Die Tür knarzte als Alpina sie aufschob. Interessiert betrachtete sie die Ausstattung des Raumes. An den Wänden reihten sich lange Regale mit Schriftrollen, davor standen die Schreibtische der Kopisten. Man hörte die Federn über die Papyri kratzen. Aus dem Hintergrund trat ein älterer Mann mit Philosophenbart hervor. Er musterte Alpina neugierig.
"Wie kann ich dir helfen?", fragte er.
Alpina hegte schon eine Weile den Wunsch, das ihr nur aus Erzählungen bekannte Stück des Aischylos über die Erinnyen also das "Die Eumeniden" betitelte Werk zu lesen. Vielleicht würde sie Erkenntnisse daraus ziehen können, die ihr helfen konnten, sich von den schrecklichen Träumen zu befreien. Also erklärte sie:
"Salve. Ich suche nach einem Werk des Aischylos - "Die Eumeniden". Habt ihr das?"
Der Alte sah sie zweifelnd an. "Kannst du es denn lesen? Es ist in Griechisch geschrieben."
Alpina schüttelte den Kopf. "Ich kann sehr wohl lesen, aber ich hatte gehofft, dass ich es in einer lateinischen Übersetzung lesen könnte. Ich kann das Griechische zwar entziffern, aber es reicht nicht, um es gut genug zu verstehen."
Der Mann nickte. Er schien überrascht zu sein, dass sie als offensichtlich nicht sehr reiche Frau lesen und sogar ein wenig Griechisch konnte.
"Natürlich können wir dir eine lateinische Übersetzung anfertigen. Das würde eine gute Woche dauern. Doch...kannst du dir das leisten?"
Alpina nickte und holte ihren Lederbeutel unter einer Falte der Tunika hervor.
Der Alte schien beruhigt.
"Gut. Dann kannst du das Buch Ende kommender Woche abholen. Wie ist dein Name?"
"Susina Alpina, mir gehört die Taberna Medica Alpina im Vicus Apollinensis."
Er hob den Blick. "So? Wärst du dann eventuell auch an medizinischer Fachliteratur interessiert? Ich habe hier das Werk des Celsus. Es sind mehrere Bände... allerdings nicht ganz billig..."
Nur zu gerne hätte Alpina das bekannte Werk "de medicina" besessen, doch sie verkniff sich die Ausgabe. "Vielleicht komme ich bei Gelegenheit darauf zurück. Danke ersteinmal. Bis nächste Woche. Vale bene", verabschiedete sie sich.
Sie war schon fast an der Tür als ihr noch etwas einfiel.
"Kann ich bei dir auch Briefpapier kaufen und Tinte?"
Der Ladeninhaber lächelte nun. "Selbstverständlich. Wieviele Bögen Papyrus brauchst du denn?"
Alpina rechnete nach. Sie würde vier Briefe schreiben müssen. Aber sie nahm lieber gleich mehr Bögen mit.
"Gib mir 7 Bögen und ein Tintenfass, bitte."
Gleich kam ein Sklave angelaufen und packt ihr die Sachen ein. Alpina zahlte und verabschiedete sich nun endgültig.