Kühl, so angenehm kühl war der Boden. Varia wollte nur noch ihre Ruhe. Und doch drangen die ruhig gesprochenen Worte an ihr Ohr. Sie wollte nicht hören und doch nahm ihr Geist die Worte des Mannes auf. Sie antworte ihm nicht, sondern hörte nur zu. Ihr Gesicht barg sie an der kühlen Wand. Erst als man sie aufrichtet, sie gegen die Wand lehnte und den Stuhl beiseite räumte, sah sie den Mann wieder an. Ihre Augen waren nun wie sie vor den ganzen Martyrium hier waren tot und leer. Regungslos sah sie den Mann an, der mit angenehmer Stimme weiter auf sie einredete und dabei so einige Wahrheiten ansprach. Noch immer antwortet sie ihm jedoch nicht. Auch als die Männer nun nachsahen ob sie ein Brandzeichen hatte, welches sie natürlich in ihrem Nacken finden würden - das Brandzeichen des Helvetiers -, bewegte sich sich nicht. Ihr Blick ruhte auf dem Mann der auf sie einredete. Sie verstand nicht. Was diese Männer hier taten stand in so krassen Widerspruch zu dem was sie in den Stunden zuvor ertragen musste.
„Helvetius Commodus.“ Sagte sie mit leiser Stimme auf seine letze Frage hin. Immer noch arbeitete es in ihr. Sie zog ihre Beine an ihren Körper und umschlang diese mit ihren Armen, was den Ketten ihr so typisches Rasseln entlockte. Ihr Blick fiel dabei auf ihre Hände. Sie waren gezeichnet von den Kämpfen der letzten Tage und von viele früheren Kämpfen. Dann sah sie wieder auf. Sie wusste nicht warum der Mann ihre Geschichte hören wollte und dennoch fing sie leise an zu erzählen. „Ja Rom war in Themiskyra, doch die Legionen haben ihr Werk nur teilweise getan. Viele von uns haben überlebt. Es war lange bevor ich geboren wurde und doch erzählt man uns immer die Geschichten über euch. Ihr kommt und nehmt was euch nicht gehört. Wir haben überlebt und sind im Schatten Roms wieder erstarkt.“ Ihr Blick sah den Mann zwar an, aber ihre Gedanken gingen in die Ferne. „Es ist immer noch schön wunderschön. Ich habe es lange nicht gesehen und werde es wohl auch nur noch in meinen Träumen sehen können.“ Nun sah sie den Mann wieder mit ihrem leeren Blick an. „Serdana ist meine Mutter sie führt unseren Stamm an. Als ihre erste Tochter wurde ich früh dazu erwählt eine Kriegerin zu werden.“ Wieder glitten ihre Gedanken ab und sie machte eine Pause. „Ich war ein Kind, dass zur Kriegerin wurde.“ Wieder besah sie sich ihre Hände. „Was ist Heimat? Eine Stück Land? Eine Idee? Eine Illussion? Ein Traum?Ich habe für das gekämpft für diesen Traum.“ Als sie wieder aufsah konnte man kleine Tränen in ihren Augen blitzen sehen. „Meine Heimat starb, als meine Schwester im Kampf fiel und in meinen Armen ihren letzten Atemzug tat. Ihr war ich immer nah, näher als meiner Mutter oder der Heimat.“ Varia rieb sich kurz mit einer Hand über die Augen, bevor sie wieder ihre Beine umschloss. „Rom hat sie mir genommen, ebenso wie meine Freiheit – oder das was ich als Freiheit betrachtet habe.“ Varias Stimme wurde nun emotionslos. „Man brachte mich als Sklavin hier her. Der Bauer... Varus, Helvetius Varus kaufte mich für seinen Verwandten. Ich sollte sein Custos Corporis sein. Ich konnte zwar kämpfen, aber da ein Custos auch andere Aufgaben hat wurde ich in einer Gladiatorenschule ausgebildet. Man brachte mir den unsauberen Kampf bei. Man zeigte mir wie man in den Straßen Roms kämpft und tötet.“ Sie lehnte sich so weit es möglich war entspannt an die kühlende Wand. „Helvetius Commodus hatte es einem glücklichen Umstand zu verdanken, dass ich ihm die Treue schwören musste. Ihm gehört mein Leben,“ Welche Umstände das genau waren führte sie nicht aus. Aber damit war wohl auch klar, warum sie sich nicht einfach selbst getötet hat. „Ihm und nur ihm war ich zur Treue verpflichtet – ich bin es wohl noch. Doch er ging. Er ließ mich allein, allein hier in Rom. Nicht mal für den Unterhalt sorgte er. Ich habe angefangen Geld mit Kämpfen in der Subura zu verdienen oder dabei zu sterben. Ich war wohl einfach zu gut in meinem Tun." Sie lächelte verächlich, aber wohl mehr über sich selbst.
"Helvetius Commodus, er kam und kam nicht wieder. In einer Welt wie Rom allein. Jeden Tag die schreiende Ungerechtigkeit vor Augen, dass nur die Geburt entscheidet auf welcher Seite man steht.“ Sie stockte wieder, sah auf ihre Hände, dann wieder zu dem Mann, es würde doch eh keinen Unterschied machen ob sie es erzählte oder nicht, also warum etwas verschweigen. „Ich fing an Römer in der Subura zu töten. Jene arroganten Römer, die dachten, dass sie sich aufgrund ihres Standes alles erlauben können. Ihr müsste ihre Leichen doch gefunden haben. In der Subura und den angrenzenden Bezirken. Ich tötete sie mit einem Stich ins Herz oder Schnitt ihnen die Kehle durch. Allen haben ich jedoch ihr Standeszeichen in den Rachen gedrückt. Sie sollte im Tode an ihrem arroganten, ignoranten Rom ersticken.“ Wieder musste sie eine kurze Pause einlegen, das Reden strengte sie sehr an. „In der Subura sprach es sich wohl herum und so schlossen sich immer mehr und mehr mir an. Ich sah eine Möglichkeit aus diesem Leben zu gehen und dabei Rom seine eigene Selbstherrlichkeit vorzuführen. An den Wänden der Stadt wurden die Sklaven dazu aufgerufen sich zu erheben. Habt ihr dies denn nicht gesehen? Ist Rom wirklich so arrogant, so selbstherrlich zu glauben, dass die Sklaven sich nicht gegen ihre Unterdrücker erheben?“ Varia sah den Mann fragend an. „Ihr wart blind und taub. Viele der Unterdrückten, viele der Unzufriedenen, viele derer die am Rand eurer Gesellschaft leben schlossen sich mir an. Ich hatte einen Ruf aufgrund der Kämpfe die ich bestritten habe. Der Mythos, dass ich eine Tochter des Mars bin half. Er half dabei, dass die Menschen Hoffnung hatten. Hoffnung ist ein scharfes Schwert. Wenn sie diese Hoffnung auch nur für ein paar Tage hatte, so hatten sie doch endlich etwas in ihrem Leben, an de sie sich festhalten konnte.“
Nun wahr ihr Blick das erst Mal klar und fest. „Ich wollte nur streben.“ ja was wäre wohl gewesen wenn dies nicht ihr Zeil gewesen wäre, wenn sie noch mehr um sich gescharrt hätte wie einst Spartacus.
„Auch wenn ihr uns geschlagen habt, so haben wir wohl doch gezeigt, das auch Rom nicht unverwundbar ist. Ein Rom der Dekadenz, der Arroganz gegenüber andere und der Selbstherrlichkeit wird immer angreifbar und vielleicht mit dem richtigen Anführer auch zu schlagen sein. Dies lag jedoch nie in meiner Abschickt. Ich wollte nur ein Ende finden.“
Ihr Mund war trocken vom vielen reden und sie lehnte sich erschöpft gegen die Wand. Ihr Blick aber ruhte immer noch auf dem Mann. Was würde er nun mit ihrer Geschichte anfangen?