Beiträge von Iullus Helvetius Curio

    An Tagen wie heute, an denen der Statthalter quasi Hof hielt um Bittsteller zu empfangen und Anklagen anzunehmen, herrschte in der Aula immer ein reges Treiben. Stimmen drangen durch die hohe Halle, Menschen warteten darauf vorgelassen zu werden und Menschen, die grade gehört wurden zogen zufrieden oder mit finsterer Miene von dannen. Curio war mit einem kleinen Tross angekommen unter dem sich zwei Leibwächter, sein Sekretär Acanthos, der einige Tabulae unter dem Arm trug sowie der Advocatus


    | Lucius Scribonius Gallio


    der Curio bei der Vorbereitung dieses Falles beraten hatte und als zweiter Ankläger fungieren würde. Curio unterhielt sich noch einige Zeit mit dem Scribonier, während sie darauf warteten, zum Statthalter vorgelassen zu werden, und als sie dann schließlich an der Reihe waren, trat der Helvetier vor.


    Werter Legatus Augusti pro Praetore! Hiermit erhebe ich, Iullus Helvetius Curio, Decurio von Mogontiacum, gemeinsam mit dem Advocatus Lucius Scribonius Gallio im Namen der Peregrina Susina Alpina Anklage gegen den Peregrinus Gurox wegen Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall, strafbar gemäß §99 Codex Iuridicalis sowie.Körperverletzung, straf gemäß §76 Codex Iuridicalis. Ich beantrage dabei festzustellen, dass der Beklagte Gurox der Peregrina Susina Alpina mit massiver Gewalt seinen Willen aufzwungen, sie vergewaltigt und dabei körperlich verletzt hat.

    Curio hatte sich nach dem Angriff auf ihn, seiner Abwesenheit auf dem Landgut und zuletzt durch die kurzzeitige Trennung von Silvana etwas rar gemacht bei den Cenae seines Mentors Fabricius Tullus Maior. Bei den letzten Treffen hatte er sich daher auch erstmal wieder in die Diskussionen einfinden müssen, die oft auf Gespräche bei vorhergehenden Treffen verwiesen, die er natürlich verpasst hatte. So langsam wurde es wiede besser und grade das heutige Treffen konnte und wollte sich der Helvetier nicht entgehen lassen, denn vor wenigen Tagen war sein Patron zum neuen Flamen der Provinz ernannt worden und natürlich wurde es auch an diesem Abend thematisiert.


    Natürlich war eine Nachfolge von Sulpicius unvermeidlich. Er ist doch in den letzten Jahren doch kaum noch in Erscheinung getreten und wenn, dann nur noch, um ihm unliebsame Kulte zu schikanieren. Es war für mich schon eine Überraschung, dass er bei der Amtseinführung von Duccius Verus anwesend war. Deswegen kann ich für mich nur festhalten, dass wir mit dem neuen Flamen deutlich besser aufgestellt sind.


    argumentierte Curio in die Gruppe hinein, recht offen, wie es für die Treffen üblich war, da es zum Ehrenkodex der Mitglieder gehörte, das hier besprochene innerhalb dieser vier Wände zu belassen. Andernfalls hätten Fabricius und die übrigen Anwesenden wahrscheinlich auch ihre Konsenzen gezogen und die gegenseitige Unterstützung umgehend eingestellt, was mit Blick auf einige hochrangige Mitglieder der Runde durchaus zu Problemen führen konnte. Abseits des duccischen Einflusses wusste Curio nämlich sehr gut, dass er zum Beispiel das gute Ergebnis im Vicus Navaliorum bei seiner letzten Wahl vor allem den hier geknüpften Kontakten zu verdanken hatte.


    Für die Neuen hier: So sieht die mustergültige Unterstützung eines Klienten für seinen Patron aus.


    antwortete der alte Fabricier süffisant, trank einen großen Schluck aus seinem Becher und ließ dem ein Stück Hühnchen folgen. Curio blickte zu dem ehemaligen Reiteroffizier und schüttelte mit einem leichten Grinsen seinen Kopf.


    Selbst wenn ich nicht Verus' Klient wäre und darüber hinaus auch sein Schwiegersohn, das soll natürlich nicht unter den Tisch fallen, hätte ich für die Ablösung von Sulpicius plädiert. Dass nun allerdings mein Patron sein Nachfolger wird, freut mich derweil natürlich umso mehr.

    Curio nahm auf dem ihm angebotenen Sessel platz, ließ sich den Becher reichen und erwiderte den Trinkspruch:


    Auf die neuen Zeiten!


    In der Tat waren die Kulte schon seit längerem darauf bedacht gewesen, den alten Flamen Sulpicius Segimundus sachte zum Rücktritt zu bewegen, doch war der alte Mann mit zunehmendem Alter umso starrsinniger geworden und am liebsten wäre er wohl bei einem Opfer einfach weggesackt und liegen geblieben, um seinen Körper zum letzten und ultimativen Opfer für die Götter - wohlgemert vornehmlich die römischen Götter! - zu stilisieren, um die römische Gesellschaft vor den einrückenden Germanenscharen zu schützen. Curio hatte hinter geschlossenen Türen schon oft die Augen über den alten Priester verdreht, der ein dermaßen weltfremdes Religionsideal vertrat, dass einen nur schütteln konnte. Grade zuletzt hatte ihm darüber hinaus auch noch eine Krankheit praktisch ans Bett gefesselt und es war für Curio ein Wunder, dass er überhaupt bei der Amtseinführung seines Nachfolgers anwesend gewesen war.


    Dein Amtsvorgänger war ja nun in seinen letzten Jahren schon nicht mehr sonderlich präsent. Es wurde höchste Zeit, dass jemand das Amt übernimmt, der sich auch tatsächlich darum bemüht, es auszufüllen.


    antwortete Curio sehr offen gegenüber seinem Patron, begann dann aber in seiner Tunika zu nesteln und den erwähnten Culullus aus der Tunika zu ziehen.


    Nun, ich möchte dir noch ein kleines Geschenk zur Ernennung machen. Ich habe den Opferkelch extra für dich anfertigen lassen.

    Manchmal war das Leben eben kein Ponyhof und oft genug hieß es dabei nicht Wünsch dir was, sondern so ist es. Für Curio war es nichts Außergewöhnliches, dass es hier in dier Stadt keine Tempel für alle Götter gab. Dafür verfügte die Stadt über das obligatorische Capitolinum zur Verehrung der kapitolinischen Trias, über einen recht großen Apollo-Kult, der in Verbindung mit den göttlichen Persönlichkeiten Grannus und Mogon den Stadtpatron Apollo Mogon verehrte, einen recht großen Mars-Kult, der von den Einheimischen einerseits mit dem örtlichen Stammesgott Leucetius verbunden wurde, andererseits aber auch durch die beiden hier stationierten Einheiten des Militärs naheliegend war. Allerdings kam ihm dann doch noch eine Idee.


    Nun, das Sacellum im Vicus Salutaris ist mehr ein kleiner Tempel, als eine einfach Nische in einer Häuserwand. Es ist jedenfalls die nächste Möglichkeit vom Stadtzentrum aus gesehen, ein Opfer an Mercurius zu vollziehen, auch ein blutiges Opfer. Für einen richtigen Tempel müsstest du etwas weiter raus nach Westen. Dort befindet sich in der kleinen Siedlung Fontanetum ein Tempel für Merkur und Rosmerta. Doch gehört diese im engeren Sinne nicht mehr wirklich zu unserem Stadtgebiet, auch wenn der Austausch dorthin ziemlich lebhaft ist.


    erklärte der Helvetier und hörte sich dann auch noch den übrigen Teil an.


    Ah, eine Metzgerei und eine Kleintierzucht. Das wird die Kulte der Stadt sicherlich freuen, zumal sie auch immer nach Möglichkeiten schauen, Opfertiere zu bekommen.


    fuhr er fort und wartete dann ab, ob es noch weitere Fragen gab.

    Die Wasserdusche traf ihn dann doch ein wenig überraschend. Auch wenn er sicherlich hätte wissen können, dass die beiden was ausheckten und ein Blick ausreichen konnte, damit sich die beiden gegen ihn verbünden konnten. Sie verbrachten nun einfach mehr Zeit miteinander und jetzt, wo Silvana erneut schwanger war, würde die Zeit sicherlich noch zunehmen. Anstatt aber nun in die Wasserschlacht einzusteigen, hockte er sich hin und nahmen seinen Sohn noch mal fest in den Arm und trocknete sein nasses Gesicht ab der noch feuchten Tunika seines Sohnes, der laut lachte, während Curio die Tunika des kleinen als Handtuch zweckentfremdete.


    So so, eine Wasserratte. Dann sollten wir doch mal wieder zum Rhenus gehen, da ist noch viel mehr Wasser.


    antwortete der Helvetier lächelnd, richtete sich auf und blickte nun seine Frau an.


    Ich habe hervorragende Neuigkeiten für uns. Dein Vater wurde heute zum Flamen Divi Augusti ernannt. Du weißt ja, was das für uns bedeutet?

    Gute Nachrichten hatten die letzten Tage beherrscht. Sein Schwiegervater und Patron war zum Flamen der Provinz ernannt worden und hatte damit das Ziel erreicht, dass er nun schon seit Jahren verfolgt hatte. Daher wollte Curio auch die darauffolgende Salutatio bei dem Duccier nicht verpassen und hatte anlässlich der Ernennung auch ein kleines Geschenk mitgemacht, dass er bei einem Händler seines Vertrauens erworben hatte. Ein tönernes Culullus, ein Kelch für Trankopfer, der kunstvoll gearbeitet und mit getöpferten Blumenranken verziert war. Curio hatte dem Händler auch einen Bonus gegeben, damit das Objekt ganz oben auf der Prioritätenliste gelandet war und in den wenigen Tagen bis zur Salutatio fertiggestellt werden konnte. Zur Erinnerung an diesen Tag war unter dem Fuß eingeritzt worden "I. Helv. Curio seinem Patron und Schwegervater D. Ducc. Verus" und das Datum der Ernennung zum Flamen.


    Lange musste Curio auch dieses Mal nicht warten, bis er zu dem Duccier vorgelassen wurde und nun trat er mit einem gutgelaunten Lächeln auf den neuernannten Flamen zu.


    Salve, Verus! Ich gratuliere dir erstmal zu deiner Ernennung und hoffe, dein neues Amt hat dich nicht schon in deinen ersten Tagen über Gebühr beansprucht?


    sagte er lächelnd und wartete ab, was der Duccier vielleicht sogar von seinen ersten Amtstagen zu berichten hatte.

    Auch wenn die Sicherheitsmaßnahmen in diesem Haus und bei seinen Wegen zu Terminen nach dem Angriff auf seine Person deutlich erhöht wurden, war die Casa Helvetia doch immer noch ein offenes Haus für die Einwohner der Stadt. Sie kamen in die Taberna Medica, sie kamen mit Bittschriften und sonstigen Anliegen zu Curio und germanischstämmige Einwohner suchten seine Frau auf, die als Godin Ansprechpartnerin in allen Lebenslagen war. Sie konnten sich hier nicht verschanzen, also taten sie es auch nicht, sondern versuchten mit anderen Maßnahmen zu handeln. Daher kamen auch unbekannte Gäste, wie der Sergius recht leicht ins Haus und wurden mit allgemeiner Freundlichkeit begrüßt, wenn man mal von den misstrauischen Blicken des Custos im Atrium absah.


    In der Tat gibt es im Vicus Apollinensis, dem Stadtteil innerhalb der Stadtmauern, keinen gesonderten Kultort für Mercurius. Zwar haben wir im Capitolium ein paar Seitenaltare für einige Götter, die gar keine Kultorte in unserer Stadt haben, aber Mercurius gehört nicht dazu. Stattdessen wird er besonders in einem Schrein im Vicus Salutaris verehrte, der sich gut eine halbe Meile nördlich der Innenstadt befindet. Er ist durch die weitaufragende Iuppitersäule eigentlich nicht zu übersehen. Wenn du an ihr vorbeigehst, siehst du den Schrein bereits vor dir, direkt neben dem militärischen Hafen dort.


    erklärte der Helvetier und blinzelte kurz.


    Ähm, natürlich heiße ich dich auch erstmal hier in der Stadt willkommen, die ja immer gerne Händler in ihre Einwohnerreihen aufnimmt. Darf ich fragen, wo sich dein Haus befindest und in welchem Gewerbe du tätig bist?

    Curio blickte sich grade im Schrankraum um und hörte derweil der Befragung des Iuliers zu. Bislang hatte er nichts verdächtiges gefunden, wobei er es ohnehin für wahrscheinlich hielt, dass sie hier in einem öffentlichen Raum etwas finden würde und daher hoffte er, dass die Legionäre im Obergeschoss und im Kellergeschoss erfolgreicher sein würden. Doch grade als er sich auf den Weg nach oben machen wollte, griff ihn jemand von hinten umfasste seinen Hals und nestelte an seiner Tunika herum. Alles passierte so schnell, dass Curios Kopf einen Moment brauchte, um zu verstehen, dass der Kerl an seinen Dolch kommen wollte. Panik stieg in dem Helvetier hoch und anstatt sich direkt gegen den Kerl zu wehren, kämpften ihre beiden Hände um die kurze Waffe, bevor Curio es irgendwie schaffte, sie dem Kerl aus der Hand zu schlagen, sodass sie klirrend vor den Füßen der hier verbliebenden Soldaten zu liegen kam. Doch noch hatte ihn der Kerl immer noch am Hals.


    Du kommst hier eh nicht raus, also lass mich los.


    presste Curio hervor und blickte zu den Soldaten, in die er das Vertrauen setzte, dass sie eingreifen würden.

    Es dauerte nicht lange bis Curio ins Triclinium trat und nun ebenfalls den Gast musterte. Er war ihm als Bürger mit dem Namen Sergius Plautus vorgestellt worden und der Name Sergius war ja in der römischen Geschichte seit dem berüchtigten Catilina nicht mehr allzu verlässlich. Wahrscheinlich hatte der Gast aber ja gar nichts mehr mit dem patrizischen Zwei Catilinas gehörte, der seinerzeit versucht hatte, die Republik zu stürzen, und Curio ging schließlich auf ihn zu, wie er auf jeden seiner Gäste zuging und reichte ihm die Hand.


    Salve, Sergius und willkommen in der Casa Hevetia.


    grüßte er, setzte sich auf den gegenüberliegenden Korbstuhl und blickte kurz zu den dicken Vorhängen, die den Raum vom Triclinium trennten.


    Mein Ianitor sagte mir, dass du mich wegen eines Opers aufsuchst. Was kann ich also für dich tun?

    Mit bezeichnend guter Laune kam Curio nach der guten Nachricht vom Forum in der Casa Helvetia an, immer noch im Gespräch mit Acanthos und Firmus, während der zweite Custos sich von der Casa Helvetia aus wieder nach Hause begeben konnte. Dort wartete jetzt eigentlich bereits das Abendessen, doch offensichtlich hatte sich Silvana bei den angenehm warmen Temperaturen entschieden mit ihrem Sohn im Atrium und am Impluvium zu spielen und den kleinen Helvetier frech mit Wasser zu bespritzen, was dieser ihr natürlich nachtat. Als Curio daher nach Hause kam, traf er die beiden dort im Atrium vor, begrüßte seine Frau in ihrer mit Wasser bespritzten Tunika mit einem Kuss und seinen Sohn, deutlich nasser als seine Frau, da er wohl auch zwischendurch ins Impluvium gestiegen war, mit einer festen Umarmung.


    Meine beiden Liebsten, wie war euer Tag?


    Vielleicht hatte Cornutus ja irgendwas neues gemacht oder es war noch irgendwas vorgefallen, während Curio im Tempel gewesen war. Wie auch immer, lange würde er nicht warten, bis er Silvana von der guten Nachricht erzählen würde, zumal sie ja wahrscheinlich durch ihre beiden Kultkollegien bei der morgigen Amtseinführung ohnehin anwesend sein musste.

    | Liam


    Der Ianitor schaute sich den Gast nochmal genau an. Ein bisschen jovial, wie er fand, aber das hatte er ja nicht zu entscheiden. Er hatte Anweisungen, Gäste vorzulassen, wenn sie konkrete Anliegen hatten, die in die Aufgabenbereiche des Helvetiers fielen, und das machte er nun auch.


    Dann tritt ein.


    sagte der Brite, öffnete die Tür und führte den Gast ins Triclinium. >>>

    Das Triclinium war bis zum Abendessen immer für spontane Besuche von Menschen aus der Stadt hergerichtet, was hieß, dass zwischen zwei Korbstühlen ein kleiner Beistelltisch stand, während an der Stirnseite des Raums der große hölzerne Esstisch von zwei der drei obligatorischen Klinen umrahmt wurde. Die dritte Kline stand an der linken Wand des Raums, einige weitere Stühle mit der Lehne vom Tisch weg und an diesem. Das Triclinium war ohnehin bereits der Mittelpunkt des Hauses und wurde zudem auch zum repräsentativen Raum, der natürlich nicht aussehen durfte, wie ein Abstellraum, was durch die durchdachte Anordnung aber auch nicht so war.


    Der Ianitor führte den Sergier durch den Flur und das Atrium, wo wie immer der Custos Roderiq einen Blick auf alle Eingänge hatte, und brachte den Gast nun in den das hergerichtete Triclinium, sagte ihm, dass der Hausherr gleich erscheinen würde und ließ ihn dann dort alleine. Natürlich stand es dem Segie frei, sich nun direkt zusetzen oder noch einen Blick durch die mannshohen Fenster auf die beiden kleinen Gärten zu werfen, die den hellen Raum umarmten.

    | Liam


    Der britische Ianitor saß wie immer auf seiner kleinen Bank neben der Tür und schnitzte an einer Holzfigur, als es klopfte. Die kleinen Figürchen schenkte er entweder seiner Freundin Gwyn oder den beiden Kindern des Hauses, die diese gerne sammelten und lautstark mit ihnen spielten. Nun allerdings rief wieder die Pflicht, sodass er sein Schnitzzeug beiseitelegte, sich erhob und die Tür einen Spalt öffnete.


    Salve! Du stehst vor der Casa Helvetia. Was kann ich für dich tun?


    sagte er seinen keinen Standardspruch auf und musterte den fremden Mann von oben bis unten.

    Es dauerte einige Zeit, bis Curio wieder etwas von seinem Sekretär sah. Bis dahin blieb er aber nervös. Er wollte sich nicht selbst in die Menschentraube stürzen, denn spätestens nach dem Angriff auf dem Forum war er vorsichtig geworden. Übervorsichtig würden wohl andere sagen, aber der Helvetier lebte seitdem nach dem Motto, dass Vorsicht besser als Nachsicht war. In diesem Sinne standen die beiden Custodes eng bei ihm und hatten ihn auch bereits zu einer Häuserwand geführt, wo die mögliche Angriffsfläche der Gruppe um gut die Hälfte verringert wurde. Dennoch hielt Curio seinen Blick weiter auf die Menschentraube gerichtet, bis aus dieser schließlich wieder der makedonische Sklave herausdrang und auf die kleine Gruppe zulief. Was Dringendes konnte es also nicht sein, schloss Curio, denn sonst wäre Acanthos deutlich unruhiger gewesen und auch eher zur Gruppe gelaufen, als gegangen.


    Als er dann bei ihnen ankam strahlte er übers ganze Gesicht.


    Es gibt gute Nachrichten: Der Statthalter hat deinen Patron zum Flamen Divi Augusti ernannt. Der alte Flamen scheint in den vergangenen Tagen verstorben zu sein, was aber unter Verschluss gehalten wurde, damit es keine Unruhen gibt.


    sagte der Makedone und sah, wie ein wenig der vorherigen Anspannung von Curio abfiel. Natürlich waren das hervorragende Neuigkeiten, nicht nur für seinen Patron und Schwiegervater, der damit das höchste kultische Amt der Provinz innehatte, sondern auch für den Helvetier, da mit dem Aufstieg von Verus gleichzeitig dessen Sitz im lokalen Collegium Pontificium frei wurde und dieser - so war es mit Verus abgesprochen - an Curio fallen sollte.


    Danke, Acanthos. Wir sollten nach Hause. Firmus, wir gehen nicht über das Forum, sondern nach Süden und dann an der Stadtmauer entlang zum Stadttor. Acanthos, sobald wir zu Hause sind, schau bitte, wann die nächste Cena bei Tullus Maior stattfindet und sag mein Kommen zu.


    sagte Curio und alle beiden nickten auf seine Anweisungen hin. Ganz unbesorgt war der Helvetier natürlich nicht, das hätte aber auch nicht seinem Naturell ansprochen und die Art und Weise der Ernennung von Verus war zwar schnell und unbürokratisch, bedeutete aber wohl auch, dass hier sehr schnell, sehr viele Leute überzeugt worden waren - und zugleiche jede Menge Leute nicht in die Entscheidung einbezogen worden waren. Das war zwar auch nicht unbedingt nötig, aber letztlich sorgte sowas immer dafür, dass sich jemand auf die Toga getreten fühlte und was das, grade für Curios Kandidatur um das Pontifikat heißen würde, musste sich noch zeigen.


    Nun wollte er aber erstmal nach Hause, um dort mit seiner Frau über die neue Lage zu sprechen und vor allem einen Plan zu erstellen, wie er bei seiner Kandidatur voranschreiten würde.

    Der Arbeitstag im Tempel war lang gewesen, aber Curio war froh, dass alles wieder seinen geordneten Gang ging. Silvana war wieder zu Hause und Iuno hatte ihnen zur Versöhnung eine Schwangerschaft geschenkt, die Arbeit im Tempel füllte ihn aus und die innerstädtische Sicherheit hatte sich in den letzten Wochen ein wenig beruhigt, sodass der Druck auf die Lokalpolitiker ein wenig abgenommen hatte. Überdies kehrte langsam der Frühling in das kalte Germanien ein und wenn man jetzt mal von der Schafskälte absah, die womöglich noch kommen würde, war es doch grade recht angenehm. Auch jetzt noch, als die letzten Strahlen der Sonne die Luft erwärmten. Curio versperrte nun noch die Tempelpforte für die Nacht, nachdem er alle Tempelsklaven in ihre Unterkünfte und die Discipuli nach Hause geschickt hatte, und würde nun noch mit Acanthos und den beiden Custodes eine Runde um das Tempelgebäude machen, bevor es dann auch für sie nach Hause ginge. In der Casa Helvetia wartete seine Familie auf ihn und eigentlich wollte er so schnell wie möglich dorthin, doch grade als er den Tempel zu drei Vierteln umrundet hatte, fiel ihm eine Menschenansammlung vor der Regia des Legatus Augusti pro Praetore ins Auge.


    Die Stirn des Helvetiers legte sich in Falten und der Blick zu seinem makedonischen Sklaven verriet, dass es ihm wohl ewig ging.


    Lauf hinüber und schau, was es Neues gibt. Hoffentlich ist es nichts Ernstes.


    sagte er zu dem Sklaven, der nickte, hinüberlief und sich mit seinen Ellenbogen den Weg durch die Menschentraube bahnte. Curio wartete derweil mit den beiden Custodes, einer von ihnen sein neuer leitender Custos, der sich kritisch umschaute. Die Nachricht schien ihm entgegen zu sein, was hieß, dass sie noch nicht lange hngen konnte, da er normalerweise in seiner freien Zeit regelmäßig auf dem Forum war, um sich den aktuellsten städtischen Klatsch anhören zu können. Jetzt allerdings war er offensichtlich genauso nervös, wie Curio, der konzentriert zur Regia blickte, von wo aus er lautes Gemurmel hören konnte.

    Mann konnte Curio die Besorgnis gut ansehen. Die Stirn leicht gerunzelt stand er im Türrahmen und blickte seine Frau an. Natürlich wäre es eine Katastrophe, wenn sich Silvana aufgrund ihres Streits irgendeine Krankheit geholt hätte, womöglich noch eine schwere Krankheit... Und das wegen einer Nichtigkeit, die sie auch hätten lösen können, wenn sie beide nicht so stur gewesen waren. Daher hielt er sich auch zurück, sagte nichts, beobachtete nur die Untersuchung, das Abnahme des Herzschlags am Arm, das Abtasten des Bauches. Freilich verstand Curio die Bedeutung der Untersuchungen nur so halb und hätte mit den Ergebnissen auch nichts anfangen können, daher hörte er gespannt zu, was Alpina Frage und Silvana antwortete.


    Die Diagnose Alpinas - wenn man es denn so nennen mochte - fiel dann anders aus als erwartet - wenn Curio denn überhaupt irgendwas erwartet hatte - und ließ den Helvetier erstmal einige Augenblicke ratlos zurück.


    Schwanger...


    wiederholte er das Wort, ohne dass es irgendeine Bedeutung für ihn annahm, obwohl er natürlich eigentlich wusste, was es bedeutete, und dass es eigentlich eine gute Nachricht war und der Versöhnung nun noch eine Honigfüllung verpasste, doch verstehen konnte er es grade noch nicht so wirklich - bis es dann doch klick machte.


    Mit einem Mal wich die Verwunderung im Gesicht des Helvetiers er trat zuerst zu seiner Frau an die Liege, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, und umarmte dann Alpina ein feste.


    Das ist ja großartig. Danke dir, Alpina, danke schön. Und sonst, ist Runa soweit gesund? Und woher kommen die Schmerzen?

    Ist es vielleicht möglich, im Neubürgerbereich unter dem Anmeldeboard noch ein weiteres mit jenen Gesuchen zu eröffnen, die auch im CSB hinterlegt werden? Auf diese Weise hätten auch Bewerber auch gleich hier noch einen ÜBerblick darüber, wer was sucht.

    Schweigend folgte Curio den beiden Frauen in den Behandlungsraum. Er hatte kurz überlegt, ob er die beiden während der Untersuchung alleine lassen sollte, zumal da sicherlich auch Dinge besprochen wurden, die ihn nichts angingen und wahrscheinlich auch solche, die er nicht wissen wollte, aber nach der soeeben erst erfolgten Versöhnung, war er einfach nur froh, dass er Silvana jetzt wieder an seiner Seite hatte und wollte da jetzt auch keine Signale ausstrahlen, die vielleicht auf ein mögliches Desinteresse an seiner Frau schließen lassen könnten. In dem kleinen Zimmer jedoch hielt er sich dann weitgehend zurück, lehnte sich in den Türrahmen und hörte zu, wie sich die beiden Frauen austauschten.

    Der Rückweg von der Villa Duccia hatte ein wenig länger gedauert, als sonst, da man Rücksicht auf Silvana hatte nehmen wollen. Die Schmerzen in ihrem Bauch machten Curio Sorgen, hinterher war er noch dafür verantwortlich, da er den Streit zwischen ihnen beiden dermaßen hatte eskalieren lassen. Daher brachte er seine Frau auch nicht gleich ins Haus, sondern machte den Umweg über die Taberna Medica, wo er um diese Zeit Alpina vermutete, die gleich eine Untersuchung vornehmen konnte, damit hier auch nicht unterging.