Beiträge von Gaius Germanicus Varro

    Alienus hörte eine Stimme und erhob sich knurrend von seiner Inventur. Mit der ihm eigenen Geschwindigkeit, immerhin war er Immunes und Mitte Vierzig, machte er sich auf zum Tresen, wo er einen Tiro erblickte. Das gesicht kam ihm bekannt vor, aber der Name war ihm, wie immer, entfallen.
    Tiroooo,...brummte er. Was kann ich denn für dich tun? Sein Klangbild machte deutlich,daß esa ihm gehörig stank hierzu stehen und nicht dort zu sein wo er jetzt hingehörte.

    Cerretanus war recht aufgekratzt und lancierte hart an der Unverschämtheit vorbei. Wenn sie unter sich waren, war der lockere Umgangston sicherlich noch tolerierbar, wenn aber ein Mann wie Terentius nero, der nebenbei noch ein Castellum kommandierte, sah die Sache schon etwas anders aus. Varro schob sich schnell zwischen Cerretanus und seinem Kommandeur und meinte, Der Hortus also, nun Praefectus, ich denke wir werden uns kaum hinlegen nicht wahr? Er lächelte kurz und sah dann seinen Onkel leicht kopfschüttelnd an. Kurz darauf wies er auf den Brunnen und meinte, ...das ist der Brunnen an dem Terentius Primus seinerzeit mit Claudius Menecrates über die weitere Vorgehensweise beim Bürgerkrieg beraten hat.
    Was nicht zwangsläufig interessant aber ein Grund war sich in den Garten zu begeben.
    Sklaven servierten kleinere Leckereien und Getränke in noblen Glasbechern. Cerretanus fuhr hier ganz dicke Geschütze auf.
    Sie schlenderten ein wenig umher und genossen den angenehmen herbstlichen Tag.

    Varro betrat die Baracke der Turma Secunda der Legio. Sie war voll belegt und sein Eintreten wurde mit einem zackigen Offizier anwesend! Bemerkt. Die Männer der Legio nahmen Haltung an, denn sie wußten, daß die Offiziere der Ala in den meisten Fällen römische Bürger waren. Der ewige Zwist zwischen Legion und Auxilliaren griff hier nicht, wenngleich ein Römer in Auxilliareinheiten auch zumindest etwas anrüchiges hatte. Wer verschwendete schon sein Offizierspatent auf diese Weise? Schon deshalb war nicht ein einziger Offizier bei den Männern. Ob nun gerade keiner anwesend war oder man schlicht vergessen hatte einen mitzuschicken war unklar.
    Decurio Germanicus Varro! Stellte sich Varro vor und erntete manchen erstaunt neugierigen Blick.
    Movemini Männer! Er bevorzugte die lateinische Sprache, aus Respekt vor den Legionsreitern. Er wußte um die Konflikte, die diese Kooperation in diesen Männern ausgelöst hatten. Ein kurzes knarren und schlurfen folgte als die Reiter in bequeme Haltung wechselten.
    Varro sah sie an. Sie sahen so ganz anders aus als die Kameraden der Ala. Er sah die anerzogene Ablehnung, die gerade mit etwas anderem rang. Männer, …Equites,…Kameraden! Die Umstände in der Regio haben uns zusammengeführt. Der Feind jenseits des Limes und des Rhenus ist ungewöhnlich aktiv, immer wieder kommen kleinere Gruppen hierher um Plünderungen und Raubzüge zu begehen. Er las in den Gesichtern Zustimmung, natürlich war es den Legionsreitern nicht entgangen, wenngleich die Kontakte mit diesen Banden eher den Reitern der Ala als denen der Legio vorbehalten waren.
    Ihr seid hier bei der Ala um das Imperium zu unterstützen in verstärkem Patrouillenaufkommen den Feind zu stellen oder andere davon abzuhalten überhaupt hierher zu kommen. Wie ihr wisst ist die ALA II Numidiae eine ala quingenaria. Was normalerweise auch ausreichen würde.
    Die Umstände jedoch erfordern eine ala milliaria !
    Er nickte und sah, daß die Männer ihm weiter zuhörten. Er wertete das als Erfolg. Und da kommt ihr ins Spiel! Natürlich machen wir mit zwei Turmae Legionsreiterei keine militaria aus einer quingenaria, aber wir schaffen es mehr Patrouillen auf die Strassen zu bringen. Er trat vor und ging langsam an den Männern vorbei. Männer die sich selbst als Elite sahen, die Reiter der Praetorianer als Vorbild begriffen und weniger diejenigen der ALA. Es ist beschlossen die Turmae zu dritteln. Jedes Drittel wird mit einem Drittel ALA vereint und stellt somit einen neuen Kampverband. Ob sich hier Empörung auftat war zumindest nicht direkt spürbar. Der Respekt vor ihm oder seinem Rang überwog.
    Ihr werdet die nächsten vier Wochen damit verbringen mit den Reitern der ALA einen Kampfverband zu bilden. Ihr werdet mit diesen Männern, deren höchstes Ziel das ist, was ihr als Selbstverständnis tragt,…die römische Bürgerschaft leben, üben, patrouillieren und wenn nötig kämpfen. Ihr alle kämpft also für das Imperium, die einen um es zu erhalten, die anderen um zu ihm zu gehören!
    Er war am Ende der Baracke angelangt und wandte sich um. Nur gemeinsam können wir es schaffen den Winter und das Frühjahr zu überstehen, nur gemeinsam könnt ihr überleben, weil Kameraden das nun einmal tun,…sie passen aufeinander auf,…stehen einander bei…und wenn ihr kämpfend, voll Blut und Schmutz einander anseht, so werdet ihr feststellen, daß ihr euch ähnlicher und näher seid als ihr es auch nur ahnen könnt!
    Er nickte, und schloß,
    Morgen früh wird aufgeteilt. 1,2,3…ich erwarte, daß ihr euch bis dahin im Klaren seid warum ihr hier seid und um was es geht. Standesdünkel sind hier fehl am Platz, was zählt ist das Leben, …eures und das der Menschen hier die sich auf uns verlassen und denen es herzlich egal ist wer sie schützt…genau wie es euch egal sein kann wer euch im Kampf den Rücken schützt!
    Mit diesen Worten verließ er die Baracke und ließ sie mit den Eindrücken der Ansprache zurück.



    Edit: Nachcoloriert...

    Mal sehen was der Tag brachte, Nero hatte sich bereits vorgestellt und trat zur Seite um den Blick auf ihn frei zu machen. Der alte ianuarius nickte ihm erkennend zu und meldete nach hinten, vermutlich in Cerretanus´ Richtung Praefectus Alae Terentius Nero und Decurio Germanicus Varro! Dann bat er sie ihn zu passieren.

    Varro hatte in seinem Leben schon viele Ansprachen gehört, aber diese verfehlte seine Wirkung bei den Männern nicht. Zustimmend rief auch er seine Begeisterung heraus und dachte sich, daß sie mit diesem Praefecten einen guten Redner bekommen hatten, die Zeit würde zeigen ob er auch ein guter Soldat war. Die Turmae rückten nach dem Hornsignal die Formation aufzulösen nacheinander ab. Diszipliniert und geordnet.
    Varro fühlte sich wohl und sicher. Als die Prima an der Reihe war abzurücken zog er Apollo herum und ließ ihn im Schritt zur Unterkunft gehen, während er seinen Gedanken nachhing.

    Varro nahm den Becher an und bedankte sich nickend. Er fand es seltsam, daß er von seinem kommandierenden Offizier bedient wurde. Aber bisher war alles an Terentius Nero anders als erwartet. Der Falerner war gut, genau richtig verdünnt.
    Auf die Frage nach dem Schwert fuhr Varro unmerklich zusammen. Das Schwert war zu einer Einheit mit ihm geworden. Er hatte sich geschworen es zu ehren und daß man es ihm nur aus den toten Händen nehmen durfte. Doch natürlich war es auch ein Stück terentinischer Geschichte. Und auch wenn es ihm widerstrebte, er würde es auf Wunsch an die Familie zurück geben.
    Doch bevor er etwas dazu sagen konnte wechselte Nero das Thema und ließ nonchalant der Blick von der Spatha an Varro´s Seite ab.
    Germanicus Cerretanus ist mein Onkel. Wobei er ein paar Jahre jünger ist als ich. Der Großvater hatte spät noch einmal geheiratet und so kamen die Nachkommen nach denen meines Vaters. Ein potenter Mann der Großvater, den er jedoch nie kennengelernt hatte.
    Varro gestatte sich ein Lächeln, Cerretanus war ihm zwar nur weitläufig bekannt, aber er hatte etwas an sich was man mögen musste. Er war vor Roma´s Klauen hierher geflohen um sich eine Existenz aufzubauen. Was ihm offenbar gut gelang. Er stand mit seinem Fuß bereits mehr als in der Türe der Regia. …ich habe auch eine Einladung,…wenn du es wünschst kann ich dich begleiten und euch einander vorstellen.
    Da der Terentier sowieso bald viel in der Regia verkehren musste, war es sicherlich kein Nachteil bereits erste Kontakte zu knüpfen.

    Varro hörte und war angenehm überrascht, daß die Planungen nicht geändert wurden. Die volltönende Stimme und das wenig pompöse Auftreten des Terentiers machten ihn respektabel, zumindest in seinem Sinne. Die Circusclowns hinter ihm in ihren schönen hochglanzpolierten Panzern und Prunkhelmen wirkten deplatziert.
    Unter ihm bewegte sich Apollo,...es war ihm ein Graus lange stillzustehen wenn er Varro im Sattel hatte. Unauffällig streichelte Varro seinen unteren Hals. Bald, schon bald würden sie mehr zusammen sein als ihnen lieb war.

    Vrro machte sich keine Sorgen um die Formalen Fähigkeiten seiner Equites, sie waren nicht nur Kampf- sondern auch Paradenerprobt.
    Ocella´s Meldung tat er mit einem beiläufigem Nicken ab und sah sich an wie die übrigen Turmae Aufstellung nahmen, während auch die Möchtegern Elite der Stabsoffiziere, jedoch ohne diesen unsagbar schleimigen Subpraefectus Aufstellung in Rectumreichweite des Praefecten nahm. Sie waren ihm allesamt zuwider und er beschränkte seinen Umgang mit ihnen auf ein Minimum.
    Da ertönte das Signal. Varro gab sein handzeichen und die Turma erstarrte mit Blick auf den Praefectus Alae.

    Varro schreckte auf. War das Ocellas Stimme? Die Ausbildungsturma war zwar vier Barracken entfernt, aber es war problemlos bis hier zu hören.
    Varro stieg aus dem Bett und schlüpfte in seine Caligae um sich zur Latrine zu begeben. Grinsend musste er feststellen, daß auch in den anderen Barracken die Lichten entzündet wurden.

    Das war mehr Entgegenkommen als er gewöhnt war. Varro beschloß trotz des freundlichen Umgangstons Vorsicht walten zu lassen. Auf ie Frage nach Terentius Primus entgegnete er,
    Nein Praefectus, ...ich kam nach dem Tod von Terentius Primus zur Leg II. Er zog die Schultern hoch und schloß Es waren unruhige Zeiten damals, die Aufrührer wollten mit der Secunda und der Ala Richtung Roma marschieren und unterwegs allw eiteren Einheiten entweder integrieren oder eliminieren. Sicher wußte Terentius Nero, daß Primus seinen Posten halten wollte. Er konnte die entblößte Grenze kaum alleine halten, doch er versuchte es. In seinem Bestreben versuchte er Verbündete zu gewinnen und ritt mit seinem besten Freund,...Dexius Lucius los, in Richtung Geneva.Was auf der Via Geneva geschah wissen wir nur von einem Augenzeugen, einem Claudius Victor, der es niederschreiben ließ aber leider während der Unruhen starb. Varro nickte versonnen und sah den Terentier an, der in unbestimmt ansah und zuhörte.
    Der dritte im Bunde Livius Ocellus diente noch ein paar Jahre bei der Ala,...er ist vor 3 Jahren pensioniert worden und voriges Jahr in Tarent gestorben...ich kannte ihn, doch er wußte auch nicht mehr.
    Sein Kopf wies nach Norden. Man hat vor dem Castellum der Secunda einen Gedenkstein errichtet,...aber auch das dürfte der Terentier wissen.

    Varro war kurz irritiert über die Vertrautheit und den freundschaftlichen Empfang. Nachdem sie sich begrüßt und Platz genommen hatten bekam Varro bestätigt, daß Balbus mal wieder mit Anlauf in das Rectum des Praefecten gerannt war. Sollte er doch, solange er ihn in Ruhe ließ und aus seinen Spielchen heraushielt.
    Ich komme gerade von der Legio II zurück. Dort war eine Besprechung mit dem Tribunus Laticlavus Annaeus Florus über die andauernden Zwischenfälle auf den Straßen rund um Mogontiacum und dem Bericht eines Informanten bezüglich aufrührerischer Erzähler und Barden bei den Stämmen hinter dem Limes.
    Der Praefect war sicher über die Brisanz einer Grenze zu terra incognita im Bilde und nicht völlig überrascht, weshalb Varro fortfuhr.
    Wir sind überein gekommen die Präsenz auf den Strassen zu erhöhen und gemeinsame Patrouillen zu schaffen.
    Er nickte , denn er konnte es immer noch nicht fassen.
    Zu diesem Zweck bekommen wir drei Turmae Legionsreiter, die zwar nur Meldereiter mit einer rudimentären Kampfausbildung, aber die bringen wir hier noch einmal durch die Grundausbildung zum Auffrischen, dann wird es gehen.
    Probleme sah er nur bei der Zusammensetzung der Legionsreiter,...es waren durchweg Römer. Er brauchte kein Hellseher zu sein um Konflikte mit den Reitern der Ala vorherzusehen. Wir erhöhen die Patrouillenfrequenz Mogontiacum- Confluentes und Geneva...und halten diese bis zum Sommer nächsten Jahres bei, weil wir im Frühjahr mit dem Eindringen der Barbaren rechnen dürfen.
    Er beugte sich etwas nach vorne und schloß Diese Absprache erfolgte im Namen des alten Praefecten, wenn du es anders machen möchtest können wir darüber reden.

    Der neue Praefectus saß am Schreibtisch und im Gegensatz zu seinem Vorgänger sah er ihn an. Der Blick war offen und interessiert. Ein gutes Zeichen?!
    Varro nahm Haltung an und salutierte.
    Salve Praefectus, Decurio Germanicus Varro meldet sich zur Stelle! Die Faust schlug gegen das Herz und danach der rechte Arm in die Höhe.

    Nachdem Varro die Principia betreten hatte trat ihm, bevor er es sich versah Balbus entgegen.Decurio Germanicus,... Varro hielt sich den Alleswisser immer eine Armlänge auf Distanz, behandelte ihn aber mit dem Respekt, dem seiner Stellung zustand.Tessarius,...was gibt es? Sicherlich würde er gleich mit den neuesten Informationen aufwarten, ob nun verifiziert oder eben nicht, was das etwas gespaltene Verhältnis der beiden begründete.
    Der neue Praefectus ist gestern eingetroffen, ...er hat dich zu ihm befohlen, stante pede... tat sich Balbus wichtig, es schien ihm auch ein Vergnügen zu bereiten die Dringlichkeit wie seine eigene auszudrücken.
    Varro nickte wie beiläufig, obwohl es ihn natürlich fuchste, daß er ausgerechnet zum Zeitpunkt der Ankunft des neuen Chefs nicht greifbar war.
    Hmm,...entgegnete er leicht nickend, während er Ocella schickte um die Tagesbefehle abzuholen. Was Balbus wiederum sehr erregte. Dieser verdammte Varro schien mit Nichts etwas zu tun zu haben. Stante pede meinte er und zwar zu jeder Zeit,...auch gestern Nacht! Varro sh ihn an und sein Blick schien Balbus bis ins Hirn zu schießen.
    Wo ist der Praefectus jetzt Tessarius? fragte er ruhig. Balbus zuckte ob der Stimmlage ein wenig zusammen, sein Adamsapfel hüpfte ein wenig als er antwortete ..in seinem Officium, Decurio, und er ist sehr ungehalten... Was nicht stimmte, aber es konnte nicht schaden dem Germanicer ein wenig Angst einzujagen. Er verbeugte sich knapp und wandte sich zum gehen.
    Doch Varros Ängste wurden durch andere Reize ausgefüllt als durch einen ärgerlichen Vorgesetzten, Tessarius? hielt der Balbus auf, der sich mit einem beflissenem Gesichtsausdruck ihm wieder zuwandte.Heute Vormittag kommen etwa 2 Turmae Legionsreiter zur Verstärkung ins Castellum, Sie sind unterzubringen und mit Verpflegung zu versorgen...
    Damit ließ er ihn stehen. Er war zwar sicher, daß Balbus diese Aufgabe delegieren würde, aber zunächst einmal war er mundtot.
    Varro trat vor die Türe des Officiums und klofte an.