Beiträge von Iullus Helvetius Curio

    Wen Curios Herz grade noch im Galopp geschlagen hatte, war es nun in einen Gewaltritt übergegangen. Natürlich hatte er die Überlegungen seines Patrons unterstützt, freilich nicht ganz uneigennützig, denn Zeit war im Moment ihre wichtigste Währung. Wäre er erstmal Mitglied im Ordo decurionum, würde er letztlich die Voraussetzungen erfüllen, die Verus grade aufgezählt hatte. Als der june Helvetier dann noch einige kleine Zeichen, die sanfte Brise, die sie umwehte, die beiden Tauben, die zweimal über den Köpfen der beiden Männer ihre Kreise drehten, wahrnahm, war er sich fast sicher, dass die liebliche Venus ihn tatsächlich erhört hatte und ihre Anwesenheit kundtat. Schließlich war er für die Deutung eben jener Zeichen ausgebildet worden. Und dann passierte noch etwas, rein irdisches, dass in Curio die Hoffnung nährte, es könnte doch das unerwartete passieren: Verus legte ihm die Hand auf die Schulter, betonte, dass seine Frau die Entscheidung mittrüge - hatte Curio nicht grade eben noch förmlich bei ihr geglänzt? -, Curios Herz setzte einen Schlag aus und sein Patron nannte einen Namen - der nicht Iullus Helvetius Curio lautete. Es traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube und er hatte alle Mühe nicht in sich zusammenzusacken. Haltung, Curio, Haltung und Disziplin! Er durfte jetzt nichts zeigen, ein neutraler, geschäftsmäßiger Gesichtsausdruck. Hatte er nicht genau das in seinem kurzen Politikerleben bereits gelernt? Jedenfalls blieb Curio aufrecht stehen, wankte nicht und schaffte es einen halbwegs verständigen Gesichtsausdruck zustande zu bringen. Und das obwohl der letzte Satz seines Patrons noch einem zweiten Schlag in die Magengrube glich. Seine ganze Anspannung aber suchte sich einen Platz und war derweil in die Hände gewandert, die sich, sicherheitshalber hinter Curios Rücken, zu Fästen ballten und leicht zitterten.


    Nun...


    war das erste was er antworten konnte. Es gab eine kleine Hoffnung, nämlich dass der Procurator irgendwelche Einwände hatte. Doch wo sollten sich diese aufhängen? Dieser... wie war sein Name... Fundanius... war 1. fertiger Pontifex, damit 2. hochangesehenes Mitglied der Ordo decurionum in Clarenna, war 3. reich, hatte 4. Verbindungen nach Rom, war 5. Mitglied des Ordo Equester, was für die Verheiratung Silvanas 6. eine Standeserhebung bedeuten würde. Ganze sechs Punkte, die rein rational für diesen Fundanier sprachen und an die Curio mit seiner Karriere im Anfangsstadium nicht mal ansatzweise heran kam. Wäre Curio in der Position des Ducciers, er würde vermutlich genauso entscheiden...


    - es ist natürlich bedauerlich, dass der Cultus von Mogontiacum unter diesen Umständen eine vielversprechende, hochbegabte und von den Göttern beschenkte Aeditua an den Cultus von Clarenna verlieren würde, Pontifex


    brachte er zumindest einen kleinen Kritikpunkt an dieser Entscheidung zur Sprache, die sich aber gänzlich in das Gewand des Stadtinteresses kleidete. Zudem setzte er erneut auf der lokalen Ebene an. Dass er damit vielleicht nochmal eine kleine Spitze setzen konnte, nämlich Verus auch auf seine Verpflichtung dem Cultus von Mogontiacum gegenüber festnageln zu können, war nur ein kleiner Lichtschimmer. Denn es lag ihm fern, seinen Patron offen zu kritisieren oder seine Entscheidung in Frage zu stellen. Vielmehr musste er sich etwas anderes überlegen, wenn es denn überhaupt noch eine Möglichkeit gäbe... Er blickte kurz hoch, und da fielen ihm die Tauben ins Auge. Vielleicht gab es noch eine zweite Hoffnung, doch dafür benötigte er die Hilfe jener Göttin, der sich kein Mensch und sogar nur drei Götter zu widersetzen vermochten. Er atmete tief durch.


    In jedem Fall würde es mich aber freuen, wenn du mich über die Entwicklungen auf dem laufenden halten würdest, Patron.


    Nun wechselte er wieder in die persönliche Beziehungsebene. Vielleicht würde er als Klient UND lokaler Aedituus dabei auf dem neusten Stand gehalten und könnte bei Bedarf weitere Lösungen suchen. Letztlich kam es aber nun auf zwei Faktoren an: Wie würde sich Procurator Duccius Marsus entscheiden? (Seine Entscheidung stand zumindest für Curio bereits fest, da diese vermutlich vor allem auf familienpolitische Aspekte gründen würde.) Und auf welche Seite würde sich die Göttin der Liebe stehen? (Zumindest da gab es noch definitiv Spielraum, denn grade Priester wussten ja nur zu gut, dass Götter für ein gepflegtes Opfer schon einiges machten. Und genau ein solches gedachte er der Göttin gleich in einem ruhigen Augenblick zu versprechen.)


    Mit fragendem Blick schaute er danach zu seinem Patron, ob es noch etwas anderes zu besprechen gäbe. Ansonsten würde er den Duccier zurück zur Festgemeinschaft begleiten, bevor er sich dann, so diskret wie möglich, mit einem Becher Wein zu jenem Baum absetzen würde, wo noch die beiden Tauben saßen und auf die Feier hinunterblickten.

    Nur zwei (kleinkarierte ;)) Anmerkungen:


    Zitat

    Schlägst du vielleicht gar eine ritterliche Laufbahn ein, die dich in die höchsten Ämter, gar bis zum Legaten Ägyptens bringen kann?


    Der Legat Ägyptens ist eigentlich ein Präfekt. Legaten sind meines Wissens nach immer senatorisch (LAPP, LL, LA) während für die Ritter Präfektenposten (PP, PAn, PAug) üblich sind.


    Zitat

    Oder bist du ein Peregriner, ein Fremder von weit her, der im Römischen Reich sein Glück versuchen will, sich hier einen Namen machen will, bis er sich selbst Bürger nennen, und seine eigene Familie in diesem Reich gründen darf?


    Muss ein Peregriner unbedingt von weit her sein? Zumal "von weit her" im großen römischen Reich ja auch recht unbestimmt ist.

    Als er seinen Patron erblickte, befand sich dieser grade in einem eindringlichen, ernsten Gespräch mit seiner Frau. Es dauerte noch einige Augenblicke, bis Curios Blick wahrgenommen wurde, Verus und Fusa ihre Gespräch beendeten und der Pontifex direkten Schrittes auf Curio und Silvana zukam. Er entschuldigte sich und schob Curio zu einem etwas ruhigeren Platz, während der Helvetier noch wahrnehmen konnte, dass sich Silvana nun Alpina widmete.


    Als sie etwas abseits standen, kam Verus auf das zu sprechen, was er als so wichtig erachtete, dass er es noch unbedingt am heutigen Tage besprochen wissen wollte. Und als er geendet hatte, rutschte Curio augenblicklich das Herz in die Hose. Da war es also, das böse Thema: Silvanas Verheiratung. Unbewusst ließ Curio seine rechte Hand zu dem steinernen Anhänger unter seiner Tunika wandern und strich, nun zum dritten Mal, darüber. Einerseits hing er jetzt wie ein Mühlstein um seinen Hals, andererseits beflügelte er ihn, nun doch das eine oder andere Risiko zu wagen. Direkt um die Hand der jungen Duccia anzuhalten, stand aber natürlich außer Frage. Stattdessen musste er Überlegungen und Gedanken streuen, die ihn letztlich zum optimalen Kandidaten oder zumindest andere potentielle Kandidaten unwahrschelicher machen würden. Hätte er nur eine Chance gehabt, darüber nachzudenken...


    Nun... Pontifex... ohne Zweifel sollten wir ihr noch ein bisschen Zeit lassen, damit sie sich in die alltäglichen Aufgaben einarbeiten kann. Schließlich würde der Cultus, wie du schon sagtest, andernfalls eine fähige junge Aeditua gleich wieder verlieren.


    Bewusst hatte er diesmal die Anrede gewechselt. Nicht nur, weil es ihm unangenehme wäre, sich seinem Patron praktisch als potentieller Heiratskandidat für dessen Tochter ins Gespräch zu bringen, sondern auch, weil er sich dadurch auf ein Feld bugsierte, auf dem er sich gut auskannte und wohlfühlte. Dennoch vergingen die Sekunden, in denen er sich etwas überlegen musste, unnachgiebig. Sein Hirn arbeitete derweil auf Hochtouren, ging Möglichkeiten durch, verwarf die meisten und währenddessen musste Curio immer darauf achten, dass seine Sprechpausen nicht zu lang wurden. Wie er solche Situationen hasste.


    Weiterhin mehrten sich im Laufe ihrer Ausbildungen die Anzeichen dafür, dass sie mehr ist, als eine einfache Priesterin. Vielmehr glaube ich, dass sie von den Göttern mit... diversen Gaben ausgestattet wurde, die es unbedingt zu pflegen gilt, damit sie nicht verloren gehen. Bei der Auswahl eines potentiellen Ehemanns sollte daher meiner Meinung nach unbedingt darauf geachtet werden, dass er diese Gaben auch zu schätzen und zu pflegen weiß und nicht versucht, sie, wie auch immer, einzuschränken oder gar zu unterdrücken.


    Hervorragende Idee, schoss es durch seinen Kopf. Damit waren schon mal alle Kandidaten ausgeschlossen, die mit ungesunder Eitelkeit oder selbstherrlichem Egoismus ausgestattet waren und viel mehr ein kleines Hausmütterchen suchten, als eine junge Frau, die womöglich noch irgendwann als Seherin eigene Meriten verdiente. Gleichzeitig machte Curio damit klar, dass er diese Talente einerseits erkannt hatte und andererseits bereits war, dies auch selber vorzuhaben. Denn wenn er schon selbst darauf hinweis, warum sollte er dann anders handeln? Allerdings war sich Curio unsicher, wie weit er hier jetzt vorpreschen konnte und sollte, weshalb er erstmal abwartete, was der Duccier dazu sagte. Währenddessen klopfte sein Herz wie ein Pferd beim Galopp. Liebliche Venus, Göttin der Liebe, steh mir bei!, dachte er dabei nur und konzentrierte sich auf die Antwort seines Patrons...

    Zitat

    Original von Duccia Silvana
    ...


    Curio spürte, dass sich Silvana fürchtete. Und wenn er zu sich selbst ehrlich wäre, würde er auch gestehen müssen, dass er Angst hatte. So vieles konnte passieren, nicht nur von ihrer Seite - wobei dort nunmal die weit größeren Gefahren lagen -, sondern auch von Curios Seite. Er schwomm schon so lange auf Fortunas Welle des Erfolgs, alles ging vorwärts, doch irgendwann würde diese Welle auch brechen. Inständig hoffte er, bettelte teilweise regelrecht bei seinen kleineren Opfern zu den Göttern, insbesondere Aphrodite, Fortuna und Bonus Eventus, dessen Schrein er demnächst auch noch aufsuchen wollte, dass sie die Welle noch wenigstens solange rollen ließen, bis die Heirat mit Silvana bevorstünde. Doch durften diese Gedanken ihn nicht lähmen bei seiner Arbeit und dem Streben nach dem großen Ziel der Heirat, das sie beide endgültig miteinander verbinden würde.


    So küssten sie sich nun noch ein letzte Mal für heute, er drückte nochmal ihre Hand und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Dann entfernten sie sich voneinander und für einen Außenstehenden wäre es wohl ein interessantes Bild, wie sie beide sich wieder ihre Rollen als "Freunde" annahmen. Curio zupfte seine Tunika zurecht, ließ den Steinanhänger unter der Kleidung verschwinden, doch nicht, bevor er ein zweites Mal leicht über ihn gestrichen hatte und atmete einmal tief durch. Und schon waren sie wieder auf dem Weg zurück zur Festgesellschaft. Ein gebührender Abstand trennte sie nun, der nichts mehr mit der Nähe zu tun hatte, die sie noch vor wenigen Augenblicken geteilt hatten.


    Die Feier hingegen war im vollen Gange. Noch waren sie offensichtlich von niemandem vermisste worden, denn ganz im Gegenteil hatten sich einzelne Gruppen gebildet, von denen sich einige einfach unterhielten, andere sich im Armdrücken maßen - wobei Curio schon gespannt war, ob sich sein Bruder auch zu einem Duell hinreißen lassen würde - und wieder andere mehr Pärchen, als Gruppen waren. Silvana ergriff wieder das Wort und meldete sich zurück. Ihre Worte allerdings ließen Curio etwas erschaudern.


    Es hat mir sogar sehr gut gefallen. Es ist wirklich ein Ort, der den Göttinnen und Götter gefallen würde.


    Kurz blickte er zu Silvana, nickte ihr dankend zu und blickte sich dann zuerst nach seinem Bruder und Alpina um. Obwohl sie sich gut in die Gemeinschaft einfügten, wirkte es so, als hätten sie nur Augen füreinander. Auch ihnen warf er ein Lächeln zu, wobeier nicht sicher war, ob es überhaupt ankam. Dann hielt er nach seinem Patron Ausschau. Eigentlich könnten sie jetzt über die Dinge sprechen, die der Duccier unbedingt besprochen wissen wollte, bevor Curio das Fest verließ. Zwar zog ihn im Moment so gar nichts von hier weg, denn auch wenn er Silvana nicht offen Avancen machen konnte, war er doch in ihrer Nähe und konnte ihr wunderschönes Lächeln und ihre herzliche Art genießen, doch konnte er das, was es zu besprechen gab, auch jetzt gleich abhaken, zumal Curio schon mehr als neugierig war, worum es denn eigentlich ging.

    Einen kurzen Augenblick - einen wirklich ganz, ganz, ganz kurzen Augenblick lang - war er versucht ja zu sagen. Einfach irgendwo in den Westen gehen, nach Gallien oder weiter nach Norden an die Küste oder in den Süden bis hinter die Alpen. Dort wäre alles einfacher. Sie könnten sich als Peregrine ausgeben, oder unter falschen Namen irgendwo heiraten und gemeinsam den Rest ihres Lebens verbringen. Niemand wäre mehr da, auf den sie Rücksicht nehmen müssten. Keiner könnte ihnen reinreden. Es wäre gut, es wäre einfach und es wäre einfach schön. Doch so schnell wie dieser Augenblick gekommen war, so schnell war er auch wieder verschwunden hinter einer gedanklichen Mauer, die sie vor den Vinalia noch voneinander getrennt hatte und nun dafür sorgte, dass er einigermaßen rational blieb. Die Duccier würden sie suchen und sie würden gründlich suchen. Seine Eltern würden ebenso suchen und ebenso gründlich sein. Und beide Familien waren einflussreich genug und ausreichend gut vernetzt, dass ihre Suche höchstwahrscheinlich erfolgreich wäre. So sehr wollte er seine Eltern nicht enttäuschen (wobei es seinen Vater wohl nur in seinem miserablen Bild des verkommenen Sohnes bestätigen würde) und er war sich auch sehr sicher, dass Silvana es ihren Eltern auch nicht antun wollte.


    Er seufzte leise. Immer noch lag ihm das Ja im Mund, wollte aber einfach nicht heraus. Es wäre nicht richtig, es wäre feige und es wäre gegen jede Tradition ihrer beider Familien. Dann zog er sie einfach wieder sanft an sich heran, hielt sie fest und strich ihr zärtlich über den Kopf und durch ihre langen blonden Haare, die sich wunderbar zwischen seinen Fingern anfühlten.


    Ich möchte Ja sagen, Runa, aber ich kann es nicht.


    flüsterte er ihr leise und mit trauriger Stimme ins Ohr. Und erneut entstand eine Pause, in der er sie nur festhielt und weiter über ihren Kopf strich. Dann jedoch wurde seine Stimme ernst und entschlossen.


    Wir werden irgendwann heiraten. Und wenn wir es tun, dann tun wir es richtig. Mit dem Segen unserer Familien und mit all unseren Verwandten und Freunden. Wir werden zusammen in der Casa Helvetia leben und mindestens einen Sohn und eine Tochter haben.


    Es war sein Versprechen an sie. Ob er es letztlich halten könnte, lag zwar nicht bei ihm, sondern bei ihren Eltern und den Göttern, aber er würde alles dafür tun, dass er sein Versprechen halten könnte. Die Götter würden derweil schon alles in ihre ordentliche Bahn lenken und wenn er ihnen dafür riesige Opfer versprechen musste.


    Bis dahin werden wir aber weiter kämpfen müssen und geduldig sein. Wir brauchen einen langen Atem. Aber immer wenn jemand Geduld und einen langen Atem gezeigt hat, ist er dafür belohnt worden. Wir werden es schaffen, Runa. Wir werden es schaffen.


    Auch er hatte seine Probleme sie jetzt loszulassen und daher hielt er sie einfach noch ein paar Augenblicke. Dass sie langsam ihre Zeit ausreizten, wussten sie beide und ebenso wussten sie, dass mit jeder verfließenden Minute die Gefahr wuchs, dass jemand von Gästen herkommen könnte. Doch wollte und musste er ihr - und auch sich selbst - soviel Zeit lassen, dass sie noch für die nächste Zeit hiervon zehren könnten.

    Da scheinen wir uns ja einig zu sein. Denn bei den meisten Dichtern ist es ja grade die Sprache, die glänzt. Alles Drumherum würde wahrscheinlich nur davon ablenken. Also hätten wir dann vier Sprechteile und vier daran anschließend Tanz- und Spieleinlagen.


    zufrieden blickte Curio zu seiner Gesprächpartnerin hinüber. Kaum konnte er es erwarten, dass er das fertige Ergebnis ihrer Arbeit auf der Bühne sehen konnte. Bis dahin galt es aber noch ein bisschen zu arbeiten.


    Tatsächlich sollten wir dann aber mal hinunter gehen. Die Darsteller warten sicher auch schon.


    So erhob er sich, wartete einen Augenblick auf Phryne und ging dann gemeinsam mit ihr hinunter in den Bühnenraum. Das letzte Mal hatte der Helvetier hier gestanden, als die Supplicatio für Drusus stattgefunden hatte. Und auch dieses Mal staunte er wieder über die Außmaße des Theaters, die gleich nochmal umso eindrücklicher waren, wenn man von unten ins Halbrund des Zuschauerraums blickte. Unten angekommen begrüßte auch er nochmal die Truppe, die sich daraufhin auch nochmal vorstellte. Bei den männlichen Darstellern gab es einen älteren Mann mit fester, routinierter Stimme, zwei mittelalte Männer, die wohl normalerweise für männliche Heldenrollen eingesetzt wurden und zwei junge Männer, nur wenige Jahre älter als Curio, die wahrscheinlich für Kinderrollen oder jüngere Charakterfächer besetzt wurden. Bei den Frauen gab es eine ältere Frau in den vierzigern und zwei jüngere Frauen um die dreißig Jahre. Beide betonten, dass sie natürlich auch Tanzerfahrung hätten und auch entsprechende Einlagen darstellen konnten.

    | Acanthos


    Nachdem Acanthos Alpina noch ein bisschen das Haus gezeigt hatte, klopfte es an der Tür. Schnellen Schrittes ging der Macedone zur Haustür und öffnete sie.


    Salve, Eckwin. Du wirst schon erwartet.


    Er nickte dem Schreiner zu, gab ihm zu verstehen, dass er ihm folgen sollte und ging dann die wenigen Schritte durchs Vestibul in die Küche.





    Scriba Personalis - Iullus Helvetius Curio

    Der Name auf einem öffentlichen Aushang zur Ausrichtung von Spielen, das wusste Curio ebensogut wie Phryne, war immer ein gutes Werbemittel nicht nur für angehende, sondern auch für fortgeschrittene Politiker. Interessant fand er aber doch, dass sie da so offen mit umging. Denn Curio würde sich ebenso dafür einsetzen, dass ihr Name ebenfalls auf dem Aushang Platz fände, und nachdem sie bislang eher mit öffentlichen und gesellschaftlichen Fauxpas auf sich aufmerksam gemacht hat, konnte diese Vorbereitung auch für sie einen Trittstein sein. Curio hielt ihrem Blick stand, was ihm nicht leicht fiel, da er merkte, dass Phryne es schaffte einen für ihn ungewohnten Nachdruck in dort hinein zu legen.


    Sicherlich nicht. Und ohne Zweifel wird es für uns beide von Vorteil sein, wenn der Vortragsabend ein Erfolg wird.


    antwortete er auf ihre Frage, denn mit ihren vorhergehenden Sätzen hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Es gab dem, aus Curios Sicht, nichts hinzuzufügen, daher prostete er nun zurück und trank nun den letzten Schluck aus seinem Becher.

    Curio wandte sich Phryne zu, während sie ihre weiteren Vorstellungen für den Abend darlegte. Teilweise nickte er zustimmend, teilweise lagen aber noch Fragen in seinem Blick.


    Wie möchtest du die Oden, das Schauspiel und die Tanzeinlagen miteinander verbinden? Sollen sie parallel zum Text, sozusagen das Gesprochene visualisieren? Oder sollen die Worte für sich wirken, während das Schauspiel und die Tanzeinlagen sozusagen als... Zwischenspiele in den kurzen Pausen zwischen den Gesprochenen Teilen angelegt werden?


    Bekanntlich war die Akustik in den antiken dermaßen gut, dass auch leisere Töne bis in die hintersten Reihen zu hören waren. So kamen auch die gedämpften Stimmen der sich unterhaltenden Schauspieler bei den beiden Organisatoren an. Letztlich versammelten sich acht Schauspieler - fünf Männer und drei Frauen - auf der Bühne und blickten zu Curio und Phryne hinauf.


    Nun, das wäre dann also die Schauspieltruppe des Titus Alfenius Silio. Sie ist nicht groß, gehört aber - vielleicht auch deswegen - zu den besten der Provinz.


    Na ja, für das römischgeprägte Qualitätsbewusstsein der Libertina wäre das wohl kein Aushängeschild. Dennoch war die Truppe provinzweit bekannt und er war froh gewesen, dass sie grade jetzt Station in der Stadt genommen hatten. Gegebenenfalls könnten sie ja auch für Statisten auf einfache Einwohner zurückgreifen. Der Cultus hatte ihm ja versichert, dass sie finanziell recht großzügig sein würden.

    Curio wusste nicht so wirklich, wie er mit dem Angebot zum Ausleihen einzelner Bücher umgehen sollte. Einerseits wäre es für ihn ein wahrer Hochgenuss, mal wieder das eine oder andere Buch der großen Schriftsteller zu lesen und sich vielleicht auch mal ein bisschen in die Philosophie einzuarbeiten, andererseits wusste er aber nicht, welche Hintergedanken mit diesem Angebot verbunden waren - denn so wie er die Libertina kennengelernt hatte, gab es immer Hintergedanken bei ihren Angeboten. Es dauerte daher eine Weile, bis er antwortete, und, um das zu überspielen, trank er noch einen Schluck und blickte dann einige Augenblicke auf seinen Becher, um ein weiteres Mal den Geschmack des Weins zu würdigen.


    Ich danke dir recht herzlich für dein Angebot...


    setzte er schließlich an ohne sich aber im klaren zu sein, wie er damit jetzt umgehen sollte. Letztlich kam ihm aber eine Idee, oder besser eine jener Phrasen, die zum politischen Repertoire gehörte und letztlich nichts anderes war, als eine Vertagung der eigentlichen Entscheidung. Normalerweise kam sie zum Einsatz, wenn er selbst entweder keine Handhabe bei einem Thema hatte oder sich vorher noch mit seinen Unterstützern und Beratern abstimmen wollte.


    ... und würde mich dann über eine Nachricht freuen und nochmal auf dich zukommen, sobald deine Bücher hier angekommen sind.


    Ob er das dann tatsächlich auch machen würde oder lieber Abstand davon nahm und weiter darauf sparte, erste Bücher für seine eigene Bibliothek einkaufen zu können, war dabei vollkommen offen. Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt dieser Formulierung. Allerdings konnte er sich ebenso denken, dass die Libertina nur zu gut mit solchen Kniffen vertraut war, weswegen er wenigstens hoffte, dass sie den Verzicht auf eine klare Absage positiv zu Kenntnis nähme.


    Ich muss gestehen, dass ich Plutarch nur dem Namen nach kenne, aber noch nichts von ihm gelegen habe. Bei Seneca ist es so, dass ich zumindest mit seinen grundlegenden Positionen vertrat bin.


    Mit den grundlegenden philosophischen Strömungen, darunter auch den Stoizismus, mit dem er während seiner Ausbildung ansatzweise in Kontakt gekommen. Allerdings längst nicht so gut und umfangreich, dass er in der Lage wäre, darüber eine ordentliche Diskussion zu führen.


    Dass sie nicht weiteres zu dem schmackhaften Wein sagen konnte, nahm Curio mit einem bedauernden Blick zu Kenntnis.


    Nun denn, dann werden wir ihn wohl einfach so genießen müssen.


    Den Hinweis auf ihren Standardlieferanten quittierte Curio dementgegen mit einem bestätigenden Nicken.


    Ja, der ist mir bereits von einigen Bekannten empfohlen worden. Ich denke, ich werde mal bei ihm vorbeischauen.


    Danach kam Phryne wieder auf den Vortragsabend zu sprechen. Curio richtete sich dafür etwas auf, stellte den Becher beiseite und hörte dann aufmerksam zu, was die Libertina vorschlug. Und er musste, abseits jeder persönlichen Animositäten, zugeben, dass ihre Ideen Hand und Fuß hatten und zugleich sehr passend schienen für den Anlass in dem die Rezitationen stattfinden sollten.


    Das hört sich schon mal sehr gut an, Phryne. Ich glaube, dass unser Projekt von deiner Erfahrung nur profitieren kann.


    Anerkennend blickte er Phryne an. Letztlich war es wohl auch ein Eingeständnis, dass seine Erfahrung alleine dafür schlichtweg nicht ausgereicht hätte.

    Gut gelaunt ging Curio selbst in die Regia um einen Brief in den Süden zu schicken. Mit freundlicher Stimme grüßte er den Stationarius.


    Salve! Ich möchte gerne diesen Brief nach Rom schicken und dafür die Wertkarte der Helvetier nutzen.


    Dann schob er dem Postbeamten eine Schriftrolle hinüber.


    Iullus Helvetius Curio | Casa Atia | Mogontiacum


    Ad
    Tiberius Helvetius Varus
    Villa Urbana Helvetii Vari
    Roma


    Iullus Curio Tiberio Varo s.d.


    Lang ist es her, lieber Vetter, dass du Nachricht aus dem hohen Norden bekommen hast. Wahrscheinlich weißt du auch nur noch ansatzweise, wer dir hier schreibt, weswegen ich mich an dieser Stelle kurz vorstellen möchte: Mein Name ist Iullus Curio, ich bin Sohn des Primipilaris Lucius Helvetius Curvus und Bruder von Lucius Helvetius Corvinus. Ich wohne seit geraumer Zeit in Mogontiacum und arbeite dort als Aedituus im Tempel des Stadtpatrons Apollo Grannus Mogon. Zudem stehe ich derzeit vor dem Ende meiner ersten Amtszeit als Lokalpolitiker, genauer gesagt als Magister Vici meines Heimatvicus, und habe damit den Eintritt in den lokalen Cursus Honorum von Mogontiacum absolviert. Zudem ist erwähnenswert, dass ich mich unter das Patronat von Decimus Duccius Verus gestellt habe, einem lokalen Pontifex und Vetter des Gensoberhaupts der Duccier, Provinzprocurator Numerius Duccius Marsus.


    Dass ich dir genau jetzt schreibe hat drei Gründe, einen recht pragmatischen, eine schlechte Nachricht oder besser einer Auskunft über familiäre Beziehungen und schließlich eine gute Nachricht, die ich dir in dieser Reihenfolge hier ausführen möchte, damit du diesen Brief zumindest mit einem einigermaßen guten Gefühl beseite legen und beantworten kannst.


    So komme ich nun also zum ersten, pragmatischen Grund: Ich bin der Ansicht, dass der Kontakt innerhalb unseres Zweiges und auch der Kontakt zum anderen, zum senatorischen Zweig unserer Familie aufrecht erhalten bleiben sollte. Dies betrachte ich als umso wichtiger, als dass dadurch nicht nur Neuigkeiten rund um die Familie und die Gens, sondern auch allgemeine Informationen von genereller Bedeutung ausgetauscht werden können. Daher würde ich es mir wünschen, dass wir uns, wenn auch nicht ständig, so doch in gesunder Regelmäßigkeit brieflich austauschen könnten.


    In diesem Zusammenhang steht letztlich auch der zweite Grund dieses Briefes: Vor einiger Zeit kam ein Mann hier in Mogontiacum an, der sich mir bei unserem ersten - und einzigen ehrenhaften - Treffen als Aulus Helvetius Agrippa vorstellte. Er erklärte mir, dass er aus der Linie des Sextus Helvetius Vindex stamme und Sohn des Numerius Helvetianus Novatus sei, er in Rom zwar sein Glück gesucht, aber nicht gefunden habe und nun einen neuen Versuch in Mogontiacum wagen wolle. Zwar sagten mir die genannten Namen nichts, doch hatte ich auch keinen Grund, an seiner Geschichte zu zweifeln. Ich sagte ihm daher alle Hilfe zu, doch verschwand er nach diesem Gespräch quasi spurlos. Einige Wochen später, vor wenigen Tagen, tauchte er dann wie aus dem nichts wieder hier im Haus auf, bedrängte und erpresste die hochschwangere Lebensgefährtin meines Bruders und setzte schließlich dazu an, sie zu vergewaltigen. Den Göttern sei Dank erschien mein Bruder noch früh genug und konnte so das Schlimmste verhindern, doch liegt jetzt natürlich ein gewisser Schatten auf unserem Namen hier. Ich möchte daher in Erfahrung bringen, was du und besonders auch die Mitglieder des anderen Zweigs unserer Gens über die genannten Helvetier weißt und wissen und wäre dir dankbar, wenn du mir entsprechend Rückmeldung geben könntest.


    Abschließend, wie angekündigt, einige erfreulich Neuigkeiten aus dem Norden: Wie bereits oben erwähnt lebt mein Bruder mit einer sehr netten und ehrbaren Peregrina zusammen und erwartet ein Kind mit ihr. Beide möchte er nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst legitimieren und dafür sorgen, dass sie die Bürgerschaft erhalten. So sorgt nun auch ein Mitglied meiner Generation unserer Familie dafür, dass der Name Helvetius weitergetragen werden wird. Weiterhin wird wohl spätestens zu den Kalenden des Iulius der neue Stammsitz unserer Familie in Mogontiacum fertiggestellt und bezogen werden. Für den Fall, dass du absehen kannst, dass dein Brief erst nach den Kalenden des Iulius hier in Mogontiacum ankommt, bitte ich dich, deinen Brief an die Casa Helvetia zu adressieren. Und für den Fall, dass sich jemand von euch mal in den hohen Norden verirren sollte, seit ihr alle herzlich Willkommen in der neuen Casa Helvetia in Mogontiacum!


    Damit möchte ich meinen Brief nun abschließen. Bitte bestell dem Oberhaupt des anderen Zweigs unserer Gens die herzlichsten Grüße meiner Familie und auch dir und den deinen lasse ich die besten Wünsche zukommen.


    Mögen die Götter unsere Gens, ihre Mitglieder, dich persönlich und die deinen beschützen!



    Iullus Helvetius Curio
    _____________


    [Blockierte Grafik: http://img716.imageshack.us/img716/9771/85964148.gif]

    Während Curio noch mit dem Arbeiter sprach, begleitete Acanthos die beiden zur Haustür. Ebensowenig, wie er danach aber das breite Grinsen des Decurios sehen konnte, könnte Corvinus den vernichtenden Blick sehen, den Acanthos ihm nachwarf, als die beiden auf die Straße traten. Manche Blicke konnten töten und dieser gehörte definitiv dazu. Ich habe es mir nicht ausgesucht, auf eine Tür aufzupassen, ging es dem Macedonen durch den Kopf, und als die beiden bereits ein Stück vom Haus entfernt waren, schloss der Sklave die Tür und sperrte sie danach mit dem Schlüssel ab. Nein, er würde sich heute nicht mehr um die Tür kümmern und bald müsste er sich schon um überhaupt keine Tür mehr kümmern müssen, als um diejenige zu seiner Schlafkammer.

    Curio beobachtete wie die junge Sklavin, die er das letzte Mal gesehen hatte, als sie bei der Einweihung des ersten neugebauten Kreuzungsschreins am südlichen Stadttor jene Gerüchtete verbreitete, mit der es ihre Herrin offenbar versucht hatte, seinen Ruf zu schädigen. Der Erfolg davon war wahrscheinlich nicht so groß, wie es sich sein Gegenüber gewünscht hatte. Dennoch hatte es da und dort zu schwierigen Aufeinandertreffen mit Utratraditionalisten geführt. Dennoch bedachte er sie mit einem kurzen Seitenblick, nahm sich dann aber seinen Becher und trank wieder einen Schluck.


    Meine Mutter legte während meiner frühen Ausbildung großen Wert darauf, dass ich mich mit literarischen Texten beschäftigte. Zuerst legte sie mir natürlich die kurzen Texte von Phaedrus nahe, die natürlich auch alle darauf ausgelegt waren, dass ich aus ihnen einige Lebensregeln herausziehen könnte. als Kind war das natürlich mal mehr, mal weniger erfolgreich.


    Er schmunzelte etwas, wenn er daran dachte, dass seine Geschwister und er beileibe keine Musterkinder gewesen waren. Weder seine beiden Brüder, noch er und seine Schwester hatten sich immer an die strengen Regeln gehalten und jeder einzelne hatte sich selbst seine Freiheiten erkämpfen müssen. Sein Bruder hatte es in der harten Ausbildung ihres Vaters dabei nochmal doppelt schwer.


    Danach kam ich natürlich mit Vergils Aeneis ins Berührung, aber auch mit Horaz. Die griechischen Werke, also besonders die Illias und die Odysse konnte ich derweil leider nur in der Übersetzung und nur in Auschnitten lesen. Die Werke des Horaz aber sprechen mich bis heute noch ganz besonders an, weshalb ich auch froh bin, dass wir sie hier auf die Bühne bringen wollen. Neben den dichterischen Werken war ich auch immer an den historischen Werken interessiert, zum Beispiel von Sallust oder Livius. Und mit den Werken von Divus Iulius konnte ich dann sogar meinen Vater überzeugen, etwas mehr lesen zu können. Mit philosophischen Autoren konnte ich mich bislang nur ansatzweise beschäftigen, daher sind mein Kenntnisse auf diesem Gebiet auch eher... übersichtlich... oder vielleicht sogar übersehbar sind.


    Sein Vater und die Literatur war immer ein schwieriges Thema. Während seine Mutter Wert darauf, dass er eine umfangreiche literarische Bildung erhielt, was ihm letztlich auch immer wieder einen Vorwand bot, die eine oder andere Trainingsstunde seines Vaters ausfallen lassen zu können, hatte sein Vater schlicht nichts damit zu tun. Für ihn galt die Tat und das Training immer mehr, als die Kopfarbeit und das Lesen. Besonders gewundert hatte Curio das immer, weil er doch eigentlich eine recht gut ausgestattete Bibliothek besaß, die aber vor allem von seiner Mutter genutzt wurde. Lediglich die Lektüre Caesars hatte seinem Vater gefallen und daher war es für Curio auch leichter, diese vor seinem Vater zu rechtfertigen.


    Leider war es mir nicht möglich, Bücher von Zuhause hierher mitzubringen, weshalb ich ein bisschen auf dem Trockenen sitze. Auch deswegen möchte ich versuchen, mir eine kleine Bibliothek aufzubauen, sobald die Casa Helvetia fertig ist und sich meine berufliche Situation soweit verbessert hat, dass ich mir solch einen Luxus auch leisten kann.


    Erneut nippte er an dem Wein, ließ ihn einen Moment auf der Zunge und ließ ihn dann erst die Kehle hinunterlaufen.


    Darf ich fragen, wo du deinen Wein kaufst? Er schmeckt angenehm frisch und ist nicht zu schwer.


    Zwar hatte er auch bei den Ducciern schon ganz hervorragenden Wein getrunken, doch lag dieser in der Regel weit über seinem Budget. Für die Casa Helvetia wollte er sich aber schon mal eine handvoll möglicher Stammverkäufer suchen, bei denen man auch qualitativ guten Wein bekam, sowohl fürden Alltag, als auch für Gäste während Convivia oder Cenae.

    Kurze Zeit später erschien auch Phryne mit ihrer Leibsklavin.


    Salve, Phryne. Die Freude ist ganz meinerseits.


    Und noch bevor sie sich weiter austauschen konnten, begann doe Libertina auch gleich ihren Weg ins Innere. Curio brauchte ein paar Schritte, um zu ihr aufzuschließen, ging dann aber neben ihr in den Zuschauerraum. Offenbar war sie bislang noch nicht hier gewesen und blickte sich erstmal um. Auch Curio musste sich überlegen, wann er das letzte Mal hier gewesen war und landete schließlich bei den Feierlichkeiten zum Drususfest, was nun auch schon geraume Zeit her war. Es überraschte wenig, dass die Libertina dann sogleich einen Vergleich zog und das Theater von Mogontiacum im Gegensatz zu den römischen Theatern offenbar nicht allzu gut abschnitt. Curio zuckte daraufhin die Schultern.


    Nun römische Verhältnisse haben wir hier sicherlich nicht. Aber hier in der Provinz gehört dieses Theater noch zu den größten.


    Schließlich waren sie hier in der Provinzhauptstadt, wo auch jedes Jahr das überregionale Drususfest gefeiert wurde. Dafür brauchte die Stadt auch einen großen und zugleich repräsentativen Theaterbau, den dieses Bauwerk im Provinzvergleich durchaus bot. An die römischen Bauwerke aber würde es wohl kaum drankommen.


    Die Schauspieler waren bis eben noch in Scaena, um sich mit den Gegenheiten vertraut zu machen. Offenbar sind sie kurz in die Umkleiden gegangen, dürften aber gleich wieder auf der Bühne erscheinen.


    führte er aus, bevor er Phryne anbot, Platz zu nehmen und sich danach selbst neben sie setzte, wobei er darauf achtete, eine halbe Armlänge zwischen ihr und sich zu lassen.


    Wie besprochen habe ich mir die Oden nochmal angesehen und bin gespannt darauf, welche Vorschläge du für den Abend machen möchtest.


    Phryne traf der erwartungsvolle Blick des Helvetiers. Tatsächlich war er schon gespannt darauf, wie sie sich den Abend vorstellte.

    Nachdem Phryne darauf verzichtet hatte, eine erneute Spitze zu verteilen, erschien nun auch ein freundliches, wenn auch noch deutlich distanzierteres Lächeln auf Curios Gesicht und ohne groß darüber nachzudenken, antwortete Curio mit einem


    Gern.


    und einem Blick auf seinen Becher, dass er gere noch einen Becher mit ihr trinken würde. Es war ohnehin klar, dass er hier keine Wurzeln schlagen würde, doch einen zweiten Becher hielt er, als er danach kurz drüber nachdachte, nicht für verwerflich.


    Es freut mich, dass wir bei diesem Projekt auf einen gemeinsamen Nenner kommen.


    gab er dann doch noch eine kleine Freundlichkeit an die Libertina weiter. Immerhin hatte sie sich ja heute genug im Griff und verfiel nicht in ihre alten Verhaltensmuster.

    Einen Tag vor dem eigentlichen Mogonfestes wartete Curio an der Hauptpforte des Theaters auf seine neue Kooperationspartnerin. Die Schauspieltruppe befand sich bereits im Innenraum des Theater und machte sich mit den Verhältnissen vertraut. Curio allerdings wartete noch. Wieder war er nervös, denn ein Treffen mit Phryne war für ihn immer ein Tanz ganz nah am Abgrund, bei dem er sich zusammenreißen musste, ihr weder seine komplette Missbiligung zu zeigen, noch sich von ihr unterbuttern oder provozieren zu lassen.


    Sim-Off:

    Bis zum Beginn der Veranstaltung reserviert.

    Als Alpina und Corvinus zurück ins Atrium kamen, hörten sie Curios Stimme aus dem linken Wohnbereich. Die Geräusche aus dieser Richtung waren verstummt und stattdessen war nur noch die eindringliche Stimme des jungen Helvetiers zu hören, der den Arbeitern noch einige Anweisungen gab. Er befand sich natürlich in seinem eigenen Wohnbereich und wollte ein paar Kleinigkeiten eingebaut wissen, bei denen sich die Arbeiter nicht sicher waren, ob sie so umsetzbar waren, wie sie der Helvetier haben wollte. Stattdessen machten sie Alternativvorschläge, die Curio aber alle nicht wirklich zu gefallen schienen. So mischte sich zwischen die Geräusche von rechts ein längerer Wortwechsel von links.

    Einige Zeit verharrten sie in ihrer Umarmung und er hielt sie einfach nur, doch irgendwann, lösten sich wieder voneinander und traten nun zu einem massiven Findling, der praktisch einfach so dastand, als hätte ihn dort vor vielen Jahren irgendein Wesen hingelegt und vergessen, sich jedoch so unkompliziert die Umgebung einpasste, als wäre es existenziell wichtig, dass er genau dort vergessen worden war. Schweigend blieb Silvana vor dem Stein stehen, legte ihre Hand darauf und verharrte dort einige Augenblicke. Sie wirkte währendessen etwas der Welt entrückt, als wäre sie nicht mehr hier, sondern an einem anderen Ort, wo ihre Beziehung womöglich gänzlich ohne Probleme funktioniert hätte. Erst als sie wieder die Augen öffnete, erschien ein so vollkommenes Lächeln auf ihrem Gesicht, dass Curio, der zwei Schritte vom Stein entfernt stand, sich für einige Momente darin verlor und es kurz in seinen Augen blitzte. Warum war es nur so schwer und so verdammt kompliziert, für immer mit diesem wunderbaren Geschöpf zusammensein zu können?


    Unvermittelt griff sie in ihr Kleid und schien etwas zu suchen, einige Augenblicke später kamen dann in ihrer Hand zwei steinerne Anhänger zum Vorschein. Sie hängte sich selbst einen und Curio den zweiten um und erst jetzt, als er es in die Hand nahm und betrachtet, erkannte er den helvetischen Widder auf seinem und den duccischen Wolf auf ihrem Anhänger. Beide wurden von einem Halbkreis umrundet und als Silvana die Steine an einer Verbindungsstelle zusammenlegte, bildeten die beiden Halbkreise einen Schlangenkörper, der sich in seiner nichtendenwollenden Rundung um die beiden Wappentiere schloss. Curio schluckte. Es war wohl jetzt das unausgesprochene Versprechen zwischen den beiden, eine inoffizielle Verlobung, die durch die Steine manifestiert wurde. Auch hier bestätigte sich wieder das Bild der naturnahen Halbgermanin, die anstatt irgendwelchen Eisen- oder Edelmetallschmucks einfach zwei Steine nahm und sie entsprechend mit ein paar Symbolen versah, deren eigentliche Bedeutung nur sie beide - und vielleicht die wenigen Eingeweihten - kannten. Curio streichelte leicht über den steinernen Anhänger und lächelte einfach nur. Dann blickte er hoch und trat nochmal ganz nah an sie heran.


    Ich liebe dich... ich liebe dich... ich liebe dich.


    Und in jeder Pause gab er ihr einen Kuss, zuerst auf ihre linke, dann auf ihre rechte Wange und schließlich auf ihren Mund. Danach legte er selbst seine Hand auf den massiven Stein, schloss für einige Augenblicke die Augen und öffnete sie dann wieder mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck. Man könnte es als eine Art Pakt ansehen, den sie soeben geschlossen hatten.


    Nach einer Weile jedoch musste das passieren, was für ihre Beziehung so grässlich typisch war. Die Rückkehr in die Gesellschaft, wo sie so tun müssten, als wären sie maximal zwei entfernt befreundete Personen.


    Wir müssen - mal wieder - zurück zu den anderen. Sonst wirst du noch vermisst.


    Mit einem Augenzwinkern versuchte er seine leichte Frustration darüber zu überspielen. Denn er wusste genauso gut, wie sie, dass dies einfach ein Teil jener Verpflichtungen war, denen sie sich mit dieser Beziehung unterworfen hatten.