Beiträge von Iullus Helvetius Curio

    Irgendwann trat der Opferherr nach oben zum Tempelinneren, wusch sich am Handwaschbecken, leistete das Weihrauchopfer, sprach im Inneren ein kurzes Gebet und trat dann gemeinsam mit Aedituus Iulianus wieder hinaus. Ein Discipulus rief das


    FAVETE LINGUIS!


    und schon kehrte Ruhe vor dem Capitolium ein. Alle Weinbauern hatten bereits ihre Amphoren zur Hand, viele Anwesende, darunter auch Curio, zogen sich ihre Togen über den Kopf und der Opferherr begab sich in Gebetshaltung. Hinter ihm stand Iulianus und wenn man genau hinsah konnte man während des Gebets sehen, wie sich seine Lippen bewegten, um dem Opferherrn das Gebet einzuflüstern.


    Größter und bester Iuppiter! Vater der Götter und erster aller Olympier!
    Jedes Jahr gewährst du uns eine gute Ernte und dafür treten wir Weinbauern jedes Jahr vor dich und übergeben dir die erste Amphore unseres besten Weins. Wir tun dies in Erinnerung an unser aller Stammvater Aeneas, der seinem tyrrhenischen Widersacher ein Weinopfer für dich abtrotzte und dir im Anschluss daran selbst eines darbrachte.
    Auch dieses Jahr stehen wir nun vor dir mit den ersten Amphoren unseres besten Weins und wollen dir damit für den guten Wein danken.
    Gewähre uns den guten Verkauf unserer Amphoren. Sodann versprechen wir, die auch nächstes Jahr wieder dieses Opfer darzubringen.


    Er wandte sich nach rechts ab und begann damit, seine Amphore in eine dafür vorgesehene Öffnung am Tempel zu schütten. Danach traten auch die übrigen Weinbauern, einer nach dem anderen, einer Prozession gleich zu der Öffnung und schütten ihren Wein dort hinein. Es dauerte eine Weile, bis der letzte Weinbauer seine Amphore geleert hatte und von der Öffnung wegtrat.

    Curio wurde stehen gelassen. Das hatte er seit seinem Wahlkampf auch nicht mehr erlebt, doch konnte er gut damit leben. Er wandte sich wieder dem nächsten Gesprächspartner zu, registrierte aber dennch das missmutige Gesicht von Acanthos. Was hatten sie denn aber erwartet? Dass er Alpina hier um den Hals fallen würde? Er hatte seine Lektion über Selbstkontrolle gelernt und würde sich in seinen amtlichen Pflichten nicht mehr in unerwartete Kontrollverluste mehr stürzen.

    Acanthos stand wie immer einen Schritt hinter Curio, machte sich Notizen und gab ihm zu verstehen, wenn es Zeit war, sich dem nächsten Einwohner zuzuwenden. Da es doch jeweils mehr zu besprechen gab und auch nicht so viele Leute da waren, wir noch auf dem Forum, hatten sie sich irgendwann darauf verständigt, die Zeit zu verdoppeln, sodass nun insgesamt mehr Zeit investiert werden würde. Irgendwann jedoch wurde Acanthos überrascht, dass er plötzlich mit Namen angesprochen wurde. Normalerweise war es immer nur ein Hey! oder ein Du da!, mit dem die Umstehenden auf sich aufmerksam machen wollten. Salve, Acanthos! war daher definitiv was neues. Er drehte sich zu der Person um, die ihn so angesprochen hatte. Als er ihn... oder sie erblickte fühlte er sich an jemanden erinnert, die Gesichtszüge passten, doch Frisur, Teint und Kleidung stimmten nicht überein. Irgendwann ging ihm jedoch ein Licht auf.


    Bei allen Göttern...


    entfuhr es dem sonst so dezenten Sklaven und warf Alpina dann einen entschuldigenden Blick zu.


    Einen Augenblick, bitte...


    Er beugte sich an Curios Ohr und flüsterte ihm etwas zu. Der Helvetier jedoch ließ sich davon nicht aus dem Rhytmus. Er führte grade ein interessantes Gespräch über den keltischen Kult westlich der Stadt, entschuldigte sich aber irgendwann bei seinem Gesprächspartner, um sich seinem Sklaven zuzuwenden.


    Was gibts?


    Curio folgte der Hand von Acanthos, die auf Alpina zeigte. Er stockte kurz, seine Gesichtszüge versteinerten sich - zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt mitten auf einem öffentlichen Platz bei der Enthüllung des neuen Larenbildes - und er trat einen Schritt auf Alpina zu.


    Salve.


    grüßte er sie fast schon mit geschäftlicher Freundlichkeit, so wie er heute schon zig Leute begrüßt hatte und reichte ihr die Hand.


    Wir haben eine Minute, also was kann ich für dich tun?


    Der kurze Blick zu Acanthos machte dem Sklaven deutlich, dass der Helvetier es ernst meinte. Jetzt und hier würde er ihr genau jene Minute geben, die auch jeder andere bekommen würde.

    Es musste vorwärts gehen mit den Planungen für eine Casa Helvetia. Und so hat er sich den Weg zum Haus des Centurios Titus Varius Naso erklären und einen Termin mit dem Vilicus vereinbart, um die möglicherweise zukünftige Casa Helvetia besichtigen zu können. Das Haus befand sich in einer Häuserzeile gegenüber der Porta Pricipalis Dextera des Legionskastells. Es war für die Canabae typisch: Lang, einstöckig und ohne Atrium.


    Als Curio gemeinsam mit dem Vilicus das Haus betrat, wurde schnell deutlich, dass noch einiges an Arbeit nötig werden würde. Die Räume waren gut geschnitten und boten genug Platz für seinen Curio, seinen Bruder und zukünftig auch für ihre Familien. Eine Taberna rechts konnte vermiete werden und der nach hinten liegende Garten bot genug Platz für Beete und eine kleine Sitzecke. Allerdings war das ganze Haus stark renovierungsbedürftig. Über eine lange Zeit wurde es nur von dem Vilicus und einem weiteren Sklaven bewohnt, die vor allem ihre kleinen Kammern genutzt hatten, während die anderen nun seit Jahren ungenutzt geblieben waren. Curios Sklave Acanthos notierte alle Kommentare Curios und des Vilicus, der offenbar auch froh sein würde, wenn er mit seinem Herrn auf dessen Landgut umziehen könnte. Nicht umsonst, so wurde Curio klar, wollten sie dieses Haus so schnell wie möglich veräußern. Doch bot es aus Curios Sicht den optimalen Ausgangspunkt für die Zukunft der Helvetier. Corvinus wäre schnell wieder im Kastell, der Weg zur Innenstadt, und damit auch zu den Tempeln, war nicht allzu weit und auch die Taberna könnte zu einem guten Preis vermiete oder womöglich selbst genutzt werden, zumal sie sich in direkter Lage zum Kastell und den Handelsrouten befand.


    Dennoch ließ sich Curio ein paar Tage Bedenkzeit einräumen, denn er wollte nicht allzu interessiert wirken. Allerdings ließ er sich schon mal die Preisvorstellungen mitteilen, die glücklicherweise noch verhandelbar waren. So konnte er die finanzielle Dimension abschätzen und gleichzeitig mögliche Finanzierungen durch seinen Vater oder den Fabricius Tullus prüfen.

    Die Vinalia waren seit Aeneas traditionell das Weinfest, an dem die Weinbauern Mogontiacums Iuppiter die erste Amphore ihres Weins als Trankopfer darbrachten. Daher hatten sich auch alle lokalen Weinbauern vor dem Capitolium versammelt und hatten die erste Amphore ihres neuen Weins dabei. Alle Weinbauern hatten ihre beste Toga angezogen. Für solche Arten großer Opfer herrschte stets großer Arbeitsbedarf im Capitolium und alle Priester und Discipuli des Iuppiter waren höchst beschäftigt. Als Zeichen für die Verbundenheit mit dem Municipium und den einzelnen Vici hatten die Weinbauern zudem einen Vertreter der Stadtverwaltung* sowie jeweils einen Magister Vici aus jedem Vicus eingeladen. Für den Vicus Apollinensis war Curio erschienen, ebenfalls in seiner besten Toga und würde wohl auch den Weinbauern beim Opfer assistieren können, wenn es denn gewünscht war. Bis zum Beginn allerdings unterhielt sich Curio mit den Weinbauern, die alle in phantasievoller Sprache ihre neuen Weine anpriesen. Von Spitzenqualität war die Rede, ebenso von wunderbar süßem Geschmack und von ausgeprägter Fruchtigkeit. Da Curio eher Weintrinker, denn -genießer war, konnte er zwar kaum mitreden, hörte aber jedem Weinbauern interessiert zu bei ihren Schwärmereien zu.


    Derweil hatte Aedituus Iulianus Acco alle Hände voll zu tun, das große Trankopfer zu organisieren. Er wusste natürlich, dass die Tradition noch auf Aeneas zurückging, wie es spätestens Ovid in seinen Fasti betonte. So traf er auch mit jenem Vertreter der Weinbauern zusammen, der in ihrem Namen als Opferherr auftreten würde. Sie sprachen kurz Form und Inhalt des Rituals ab, bevor sie mit dem eigentlichen Opfer begannen.


    Sim-Off:

    * Wer sich auch immer aus der Stadtverwaltung dazu bemüßigt fühlt. ;)
    Aber auch alle anderen Einwohner sind natürlich herzlich eingeladen, dazuzukommen. :)

    Am nächsten Tag traf sich Curio erneut mit dem Maler, um die neue Malerei zu enthüllen. Über die Nacht war sie gut getrocknet und konnte nun der Öffentlichkeit gezeigt werden. Der Helvetier hatte sich zwar für eine öffentliche, aber recht schmucklose Zeremonie entschieden. Curio würde kurz reden, der Maler würde die Stofftücher entfernen und dann stünde Curio wieder für Gespräche mit den interessierten Bürgern zur Verfügung. Die größeren und feierlicheren Eröffnungen würde es dann bei den beiden Compitalien geben, die komplett erneuert werden mussten.


    So stellte sich Curio gemeinsam mit dem Maler vor das Compitalium im Nordwesten, sein Sklave Acanthos sorgte für Ruhe und Curio ergriff das Wort.


    Liebe Einwohner!


    begann er, wobei er seine übliche Opferstimme gepaart mit guter Lautstärke aufsetzte.


    Gemeinsam mit dem Maler Rabanus habe ich das Bildnis der Laren an diesem Kreuzungsschrein erneuert. Ihm sei Dank für seine Arbeit ausgesprochen. Und nun möchte ich euch das neue Bildnis am Schrein präsentieren.


    Er gab Acanthos und dem Maler ein Zeichen und sie entfernten die Stofftücher vom Schrein. Zum Vorschein kam das neue Bildnis der Lares Compitales. Insgesamt drei Laren bot das Bild, doch mussten ihre Gesicht teils komplett neugestaltet werden. Am unteren rechten Rand war deutlich, aber nicht zu aufdringlich der Widderkopf zu sehen, das Emblem der Helvetier. Curio war sehr zufrieden mit dem neuen Bildnis, nickte dem Maler auch entsprechend zufrieden zu und mischte sich unter die Einwohner, die ihn, wie immer, mit ihren Anliegen eindeckten. Acanthous notierte sich die dringenden Anliegen und machte stets auf die Grenze der dreißig Sekunden aufmerksam, nach der sich der Helvetier einem neuen Gesprächspartner zuwenden musste, damit der Tagesplan eingehalten werden konnte.

    Am nächsten Tag trafen sich Curio und Acanthos mit dem Maler und dessen Assistenten vor dem Compitalium im Nordwesten des Vicus. Sie wechselten ein paar Worte, Curio teilte dem Maler nochmal seine Vorstellungen mit - Nachzeichnen und Erneuern des bestehenden Bildes, kreative Freiheit, wo ein Nachzeichnen nicht mehr möglich ist - und schon machte sich der Künstler ans Werk. Konzentriert betrachtete er sich das bestehende Bild, das durch die fehlende Pflege arg mitgenommen war, skizzierte die bestehenden Reste auf einer Tabula und füllte, ebenfalls auf der Tabula, die leeren Flächen mit neuen Motiven. Den Vorschlag, einen kleinen Widderkopf als Zeichen für den Auftraggeber, in das Bild mitaufzunehmen nahm Curio begeistert auf, wusste aber noch nicht, ob das hinterher nicht allzu dick aufgetragen wäre. Als ihm der Maler dann schließlich seine Arbeitsskizze zeigte, in der der Widderkopf zwar deutlich erkennbar, aber nicht übermäßig penetrant wirkte, nickte der Helvetier zufrieden und beobachtete dann, wie der Maler begann, seine Skizze auf den nun flachen Stein des Compitaliums aufzutragen. Pinselstrich für Pinselstrich enstand das erneuerte Larenbild und bis zum Abenddämmerung war es fertig. Bis die Farbe vernünftig getrocknet war, wurde der Schrein mit Stofftüchern abgehängt. Am nächsten Tag würde Curio dann gemeinsam mit dem Maler das Bild enthüllen.


    Während der Maler sich dem Bild widmete, kam Curio erneut mit Bewohnern rund um den Schrein ins Gespräch. Viele Einwohner lobten die Renovierung des Schreins und erneut kamen einige Einladungen zum gegenseitigen Kennenlernen beim Essen - natürlich immer verbunden mit einem impliziten Aufforderung irgendein kleines, oder auch größeres Problem zu lösen. Curio ließ Acanthos jede Einladung notieren, gab aber auch immer zu bedenken, wie viele Einladungen ihn erreichten und dass er nicht alle erfüllen konnte, auch wenn er immer versuchte, so viele wie möglich anzunehmen. So erlaubte er sich einen kleine Ausweg, auch wenn nicht alle Einwohner gleich verständnisvoll darauf reagierten.

    Die Zeit verging und als sich die die Reihen der Wartenden fast komplett gelichtet hatte, wurde auch Curio vorgelassen. So trat er ins warme Kaminzimmer, das, wie bei seinem letzten Besuch bei dem Procurator und auch bei den Gesprächen mit seinem eigenen Patron, von einem Feuer gewärmt wurde. Mittlerweile war die Villa der Duccier zu einem zweiten zu Hause für ihn geworden, ja er wurde mittlerweile sogar von dem alten Vilicus Albin durchgewunken. Und auch wenn der Duccius Marsus nicht sein Patrin war, gab es doch auch hier gewisse Sachen, die gleich blieben. Der Procurator hatte eine angenehme Art, mit seinen Gästen, auch wenn sie einen niederen gesellschaftlichen Rang hatten. Standesdünkel sah er hier so gut wie nie, auch wenn er sich bestens vorstellen konnte, dass es solche in gewissen Angelegenheiten sicher gäbe. Nichtsdestotrotz waren es bislang immer angenehme Gespräche, die Curio mit dem Oberhaupt der Duccier geführt hatte.


    Salve, Procurator Duccius.


    erwiderte er sowohl den Gruß, als auch den Handschlag.


    Es ist stets angenehm, hier zu sein.


    fügte er dann noch eine kleine Freundlichkeit an, die er aber voll und ganz ernst meinte. Schließlich war er ja ohnehin zwei mal die Woche hier und konnte die Gespräche mit seinem Patron führen, die ihn immer einen Schritt weiter brachten.


    Was den Wahlkampf angeht, bin ich froh, dass er jetzt erstmal vorbei ist. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass der Stresspegel mit der Amtsübernahme geringer wird.


    Ganz im Gegenteil waren schon seine ersten Tage im Amt höchst geschäftig gewesen. Jeden zweiten Tag nahm er sich einen Schrein vor, den es zu reinigen galt und besonders die beiden Komplettbauten später würden nochmal sehr zeitintensiv sein. Ganz zu schweigen von den zahlreichen "Hausbesuchen", die zumeist aus persönlichen Einladungen von Bewohnern des Vicus resultierten und der Teilnahme an den Sitzungen des Ordo decurionum. Was anderes erwartet hatte er sich aber ohnehin nicht, weswegen er jetzt das kommende Jahr nutzen wollte, um sich einen Namen als Lokalpolitiker machen zu können, bevor er sich nach seiner Amtszeit, dann wieder als Aedituus, - langsam aber stetig - die Aufnahme in den Ordo decurionum vorbereiten könnte.

    Ein weiterer Schrein im Nordwesten der Stadt war da schon eine härtere Nuss. Nachdem Curio mt ein paar Helfern auch diesen gereinigt und vom Gestrüpp befreit hatte, wurde deutlich, dass die Malereien am schrein drigend erneuert werden mussten. Curio gab seinem Sklaven Acanthos eine Notiz, dass ein Maler kontaktiert werden solle, der die Malereien nachziehen sollte. Acanthos nickte und machte sich sofort auf den Weg zum Forum, um dort einen Maler ausfindig zu machen. Währenddessen unterhielt sich Curio wieder mit einigen Anwohnern. Langsam gewöhnten sie sich daran, dass der junge Magister Vici stets für sie ansprechbar war, besonders wenn er sein Wahlkampfversprechen bearbeitete und die Schreine innerhalb des Vicus reinigte. Daher kamen nun immer wieder Einwohner mit den verschiedensten Anliegen auf ihn zu. Ruhig und konzentriert hörte sich Curio ihre Sorgen an, gab Antworten wie diese vielleicht zu lösen seien und machte sich Notizen bei größeren Anliegen, die er bei Bedarf im Ordo anbringen konnte oder für die er Kontakt mit einem der lokalen Granden aufnehmen musste. So landeten immer wieder größere und kleinere Aufgabe auf seinen Tabulae, die er versuchen würde, abzuarbeiten.


    Zum Nachmittag erschien Acanthos mit einem Maler vom Forum. Curio unterhielt sich mit dem Künstler über die Erneuerung der Schreinmalereien und die beiden kamen schnell zu einer Übereinkunft. Der Maler würde den morgigen Tag nutzen, um die Malerei zu erneuern. Curio nahm sich daher vor, auch am kommenden Tag nochmal an diesem Schrein zu Erscheinen, um die Malerarbeiten zu beobachten und weiterhin ansprechbar für die Einwohner des Viertels zu sein.

    Bereits an seinem ersten Tag im Amt machte sich Curio an die bie Arbeit, um die weiteren gut erhaltenen Kreuzungsschreine zu säubern. Die Renovierung oder gar Ersetzung der baufälligen Schreine würde er im Laufe seiner Amtsschritt sukzessive vorantreiben. Die restlichen Schreine würde er, einen nach dem anderen während seiner Amtszeit reinigen und pflegen. Pro Tag wollte er grade zu Beginn jeweils einen Schrein einer Grundreinigung unterziehen, um danach immer wieder nach deren Zustand zu schauen.


    Wie schon zu seinem ersten Wahlkampftermin hatte er sich ein paar Unterstützer gesucht, darunter auch seinen Sklaven Acanthos und reinigten einen Schrein am östlichen Stadttor zu, Vicus Navaliorum hin. Sie entfernten Gestrüpp, brachten den alten Marmor wieder einigermaßen zum glänzen und pflegten auch die kleinen Votivfigürchen, die an dem Schrein zurückgelassen worden waren. Vorbeigehenden Menschen stand Curio zudem Rede und Antwort und würde auch erste Bitten, Gesuche oder Anmerkungen aufnehmen. Bürgernähe war hierbei sein Credo, denn er wollte als Magister Vici stets ein offenes Ohr für die Nöte der Einwohner haben.

    Curio hatte sich bereits am Morgen mit seinen unmittelbaren Unterstützern auf dem Forum versammelt. Seine Gruppe war natürlich kleiner als jene der stadtweiten Magistraten und besonders der neuen Duumviri, wobei ihm auffiel, dass die Gruppen der Aedile ungefähr gleich groß waren. Natürlich hatte sich der junge Helvetier auch in seine beste Toga gekleidet, die er für diesen Zeitpunkt nochmal extra gereinigt hatte, war aber jetzt nur noch nervös. Unruhig rieb er sich die feuchten Hände und blickte immer wieder zum Eingang der Curia. Das erste Raunen des Tages ging durch die Versammlung, als die ausscheidenden Magistrate und insbesondere die beiden scheidenden Duumviri Turius und Caesetius vor die Curio traten. Endlich trat dann auch der Herold nach vorne und las die Gewählten vor. Erster Jubel brandete um die beiden neugewählten Duumviri Acutius und Vitellius. Den Acutier kannte Curio von einem Zusammentreffen bei seinem Unterstützer Fabricius, denn auch dieser wurde durch den Fernhändler unterstützt. Den Vitellier kannte Curio derweil nur vom sehen. Als nächstes waren die Gruppen um die Aedile dran und Curio blickte einen Augenblick missmutig, als er hörte, dass Petronius Marcellus gewählt worden war. Allerdings setzte er schnell wieder ein fröhliches Gesicht auf, denn nun folgten die Ergebnisse der Magistri Vici. Als erster folgte sein Vicus und als Curios Name durch den Herold verlesen wurde, hörte er nur noch Jubel um ihn herum. Sein Freund Tullus klopfte ihm anerkennend auf die Schulter (dessen Vater stand beim Acutier) und wieder musste Curio die Händer seiner umstehenden Unterstützer schütteln, dieses Mal aber als Glückwunsch zu seiner Wahl. Er aber brauchte einige Augenblicke, um zu realisieren, dass er es tatsächlich geschafft hatte.


    Erst als die Vereidigung begann und zuerst der Acutius und der Vitellius, und schließlich der Petronius mit seinem Collega nach vorne traten, waren auch die Magistri Vici an der Reihe. Gemeinsam mit seinen Kollegen trat er nach vorne und durfte als Vertreter des Vicus Apollinensis auch als erster der Stadtteilvorsteher den Amtseid leisten.


    Ich, Iullus Helvetius Curio, schwöre bei Apollo Grannus Mogon, Divus Augustus und allen Divi Augusti, und bei allen Göttern, das Amt des Magister Vici entsprechend der Lex Municipalis Cornelii Mogontiacensis und den Decreta Decurionum zu führen. Ich schwöre, all dies jederzeit einzuhalten und gegen jeden vorzugehen, der gegen die Lex Municipalis Cornelii Mogontiacensis oder die Decreta Decurionum zuwiderhandelt."


    Nun hatte er seinen ersten Schritt in die städtische Politik gemacht und beobachtete nun noch, wie die übrigen Magistri Vici ihre Eide leisteten.

    Ja, das hat er.


    Curio nickte seiner Discipula fröhlich zu. Er hat ja keine Sorge, dass sie die götlichen Zeichen auch richtig deuten würde, auch ohne seine Hilfe. Nun hatte er auch keine Zweifel mehr, dass sie bereit war für ihr Prüfungsopfer, auch wenn er vielleicht bei den letzten Lektionen noch das eine odere andere wiederholen würden. Nun galt es aber noch das Opfer an Wodan führen. Curio beobachtete dabei genau, wie sich Silvana, die für die kurze Zeit die Rolle der Lehrerin übernahm, auch wenn ihr das vielleicht nicht unbedingt bewusst war, bei dem Opfer benahm, welche Haltungen sie einnahm, welche Worte sie sprach und ihren Umgang mit den Opfergaben. Besonders überraschte ihn, dass Silvana ein Messer ablegte, das sie bereits seit längerem dabei hatte. Nach ihrer Wendung nach rechts hielt Curio wieder inne und wartete, ob auch das zweite Opfer angenommen werden würde.

    Einige Tage nach dem Gespräch während seines Wahlkampfes besuchte Curio wieder die Salutatio des Duccius Marsus. Anders als bei seinem eigenen Patron musste er hier etwas mehr Zeit einplanen, da - wie immer - die eigentlichen Klienten Vorrang hatten. Daher suchte er sich wieder einen Platz im Atrium, bekam wieder einen Becher Wasser angeboten und wartete dann darauf, dass er zum Duccius vorgelassen wurde.

    Curio hatte den Lufthauch und das erneute Klappern der Münzen im Behälter wahrgenommen. Silvana aber auch? Er schielte zu ihr hinüber, denn er wollte es einerseits ihr überlassen, die göttlichen Zeit zu deuten und ihr vor allem andererseits so wenig eigene Zeichen oder auch nur Suggestionen geben wie möglich. Doch fiel ihm jetzt auf, wie schwierig es war, gar nichts zu machen. Alles hätte als Suggestion aufgefasst werden können und daher hoffte er, dass bald irgendein Kommentar von ihr käme, damit er sich nicht mehr Gedanken darüber machen musste, was er alles nicht machen durfte: Schmunzeln, Blinzeln, Hand- oder Körperwegungen, Husten, Niesen, Nasekratzen, Bewegungen der Mundwinkel, Kopfbewegungen, Augenverdrehehn...

    Curio beobachtete Opferhaltung und Gebet der jungen Duccia und würde ich wahrscheinlich nach dem Opfer noch den einen oder anderen Tipp geben, was sie bis zu ihrem Einführungsopfer noch verbessern könnte. Zum Abschluss gab er ihr noch mit einer angedeuten Bewegung nach rechts zu verstehen, dass sie das Gebet mit einer Wendung nach rechts abschließen sollte, bevor sie darauf warten könnten, was Mercur von diesem Opfer hielt. Das Versprechen der jungen Duccia, gleich ein großes Opfer für die sichere Heimkehr Alpinas erbringen zu wollen, sollte aber einen Anteil daran haben, dass das Opfer auch angenommen werden würde.

    Curio blickte sich nach einem Aedituus um, der auch irgendwann auf sie zu kam. Sie wechselten ein paar Worte, der Aedituus nickte und brachte schnell eine kleine Patera und auch einige andere Hilfsmittel herbei, in die sie den Wein abfüllen konnten, den sie ja auch gekauft hatten. Dann entfernte sich der Aedituus wieder und Curio schaute, was Silvana noch tat, und nickte. Bevor sie mit dem Opfergebet begann erinnerte er sie noch leise an eine Kleinigkeit.


    Vergiss nicht, dein Haupt zu bedecken.


    Sicherheitshalber hielt er ein Tuch bereit, dass sie sich über die Haare ziehen konnte. Dann konnte das Opfer eigentlich beginnen. Curio nickte und stellte sich so hin, dass er seiner Discipula die Opfergaben reichen konnte.