Beiträge von Iullus Helvetius Curio

    Mitten in der Nacht schreckte Curio hoch. Er brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen wo er war - noch immer hatte er von Zeit zu Zeit Momente, an denen er beim Aufwachen erst langsam realisieren musste, dass der Traum der eigenen Casa Helvetia endlich Realität geworden war - und einige Augenblicke mehr um sein galoppierendes Herz durch langsames regelmäßiges Atmen wieder zu beruhigen. Draußen regnete es grade in Strömen, offenbar ein längerer Schauer, der ebenso wie die kürzen des vergangenen Tages irgendwann abebben würde. Zudem sah er durch die Vorhänge die zuckenden Blitze. Offenbar hatte ihn ein lautes Donnergrollen aus dem Schlag gerissen und er hoffte, nur dass kein Blitz in der Stadt eingeschlagen hatte. Wie auch immer: Iuppiter hatte offenbar schlechte Laune.


    Nur halbwach und mit rasendem Puls setzte sich Curio in seinem Bett auf, lehnte sich an das Kopfteil des Betts und beobachtete das Aufleuchten der Blitze durch die geschlossenen Vorhänge. Der Traum, aus dem er hochgeschreckt war, war nicht unbedingt besser. Es war eine Hochzeit, seine Hochzeit und als die Braut ihren Schleier lüftete, waren es nicht die blauen Augen Silvanas, die ihn anblickten, sondern die braunen Augen einer brünetten Frau, bei denen er sich sicher war, dass es sich doch noch um die Valeria handelte. Woher kam nur diese Angst, fragte er sich, als ein weiterer Blitz die Umgebung für nicht mal eine Sekunde in helles Licht tauchte und diesem nach wenigen Augenblicken das erwartbare Grollen folgte. Die Abmachungen waren getroffen, alles war besprochen und letztlich musste nur noch die Hochzeit stattfinden. Doch bis dahin konnte noch so viel passieren. Die Götter hatten es zulange so gut mit ihm gemeint und letztlich deuteten alle Zeichen darauf hin, dass er Silvana einfach heiraten musste, weil es genauso vorgesehen war. Alle hatten es mittlerweile verstanden - na ja, seine Mutter war zwar nicht begeistert, begann aber langsam, sich damit abzufinden und erste Hochzeitspläne zu schmieden - und dennoch...


    Natürlich waren seine Ängste letztlich unbegründet. Aber sie waren da und sie würden wahrscheinlich auch solange da sein, bis Silvana hier als seine Ehefrau neben ihm läge.

    Am Tag des Opfers schlängelte sich die Prozession um die Mittagszeit bereits durch die Straßen der Stadt. Rammius hatte, mit Blick auf den privaten Charakter des Opfers, eine erstaunliche große Zahl an Begleitern zusammengebracht, die ihn zum Tempel begleiteten. Seine gesamte Familie und der gesamte Haushalt waren dabei, seine Frau, seine beiden Kinder, alle Sklaven des Hauses, von denen einer das stolze Pferd am Zaumzeug führte und zwei andere einen kleinen Wagen mit den übrigen Opfergaben zog. Hinzukamen ehemalige Kameraden, persönliche Freunde und natürlich eine ganze Reihe von Klienten, die der Rammier im Laufe seines Lebens angesammelt hatten. Flankier wurde die Prozession mit Flötenspielern, den mit ihrer Musik einen langsamen Marschtakt vorgaben. Da der Rammius eine große Prozession haben wollte, er aber doch relativ nah am Apollo-Tempel wohnte, schlug Curio vor, die südliche Stadtmauer entlang zu gehen, dann auf das Forum abzubiegen, dieses zu überqueren und schließlich direkt auf den Vorplatz des Apollotempels zu gehen. Diesen Vorschlag hatte der ehemalige Decurio gerne angenommen. Auf diese Weise waren die Flöten bereits während der ganzen Zeit zu hören gewesen und schwellte erst dann richtig an, als sie den Vorplatz des Tempels erreichten.


    Dort herrschte bereits seit dem frühen Morgen ein reges Treiben. Curio hatte einen weiteren, dienstälteren Aedituus hinzugerufen und insgesamt acht Ministri für das Opfer eingeteilt. Da dafür selbst die Kapazitäten des großen Apollo-Tempels nicht ausreichten, musste er sich aus dem Capitolium ein paar Discipuli ausleihen. Zum Glück hatte Curio frühzeitig anfragen können und da der Kontakt dorthin ohnehin sehr gut war, stellte das auch kein Problem dar. Sehr früh hatte Curio die Aufgaben verteilt, sowohl im Tempelinneren, als auch am Opferaltar alles vorbereiteten lassen und stand nun mit ernstem Gesicht auf den Stufen zur Pforte und wartete, dass die Prozession am Tempel ankam. Der Vorplatz hatte sich nicht zuletzt durch die öffentliche Ankündigung des Opfers durch Rammius selber, aber auch durch die aufwändige Prozession und die laute Musik bereits gut gefüllt. Ein Teil des Fleisches sollte danach unter den Zuschauern verteilt werden.


    Als die Prozession nun auf dem Platz ankam, bot sie jenes eindrucksvolle Bild, dass Curio erwartet hatte. Vorneweg ging, sich auf einen Gehstock stützend, der Opferherr. Ihm folgte das weiße Pferd. Praktischerweise handelte es sich um einen Schimmel, sodass nur die wenigen über den Körper verteilten schwarzen Flächen abgetüncht werden mussten. Zufrieden nahm Curio zu Kenntnis, dass dies offenbar gut geklappt hatte, sodass der Opfertier nun, reichlich geschmückt und strahlend weiß, einen vorbildlichen Eindruck machte. Mit dem Anschwellen der Musik bildete sich eine Gasse, durch die die Prozession nun durchmarschierte. Am Tempel angekommen wurde das Pferd beiseite geführt und vier Ministri gingen den rammischen Haussklaven zur Hand, um die Opfergaben in den Tempel zu bringen. Währenddessen wechselte Curio mit Rammius ein paar Worte, klärte ihn nochmal in aller Kürze über das Prozedere des Opfers auf und blickte sich dann zu den Ministri um, die er gebeten hatte, ihm ein Zeichen zu geben, sobald im Tempel alles vorbereitet war. Als er das abgesprochene Zeichen sah, wandte er sich wieder dem Rammier zu, der sich, ebenso wie alle seine Begleiter seine beste Toga angelegt hatte.


    Wir können beginnen, Rammius.


    sagte Curio kurz, erntete ein kurzes, leicht nervöses Nicken des Rammiers, bevor dieser sich seine Toga über den Kopf zog. Das Opfer konnte starten.

    Vor allem, wenn der Gesunde an einer langen Krankheit laboriert hatte, die nun durch die Hilfe des Apollo Grannus geheilt werden konnte. Dies war, im großen und ganzen, die Geschichte des Galeo Rammius Sabaco. Der ehemalige Legionsdecurio war bei einem Ausritt von seinem Pferd gefallen, nachdem es vor einem Wolf gekuscht hatte. Dabei hatte sich der Rammier das Bein gebrochen und der behandelnde Medicus hatte ihm kaum Hoffnungen gemacht, dass er je wieder vernünftig werden laufen können. Danach folgten Behandlungen des eingeschienten Beins, auch mit Salben, in denen das Heilwasser der Grannusquelle eingearbeitet war und schließlich leistete Rammius sogar dem Apollo Grannus ein Gelübde, dass er jenes Pferd opfern werde, das ihn abgeworfen hatten, für den Fall, dass Apollo ihn erhöre und sein Bein heilen würde. Nun, einige Monate, viele Schmerzen und noch mehr Training später, betrat der Rammier den Tempel, in dem Curio grade Dienst hatte und ließ sich zu dem Opfer anstehenden Opfer beraten.


    In jedem Fall plante der Rammius ein großes Opfer für seine Heilung. Bereits die Prozession, die duch den halben Vicus Apollinensis führen würde, war recht ausladend. Das Opfer selbst aber gehörte zweifelsohne zu den größten Opfern, die Curio bislang im Alleingang betreut hatte. Der unblutige Teil war mit ganzen drei Amphoren Wein, von denen ein Teil direkt in die Quelle gegeben werden sollte, fünf Laiben Brot und einer Apollo-Grannus-Votivfigur ziemlich aufwändig. Das persönliche Highlight für Curio war aber die Opferung des Pferdes, denn wenn er von der Supplicatio beim Drususfest am Anfang seiner Ausbildung und das große Totenopfer für den verstorbenen Kaiser absah, hatte er noch nie selbst in erster Reihe an der Opferung eines so großen Tieres mitgewirkt. Da er sich mit den Innereien der Pferde nicht auskannte, notierte sich Curio bereits, dass er einen der dienstälteren Aeditui hinzuziehen würde, um mögliche Fehler bei der Eingeweideschau zu vermeiden. So folgte noch der eine oder andere Hinweis auf die rituellen Formeln, eine zweite Verabredung, um gemeinsam die Opfergebete zu schreiben und schließlich das große Opfer, dass erst eine Woche später stattfand, um alle Vorbereitungen abzuschließen.

    Curio hatte in dieser Situation komplett die Fähigkeit verloren, die Gesichtsausdrücke der Menschen um ihn herum zu lesen. Stattdessen spürte er nur die Blicke der beiden anderen Männer und das Lächeln Indiras. Er versuchte es gar nicht es irgendwie zu deuten, die Deutung wäre auch wohl kaum zutreffend gewesen, sondern ließ sich zu einer der Klinen führen, wo offenbar bereits drei junge Frauen für ihn "bereitgestellt" worden waren. Wenn Curio so darüber nachdachte, taten ihm die Frauen schon ein bisschen leid, denn sie mussten hier quasi jedem Mann verfügbar sein und gerieten dann, wie jetzt auch noch in den Konkurrenzdruck, denn offensichtlich war es jetzt an ihm, eine dieser Frauen auszuwählen. So ließ er seinen Blick über die drei jungen Frauen schweifen.


    Zuerst blieb sein Blick bei der jungen Germanin hängen. Freja nannte man sie, nach der germanischen Ensprechung der Venus. Ihre langen blonden Haare und die feinen, neugierigen Züge erinnerten ihn ein bisschen an Silvana. Nur die grünen Augen bildeten einen Widerspruch. Mit Blick auf sein Ziel, sozusagen das Training für die Hochzeitsnacht mit einer ähnlich gebauten und aussehenden Frau, würde sie sich gut eignen - und er wollte schon auf sie deuten, als ihm bewusst wurde, dass er sich doch nicht für eine Silvana-Kopie entscheiden konnte. Schließlich suchte er ja keine Vergnügungsdame, die seinem Typ entsprach, sondern... na ja... eine Lehrerin. So entschied er sich schließlich für die junge Keltin.


    Ja... äh... eine gute Auswahl... ich... ähm... würde Dedina nehmen.


    antwortete er und blickte zu der jungen Keltin, um ihre Reaktion abzuwarten. Na ja, es war wohl mittlerweile auch für den simpelsten Geist klar, dass er keine Ahnung hatte, was er hier machte. Der Typ da vorne, der den Kopf einer anderen jungen Frau im Schoß und der zu seiner linken, der bereits mitten dabei war, hatten sicherlich nicht so rumgestottert.


    Erst jetzt ging sein Blick auch das erste Mal zu seinen Begleitern. Was würden sie wohl von der ganzen Geschichte hier halten?

    Da standen sie nun also. Es war kein besonders auffälliges Haus. Ganz im Gegenteil war es von außen sogar recht unspektakulär. Einzig einige fremdländische Namen an der Wand neben der Tür verrieten, was hinter der Tür zu finden war. Zusätzlich waren bereits hier einige gedämpfte Geräusche zu hören, die ankündigten, was wohl auch Curio nun gleich erleben durfte...


    Auf das Klopfen Thorgalls wurde die Tür auch gleich geöffnet und sie wurden ins Innere geführt und bereits im Atrium trafen sie auf mehrere Pärchen auf insgesamt sechs Klinen, die sich vergnügten. Auf der einen Kline saß ein junge Frau, die den Schoß eines älteren Mannes... bearbeitete? verwöhnte? Er wusste nicht, wie er es beschreiben sollte. Sicher war nur, dass der Mann offensichtlich seinen Spaß dabei hatte. Curio brauchte einen Augenblick, bis er sich von diesem Anblick lösen konnte, doch als er seinen Blick nach rechts wandte, war auch gleich das nächste Paar zu sehen. Hier saß die Frau auf dem Mann und bewegte sich rhytmisch auf und ab. Auch hier verharrte Curios Blick und fast könnte man meinen, dass sein Blick interessierter wurde. Jedenfalls regte sich nun auch bereits an anderer Stelle etwas. Dies wiederum kannte er mittlerweile schon sehr gut, doch war es in der letzten Zeit vor allem sein Besteben gewesen, genau das so gut es ging zu unterdrücken. Auch hiervon musste er sich lösen, da er förmlich spüren konnte, wie sein unerfahrenes Starren für Belustigung bei seinen Begleitern führte. Doch auch die Wand, an die er seinen Blick letztlich zu flüchten versuchte, war keine Hilfe, denn auch dort waren zahlreiche Zeichnungen von dem zu sehen, was hier im Atrium von den Paaren betrieben wurde.


    Curio musste durchatmen, als letztlich eine junge Frau zu ihnen trat. Sie war nur leicht bekleidet, wobei sie eigentlich eher unbekleidet, als bekleidet war, wenn man von den wenigen Stoffteilen absah, die jene Stellen bedeckten, die ihre Fraulichkeit ausmachten. Die junge Frau fragte schnell, ob er der "besondere Gast" sei. Offenbar hatte man, vermutlich Thorgall, sie bereits über seine Lage informiert.


    Ähm.. ja... äh... salve!


    stotterte er schließlich aus dem unangenehmen Gefühl heraus, sicht nicht nur ertappt zu füllen, so gestarrt zu haben, sondern dass auch zwei Augenpaare auf ihm ruhten, für die das hier alles völlig normal war.


    Das... ähm... ist wohl richtig.


    sagte er schließlich und trat einen schritt vor. Jetzt, wo er nur noch einen Schritt von der jungen Frau entfernt war, musterte er erstmal ihr Gesicht und ihren Körper. Sie war gut gebaut, ohne Frage, und hätte ihr Gesicht nicht solch harte Züge, würde er sie fast schon als hübsch bezeichnen. Natürlich längst nicht so hübsch wie Silvana. Das verstand sich von selbst.

    Silvana hatte Thorgall einen Tag vorher schriftlich angekündigt. Und da sonst niemand erwartet wurde, war es Curio, der, entgegen jeder Etikette, selbst öffnete und den Germanen in die Casa einließ. Das Vestibulum war damit bereits recht voll, denn mit Curio waren noch Corvinus und auch der Ianitor Liam im Eingangsbereich. Der Brite schnitzte gelangweilt an einem neuen Holzstück herum, hatte dabei aber ein andauerndes verschmitztes Grinsen auf dem Gesicht. Und auch bei seinem Bruder bildete Curio sich ein, dass er dieses immer dann aufsetzte, wenn Curio grade nicht hinschaute.


    Kurz: Es war jetzt schon unangenehm. Und es würde mit Sicherheit nicht besser werden.


    Ähm, grüß dich Thorgall...


    begrüßte Curio den Germanen nun erstmal und nahm die Kleidungsstücke dankend an, die er sich auch gleich überzog. Reden konnte er aber erstmal nicht, denn für ihn gab es eigentlich nichts weiter zu bereden. Eigentlich wollte er es nur schnell hinter sich bringen. Doch war der Fußweg zum Lupanar noch lang genug, um sich so einges anhören zu müssen.

    Erneut genoss Curio die kleinen, versteckten Liebkosungen Silvanas. Sie beide hatten diese Gesten in den letzten Monaten praktisch perfektioniert, denn obwohl sie nun auch eine quasi-offizielle Beziehung verband, mussten sie auch heute, ebenso wie in den letzten Monaten, eben das noch so gut wie möglich verschleiern. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre alles andere Silvana gegenüber auch nicht zu verantworten, denn schließlich ging es nicht nur um seine, sondern auch um ihre weiße Tunika aus der Sicht der Gesellschaft. Dann verabschiedete auch er sich mit einem Nicken, einem leisen


    Bis morgen.


    und blickte ihr dann noch einige Augenblicke nach. Viel Zeit blieb ihm dafür aber nicht, da er bereits die Blicke der Tempeldiener in seinem Nacken spürte, die interessiert hochblickten.


    Jetzt gehts aber wieder an die Arbeit!


    war die strenge Erwiderung Curios darauf, ging die arbeitenden jungen Leute ab, schaute jedem demonstrativ kurz über die Schulter, gab hier und da kleine Anmerkungen und machte sich dann auch selbst wieder an die Arbeit.

    Mit einem kurzen Lächeln quittierte Curio die kleine Vertraulichkeit Silvanas. Sie waren wichtig für sie beide, diese Kleinigkeiten, mit denen sie an der Öffentlichkeit vorbei ihre Liebe vollzogen. An mehr war ja ohnehin nicht zu denken, bis sie verheiratet waren.


    Tu das bitte, Duccia. Und ja, wir sehen uns bestimmt bald wieder.


    Und leise fügte er mit einem Schmunzeln an.


    Morgen Nachmittag bei euch an eurem Gartenwasserfall?


    Solange sie nicht händchenhaltend über das Forum spazierten, sollte ja alles in Ordnung sein. Schließlich waren sie längst nicht mehr nur noch zwei Aeditui, sondern fast schon verheiratet. Wenn zudem dann noch eine weitere Person dabei war, konnten zudem auch noch die letzten Sorgen ausgeräumt werden, dass dabei absolut nicht passierte, was als moralisch zweifelhaft aufgefasst werden könnte.

    gemeinsam mit


    [Blockierte Grafik: http://abload.de/img/curvusg3oy3.jpg]| Lucius Helvetius Curvus


    sowie


    | Decria Timarcha


    Ungerührt hörte sich der alte Primus Pilus das Angebot des Ducciers an. Sanft strich er mit seinen Finger währenddessen über den Knauf seiner Vitis. Als der Duccier geendet hatte, lehnte er sich nun ebenfalls nach vorne, kniff die Augen zusammen und räusperte sich. Was konnte sein Sohn davon gebrauchen: Das Pferd? Auf jeden Fall. Die Pelze? Natürlich. Saatgut war auch immer gut und vielleicht könnte er ja noch den einen oder anderen Schatz aus den Tiefen des Lager der Freya Mercurioque zutage fördern. Aus den Eisenbarren könnte sich sein Sohn ein vernünftiges Schwert anfertigen lassen, für den Fall, dass er doch noch verstand, dass ihm das Militär im Blut lag. Auch die Feinkeramik würde den hiesigen Haushalt auffüllen, denn seine Frau hatte ihm erzählt, dass da noch einiges fehlte, vor allem, wenn hier mal größere Gesellschaften stattfinden würden, zum Beispiel eine Wahlkampfveranstaltung eines kommenden Duumvirs (warum auch immer sie das besser fand, als ein eigenes Teilkommando als Centurio oder gar Tribun). Für die Werkzeuge jedoch wollte ihm keine vernünftige Verwertung einfallen.


    Mit einer bewussten Bewegung ließ er ein Stück Käse in seinem Mund verschwinden und spülte es mit einem großen Schluck verdünnten Weins (Warum hatte man ihm eigentlich keine Posca angeboten? War das für die beiden Duccier etwas unter ihrer Würde?) hinunter und schmatzte kurz, bevor er selbst ansetzte.


    Das klingt alles sehr gut. Aber vergiss die zwei Lagen Werkzeug. Stattdessen habe ich von eurer hervorragenden Schreinerei gehört. Sicherlich würde sich davon das eine oder andere Stück Hausrat anbieten. Richtig, Curio?


    Curvus hatte natürlich keinen Überblick über den Hausrat, also abgesehen von dem, was seine Frau ihm in den letzten auf die Nase gebunden hatte. Sein Sohn allerdings wusste ziemlich genau, was gebraucht wurde und daher sollte er nun formulieren, was er gerne hätte.


    Ja, Vater.


    antwortete Curio nach einer kurzen Pause, die er benötigte, um zu verarbeiten, dass sein Vater ihn doch tatsächlich in die Verhandlungen miteinbezog.


    Statt des Werkzeugs würde sich eine personalisierte Kleidetruhe gut machen. Und eine Art... Spiegeltisch mit kleinen Regalfächern.


    Das waren letztlich die beiden Sachen, die im Schlafzimmer noch fehlten. Zwar hatte er bereits zwei Kleidertruhen, eine personalisierte allerdings würde doch ein tolles Bild abgegeben. Der Spiegeltisch derweil war wohl ohne Zweifel für Silvana bestimmt. Was sollte Curio auch damit?


    Curvus nickte daraufhin und übernahm wieder selbst das Ruder.


    Zusätzlich glaube ich, dass in den kalten Wintern auch noch der eine oder andere Pelz dazukommen kann. Sagen wir drei weitere Kaninchenpelze und einen weiteren Fuchspelz. Ich glaube zudem, dass bei zwei weiteren Barren Eisen auch deren Verwendung deutlich einfacher werden wird. Und was zuletzt das Saatgut angeht, würde mich interessieren, welche Obstarten du mir anbieten kannst.

    Wie immer wartete Curio einen Augenblick, bevor er zum blutigen Opfer überging. Warum, das wusste er selbst nicht so ganz. Es hatte sich halt so bei ihm eingebürgert und jetzt sah er auch keinen Grund darin, daran etwas zu ändern. Erst nach einigen Augenblicken drehte er sich dann um und trat gemeinsam mit Acanthos hinaus. Draußen standen nur ein paar wenige Einwohner des Vicus, sodass es nicht viele Zuschauer gab. Umso besser. Erneut wurde dem Helvetier die Handwaschschale gereicht und er wusch sich nochmal Hände und Unterarme. Danach trat er zum Altar, ließ sich das Opfertier bringen und an den Opferstecher übergeben. Der Einfachheit halber sprach er selber das


    FAVETE LINGUIS!


    und da es ohnehin nicht allzu laut war auf dem Platz, herrschte schnell absolute Ruhe. Vorsichtig nahm er das Lamm seinen Schmuck ab, fuhr dessen Rücken mit dem Opfermesser ab und beträufelte das Tier mit etwas Wein und Mola Salsa und trat dann seinerseits einen Schritt zurück, um dem Opferstecher genug Platz zu lassen. Danach nahm er wieder die übliche Gebetshaltung ein, schloss kurz die Augen und hob dann wieder die Stimme.


    Oh, siegreiche Venus! Kaum jemand kann dir widerstehen und so hast du nun erneut triumphiert. Dafür danke ich dir. Nimm dieses Lamm als gerechtes und verdientes Opfer an. Es ist makellos, wohlgenährt und gesund und möge dir wohlgefallen. Steh auch weiterhin auf der Seite der Liebenden, damit sie dir, so wie ich heute, auch weiterhin verdiente Opfer darbringen.


    Er formulierte hier recht kryptisch, nannte im Gegensatz zum Gebet beim unblutigen Teil keine Namen und erwähnte auch nicht sein Gelübde, alles für den Fall dass dort unten doch noch jemand stand, der irgendwelche Gerüchte zu streuen gedachte. Mit einer weiteren Bewegung nach rechts schloss er nun auch dieses Gebet ab. Nach einer kurzen Pause war die klare Stimme des Opferstechers zu hören.


    Agone?


    fragte er in routinierter Weise und als von Curio schnell und ohne jegliches Zögern das


    Age!


    als Erwiderung kam, war wieder das altbekannte Pfft zu hören. Schnell war Acanthos mit zwei Paterae zu stelle. Die erste reichte er Curio, der damit die Vitalia des Tieres übernehmen würde, mit der anderen fing der Sklave das Blut des Tieres auf. Danach trat Curio einige Schritte beiseite und wartete einige Augenblicke, bis der zweite Opferdiener bei ihm angekommen war. Diesem übergab er die Patera, rückte sich wieder Toga und Untertunika von den Armen weg und griff zur Eingeweideschau in die Vitalia hinein. Schnell untersuchte er die entscheidenden Stellen des Organs. Würde Venus wohl diesen ersten Teil des Gelübdes als abgegolten ansehen?

    Curio nickte nur. Ihn interessierte ebenso brennend wie Silvana, was es mit diesem Mann auf sich hatte. Doch solange er inhaftiert war, war ein Gespräch aber schlicht nicht möglich. Falls er aber wieder auf freien Fuß gesetzt werden würde, dann, ja dann könnten könnten sie ihn aufsuchen. Allerdings nur mit dem Einverständnis ihres Vaters.


    Falls er nochmal freigelassen wird, können wir ja mit deinem Vater sprechen und den Druiden aufsuchen. Bis dahin schau aber erstmal, dass du dich in das Verhör reinschmuggelst.


    Er zwinkerte ihr wieder zu, doch da drückte sie ihre Lippen auch schon wieder auf seine und erneut durchfuhr ihn dieses unbeschreibliche Wohlgefühl, das ihn immer erfasste, wenn sie so beieinander sein konnten. Irgendwann, und glücklicherweise kam dieses irgendwann schon sehr bald, könnten sie immer so beieinander sein und müssten dann ihre Zuneigung auch nicht mehr hinter irgendwelchen Kultstatuen verbergen. Bis dahin mussten sie sich aber noch züchtig miteinander umgehen.


    Als sich Silvana dann wieder löste, konnte auch sie einen Schimmer in seinen Augen erkennen. Doch schnell mussten sie wieder in die reale Welt zurückkehren und da sie nun schon recht lange hier hinten standen, fasste er sie sanft am Unterarm und führte sie wieder zurück.


    Ja, es wurde mal wieder Zeit. Die Discipuli und Tempelsklaven haben hier alles ein bisschen schleifen lassen, da Livianus ja auch nicht mehr allzu gut sieht. Daher habe ich heute einfach mal einen Reinigungstag angesetzt, damit der Tempel wieder herzeigbar wird.


    Langsam führte er sie an den putzenden, schrubbenden und fegenden Tempeldienern vorbei zur Tempelpforte.

    Aufgrund des halbprivaten Charakters des Opfers hatte Curio auch auf eine Opferprozession verzichtet. Stattdessen trat er nun mit Acanthos an die Pforte des Schreins, wechselte ein paar Worte mit dem Verwalter und bereitete dann die Opfergaben im Innern des Tempels vor. Für Venus sollte es Wein, Blumen und Kuchen geben und auch der Gastgeber, Bonus Eventus, sollte ein kleines Opfer in Form von frischem Gemüse bekommen. Draußen war das naturweiße und geschmückte Lamm auf die übliche Grünfläche geführt worden, sodass allles vorbereitet war. Mit einem Nicken machte Curio schließlich deutlich, dass er anfangen wollte, sodass Acanthos nun als erstes die Handwaschschale herbeibrachte. Curio verhüllte sich derweil den Kopf mit seiner Toga, wusch sich dann die Hände und die Unterarme und trat dann zur Weihrauchschale. Mit den Fingerspitzen nahm er ein paar Körnchen heraus und ließ sie auf die angeheizte Glut fallen. Schon verbreitete sich der Rauch in labilen, ungleichmäßigen Säulen nach oben und erfüllte den kleinen Raum des Schreins.


    Mit seiner mittlerweile vorhandenen Opferroutine streckte er die Hände mit den Handflächen nach oben aus und begann zu sprechen.


    Bonus Eventus. Du stehst für das gute Gelingen und sorgst nicht nur dafür, dass die Bauern am Ende des Jahres eine gute Ernte einfahren, sondern auch dafür, dass die Menschen ihre Ziele erreichen. Ich danke dir dafür, dass du heute Gastgeber bist für dieses Opfer, mit dem ich ein von mir getätigtes Gelübde erfülle. Nimm daher dieses Gemüse als Zeichen meines Danks an und erinnere dich meiner, wenn deine Reise durch die Provinzen des Reichs antrittst.


    Mit einer bewussten Handbewegungen deutete Curio auf das frische Gemüse und stellte es vor die Füße der Kultstatue des Bonus Eventus. Nach einer kurzen Pause, in dem er den süßlichen Geruch des Weihrauchs auf sich wirken ließ fuhr er dann schließlich fort.


    Liebliche Venus! Überlegte Venus! Siegreiche Venus! Du bringst die Liebenden zusammen und ermöglichst ihnen ein gemeinsames Leben in Eintracht und Zuneigung. Mit findigen Plänen sorgst du dafür, dass sie sich finden, und bist zum Schluss siegreich, wenn die Liebe zwischen den Liebenden endgültig triumphiert. Vor dir steht Iullus Helvetius Curio, der dir ein Opfer versprach, wenn du dafür sorgst, dass der clarennische Pontifex Sextus Fundanius Ticinius sich in eine andere Frau verliebt und sich diese zur Frau nimmt. Dies ist nun geschehen. Daher löse ich nun mein Gelübde gerne und verdientermaßen ein. Nun bringe ich dir diesen Wein von den Hängen vor der Stadt, diesen frischgebackenen Opferkuchen und diese bunten, duftenden Blumen als Dank dar. Nimm sie an und denke bitte auch an den zweiten Teil meines Gelübdes, den ich hier nochmal bekräftigen möchte.


    Erneut deutete er auf die Opfergaben, stellte eines nach dem andern auf den Altar und goss den Wein mit einer silberen Patera in die entsprechende Öffnung. Danach hielt er wieder einen Augenblick inne und wandte sich nach rechts ab.

    "Verstehen" war für Curio ein problematisches Wort in diesem Zusammenhang, da er wohl nie ganz würde verstehen können, was da wie über Silvana hereinbrach, wenn sie einen dieser Moment hatte. Einmal hatte er es miterleben müssen. Doch vom Verstehen war er noch meilenweit entfernt. Stattdessen konnte - und wollte - er sie aber unterstützen bei dem, was ihr da passierte, da sie es ja offenbar auch (noch) nicht kontrollieren konnte. Daher hatte er zwar für einen Augenblick den Drang, seine Hand zu lösen, als ihr Blick plötzlich glasig wurde und durch ihn hindurchzugehen schien, doch lockerte er seine Hand nicht, sondern hielt sie nun erst recht fest, als wenn er sie stützen müsste. So hörte er nun zu, was sie berichtete, blieb ruhig und nickte zum Schluss.


    Mhm... Eine Ruhe und Ausgeglichenheit also. Dann sollten wir wohl versuchen, ein Gespräch mit ihm zu ermöglichen Aber wie gesagt: Wenn du zu ihm gehen solltest, gehst du nicht alleine. Das musst du mir versprechen, ja?


    Wer auch immer dann mit ihr mitginge, ob er es selbst machte, ihr Vater oder ein anderer Aedituus, nur musste es jemand sein, der stark genug war, Silvana aus einer gefährlichen Spirale rauszuhalten, aus der sie sich vielleicht selber nicht mehr würde befreien können.

    Während seiner Umarmung spürte Curio, wie sie langsam wieder Mut fasste. Es war so wichtig für ihn, immer wieder durch sie angetrieben zu werden und er gab ihr wohl eine gewisse Sicherheit, die sie wiederum benötigte, um damit klarzukommen, dass sie eben keine einfache Aeditua war, sondern vermutlich seherischen Fähigkeiten besaß, die Curio nur erahnen konnte. So ergänzten sie sich prächtig und genau deswegen war wohl auch ihre Beziehung gewissermaßen durch göttliche Kraft gesegnet.


    Ich weiß nicht, ob speziell dieser Man gefährlich ist, aber ich weiß, dass Druiden an sich gefährlich sein können. Daher wäre ich in jedem Fall vorsichtig, denn wir wissen nicht, was für Kräfte er letztlich hat.


    Vorsichtig schob er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr, die ihr während des kurzen Kusses ins Gesicht gefallen war und sah jetzt auch, dass die kleine Aufmunterung offenbar erfolgreich gewesen war. Auch er lächelte ihr nun wieder zu. Dann fuhr sie fort und sprach davon, dass sie gehen musste.


    Vermutlich wieder dieses Bauchgefühl, oder? Sag genau das deinem Vater. Denn ich habe mittlerweile schon das Gefühl, mir den Mund darüber fusselig zu reden, ohne das bei ihm ankommt, dass du von den Göttern in einer besonderen Art und Weise beschenkt wurdest, die weit über irgendein Mittelmaß hinausgeht.


    sagte er mit einem Schmunzeln. Tatsächlich wusste er nicht, ob ihr Vater mittlerweile verstanden hatte, dass sie wohl so etwas war, was die Germanen als Seherin bezeichneten. In der römischen Tradition gab es dazu kaum eine Entsprechung, wenn man mal von den Orakeln absah.


    Jetzt interessierte ihn aber noch etwas, denn hier gab es noch eine Quelle der Geschehnisse um diesen Druiden, die offenbar deutlich wohlmeinender waren als die Ausführung von Acanthos, der zudem streckenweise zum Aberglauben neigte.


    Aber jetzt musst du mir noch sagen, wie du zu dieser ganzen Geschichte stehst. Offenbar glaubst du ja nicht daran, dass der Druide gefährlich ist.

    Einen Tag nach dem für ihn zugleich surrealsten und schönsten Gesprächs seines Lebens galt es, den ersten Teil eines Gelübdes einzulösen, das er der Göttin der Liebe gemacht hatte. Sie hatte ihren Teil der Abmachung erfüllt und nun war es an ihm, seinen Teil zu leisten. Da es kein eigenständiges Venusheiligtum in Mogontiacum gab, hatte er sich das Heiligtum ausgesucht, dass seinem Gelübde am nächsten kam, nämlich das des Bonus Eventus, des guten Gelingens, im Vicus Victoria. So hatte er sich dort einen Termin am frühen Abend geben lassen, denn zu diesem Zeitpunkt war nicht mehr so viel los in dem Vicus, hatte gemeinsam mit Acanthos ein weibliches Lamm, Blumen und Wein als Opfergaben besorgt und kam nun zum vereinbarten Zeitpunkt am Schrein an. Er hatte mit dem zuständigen Verwalter ausgemacht, dass er nur die Hilfe eines weiteren Helfers, der das Opfertier während des unblutigen Opfers beaufsichtigte, und eines Opferstechers benötigte. Daher konnte das Opfer in kleinem Kreis stattfinden und nur er und Acanthos würden sich im Tempel befinden, wenn er das Gelübde explizit anspräche.

    Seine Freundin war dermaßen wissbegierig, dass sie sich offensichtlich nicht mal vor gefährlichen Situationen fürchtete. Ohne Zweifel war das eine weitere Seite an ihr, die Curio liebte, und dennoch sorgte er sich um sie und fühlte sich für sie verantwortlich, mittlerweile nicht nur als ihr ehemaliger Lehrer, sondern auch als baldiger Verlobter und Ehemann und nicht zuletzt aufgrund der jüngsten Ereignisse um ihre verborgene Beziehung. In diesem speziellen Moment aber sah er nur, wie sie förmlich im Boden versank, ihm vollkommen rechtgab und in sich zusammensackte. Curio trat wieder auf sie zu, wollte sie umarmen, konnte sich aber noch frühzeitig zurückhalten, legte ihr stattdessen wieder die Hand zwischen die Schulterblätter und führte sie in eine ruhige Ecke hinter der Kultstatue, wo ebenfalls niemand mehr arbeitete.


    Hier nun konnte er sie endlich in den Arm nehmen und hielt sie einige Momente, bevor er selber forfuhr.


    Solange du daraus kein Geheimnis machst, ist alles in Ordnung, Runa.


    Dann dachte er aber über ihre Frage nach. Durfte man mit diesem Mann sprechen? Sicher durfte man das. Allerdings mit der nötigen Vorsicht und einer gehörigen Pprtion Selbstbewusstsein. Nicht dass ein junger Geist, und da nahm er sich selbst keinesfalls aus, durch irgendwelche magischen Tricks oder sonst etwas in dieser Art manipuliert wurde, um mögliche Allmachtsphantasien zu unterstützen.


    Sicherlich sollte man mit ihm sprechen, allein schon, um sich mit den keltischen Riten vertrauter zu machen. Schließlich haben wir uns ja auch über die germanischen Riten ausgetauscht. Allerdings wollten dein Vater und du mich nicht für irgendwelche Umsturzaktionen rekrutieren. Daher müsstest du, falls es denn mal soweit kommen sollte, äußerst vorsichtig sein und dürftest nicht allein mit ihm sprechen.


    Wobei ihm dabei eine interessante Idee kam, die vielleicht schon früher ein Zusammentreffen möglich machen würde. Sie würde zwar keine Frage stellen dürfen, könnte ihm aber gegenübertreten.


    Vielleicht gibt es da aber auch noch eine andere Möglichkeit. Wenn du mit deinem Vater sprichst, kannst du ja fragen, ob dein Vater oder dein Onkel bei der Befragung des Mannes dabei sein wird und dabei eine Sekretärin benötigt wird. Im Gegensatz zu den einfachen Scribae hättest du nämlich den Vorteil, auch die kultischen Belange in ihrer Gänze zu erfassen und verfügst natürlich auch über Verwaltungserfahrung durch deine Tempelarbeit.


    Es war zwar nicht sicher, dass das alles so möglich war, doch bot es eine Gelegenheit, dem Mann zu begegnen und sich über die Fragen der Verwandten ein Bild von ihm zu machen.


    Allerdings unter der Voraussetzung, dass du mir danach auch erzählst, was du dabei gehört hast.


    Kurz zwinkerte er ihn zu, schaute sich um und drückte ihr dann einen ganz, ganz kurzen Kuss auf die Lippen, der sie hoffentlich wieder ein bisschen aufmuntern würde, bevor sie ihrem Vater gegenübertreten und erneut etwas beichten müsste.

    Immer noch antwortete sie nicht direkt auf seine Frage, sondern versuchte zuerst abzulenken, indem sie auf Alpina zu sprechen kam. Curio nickte daraufhin nur. Ja, sie hatten wohl alle Glück gehabt, dass ihr nichts passiert ist. Undenkbar, was alles hätte passieren können. Dennoch blieb seine Augenbraue oben, eben weil er immer noch keine Antwort auf seine Frage bekommen hatte, sondern Silvana die Strategie weg von Gegenfragen hin zu Nebelkerzen verschoben hatte. Für Curio wurde immer klarerer, dass sie irgendwas beschäftige, und als sie sich dann praktisch verplapperte und dann auch noch versuchte, darüber hinwegzugehen, schüttelte er nur den Kopf.


    Du ist da gewesen, richtig? Und ich nehme an, du hast das nicht mit deinem Vater besprochen. Womit du nun nicht nur erneut etwas deinem Vater vorenthältst, sondern mich dabei auch noch zum Mitwisser machst. Ich hatte eigentlich gedacht, dass wir beide es mittlerweile besser wissen sollten.


    Der Tadel in seiner Stimme war unüberhörbar. Und dass er nicht auf ihre Frage einging, dürfte deutlich machen, dass es ihm überhaupt nicht gefiel, was sie sich da geleistet hatte. Dennoch war er nicht wütend auf sie. Wie konnte er auch, denn er hatte ja selber vorgehabt, den Mann aufzusuchen, wenn er sich tatsächlich als wohlmeinender keltischer Priester herausgestellt hätte, nun aber, da er Curios Wissen nach festgenommen worden war, war ein Gespräch mit ihm praktisch unmöglich.


    So trat er noch einen weiteren Schritt auf sie zu, blickte sich schnell um und als er sich versichert hatte, dass alle Umstehenden und -knieenden gut beschäftigt waren, nahm er ihre Hand.


    Ich liebe deine Wissbegierde, Runa, aber im Moment ist sie einfach fehl am Platz. Du weißt sicherlich, dass die Druiden nicht nur Priester sind, sondern sich auch den Herrschenden als übergeordnet betrachten. Man hört immer wieder von einzelnen Druiden, die die Bevölkerung aufwiegeln und Aufstände anzetteln. Diese Männer können gefährlich sein. Sehr gefährlich sogar. Und überhaupt: Solange er durch die Provinz- und Stadtverwaltung inhaftiert ist, kommt sowieso niemand von außen an ihn heran.


    Gleich ließ er ihre Hand wieder los, denn allzu lange konnte er diese Vertraulichkeit in dieser Umgebung nicht aufrecht erhalten, und lehnte sich stattdessen an eine Säule am Seitenaltar.


    Du musst mit deinem Vater darüber sprechen. Darüber diskutiere ich nicht. Du weißt genauso gut wie ich, wie labil sein Vertrauen immer noch ist, und das vollkommen zurecht.

    Da sein Herz nach dem Beinaheabsturz immer noch raste, schüttelte er auf die ersten Worte Silvanas lediglich den Kopf.


    Es ist ja nichts passiert.


    antwortete er, atmete noch zwei-, dreimal tief durch und brachte dann ein leicht schiefes aufmunterndes Lächeln zu stande. Es wäre wohl auch ein übler Streich der Schicksalsschwestern gewesen, wenn sie, kaum dass sie beide haben zusammenfinden können, schon wieder voneinander getrennt worden wären. Doch er hatte ja Glück gehabt und es hatte nur den Lappen erwischt, der solche Situation deutlich besser vertrug, als das Rückgrat Curios.


    Dann fuhr sie fort und wäre er noch ihr Lehrer, hätte er wohl bemängelt, dass man Fragen nicht mit Gegenfragen beantwortete. Das Thema war jetzt aber durch. Und dennoch: Irgendwas schien da nicht zu stimmen, denn anders als ihr Vater, der gerne mal um den lauwarmen Puls herumredete, fiel sie doch normalerweise immer gleich mit der Tür ins Haus. So zog er seine Augenbrauen zusammen, legte ihr eine Hand sachte zwischen die Schulterblätter zu leitete sie zu einem Seitenaltar, wo die Reinigung bereits abgeschlossen war, sie immer noch von allen gesehen werden, allerdings in Ruhe miteinander sprechen konnten.


    Ich habe Acanthos hingeschickt, da ich selbst weder Zeit, noch Lust hatte, mir Possen irgendwelcher Quacksalber anzuschauen.


    begann er und unterstrich damit gleichzeitig, wer seine "Quelle" war und dass diese für ihn über alle Zweifel erhaben war.


    Sein Bericht jedoch, na ja, war dann doch nicht nur für ihn aufwühlend. Einerseits den recht ereignislosen Beginn, der ja wohl nichts anderes war, als ein bisschen Händlertheater. Dann aber der Angriff dieses Unbekannten, die grünen Flammen, die der Druide aus den Feuern schießen ließ, und schließlich das Eingreifen deines Vaters und deines Onkels. Alpina war wohl auch dort - wovon ich ihr übrigens abgeraten hätte, wenn sie vorher mit mir gesprochen hätte - und Acanthos war froh, dass er sie unbeschadet nach Hause bringen konnte.


    Soviel dazu, was er - wenn auch nur aus zweiter Hand - wusste. Ein eigenes Bild hatte sich Curio freilich nicht machen können und daher enthielt er sich auch eines Urteils über das, was da abgelaufen war. Dennoch war allein die Anwesenheit eines Druiden, der womöglich über irgendwelche schwarzmagischen Kräfte oder alternativ über genug Wissen und die Mittel verfügte, diese zu zu markieren, schon bedrohlich genug, um darüber nachzudenken, was denn mit ihm anzufangen sei. Curio war nur froh, dass die Entscheidung dazu (noch) nicht bei ihm lag.


    Nun, was möchtest du gerne besprechen?


    Seine Augenbrauen hatten sich nun wieder auseinandergezogen, doch war eine der beiden stattdessen nach oben gewandert, um die Antwort Silvanas zu bekommen.