleinen Bronzesichel machte sich Alpina auf den Weg zu Runa. Sie wollte mit der jungen Germanin eine Exkursion in Sachen Kräuterkunde unternehmen und sich bei der Gelegenheit auch gleich noch bei Runas Vater für den guten Ratschlag mit der Seherin Osrun bedanken. So klopfte sie an die Tür der Villa Duccia.

    Postwendend kam die Retourkutsche von Phryne. Alpina biss sich auf die Lippen. Sie war der Schlange noch immer nicht gewachsen. Phryne sprühte mal wieder ihr Gift und Alpina musste aufpassen, was sie antwortete, um ja keinen Fehler zu machen.
    "Nein, Phryne, es ist nicht das Kind des Magister Vici Tullus Helvetius Curio, falls du das vermutet hattest. Es ist ein Kind der Götter. Sie haben es mir geschenkt und mir einen Adonis als Überbringer geschickt, der dich vor Nied erblassen ließe. Und darüber kannst du dir das Maul zerreißen wie du willst, Phryne."


    Alpina hatte sich in Rage geredet. Sie atmete tief durch.
    "Wollen wir zum Geschäftlichen kommen? Je ein Scrupulum von den Weihrauch und Myrrhetränen im Mörser zerreiben und mit zwei Löffeln Essig vermischen. Dann ein Schwämmchen oder einen Wollbausch damit tränken. Die weitere Vorgehensweise kennst du ja bereits. Ich würde also empfehlen, die benötigte Menge nach deiner üblichen Kopulationsfrequenz selbst festzulegen..."

    Und ob man Alpinas Blick ansehen konnte, dass sie nicht gut auf Phryne zu sprechen war. Doch ganz Geschäftsfrau nötigte sich Alpina eine freundliche Begrüßung ab. Als sie dann feststellen musste, dass Phryne offenbar in der gesamten Stadt keine Granatapfelstücke bekommen hatte, grinste sie innerlich. Nun, siehe da, und so findest du dich wieder bei mir ein, dachte Alpina zynisch. Gegenüber der Kundin blieb sie allerdings freundlich.


    "Es tut mir leid, Phryne, ich habe keine Granatapfelstücke gefunden. Aber es gibt durchaus Alternativen, wie ich schon gesagt habe. Wenn ich dich richtig verstehe, möchtest du einer Schwangerschaft vorbeugen, nicht wahr?"
    Da Alpina die Antwort kannte, sprach sie gleich weiter.
    "Du könntest Myrrhe und Weihrauch pulverisieren, mit Essig vermischen und ein Schwämmchen damit tränken. Vor dem Muttermund plaziert soll es durchaus einen wirksamen Effekt haben. Soviel ich weiß, benutzen viele Lupae diese Mischung. Andere professionelle Liebesdienerinnen schwören auf Vaginalspülungen mit alaun, kupfer- oder eisenhaltigen Flüssigkeiten. Aber da kenne ich mich nicht aus, dies hier ist eine Taberna Medica. Ich habe mich auf Heilpflanzen spezialisiert. Weihrauch und Myrrhe hätte ich allerdings hier. Möchtest du etwas davon haben?"

    Alpina verstand ihre Freundin so gut. Sie hatte schon zuvor ihr gegenüber betont, dass sie keine Wahl haben würde, wenn es um die Frage eines Ehemannes ging. Selbstverständlich würde ihr Vater ihn aussuchen. Doch was sprach gegen Curio. Er war auf dem besten Wege sich einen Namen zu machen, Duccius Verus konnte sicherlich das Potential des jungen Helvetiers erkennen. Was sprach also gegen ihn als Gatten für seine Tochter?


    "Runa, du musst nicht verzweifeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr eine gemeinsame Zukunft haben könnt. Es hängt allerdings auch von eurer Geduld ab. Du musst erst deine Ausbildung abschließen. Solange er dein Lehrer ist, dürft ihr euch solche Gefühle nach außen hin nicht erlauben und das weiß Curio. Deshalb versucht er diese Mauer aus Pflichtbewusstsein aufrecht zu halten. Wenn er sich erst einen sicheren Stand in der Gesellschaft erarbeitet hat und, wie er ja plant, mit seinem Bruder ein eigenes Haus besitzt, hat er die Voraussetzungen geschaffen, bei deinem Vater vorzusprechen. Hab Geduld, Runa. Ihr seid noch so jung."


    Sie lächelte der Freundin aufmunternd zu.
    "Aber ich weiß wie es ist, wenn einen dieses Gefühl so durch und durch flutet, da kann man an nichts anderes mehr denken. Man möchte dem anderen am liebsten immer nahe sein. Du wirst deine Gefühle im Zaum halten müssen, zu euer beider Wohl und um die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft zu wahren."

    Zu Runas Überlegungen, die Corvinus betrafen, sagte sie nichts mehr. In seinem Wahn, als er glaubte, dass sie Alwina war, hatte er immer beteuert, dass er nicht mehr in irgendwelche Feldzüge ziehen wollte, dass er eine Familie gründen wollte. Er hatte diesen Wunsch gehegt, nur eben nicht mit Alpina. Ihr gegenüber hatte er immer nur davon gesprochen, dass er die Germanen niedermetzeln wollte, weil er ihnen und den Redelsführern des Bürgerkriegs die Schuld an Alwinas Tod gegeben hatte. Und das tat er jetzt wohl, hoch zu Ross. Gegen Norwiga und ihre blutrünstigen Horden würde er sich behaupten müssen, die eiskalt Männer, Frauen und Kinder quälten und ermordeten. Womöglich stellte sich die Frage nach einer gemeinsamen Zukunft mit ihm als Vater ihres Kindes längst nicht mehr...


    "Komm, Runa, lass uns nach Hause gehen. Wir sollten uns aber bald wieder treffen. Es tut so gut, endlich eine Freundin zu haben, der man sein Herz ausschütten kann und die umgekehrt auch ihres öffnet."
    Sie umarmte Runa herzlich und drückte sie ganz fest an sich.

    Da war es wieder, dieses furchtbare Wort: Pflichterfüllung. Das hatte man den helvetischen Brüdern wohl schon mit der Muttermilch eingeflößt. Sie glaubten alles mit diesem Pflichtbewußtsein in die richtigen Bahnen lenken zu können. Und Curio hatte das ganz besonders ausgeprägt. Er war oft so steif vor lauter Bemühen, die Façon zu bewahren. Sie wusste jedoch, dass es in seinem Inneren ganz anders aussah. Jetzt musste sie die richtigen Worte finden.


    "Ich habe mir schon so etwas gedacht. Eigentlich freue ich mich für euch, denn ihr seid meine Freunde und würdet wunderbar zusammenpassen. Du weißt doch jetzt, wie die Helvetier denken und was ihr Motto ist. Wundert dich da sein Verhalten? Er kann nicht über seinen Schatten springen. Seine Mutter und sein Vater haben ihm schon als kleines Kind eingebläut, dass er auf seinen Ruf achten muss, sich an bestehende Standesregeln halten muss und um Himmels Willen alles meiden muss, was ihn in Verruf bringen könnte. Oder schlimmer noch, was dich in Verruf bringen könnte. Er denkt dabei vermutlich nicht einmal an sich, sondern daran, dass dein Ruf Schaden nehmen könnte. Dein Vater ist ein angesehenr Mann, sein Patron. Er glaubt, dass er deiner nicht würdig ist, Runa. Corvinus ist schon zu lange Soldat. Da hat er die brutale Wirklichkeit erlebt. Ich habe in Germania libra einen Ausschnitt dessen gesehen und erlebt, was er tagtäglich auf den Schlachtfeldern des Imperiums erleben musste. Da tut er seine Pflicht. Ich habe die Gräuel erlebt. Da denkst du nur ans Überleben, daran deine Haut zu retten. Dennoch kommt auch für ihn die Pflicht vor dem Gefühl. Siehst du, wie stark die Prägung durch die Familie war? Wie soll es erst bei Curio sein. Er ist noch jung, gänzlich unerfahren und noch stark vom Elternhaus geprägt. Er vertraut seinen Gefühlen nicht und flüchtet sich in die Floskeln, die er gelernt hat. Um ihn aus der Reserve zu locken, wirst du ihm vorleben müssen, wie es ist, wenn man den Verstand und das Pflichtgefühl ausschaltet und die Gefühle sprechen läßt. Er muss es erst lernen. Du musst seine Lehrerin sein, Runa! Ich kann dir nur sagen, dass du es nicht bereuen wirst."

    Dankbar für Runas Zuwendung ließ sich Alpina in den Laden schieben, auch wenn sie nicht überzeugt war, dass das ihr Frisurproblem lösen würde. Doch sie vertraute der Freundin. Der Barbier war tatsächlich ein Künstler. Er schaffte es, aus ihrem missglückten Abrupfen der Haare einen netten Haarschnitt zu zaubern, der sie zumindest über die Zeit bringen würde, bis die Haare wieder lang genug waren, sie hochzustecken.


    Als sie den Laden verließen, hielt Alpina ihre Freundin noch einmal auf.
    "Du hast mir noch nichts von dir erzählt. Wie lange wird deine Ausbildung noch dauern? Und was möchtest du mir über deinen Lehrer erzählen?"


    Sie sah Runa dabei offensiv an. Der Freundin musste klar sein, dass Alpina etwas von der veränderten Gefühlen der beiden wusste oder zumindest ahnte. Vielleicht würde sie Curio beruhigen können in seiner Angst, Runa würde ihm einen Korb geben, wenn er sich ihr offenbarte.

    Natürlich wusste Runa sofort, was sie mit ihrer kryptischen Aussage gemeint hatte. Und sie schloss messerscharf, dass es Corvinus Kind war. Das wiederum machte Alpina deutlich, dass beide Helvetier ihren Eid ihr gegenüber gebrochen hatten. Nun, sei´s drum. Es handelte sich ja nicht um irgendwen, sondern um ihre Freundin Runa. Sie würde zu Alpina halten, das machte sie auch sofort deutlich.
    Was dann noch aus ihr herausspudelte, ließ darauf schließen, dass Corvinus bereits angedeutet hatte, dass er sich zu einem etwaigen gemeinsamen Kind bekennen würde. Gut, das erleichterte ihre Situation theoretisch. Praktisch aber kam Runa gleich mit dem Thema rum, das Alpina beschäftigte, seit sie wusste, dass die Nacht in der Casa Atia nicht folgenlos geblieben war. Sie nickte langsam.


    "Ich kenne den Wahlspruch der Helvetier: Fides sanctissimum humani pectoris bonum est. Treue ist das heiligste Gut des menschlichen Herzens. Das haben mir beide schon versichert. Natürlich ist er nicht wie dieser Petronier, er würde mich nie hängen lassen. Wie du sagst er hat seine Prinzipien, Pflichtgefühl. Aber ich weiß nicht, ob ich das will, Runa. Du weißt nicht, wie diese Nacht abgelaufen ist, oder? Es war eine wilde Mischung aus einem Drogenrausch seinerseits, dann der Wut auf mich... weil ich in meiner Enttäuschung, dass er von seiner alten Liebe nicht lassen kann, ihn provoziert habe... er war so böse auf mich. Du hättest den Hass in seinen Augen sehen sollen. Fast hätte er mich erschlagen. Dann hat die Drogenwirkung eingesetzt. Die Mandragora wirkt schlaf- und traumfördernd, aber eben auch erotisierend. Plötzlich hielt er mich für seine verstorbene Frau. Er bedrängte mich, ließ sich nicht abschütteln... Runa, es war unglaublich zu spüren wie sehr er sie liebt... nach all der Zeit. Es tat so weh zu sehen, dass er sie so sehr liebt, mich aber mit keinem Blick je so angesehen hat, wie sie. Keine dieser Liebkosungen, keines der Liebesgeständnisse galt mir..."
    Alpina brach ab. Sie weinte stille Tränen. Dann rieb sie sich die Augen.
    "Am kommenden Morgen war es ihm peinlich. Er merkte, was er im Rausch getan hatte. Zerknirscht hat er mir gestanden, dass ich nicht gemeint war mit diesem Ausbruch an Gefühlen, dass er mich nie anders als eine gute Freundin gesehen und wahrgenommen hat. Ich wusste es ja, aber es war so niederschmetternd, es aus seinem Mund zu hören. Ich stand ganz allein mit meinen Gefühlen. Ich hatte mich verliebt, aber er nicht. Runa, will ich, dass er mich aus Mitleid zu sich nimmt? Will ich das? Nur weil er sich für seinen Fehltritt schämt und nach außen hin das Gesicht wahren will. Nach dem berühmten Familienmotto. Nein, Runa, ich glaube, das will ich nicht. Solange es nicht von Herzen kommt und das kann es nicht zu diesem Zeitpunkt, denn im Grunde kennen wir uns gar nicht... solange werde ich lieber alleine für mein Kind sorgen. Ich habe einen Beruf und Freunde... ich bin nicht allein."
    Sie sah Runa lange an. Dann schloss sie ihre Beichte mit einem Satz. "Was ich will, ist Liebe und nicht Pflichtgefühl."

    Schon war Phryne wieder verschwunden. Nicht ohne deutlich zu machen, dass sie ahnte, dass Alpina schwanger war. Nun gut. Was sollte sie mit dieser Information schon anfangen? Sie hatte keine Ahnung, wer der Vater war. Und Alpina war es inzwischen egal welche Gerüchte über sie kursierten. Bestimmt war die Gerüchteküche am Brodeln, schließlich lieferte Alpinas Abwesenheit und die Veränderung seit der Rückkehr genug Gesprächsstoff für die Klatschbasen der Nachbarschaft. Sollten sie doch reden! Ja, sie bekam ein Kind. Ja, es gab keinen Vater dazu. Ja, sie trug die Haare kurz und war nicht mehr so adelig blass wie die meisten Frauen von Stand. Aber sie war ja auch nicht von Stand. Sie war eine alleinstehende, berufstätige, schwangere Peregrina. Na und?

    Alpina sah sehr wohl wie Phryne sie taxierte und ebenso das hinterhältige Lächeln auf ihrem Gesicht. Sollte sie doch denken, was sie wollte.
    Zu Phrynes Wunsch äußerte sie sich mit gepieltem Bedauern.


    "Es tut mir sehr leid, Phryne, aber mein Vorrat an Granatäpfeln ist zur Zeit erschöpft. Die neue Lieferung wird auch noch ein wenig auf sich warten lassen. Der Handel über die Alpen ist erst kürzlich wieder so richtig in Gang gekommen. Der Winter war lang. Du wirst dich also noch etwas gedulden müssen. Wofür waren die Granatapfelstücke denn gedacht? Vielleicht kann ich dir eine Alternative anbieten?"

    Alpina sah von ihrer Arbeit auf als das Glöckchen über der Tür klingelte. Normalerweise freute sie sich über ihre Kunden. In diesem Fall war es anders. Phryne betrat die Taberna Medica. Sie stolzierte auf Alpina zu und spuckte sogleich wieder eine ihrer Nettigkeiten aus.


    Nun musste sich Alpina zusammennehmen. Sie atmete tief durch uns verengte die Augen zu bösen Schlitzen.
    "Salve, werte Phryne. Ich grüße dich. Womit kann ich dienen?", sagte sie pflichtbewußt und höflich.

    Eigentlich war meine Grundintention gewesen, alle zu animieren und zu motivieren, doch wieder mehr zu schreiben. Natürlich wird in der Politik weniger geschrieben als in den private life Stories. Völlig klar. Habe ich nicht anders erwartet und natürlich gibt es Phasen mit Prüfungen, Ferien, schönem Wetter und so weiter, alles klar. Jeder darf auch mal seine persönliche Auszeit nehmen.


    Aber ich habe extra gesagt, dass ich das schon lange beobachte. Mindestens seit Weihnachten. Nun ist bald Mai. Und mal ehrlich. Wenn euch (diejenigen die in der römischen Politik sind) die Politik so wenig Spaß macht, warum macht ihr sie dann? Warum hockt ihr im Senat, wenn es euch nicht die Bohne interessiert wer wann zum Kaiser gewählt wird. Die Posten, die ihr habt scheinen gut fürs Image zu sein, sehen so gut aus in der Beschreibung, im Siegel. Aber wenn man diese Ämter und Posten nicht mit Leben füllt (es gibt immer welche, die das vorbildlich machen, die nehme ich ausdrücklich aus), dann ist das doch schade für alle diejenigen, die etwas Stimmung in der Bude erwarten.


    Glaubt ihr wirklich im Alten Rom wäre man nach der Kaiserproklamation so locker zum Alltag übergegangen? Da hat der Senat sich sicher nicht zurückgelehnt. Oder täusche ich mich?
    Vielleicht bin ich übermotiviert. Vielleicht taugt euch das auch alles so ruhig. Dann solls mir recht sein. Aber wundert euch bitte nicht, wenn es nicht alles so empfinden und der ein oder andere es dann auch artikuliert.

    Zitat

    „Die Helvetier mussten es mir erzählen. Ich habe den älteren Bruder gesehen, wie er... den Petronier.. du weißt schon.“


    Alpina sah Runa forschend an. Sie hatten es ihr erzählen müssen? Da wird Corvinus aber nicht begeistert gewesen sein. War das der Grund für den Streit. Wieviel hatten sie ihr noch erzählt?


    "Ich finde Gewalt grundsätzlich die falsche Lösung, noch dazu weil Corvinus dem Petronier auf meinen Wunsch hin nicht gesagt hat, wofür er die Prügel bezog. Es war eine sehr männliche Form von Rache. Doch beide meinten, dass sein Verhalten nicht ungestraft bleiben dürfe. Nun, mir hat es nichts gebracht und Corvinus hat es in Gefahr gebracht. Marcellus weiß bis heute nicht, dass er beinahe Vater geworden wäre und ich werde es ihm auch nicht erzählen."


    Als Runa Alpinas neue Frisur sehen wollte, schämte sich die Raeterin ein wenig. Sie nahm die Palla vom Kopf und schüttelte die kinnlangen Locken.
    "Ich hoffe sie wachsen schnell wieder. Bald kann ich sie hinten zusammenfassen, dann fällt es nicht mehr so auf", sagte sie mit einem entschuldigenden Lächeln.
    "Nun zu deiner Frage nach Osrun. Es war wunderschön dort. Ein magischer Ort mit einem Teich auf einem Berg. Die Seherin ist eine uralte Frau, gütig und weise. Sie hat mir auf geheimnisvolle Weise zu vielen Erkenntnissen verholfen. Ich habe so vieles über mich und die Menschen, die mir nahe stehen gelernt. Und ich habe eine Aufgabe bekommen. Eine schwere Aufgabe. Ich trage sie mit mir. Noch weitere fünf Monate..."


    Alpina stockte. Sie sah Runa in die Augen und war sich sicher, dass sie wusste, wovon Alpina sprach. Jetzt würde sie vielleicht auch erfahren, wieviel ihr die helvetischen Brüder bei jenem Streitgespräch schon erzählt hatten. Denn irgendwie ahnte sie, dass es in diesem Streit um Alpina gegangen war.

    Alpina lächelte dankbar. Es war schön eine so gute Freundin zu haben.


    "Gut, dann lass uns ein wenig an den Fluss hinuntergehen. Währenddessen erzähle ich dir von meiner Reise. Und erschrecke nicht, wenn ich die Palla abnehme. Ich habe mir die Haare abgeschnitten, um nicht sofort als Frau erkennbar zu sein. Du kannst dir gar nicht vorstellen, welchen Gefahren man ausgesetzt ist als Frau im freien Germanien."


    Sie hakte Runa unter und schlenderte los, den Weg aus der Stadt hinaus ans Flussufer.
    "Ich habe gefunden was ich gesucht habe. Es war ein weiter, erkenntnisreicher Weg, voller guter wie schlechter Erfahrungen. Ich habe kurz vor dem Limes eine Händlergruppe gefunden, die mich begleitet hat. Es waren sehr ehrliche Männer, raubeinig und schweigsam, aber durch und durch integer. Mit ihnen bin ich bis eine Tagesreise vor meinem Ziel gewandert. Dann habe ich meine Weg zu der weisen Seherin Osrun gefunden. Ich sage dir, es war so wichtig, dass ich sie gefunden habe. Sie hat mir so viele, teils schmerzhafte Erkenntnisse beschert, aber alle haben mich ein Stück weitergebracht, haben mich verändert, haben mich wachsen lassen."


    Ganz genau sah Alpina den Teich der Göttin Holle vor sich, Osrun, die weiße Frau und Alwina. Jetzt war es an der Zeit Runa einzuweihen. Alpina setzte sich mit Runa an das Flussufer. Nachdenklich sah sie auf die andere Seite des Rhenus hinüber. Dorthin, wo sie zu sich gefunden hatte und wo jetzt Corvinus nach ihr suchte.


    "Ich habe dir noch nicht alles erzählt, was du über mich wissen musst. Vor allem jetzt, wo so viele Veränderungen stattgefunden haben, musst du den Ursprung von all dem kennen."
    Sie sah Runa an.
    "Vor einiger Zeit kam ein junger Mann in meine Taberna Medica. Er war gutaussehend und machte mir schöne Komplimente. Er schien sich Hals über Kopf in mich verliebt zu haben. Unerfahren und naiv wie ich war, verschenkte ich mein Herz an ihn und als er es darauf anlegte auch meinen Körper. Ich schenkte ihm meine Jungfräulichkeit - in einem Versteck im Garten. Wie dumm von mir. Nur kurz darauf sagte er mir, dass er mich aus Standesgründen nicht heiraten, ja nicht einmal eine offene Beziehung mit mir leben könne. Sein Onkel hatte es verboten. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Bis zu diesem Punkt hatte ich nicht groß über Standesunterschiede nachgedacht. Wie auch immer, er zog sich aus meinem Leben zurück, ich aber war schwanger. Und nun beging ich den größten Fehler meines Lebens. Ich trank einen Kräutertrank, der das Kind in meinem Leib tötete. Ich tötete mein eigenes Kind. Curio fand mich in meinem Blut und rettete mir das Leben. Aber ich konnte nicht vergessen was ich getan hatte. Ich glaubte, dass die Furien mir die Alpträume schickten, die mich Nacht für Nacht aus dem Schlaf rissen. Curio versuchte alles, die Götter zu besänftigen, doch nichts half. Die weise Frau half mir zu verstehen, dass ich es war, die dieses Kind nicht loslassen konnte, die es auf Erden festhielt. Ich musste lernen, es loszulassen, es gehen zu lassen. Jetzt geht es mir besser damit."


    Ihr Blick ging zu der Freundin.
    "Du weißt, wer der Mann war, der mir so schöne Augen gemacht hat und mich dann schwanger sitzen ließ?"

    Als Runa kam, machte Alpinas Herz einen Freudensprung. Die darauffolgende innige Umarmung tat gut. Sie tat so gut. Alpina hatte sich so nach Nähe gesehnt und nach dem Gefühl, dass sie jemand vermisst hatte. Die irritierende Begüßung am Vortag durch Curio hatte die Raeterin ernüchtert. Doch Runa war wie Alpina sie in Erinnerung hatte, eine junge Frau mit einem großen Herz.


    "Runa, oh Runa. Ich bin so froh, dich wiederzusehen. Ja, ich bin wieder da. Die Götter haben mich zurückgebracht. Deinem Runenstein habe ich zu verdanken, dass ich mein Ziel erreicht habe."
    Sie nestelte das Naudiz unter ihrer Tunika hervor und hielt es Runa vor die Augen. Alpina war überzeugt, dass sie es diesem Amulett zu verdanken hatte, dass die Schicksalsschwestern gnädig mit ihr gewesen waren.


    "Hast du Zeit? Magst du ein wenig mit mir spazieren gehen? Ich habe dir so viel zu erzählen und möchte natürlich auch von dir einiges wissen."


    Sie beobachtete die Augen ihrer Freundin genau. Hatte sie da ein Leuchten darin erkennen können?

    Alpina wartete in der Nähe des Tempels der kapitolinischen Trias. Sie hoffte, Runa und Curio irgendwo zu begegnen. Unruhig lief sie auf und ab. Sie freute sich darauf, ihre beste Freundin wiederzusehen. Und sie hatte ihr so viel zu erzählen: von ihrer Reise, von Osrun, den Erkenntnissen, die sie gewonnen hatte. Aber natürlich wollte sie die Unterredung auch nutzen, Runa auf Curio anzusprechen. Dazu kam, dass sie ihr endlich die Wahrheit über die Folgen ihrer Affäre mit Marcellus erzählen musste. Bei dieser Gelegenheit würde sie auch versuchen, herauszufinden, worüber Runa mit Corvinus gestritten hatte, wie Leonides ihr erzählt hatte.
    Es würde also wohl ein langer Abend werden.

    Den gesamten Tag war Alpina damit beschäftigt, Salben herzustellen, Teemischungen zu bereiten und Duftbalsame zu mischen. Gegen Nachmittag sahen die Regale endlich wieder gut gefüllt aus. Als hätte sich herumgesprochen, dass sie wieder da war, bekam die Türglocke keine Pause. Die Kunden rannten ihr förmlich die Ladentür ein.
    Zufrieden packte Alpina gegen Nachmittag ihre Palla und übergab die Aufsicht über den Laden bis zum Sonnenuntergang Leonides. Sie wollte ihre Freundin Runa abpassen, wenn sie vom Unterricht im Tempel kam. Sorgsam legte sie das Tuch über den kurzen Haarschopf.