Die Umarmung tat nicht nur Silvana gut, auch Curio war das erste Mal seit seiner Rückkehr wieder deutlich entspannter. Die ganzen Tage, in denen sie weggewesen war, hatten ihm zu schaffen gemacht, ebenso wie Silvana wohl während seiner Abwesenheit auf dem Landgut gelitten haben musste. Curio war froh, sie nun wieder bei sich zu wissen, spürte ihre Kopf an seiner Schulter und auch wenn immer noch gewisse Zweifel in ihm bestanden, wusste er doch, dass sie zusammengehörten und das nun schon über Jahre hinweg ein ums andere Mal bewiesen hatten. Sie waren ein Team und trotz aller größeren und kleineren Meinungsverschiedenheiten, hatten sie es doch immer geschafft sich zusammenzurufen, weil sie wussten, dass sie zusammen stärker waren.
Für ein paar Augenblicke blieben sie so nebeneinander sitzen, bis sich Silvana aufrichtete und nochmal kurz in ihren Augen und ihrem Gesicht die junge Frau aufblitzte, die er ausgebildet und geheiratet hatte, doch schließlich wurde sie wieder ernst. Ihre folgende Erzählung hörte sich der Helvetier dann mit ernstem, aber verständnisvollem Gesicht an. Er verstand nicht alles, was sie sagte, aber letztlich merkte er schon, dass es wohl nun zu jenem Szenario kam, dass sich über Jahre hinweg angekündigt hatte.
Nein, das kann wirklich kein Zufall sein. Aber dann ist es wohl nun soweit, nicht wahr?
antwortete er nach ihrer Erzählung und einer kurzen Pause, in derer seine Gedanken ordnen musste. Es würde mit Sicherheit diverse Probleme geben, die Vorwürfe würden noch zunehmen, je offener sie ihre germanische Herkunft auf Kosten des römischen Lebensweise voranstellen würde.Wahlkämpfe würden schwieriger werden, Angriffe im Ordo decurionum häufiger. Curio atmete durch, drückte dann aber die Hand seiner Frau leicht.
Es wird viel Unverständnis geben. Etwas, das ich auch im Moment noch nicht absehen kann. Nichtsdestotrotz muss ich Fragen, inwieweit du in deiner neuen Rolle damit umgehen kannst, die Frau eines römischen Politiker und Priesters zu sein, die auch römische Kulthandlungen auszuführen hat und sich an seiner Seite nicht allein als germanische Seherin zu zeigen.
Es war eine Sache, ob Curio ihr die Freiheit gab, sich in ihrer neuen Rolle zu betätigen, aber eine komplett andere, dass sie diese Rolle nicht allein ausübte. Sie waren verheiratet, Ehefrauen hatten in höheren Ämtern ebenso Verpflichtungen wie die Männer, auch wenn sie vornehmlich kultischer Natur waren.
Und noch etwas anderes: Ich weiß, dass Seherinnen angesehen sind, aber dennoch... ich habe Bauchschmerzen dabei, die komplett allein losziehen zu lassen. Es gibt nicht nur germanische Banden in der Umgebung, sondern auch solche, die mit dem Glauben an die Seherinnen nichts zu tun haben.