Beiträge von Iullus Helvetius Curio

    Curio fehlten die Worte. Doch zeigte sein Gesicht keinerlei Ablehung der Aktion seiner jungen Discipula. Ganz im Gegenteil zeichnete sich dort eine gewisse Bewunderung für diesen förmlichen Geistesblitz an. Man konnte fast meinen, sie hätte irgendeine direkte Verbindung zu den Göttern...


    Duccia...


    versuchte er etwas zu sagen, blickte dann aber in die Menge, die sich langsam aufzulösen begann. Offenbar war allen bewusst geworden, dass sie auch noch ihre alltäglichen Pflichten zu erfüllen hatten. Dann sprach er einen Gedanken aus, oder besser eine Frage, die durch seinen Kopf spukte.


    Hast du irgendwas gespürt, bevor du nach vorne getreten bist? Einen Windhauch vielleicht?


    eigentlich eine komische Frage, aber dass eine junge Discipula wie selbstverständlich vor die versammelte Einwohnerschaft trat und für Ruhe sorgt, war ja nun alles andere als normal.


    Oder vielleicht irgendwas gesehen? Ein Funkeln im Augenwinke zum Beispiel?

    Es dauerte natürlich einige Zeit, bis die ersten Ergebnisse sichtbar wurden. Curio putzte kräftig die Opferplatte und brachte die Abbildungen der Laren an den Wänden wieder zum Vorschein. Währenddessen betätigte sich Tullus, der sich auch freigenommen hatte, damit, den Wildwuchs an den Seiten zu entfernen. Glücklicherweise hatte Acanthos, der natürlich auch dabei war und ebenfalls kräftig putzte, an eine Leiter gedacht, sodass sie auch das Efeu und den Dreck vom Dach des Compitaliums entfernen konnten. Die Reinigungsaktion sorgte natürlich für Aufsehen, nicht nur bei den Anwohnern, die aus den Fenstern schauten oder aus ihren Haustüren heraustraten, sondern auch bei Händlern, die dort vorbeikamen und normalerweise regelmäßig hier kleine Opfer abhielten.


    Irgendwann waren sie soweit fertig, dass Curio nun auch eine kleine Ansprache halten konnte. Dazu trat er auf eine kleine Kiste, die ihm von Acanthos zurechtgestellt wurde, räusperte sich leiste und sprach dann mit lauter und deutlicher Stimme, die er sich bei seinen zahlreichen Opfergebeten angewöhnt hatte.


    Ihr lieben Bürger unseres Vicus!


    begann er und versuchte damit die Aumerksamkeit der Umstehenden zu bekommen, was ihm nicht bei allen, aber doch bei einigen gelang.


    Einige von euch kennen mich: Mein Name ist Iullus Helvetius Curio, ich bin Aedituus im Tempel unseres Stadtpatrons Apollo Grannus Mogon, Klient des ehrenwerten Pontifex und Decurio unserer Stadt Decimus Duccius Verus und Mitbürger unseres Vicus Apollinensis. Am heutigen Tag habe ich zudem bei den Duumviri meine Kandidatur für das Amt des Magister Vici unseres Vicus eingereicht.


    fuhr er danach fort mit der Vorstellung seiner Person. Schließlich konnte er nicht davon ausgehen, dass ihn alle kannten. Auch sorgten die Verweise auf seine Tätigkeit im Tempel und seinen Patron dafür, dass er sich ein gewisses Seriösität aufbaute. Einerseits war er im Dienste der Götter, andererseits hatte ihn ein Mitglied der einflussreichsten Gentes der Stadt als Klient aufgenommen.


    Mein Entschluss für diese Kandidatur entspringt meinem Willen einerseits unserem Vicus weiterhin eine zuverlässige Stimme im Ordo decurionum zu geben und andererseits ein Projekt voranzutreiben, mit dem ich heute vor eurer aller Augen begonnen habe. Der Vicus Apollinensis hat zahlreiche Schreine für die Lares Compitales, den Schutzgöttern der Straßenkreuzungen. Viele Menschen bringen ihnen in diesen Schreinen kleinere Opfer, um sie zu ehren. Doch leider musste ich feststellen, dass einige dieser Schreine in bedauernswerten Zustand sind. Dieser Schrein hinter mir zum Beispiel war, wir ihr alle gesehen habt, verdreckt und überwuchert. Andere Schreine sind ebenso verdreckt und müssen dringend gereinigt werden. Und wieder andere werden wohl komplett erneuert oder ausgetauscht werden müssen. Ich erkläre mich hiermit bereit, diese Arbeiten vorzunehmen, sofern ihr mich, als euren Magister Vici erwählt!


    Damit war schonmal das wichtigste Projekt angesprochen und gleichzeitig dafür geworben. Curio machte eine kurze Pause, atmete durch und sprach dann weiter.


    Natürlich werde ich als Magister Vici auch ein offenes Ohr für eure Sorgen und Nöte haben und versuchen, sie zu lösen. Scheut euch dazu auch nicht, jederzeit auf mich zuzukommen. Auch wenn ihr jetzt schon Anliegen habt, könnt ihr euch gerne an mich wenden. Ihr findet mich hierzu in der Casa Atia, die ich derzeit bewohne. Ich möchte euch nun zum Schluss zurufen: Vertraut mir und meinem Programm für die kommende Amtszeit und unterstützt mich bei den kommenden Wahlen!


    Damit war seine kleine Ansprache beendet. Er trat von der Kiste herab und kam schnell mit dem einen oder anderen ins Gespräch, die sich für Curios Kandidatur und sein Programm interessierten.

    Im Norden des Vicus Apollinensis gab es an einer vielbefahrene Kreuzung ein Compitalium, dessen Bausubstanz zwar in Ordnung war, das aber komplett überwuchert und verstaubt war von den vielen Karren, Pferden und Menschen, die von morgends bis abends die Stadt durchquerten. Es handelte sich um einen der der Knotenpunkte im größten Vicus der Stadt. Nun erschienen dort am Morgen nach der Wahlausschreibung Curio und einige Helfer, mit Holzeimern, Putzlappen und Schnittmessern ausgerüstet, um den Schrein für die Lares Compitales zu reinigen. Dabei konnten sie auch auf einen der Brunnen zurückgreifen, die erst vor kurzem von dem Petronier neugebaut worden waren.


    Nachdem sie sich kurz abgesprochen hatten, begannen sie damit, den Staub vom Schrein zu putzen, die Wucherungen zu entfernen und kleinere Macken auszubessern. Im Anschluss daran würde Curio eine kurze Rede halten.

    Ein üblicher Termin in Curio Wochenplan war mittlerweile die Salutatio bei seinem Patron, die ihn zweimal in der Woche zur Villa Duccia führte. Wie immer stand er in eine gute Toga gekleidet im Warteraum der Villa, bevor er dann durch Duccius Verus empfangen werden würde. Heute aber würde sich das Gespräch nicht nur auf einen allgemeinen Austausch über die aktuellen Ereignisse in der Stadt beschränken: Curio hatte heute seine Kandidatur für die kommenden Wahlen den Duumviri angezeigt. Nun galt es, gemeinsam mit seinem Patron einen vorläufigen Wahlkampfplan zu erstellen und die letzten Fragen zu klären, bevor er sich dann vollends in den Wahlkampf stürzen würde.

    Irgendwann endete auch die angenehmste Cena. Die Gästen hatten nicht mehr allzu lange über die Ala diskutiert und waren zum Ende des Abends nochmal auf den Kaiser zu sprechen gekommen, bis der Gastgeber dann irgendwann freundlich aber bestimmt das Ende des Abends einläutete. Einige der Gäste machten sich daraufhin auch auf den Weg nach Hause, Manius Minor machte sich au den Weg zurück ins Castellum und so blieben nur noch Curio, sein Freund Tullus und dessen Vater zurück.


    So, Helvetius, dann hatteste ja deine Möglichkeit, in kleinem Rahmen Werbung zu machen. Zumindest ich muss sagen, dass du mich überzeugt hast und ich kann dir versichern, dass meine Familie dich unterstützen wird. In jeder Hinsicht.


    Curio atmete erleichtert durch. Zwar war die Cena bereits ein entsprechender Fingerzeig gewesen, diese explizite Unterstützungsbekundung, die er nun von dem Fabricier bekam, war aber im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert.


    Ich danke dir sehr für deine Unterstützung, Fabricius.


    antwortete Curio daher mit zuversichtlicher Stimme, dass sein Wahlkampf mit dem heutigen Tage richtig beginnen konnte.


    Eure Hausbaupläne haben auch Hand und Fuß. Aber über den Standort eures Hauses sollte ihr nochmal nachdenken. Wie dies auch kommen sollte, auch hier möchte ich euch unterstützen, ob es euch nun in die Canabae verschlägt oder doch in den Apollinensis. Halt mich auf dem Laufenden darüber!


    Das wiederum war mehr, als Curio erwartet hatte. Ob es da vielleicht gewisse Hintergedanken gab? Solche Versprechungen gingen ja nie ohne solche impliziten Aufforderungen einher. Wahrscheinlich wollte er vor allem einen weiteren politischen Verbündeten haben, da sie sich aber jetzt schon sehr lange kannten und die Fabricier ja auch bei seiner Amtseinführungsfeier dabei waren, war das ohnehin schon besiegelt. Ob er vielleicht sogar an die Zukunft seiner Tochter dachte? Das wäre jedenfalls starker Tobak. Er blickte hinüber zu Tullus, der breit grinste. Offenbar hatte er das angeleiert und Tullus hatte IMMER irgendwelche Hintergedanken. Curio Blick wanderte zurück zum alten Fabricier und reichte ihm nun die Hand zum Abschied.


    Auch hierfür danke ich dir sehr, Fabricius. Natürlich werde ich dich darüber auf dem laufenden halten, mit deinem Sohn Publius Tullus spreche ich ja eh fast täglich.


    Der Fabricier nickte freundlich und Tullus grinste weiter vor sich hin.


    Gut, gut. Dann komm gut nach Hause, Helvetius.


    verabschiedeten sie sich nun. Curio nickte Tullus nochmal zu und verließ dann, gemeinsam mit Acanthos das Haus. Als er aus die Straße trat, hielt er kurz inne. Zumindest im Moment lief alles prächtig. Es ging voran. Endlich.

    Während der Rede des Duumvirs war es sehr still auf dem Forum. Natürlich hörte man das übliche Getuschel und an manchen Stellen die üblichen Geräusche der Großstadt. Doch da tatsächlich ein sehr großer Teil der Einwohnerschaft hier anwesend zu sein schien, waren auch diese stark weniger, als an einem normalen Tag auf dem Forum. Auch Curio hörte zu, was der Turius der versammelten Stand mitzuteilen hatte. Vor allem die letzten Sätze des Duumvirs schienen für Curio wichtig und bereiteten ihm zumindest in Bezug auf die ganze Kaisergeschichte eine ruhiges Gefühl. Auch die anderen Einwohner schienen so oder ähnlich zu fühlen, denn soweit Curio es sehen konnte, bildete sich im Gegensatz zum letzten Mal bei der öffentlichen Kundgebung zum Tod des Kaisers ein Gerangel aus. Der Helvetier atmete tief durch.


    Dann jedoch ging es wieder an den eigentlichen Grund des Tages: Das große Opfer. Curio gab den anwesenden Discipuli mit einem Nicken zu verstehen, dass sie zu ihren Plätzen gehen sollten. Denn jeden Moment würden die Pontifices gemeinsam mit den Magistraten zur Tempeleingang kommen, um das unblutige Opfer im Tempelinnern durchzuführen.

    Als die Diskussion auf die Verlegung der Ala Numidia und deren Umsetzung lief, musste sich Curio kurz entschuldigen, um auszutreten. Glücklicherweise hatte das Haus einen kleinen Abort, den die Gäste aufsuchen konnten. Als er aus dem Triclinium hinaus ins Atrium trat, erblickte er die fabricische Tochter, Fabricia Tullina. Sie war ein paar Jahre jünger als ihr älterer Bruder und Curio, saß verdächtig nah am Triclinium und schien höchst interessiert zu lauschen. Die Cena des Fabricius, so hatte Curio von seinem Freund Publius Tullus erfahren, waren reine Herrengesellschaften. Während sich die Hausherrin längst damit abgefunden hatte und sich stattdessen anderen Dingen widmete, schien Tullina sich damit nicht abfinden zu wollen. Da sie nicht wusste, wer heraustrat, erhob sich ruckartig, kam aber nicht mehr schnell genug weg, sodass sie Curio direkt in den Weg lief.


    Oh.. ähm... Curio hehe... Ich war grade... ähm... auf dem Weg zur... ähhh... Culina, ja... genau. Mir was kleines zu Essen holen.


    Sie grinste schief, doch es war mehr als offensichtlich, dass sie interessiert den Gesprächen der Männer im Triclinium gelauscht hatte. Curio musste schmunzeln, setzte dann aber einen mahnenden Blick auf, den er immer benutzte, wenn ein Discipulus etwas ausgefressen hatte.


    Wenn da mal nicht jemand gelauscht hat.


    sagte er trocken und wartete die Reaktion der Fabricia ab. Diese errötete, fing dann aber sofort an zu leugnen.


    Gelauscht...? Ich...? Also... nein... nie-mals. Bestimmt nicht.


    Curio trat ein paar Schritte von der Tür weg und auf Tullina zu.


    Und war was interessantes dabei?


    wechselte er dann plötzlich in den Plauderton und zwinkerte der jungen Fabricia zu. Diese musste nun ebenfalls schmunzeln und setzte sich wieder auf ihren Stuhl.


    Deine Hausbaupläne waren interessant. Ihr habt euch da ja richtig Gedanken gemacht. Aber vielleicht wäre es doch besser, wenn ihr mal bei Papas Freund vorbeischauen würdet. Und natürlich die ganze Geschichte um den toten Kaiser. Im Moment geht es ja aber nur - wie so oft - ums Militär. Das finde ich nicht so interessant.


    Die beiden kannten sich mittlerweile recht gut. Sie gehörte auch zu den wenigen, die über die Geschichte mit seinem Vater bescheid wusste, neben Tullus und Alpina. Eigentlich sah sie auch gut aus, fand Curio, und würde seine Mutter sie hier für eine mögliche Partie umschauen, wäre sie wohl ganz oben auf der Liste. Tatsächlich konnte Curio sich das theoretisch auch gut vorstellen. Ob das auf Gegenseitigkeit beruhte, wusste er bislang noch nicht. Allerdings hätte er erstmal ohnehin keine Zeit - und vor allem nicht genug Geld - sich um eine Braut zu bemühen und womöglich auch noch zu heiraten. Im Moment ging es um den Wahlkampf und den Hausbau, da floss alle Energie und alles Geld rein, was er im Moment erübrgen konnte. Zudem wollte er erst dann eine Familie haben, wenn er diese vernünftig ernähren konnte und im Moment ging er ja auch selber in allen Belangen auf dem Zahnfleisch.


    Die Häuserplanungen stehen leider immer noch kompett am Anfang. Ich habe mir den Namen au jeden Fall notiert,


    gab Curio zerknirscht zu. Es ärgerte ihn schon, dass es einfach nicht vorangehen wollte mit dem Hausbau. Aber das würde sich schon noch ändern, im Zweifel auch mit einem komplett neuen Plan.


    So, ich muss jetzt aber noch austreten.


    verabschiedete er sich kurz. Als er dann nach wenigen Momenten zurückkam, saß Tullina wieder auf ihren Stuhl.


    Worum geht es jetzt?


    fragte er ruhig.


    Immer noch die Ala...


    antwortete sie gelangweilt und kicherte leise.


    Pass auf, dass dein Vater oder einer anderen die nicht erwischt. Am besten holst du dir ein Buch oder sowas. Dann kannst du besser behaupten, du hättest was anderes gemacht.


    Dann trat er wieder zurück ins Triclinium, nahm seinen Platz neben seinem Freund Tullus ein und hoffte, dass sich das Thema bald wieder änderte.

    Curi überlegte einen Augenblick, welches Spiel im Lieber war. Eigentlich war er ja hier um sich zu entspannen und seinem Geist eine kleine Pause zu gönnen. Das strategielastige Denkspiel Iatrunculus schien ihm dabei eher kontraproduktiv. Daher war seine Antwort klar.


    Würfel.


    antwortete er laut genug, dass auch der Sklave den Wunsch vernehmen konnte. Dann hörte er den weiteren Erzählungen des Furiers zu. Er schien also erstmal in privaten Diensten zu stehen.


    Na dann Glückwunsch, dass du so schnell eine Anstellung gefunden hast.


    antwortete Curio auch darauf. Dann wartete er, bis die Weinbecher gefüllt waren - Curio bat, wie immer, darum, den Wein stark zu verdünnen - und prostete dann dem Furius zu.


    Auf dass du dich schnell in unserer schönen Stadt einlebst!

    Curio nickte.


    Bis in den Vicus Mattiacorum können wir reiten. Dort gibt es den Bellona-Schrein, den ich dir zeigen kann und auf dem Weg dorthin können wir die Lektion abhalten. Sollten wir Alpina dort nicht vorfinden, werden wir aber wieder zurückkehren. Auch können wir zwei ältere Pferde des Tempels nutzen, die werden im Moment soweit ich weiß nicht benötigt.


    stellte Curio nun nochmal den folgenden Plan dar. Eine solche Lektion war zwar ungewöhnlich, aber er konnte sie mit dem Besuch des Bellonaschreins begründen.


    Außerdem gilt folgendes: Du reitest stets neben mir, reitest in keinem Fall vor und sagst mir direkt bescheid, wenn es dir zu schnell gehen sollte.


    Dann wartete der Helvetier die Antwort Silvanas ab und führte sie dan zu zwei Pferden des Tempels mit denen sie sich auf den Weg in den Vicus Mattiacorum machten.

    Etwas ungewöhnlich war die Lektion des heutigen Tages, die Curio mit seiner Discipula heute auf dem Weg in den Vicus Mattiacorum besprach. Allerdings war die Situation insgesamt auch ungewöhnlich. Die beiden hofften, ihre geiemsame Freundin Alpina dort noch anzutrefen, um sie von ihrer Reise nach Germania Magna abzuhalten. So hatten sie sich zwei Pferde des Tempels geliehen und ritten nun nebeneinander in Richtung der großen Rhenusbrücke.

    Zum Glück hatte sich Curio in der Taberna Medica einen Trunk besorgt, der die Kopfschmerzen reduzierte, die ihm den ganzen Tag über zu schaffen gemacht hatten. Daher viel es ihm am Abend deutlich weniger schwer, den Gesprächen zu folgen und auf Einladung des Fabriciers nach der Nachspeise sowohl seine Planungen für den Wahlkampf als auch jene für den Häuserbau kurz vorstellen. Curio war dem Vater seines Freundes dankbar, dass er ihm dieses Forum bot, seine Ideen auch an ein paar führende Köpfe der Händlerschaft Mogontiacums und an ein paar ehemalige Mitglieder der Legion heranzutragen. Daher nutzte er auch die Chance, diese so ausführlich wie möglich vorzustellen, wusste aber gleichzeitig auch, dass er die Gesellschaft nicht allzu lang aufhalten wollte. Nachdem Curio geendet hatte, blickte er in die Runde, sah zustimmendes Nicken, aber auch - vor allem vom Fabricier eine gerunzelte Stirn.


    Da haste aber viel vor, Helvetius. Mit Hausbau und Wahlkampf.


    begann er die folgende Diskussion ernst, aber nicht abweisend. Natürlich hatte Curio mit dem Fabricier schon besprochen, was er grob vorbringen wollte und der Fabricier hatte bereits angekündigt, darüber mit den übrigen Gästen in eine Diskussion einsteigen zu wollen, damit Curio sich auch in der Diskussion präsentieren konnte. Zur Unterstützung stellte der alte Fabricier Curio derweil seinen jüngeren Sohn zur Seite, der ihn bei Bedarf unterstützen sollte, wenn die Fronten zu groß werden sollten.


    Ja, das stimmt wohl, Fabricius. Glücklicherweise habe ich mit Pontifex Duccius einen verlässlichen Patron, der mir im Wahlkampf alle Möglichkeiten eröffnen möchte. Den Hausbau werde ich derweil mit meinem Bruder alleine tragen.


    Erneut blickte er in die Rund und trank einen Schluck stark verdünnten Weins. Er wollte ja morgen nicht schon wieder mit einem dicken Kopf aufwachen.


    Habt'er denn schon über andere Möglichkeiten nachgedacht? Ich hab zum Beispiel 'nen guten Freund, einen ehemaligen Legionscenturio, der nach seinem Dienstende auf's Land ziehn will, aber noch'n älteres Haus in den Canabae besitzt. Das will er jetzt gerne los werden. Mit einem freundlichen Hinweis von mir macht er auch bestimmt einen guten Kaufpreis. Gut ihr müsst auch noch was reinstecken, aber es ist deutlich günstiger, als so'n ganzes Haus im Apollinensis zu bauen.


    Curio kannte Corvinus' Vorliebe für die Canabae. Allerdings gäbe es auch da noch jede Menge Probleme. Er hatte sich bislang immer auf den Vicus Apollinensis vorbereitet, er hatte ja auch immer geplant, dort zu wohnen. Allerdings wäre seinem Bruder ein Haus in den Canabae wohl deutlich lieber.


    Ihr müsst ja auch an eure Finanzen denken, denn so dicke habt ihr's ja auch nicht.


    schaltete sich nun auch Tullus Minor, der ältere Sohn des Fabriciers ein. Normalerweise war er immer recht mundfaul, doch bei solchen Gelegenheiten blühte er förmlich auf. (Curio glaubte, dass daran auch sein stolzer Weinkonsum einen guten Anteil hatte.)


    Der Vicus Apollinensis ist der wichtigste Vicus der Stadt. Außerdem würde natürlich auch mein Arbeitsweg länger.


    gab Curio wiederum zurück. Eigentlich hatte er sich auf den Vicus Apollinensis eingeschossen, zumal die Canabae auch außerhalb der Stadtmauern lagen und bei einem Überfall ungeschützt dalagen.


    Aber du kannst mir gerne den Namen des Mannes geben, mein Bruder kennt ihn bestimmt, dann können sie mal miteinander sprechen.


    Zumindest wollte er das Angebot nicht komplett ablehnen, einerseits aus Höflichkeit, andererseits aber auch, weil die Argumente der beiden Manii Tulli natürlich auch nicht von der Hand zu weisen waren.


    Aber zurück zu deinen Wahlkampf Helvetius.


    ergriff nun ein weiterer Gast das Wort, ein Händler, den Curio flüchtig vom Forum kannte.


    Ich weiß zumindest, dass die Compitalien im Norden der Stadt zwar in recht gutem Zustand sind, aber dringend mal gereinigt werden müssten. Dort könntest du vielleicht mit deinem Wahlkamp anfangen.


    Curio nickte dem Mann freundlich zu und blickte dann zu Acanthos, der sich bereits eine Notiz machte. Auch den Hinweis auf den Legionscenturio hatte der Sklave mitgeschrieben und würde bei Bedarf dran erinnern, den Namen nachzutragen.


    Mit den Compitalien ist aber auch viel Arbeit verbunden. Im Südwesten in Richtung der Canabae steht eines, das einige Macken hat.


    gab nun ein weiterer Gast zu bedenken. Dass es teuer und arbeitsintensiv werden würde, war Curio klar. Daher nickte er verstehend. Allerdings würde er sich auch über Unterstützung einiger Händler freuen.


    Ich danke dir für diesen Hinweis. Ich habe ja, sollte ich gewählt werden auch genug Zeit, die Compitalien Schritt für Schritt zu renovieren.


    So ging die Diskussion noch einige Zeit hin und her. Einwände, Unterstützungserklärungen, aber auch Anmerkungen und Verbesserungsvorschlägen wechselten sich regelmäßig ab und Curio nahm alles geduldig auf, bedachte jeden Hinweis mit einem freundlichen Dank und jeden kritischen Punkt entweder mit einer Versicherung, darüber nachzudenken, oder mit einem Gegenargument. Das eine oder andere Mal kam ihm sein Freund Publius Tullus zu Hilfe und so ging es weiter, bis der der Gastgeber die Diskussion auf die aktuelle Lage um den Tod des Kaisers lenkte.

    Am Tag nach dem Verschwinden Alpinas war Curio am Abend zu Gast in der Domus Fabricia. Die Einladung zu dieser Cena war bereits ausgesprochen worden, als Curio seinem guten Freund Publius Tullus von seinen Hausbauplanungen und seiner geplanten Kandidatur für das Magisteramt im Vicus Appolinensis. So erschien Curio am Abend gut gekleidet und begleitet von seinem Sklaven Acanthos bei den Fabriciern, wurde natürlich sofort eingelassen und fand sich in einer Runde mit dem alten Fabricius, seinen beiden Söhnen sowie einigen Geschäftspartnern und Bekanntes der Fabricier wieder.

    Curio zuckte zusammen, als die Duccia jetzt auch noch ihre Stimme erhob. Erneut atmete er tief durch, um dem Schmerz in seinem Kopf entgegen zu wirken. Schon erhob er sich nun ebenfalls von seinem Platz und wollte ebenfalls die Stimme erheben, als er die erste Träne über Silvanas Wange kullern sah. Ihr folgte eine zweite und auch eine dritte. Anstatt nun ebenfalls laut zu werden trat er auf die Duccia zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Eigentlich sprach sie ihm aus der Seele, allerdings könnten sie auch wieder nicht alles stehen und liegen lassen. Verdammtes Pflichtgefühl...


    Ist ja gut.


    sagte er in beruhigendem Ton. Curio konnte sich zumindest ein bisschen mehr über Alpinas Beweggründe zusammenreimen, als es Silvana konnte. Die Art und Weise des Weggehens jedoch war für Curio ein sicheres Zeichen dafür, dass Alpina nicht weiter darüber diskutieren wollte.


    Du kannst unmöglich alleine durch die Gegend reiten, wenn du eigentlich hier für deine Lektion sein solltest.


    Er dachte einen Augenblick nach.


    Wie wäre es, wenn wir deine Lektion nach draußen verlegen. Vielleicht finden wir Alpina ja dabei.


    Das war zwar höchst unwahrscheinlich, aber vielleicht würde es die junge Duccia wenigstens ein bisschen beruhigen. Eine ruhige Lektion hier im Tempel war ohnehin nicht mehr möglich.


    Mach dir aber bitte klar, dass unsere Suche irgendwann auch ein Ende haben muss. Und dieses liegt sicherlich nicht allzu weit von Mogontiacum entfernt. Alles andere könnte ich vor deiner Familie nicht rechtfertigen.

    Überrascht von der plötzlichen Gefühlsaufwallung seiner Discipula brauchte Curio, besonders in seiner jetzigen Konstitution, einen Augenblick, um sich seiner Aufgaben klar zu werden. Daher dauerte es länger, bis er klar machte, was er sich von der Duccia erwartete.


    Setz - Dich - Hin!


    sprach er mit einer Strenge, von der er nicht geglaubt hatte, dass er sie heute aufbringen hätte können.


    Zudem geht sie nicht, sie IST gegangen. Bereits gestern muss sie um den Nachmittag abgereist sein. Wohlgemerkt ohne sich ordentlich zu verabschieden. Sie hat ihre Entscheidung getroffen und selbst, wenn wir sie fänden, was ich ehrlich gesagt bezweifeln würde, da weder ich, noch du ihre Pläne kennen, glaube ich kaum, dass wir sie umstimmen könnten.


    Wieder zuckte ein Schmerz durch seinen Kopf. Curio atmete tief duch und griff erneut zu seinem Becher, um einen Schluck zu trinken.


    Wir müssen nun weitermachen und unsere Pflichten erfüllen. Wenn die Götter wollen, dass sie zurückkommt, werden sie schon dafür Sorge tragen. Dazu gibt es KEINE Alternative!

    Wieder dauerte es einige Momente, bis Curio antwortete. Vorher trank er einen Schluck und blickte seine Discipula aus übernächtigten Augen an. Natürlich hatte er sich das auch gefragt und zumindest sein Brief hatte doch sehr endgültig geklungen. Alpina schien mit Mogontiacum, seinen Bürgern und all jenen, denen sie hier nahegestandenen hatte, abgeschlossen zu haben. Die Reaktion Silvanas bestätigte diese Befürchtung Curios, die ihn die ganze Nacht umgetrieben hatte.


    Das wird die Zeit zeigen, Duccia.


    antwortete Curio ebenso viel- wie nichtssagend. Die kleine Indiskretion überhörte er dabei einfach. Er war sich fast sicher, dass Alpina bereits mit ihrem Leben abgeschlossen hatte und nun mit einer Lebensmüdigkeit, die den jungen Helvetier erschreckte, gen Osten reiste, allein und ohne Begleitung. Doch sprach aus einer Antwort trotzdem ein bisschen Hoffnung, die er noch nicht bereit war, aufzugeben. Auch wenn alles gegen diese Hoffnung sprach.

    Curio wurde aus seinen Gedanken gerissen, als seine Discipula ihn grüßte. Als wenn es Curio nicht schon schlecht genug ginge, kam nun auch noch en Kopfschmerz auf und Curio musste sich zusammenreißen, nicht noch derangierter auszusehen, als er es ohnehin tat. Leider reicht nämlich sein Wille, Würde auszutrahlen in der jetzigen Situation nicht aus, um auch ein entsprechendes Bild für die Außenwelt zu bieten. Es dauerte einige Augenblicke, bis er antwortete und in seiner Stimme war ein leichtes Kratzen zu hören.


    Salve, Duccia. Am besten sprechen wir im Innern darüber.


    antwortete er, drehte sich um, ging am Tempel vorbei zu den Zusätzgebäuden, wo er eine Kammer für die Lektion vorbereitet hatte. In dem Raum angekommen legte er den Brief Alpinas und das Kästchen auf einen Beistelltisch, bedeutete Silvana sich zu setzen und nahm dann ebenfalls auf einem Stuhl platz. Aus einer Kanne goss er Wasser in zwei Becher, von denen er einen nahm und halb leerte. Dann erst fand er die Worte, um die Lektion mit einer nichtkultischen Angelegenheit zu eröffnen.


    Nun, Duccia. Alpina ist abgereist. Sie hat mich, in einem Schreiben darum gebeten, die dieses Brief und dieses Kästchen zu übergeben.


    Er schob den Brief und das Kästchen hinüber und gab ihr zu verstehen, dass sie das Schreiben ruhig öffnen und lesen könnte, indem er selbst erstmal nicht weitersprach.


    Liebe Runa,


    leider konnte ich unseren Kräuterunterricht nicht mehr fortführen. Mein Weg führt mich nun in die Heimat deiner Vorfahren. Sag deinem Vater meinen Dank für seinen wertvollen Rat. Dir möchte ich noch einmal von Herzen danken für deine Freundschaft. Sie war mir ein wichtiger Anker. In dem Kästchen, das ich dir durch deinen Lehrer übergebe ist eine Räuchermischung aus den Harzen von Tanne, Fichte und Kiefer gemeinsam mit den Blätter des Dosts. Du wirst sie in deiner Ausbildung sicher nutzen können.


    In Freundschaft, vale bene
    Alpina

    Freut mich, Furius. Mein Name ist Iullus Helvetius Curio.


    stellte sich Curio nun ebenfalls vor. Auch er verzichtete erstmal auf weitere Details zu seinem Lebenslauf. Vielleicht würde man sich darüber ja noch austauschen können. Nach der Vorstellung tauchte Curio kurz mit seinem Kopf unter Wasser und wusch sich danach das Wasser aus dem Gesicht.


    Nun, ich möchte nicht aufdringlich sein, aber darf ich fragen, was dich nach Mogontiacum gebracht hat. Kommst du hier aus der Umgebung?


    Curio war langweilig, hatte sich heute ein bisschen Zeit genommen und verspürte alles andere als Zeitdruck. Wenn der Furier also einen Gesprächspartner suchte, hatte er nicht dagegen, sich drau einzulassen. Andernfalls würde Curio aber einfach noch ein bisschen das warme Wasser genießen, bevor er ins nächste, kühlere Becken gehen und dort ein bisschen schwimmen würde.