Beiträge von Duccia Silvana

    Runa erhob sich zum Abschied. Mit einem sanften Lächeln besah sie sich die Szene zwischen Vater und Tochter. Ja das waren die beiden ohne jeden Zweifel. Wenn auch nicht vor dem gesetzt, aber im Herzen waren sie es.
    „Bis morgen Esquilina.“ sagte sie freundlich. In Richtung des Präfekten nickte sie. „Ja du bekommt die Liste. Danke nochmals dafür.“
    Kaum, dass die Beiden den Raum verlassen hatten, setzte sie sich hin und schrieb die Liste.



      10 Stühle
      5 Tische
      15 Tabula
      Schriftrollen, als Leseübung mit Texten für Kinder
      Texte über Mathematik
      Texte zur Schulung der Sprache
      Texte zur Schulung über Ackerbau, Viehzucht und ähnliches
      Text über Religion
      Kochgeschirr und einfache Rezepte
      Stoffe, Nähenadel


    Sie las die Liste mehrfach durch, ja es war viel was sie benötigte. Aber sie wollte ihre Schüler umfassend aufs Leben vorbereiten. Sie sollten neben Lesen, Schreiben und rechnen auch die alltäglichen Dingen des Lebens lernen. Die Jungs wir man sich den Lebensunterhalt verdienen konnte. Die Frauen wie sie ein Haus zu führen hatte, wie man kochte, wusch und die viele kleinen Dinge des Lebens. Und wenn sie entsprechende Texte hätte so könnten die Älteren unter ihnen diese Texte vorlesen. Bisher musste sie es den Schülern ja alles erzählen und natürlich stieß auch Runa mitunter an ihre Grenzen.
    Ja Runa wollte, das die Kinde rdie ihre Schule verließen auf das Leben vorbereitet waren, dass sie hier oder in einer anderen Stadt des Imperiums klar kommen würden, dass sie eine Arbeit finden konnte um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie sollte nicht ausgenutzt werden können, nur weil sie nichts wussten. Ja für Runa war Bildung der Schlüssel für ein erfülltes gutes Leben. Und nach ihrer Ansicht sollte eine gute Bildung niemanden vorenthalten werden.

    Runa wirkte nachdenklich. „Ich weiß nicht wie mein Mann das sieht. Er ist wohl eher zwiegespalten. Ich versuchte natürlich zu ermitteln. Aber dennoch werde ich neutral sein und weder die eine noch die andere Seite vorziehen. Meine römischen Wurzeln machen es mir ohnehin nicht leichter bei meiner Aufgabe. Deswegen muss ich unbedingt neutral sein. Deswegen habe ich auch meinen Tempeldienst niedergelegt.“ Sagte sie nachdenklich. Dann sah sie Kaeso eine Weile an. „Nun ich könnte mir schon vorstellen, dass sie einen guten Chirurgicus brauchen können. Es versteht sich kaum einer auf diese Kunst.“ Sagte Runa nachdenklich und blickte den jungen Mann forschend an.
    „Möchtest du mich begleiten wenn ich das nächste Mal hinter den Limes reise?“ fragte sie nun ganz offen und direkt.

    Runa blickte auf und lächelte ihren Mann an. Sie überlegte einen Moment. Sie hätte wohl gern abgelehnt, aber der neugierige Blick ihres Sohnes und sein fröhliches Nicken verbunden mit einem „Oh ja, Mama.“ Hielt sie davon ab. „Nun. Ich habe mit wichtigen Männer der Chatten gesprochen. Ich war ein paar Tage vor den Soldaten da und habe mich mit ihnen allein getroffen. Wir haben lange geredet. Erst wollte sie den römischen Abgesandten nicht sehen. Ich erklärte ihnen, das es nötig ist. Es war schwierig. Aber schlussendlich gingen sie auf meinen Vorschlag ein.“ Dies war stark vereinfacht dargestellt. Aber Curio würde sich wohl denken können, dass dies bei weitem kein Spaziergang gewesen war. „Dann gab es eine großer Versammlung, man nenn das Thing. Dort kamen dann alle zusammen. Es wurde viel geredet. Aber schließlich haben sich alle auf einen Frieden geeinigt.“ Das wohl auch dies nicht so einfach war wie es nun in der Erzählung für ihren Sohn klang war wohl zumindest den erwachsenen in diesem Raum klar. „Ich habe auf diesem Thing die Götter dazu gerufen und auf die Einhaltung des Thingfriedens geachtet. Am Ende hat man den Vertrag gemeinsam gefeiert.“ Ja es war eine kindgerechte Erklärung des Ganzen. Der müde Blick, den sie ihrem Mann dabei zuwarf ließ ihn wohl erkennen, das die Tagen sehr anstrengen für seine Frau, die ja nur ein paar tage vor der Reise ein Kind zur Welt gebracht hatte. Runa hatte ja auch mehr als deutlich an Gewicht verloren was man wohl jetzt, da sie ein einfaches Baumwollkleid trug deutlich sehen konnte. Man sah ihr nichtmal an, dass sie vor kurzem noch schwanger war.

    Runa nickte, ein kleines Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Sie sah, dass der man für einen Moment in seinen Gedanken versunken war und seine eigenen Bilder wahrnahm. Sie gab ihm die Zeit. Es waren wohl Erinnerungen und die waren bei einem Soldaten zumeist nie schön. Sie nahm die Trübung seines Blickes war und legte eine Hand auf seine Schulter. „Ich lerne noch.“ sagte sie schließlich leise. „Idun brachte mir viel bei.“ Dann drückte sie mit ihrer Hand kurz die Schulter des Soldaten. „Du bist der Halt deiner Tochter und sie ist dein Halt. Sie ist ein kluges aufgewecktes Kind. Trau ihr etwas zu und sie wird es dir - wie auch jetzt schon – mit Vertrauen und Liebe danken.“ Sagte Runa und lächelte dabei in Esquilinas Richtung.

    Runa sah, dass Kaeso in seine eigenen Gedanken versunken war. Sie wartet geduldig bis er diese geordnet hatte und dann weitere Fragen formulierte.
    „Es ist.. es ist nicht so einfach. Wenn ich in der anderen Welt bin, dann sehe ich Bilde ich höre Worte und ich deute sie. Idun hat mich gelehrt wie ich sie deuten kann, wie ich sie verstehen kann. Wenn ich eine Gefahr erkenne versuche ich natürlich sie abzuwenden. Wenn ich erkenne, dass zum Beispiel ein Angriff eines Stammes nur zu dessen Vernichtung führen würde, dann rate ich ihnen davon ab. Deswegen riet ich den Stämmen ja auch einen Vertrag mit Rom einzugehen. Ein Angriff auf Rom würde für sie in der nächsten Zeit den Untergang bedeuten. Man kann jedoch sein Schicksal nicht abwenden, aber man kann es in die richtigen Bahnen lenken und man muss eben nicht blindlings in sein Schicksal laufen. Ich kann nur Ratschläge geben, ob man diese dann beherzigt liegt an jedem selbst.“ Runa lächelte leicht. „Jeder von uns wählt sein Schicksal selbst. Ich habe mir ja auch nicht träumen lassen, dass ich – so wie es jetzt wohl aussieht – mehr Zeit jenseits des Limes verbringen werde als hier in der Stadt bei meiner Familie. Aber so ist es nun mal... jeder von uns sucht sich sein Schicksal selber aus.“

    Runa überlegte einen Moment und säumte dann die frage von hinten auf. „Nun es wird schwierig werden die Familie und mein Tun zu vereinbaren. Aber ich habe eine liebe Freundin, die mich unterstützt, wenn mein Mann nicht da ist. So wie jetzt auch. Sie kümmert sich um das Haus und mein Kind.“ Wie sollte sie nun aber ihre Tätigkeit erklären. „Ich werde von nun an wohl des Öfteren hinter dem Limes weilen um dort meine Dienste als Beraterin und Vermittlerin zwischen den Stämmen selbst und zwischen den Menschen und den Göttern anbieten. Es gibt kein 'Amtsgebiet' in diesem Sinne. Frauen wie ich werden in der Tat von viele Stämmen respektiert unabhängig von der Zugehörigkeit. Es gibt auch keine festgelegten Grenzen. Grenzen sind doch nichts weiter als eine von Menschen erdachte Linie. Wer legt sie fest? Die Götter haben jene Grenzen nicht gezogen. Wenn also jemand meine Rat sucht, so wird er ihn erhalten, egal welchen Volk oder welchem Stamm er zugehörig ist. Ich werde niemanden abweisen, der einen Rat oder eine Vermittlung sucht.“ Sagte die Germanin und sah dann wieder zu dem Flavier. „Ich möchte so neutral wie möglich sein, wenn du verstehst.“

    Runa nickte und schüttelte den Kopf gleichzeitig. „Eine Teil erlernt man, ein Teil ist einem jedoch von Geburt an gegeben. Ich weiß nicht wie ich es dir erklären soll. Was man erlernt sie die Riten. Die Gabe des Sehens jedoch die hat man von Geburt an.“ Runa überlegte einen Augenblick. „Nun ich hatte schon als Kind Ahnung, Träume. Ich konnte sie nicht deute und es hat mich mitunter sogar geängstigt wenn diese Ahnungen wahr wurden. Ich habe auch lange versucht es einfach zu ignorieren, doch es hat mich immer wieder eingeholt. Bis ich es akzeptiert habe. Bis ich es angenommen habe. Idun nun bracht mir bei wie ich es steuern kann. Wie ich es nutzen kann. Wie ich genau hinsehen kann und wie damit diese Visionen deutlicher werden.“ Runa wusste nicht ob Kaeso nun mehr verstand. Aber sie wusste auch nicht wie sie es ihm anders erklären sollten.

    Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Nein das ist er nicht. Oder wie Vater es ausdrückte, diese Ehe ist ein gesellschaftlicher Abstieg.“ Runa sprach recht offen darüber. „Es war nicht leicht, diese Ehe bei meinem Vater durchzusetzen, aber schlussendlich hatten wir wohl göttliche Hilfe. Es war – was es wohl heutzutage kaum gibt – eine Liebeshochzeit.“ Sagte Runa mit einem leisen Lächeln.
    Dann verfolgte sie gespannt, welch große Karriere der junge Mann plant. „Nun ich wünsche dir, dass all dein Erwartungen erfüllt werden und du zukünftig bei deinen Aufgaben genau so ein geschicktes Händchen hast wie bei dieser. Dein Vater ist bestimmt enorm stolz auf dich.“ Sie stutze einen Moment. Er hatte eine Verlobte und sprach so als wäre diese Hochzeit nur eine weitere Aufgabe auf seinem Weg. Aber tatsächlich war es wohl genau das. Runa rief sich wieder ins Gedächtnis, dass nicht jede Ehe wie die ihre war. „Auch für deine zukünftige Ehe wünsche ich dir alles gut, und viel gesunde Erben.“

    Runa nickte verstehend. Sie ließ die nicht gesagten Worte einen Moment nachwirken. Ja mitunter war das was man nicht sagte das was entscheidend war. Es waren die leisen, die stummen Zwischentöne. Jene die Runa nun erkennen konnte. Auch wenn sie den Mann hier nicht so gut kannte, nahm sie seine Hand und sah ihn für einen Moment tief in die Augen. Von der Germanin ging diese so unwirklichen, aber doch vertrauensvollen Aura aus.
    Ihr Augen jedoch wirkten jetzt wie die einer alten Frau. „Ihr seht den Tod. Ihr gebt und bringt den Tod.“ Sprach sie leise das aus, was der Iulier nicht sagte. „Auch oder gerade für einen Soldaten ist dies schwer, schwer zu verarbeiten. Ihr redet nicht darüber. Ihr müsst immer die Starken sein, die die alle beschützen. Es ist unwirklich dort hinter dem Limes das Schlachtfeld, das Blut, der Tod. Hier dagegen ist alles friedlich. Es sind verschiedene Welten und doch ist es die Selbe.“ Runa sprach leise, so das nur der Soldat vor ihr ihre Worte vernehmen konnte. „Dein Hafen, dein Ruhepol ist hier. Du willst hier nicht darüber reden, du willst es verschweigen.Du willst beschützen, du willst deine Tochter beschützen. Und doch weißt du dass du dies nicht kannst. Bereit sie auf das Leben vor. Denn sonst erfährt sie eines Tages wie schrecklich die Welt eigentlich ist und zerbricht daran.“ Runas Blick ging in die Ferne. „Es ist nichts strahlendes an einem Soldaten und doch müsst ihr für anderen die Helden sein. Ein Soldatenleben ist voller Tod und Kampf und doch seht auch ihr euch nach Leben, nach Liebe. Du hast dies alles in deiner Tochter. Halte sie, beschütze sie, aber zeige ihr die Welt. Zeige ihr die Welt indem du ihre Hand hältst. Ihr zeigst wie schlecht diese Welt auch sein mag du – ihr Vater bist bei ihr und beschützt sie vor all diesen Dingen. Gib ihr den Halt den sie braucht, aber gib ihr auch die Erfahrungen die sie braucht um zu reifen.“ Runa ließ die Hand die sie bis eben gehalten hate los und schloss für einen Moment die Augen.

    Runa legte den Kopf kurz zur Seite, wie sollte sie dies Kaeso bloß erklären.
    Leise begann sie dann zu sprechen. „Nun Idun lehrte mich die Rituale und Zeremonien, wie auch das alte, „geheime" Wissen um die Vorgänge in der Natur, diese werde nirgends in irgendeiner Form niedergeschrieben. Sie werden von den Seherinnen und weisen Frauen ausschließlich mündlich weiter gegeben. So werden unsere Rituale nicht entweiht. Wir die Seherinnen bilden das Bindeglied zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt.“ Runa wusste nicht ob Kaeso sie verstand, aber sie wusste es auch nicht anders zu erklären.
    „Nun sie machte eigentlich nichts mit mir. Es war schon immer das, schon am Tag meiner Geburt. Sie zeigte mir nur, wie ich meine Gabe richtig nutze. Sie zeigte mir die Zeichen und wie man sie erkennt. Sie lehrte mich also zu sehen, was schon immer da war. Nur ich war blind dafür.“ Runa lächelte als sie erzählte, ja während sie sprach wirkte sie fast so als sei sie dieser Welt ein Stück entrückt.

    Runa war natürlich nicht unbedingt der Meinung des Flaviers, wenn es nach ihr gegangen wäre, dann hätte sich ich Mann gleich zu Genesung zurückgezogen. „Nun er entschied es selbst. Ich hätte es lieber gehabt, wenn er sich mehr um seine Gesundheit gesorgt hätte. Aber er ist sehr pflichtbewusst und gewissermaßen im Zugzwang. Mein Vater stimme der ehe nur unter gewissen Bedingungen zu, da mein man in seinen Augen nicht unbedingt dem entsprach, was Vater sich für mich eigentlich vorstellte.“ Runa zuckte mit den Schulter, ihr bedeutete der Stand nicht sonderlich viel, für sie zählte der Mensch. „Zum Glück gab Vater doch nach.“ setzte sie noch hinterher.
    Mit Freude vernahm Runa, dass der Flavier durchaus etwas von seinem Tribunat mitnehmen. Vielleicht gab es dann zumindest Patrizier, der die hier lebende Bevölkerung nicht gänzlich verachtete. „Es freut mich, wenn du ein paar positive Erfahrungen mit nach Rom nehmen kannst.“ sagte sie aber dennoch recht neutral.
    Auf die Frage nach ihrem momentanen Aufenthaltsort stutze sie einen Moment., Warum sollte sie im Haus ihres Vaters leben? „Ich wohne natürlich im Haus meines Mannes. Schließlich ist es seit der Hochzeit auch das meine und wenn mein Mann nicht da ist, dann muss ich mich doch um so mehr um den Haushalt und die Geschäfte kümmern. Meine Schwägerin Alpina ist auch noch mit ihrem Kind anwesend. Sie betreibt im Haus selbst eine Taberna Medica.“ sagte sie aber mit einem freundlichen Lächeln. War es in Rom üblich, dass die Ehefrau wieder zu ihrer Familie zog, wenn der Mann mal abwesend war? Runa konnte sich das zwar kaum vorstellen, aber unmöglich war es ja wohl nicht. „Was wirst du machen, wenn du wieder in Rom weilst? Wartet dort schon eine neue Aufgabe auf dich? Oder gönnst du dir zunächst etwas Erholung von dieser Amtszeit?“ Nun wurde Runa doch etwas neugierig, was diese jungen aufstrebenden Mann betraf.

    Runa schüttelte den Kopf.
    „Nein, die Mission war zu wichtig, als das man sie hätte verschieben können. So ein Thing findet immer zu festgesetzten Terminen statt, deswegen wäre ein Verschieben nicht möglich gewesen.“ Erklärte Runa. „Mitunter muss man zum Wohl des Ganzen sein Privates hinten anstellen. Aber wem erzähle ich das?“ Sie lächelte den Mann an, der sicherlich sich auch nicht gerade darum gerissen hat von Rom weg hier im Norden sein Tribunat abzuleisten. „Nun mein Gatte wurde in seiner Amtszeit als Aedil überfallen. Er trug schwerste Verletzungen am Kopf davon. Seine Amtszeit brachte er noch zu ende, aber danach ging es ihm Zusehens schlechter. Er hatte Sprach- und Konzentrationsschwierigkeiten. Deshalb hat er sich auch um Ruhe zu finden auf unser Landgut zurückgezogen. Ich habe ihm auch noch nichts von dieser Mission erzählt, da ich nicht weiß in wie weit er derartigen Aufregungen schon gewachsen ist. Ich werde ihn unterrichten, sobald wir wieder zurück sind und ich zu ihm reise.“ Dass das Reden schneller kommen sollte, als Runa lieb ist konnte sie ja jetzt noch nicht ahnen.
    „Ich kann mir denen, dass du dich nach deiner Familie und deinen Freunden sehnst. Ich hoffe jedoch, dass du auch etwas von diesem Abschnitt deines Lebens mitnehmen konntest. Und da sich dein Bild über die Menschen hier im Norden vielleicht etwas geändert hat.“

    Runa nickte auf die zögerliche Zustimmung hin, dann wurde sie nachdenklich, hatte sie einen wunden Punkt getroffen. „Es war nicht nachlässig von dir. Wie du sagt, für dich ist sie deine Tochter. Es macht für dich keinen Unterschied. Aber vielleicht für sie? Sie hat so oft Verluste hinnehmen müssen. Meinst du nicht, dass ihr das Sicherheit geben würde?“ Runa wusste wohl, dass dies sicherlich ein wunder Punkt war, aber sie redete nun mal ungern um den heißen Brei herum. Und außerdem lag ihr das Wohl der Kleinen am Herzen.
    „Ich lasse dir gern eine Liste zukommen.“ Sagte die Duccia. Natürlich happerte es an allen ecken und Kanten. Schließlich stemmte sie die Schule ganz allein. Die meisten der Eltern wären ohnehin nicht in der Lage für den Unterricht zu zahlen. Sie gaben dafür ihren Kinder Lebensmittel mit, so dass Runa die Kinder in der Schule verköstigen konnte. Die Materialien für den Unterricht kamen zumeist von Runa und Phryne.
    Da Runa aber ungern in der Schuld von Phryne stand bezahlte sie das meiste aus eigener Tasche und ihre Mittel waren beschränkt, gerade jetzt wo sie kein eigenes Geld mehr verdiente, da sie ja dem Kultus den Rücken gekehrt hatte.
    Runa lächelte. „Was für dich langweilig ist oder so erscheinen mag, ist für deine Tochter bestimmt spannend. Wenn du ihr zum Beispiel am Abend erzählst, dass du dich darum gekümmert hast, dass unsere Soldaten genug zu Essen haben. Oder das du eine Patrouille an den Limes geschickt hast, damit wir besser schlafen können. Oder das du mit einem Miles schimpfen musstet, weil er was nicht ordentlich gemacht hat. All das ist spannend für die Kleine.“ Runa atmet tief durch. „Du solltest wirklich die Kleine mehr einbinden. Das ist aber nicht nur bei dir so. Mitunter versuchen wir unsere Kinder vor den Dingen dieser Welt zu schützen. Aber sie bekommen mehr mit als wir denken. Was meinst du wie viele Kinder mich fragten was mit der Frau auf dem Forum war und warum dies geschehen ist. Einige waren dort, einigen haben es nur vom hören sagen.“
    Runa atmete tief durch. Es war wohl kaum ein Geheimnis, dass sie alles andere als einverstanden war mit dem was auf dem Forum geschehen ist. „Wir können sie nicht beschützen, aber wir können sie stark machen. Ich habe allen auch deiner Tochter erklärt, dass es sein musste, weil einige Soldaten glaubten, dass sie eine Hexe sei und den Centurio verhext habe. Und das du keine andere Wahl hattest als diese Befehl zu geben. Denn alle mussten sehen, dass die Frau keine Hexe ist. Ich habe ihnen erklärt, dass Rom sogar Gnade zeigte, weil sie weiter leben darf. Mitunter ist es nötig und notwendig, den Kindern diese Welt, auch wenn sie mal nicht so schön ist zu erklären und ihnen damit die nötige Kraft zu geben in dieser Welt zu bestehen. Ich hoffe, dass das gesagte in deinem Sinne war?“

    Runa musste schmunzeln. „Ja ausreiten. Es macht ihr wirklich Spaß, also zumindest hatte ich den Eindruck. Zumal es ja nicht nur mit dem ausreiten getan war. Wir haben die Pferde selbst zum ausreiten bereit gemacht und uns auch anschließend um sie gekümmert. Ich denke das alles zusammen hat deine Tochter gut gefallen.“
    Dann lauschte Runa den Worte des Mannes. Hier und da nickte sie verstehend. Nun erklärten sich auch die Verlustängste des Mädchens. Runa schwieg einen kurzen Moment. Sie hatte natürlich erlebt, wie auch der Iulier an dem Kind hing. Wie er sich um sie gekümmert hatte, als sie schwerkrank in der Casa Helvetia lag. „Ich hoffe du gestattest mir eine persönliche Frage? Hast du schon mal darüber nachgedacht Esquilina als deine Tochter anzunehmen? Ich meine eigentlich ist sie doch deine Tochter oder nicht. Und ich denke es würde ihr ein Stück Sicherheit mehr geben, wenn sie nicht nur dein Mündel sonder deine wirkliche Tochter ist Iulia Esquilina klingt doch gut, findest du nicht?“
    Na dem was sie benötigte gefragt antwortete sie nach nur kurzer Überlegung. „Nun ich benötige Material für den Unterricht. Wachstafeln sind immer rar. Ein paar mehr Bücher könnten nicht schaden.“
    Nun konnte sie sich ein herzliches Lachen wirklich nicht verkneifen, als der sonst so taffe Mann vollkommen verunsichert nach einer Fibel fragte. „Ich gebe dir gern ein paar Kindgerechte Schriften mit, die du ihr vorlesen kannst. Ich habe auch ein paar Geschichten aufgeschrieben, die ich meinem Sohn erzählt habe. Wenn du möchtest leihe ich sie dir gern.“
    Es war wirklich herzerfrischend, wie hilflos Männer mitunter im Umgang mit ihren Kinder respektive Töchtern waren. „Du musst aber keine Angst habe, du kannst nichts falsch machen. Auch nicht wenn du ihr einfach ein paar Geschichten erzählst über das was du so tagsüber machst. Natürlich kindgerecht und unblutig. Sie soll sich ja nicht ängstigen. Aber wenn du ihr von deinem Alltag berichtest, dann lässt du sie an deinem leben teilhaben, das freut sie bestimmt.“

    Für Runa war mit ihren Worten zu der Mission diese nun auch abgeschlossen.
    Nun lauschte sie den Worten des Flaviers und musste hier und da schmunzeln. Ja sie wusste wohl von den Vorurteilen über die Barbaren.
    „Nun sie mögen wohl kriegslüstern erscheinen. Ja sie scheuen den Kampf nicht. Doch in erster Linie sind sie Bauern. Ihr Hauptaugenmerk gilt immer dem Erhalt und dem Auskommen der Sippe. Und wie du gemerkt hast sind sie sehr gastfreundlich. Die Gastfreundschaft ist ihnen heilig. Im Gegensatz zu römischen Städten gibt es jenseits des Limes ja auch kaum kulturelle Veranstaltungen. So ist natürlich ein Reisender der gute Geschichten zu erzählen hat eien willkommene Abwechslung vom Altgastrott. Für sie zählt dein Stand nicht was bei ihnen zählt ist Aufrichtigkeit. Nun ja die Statdt hier ist sher gepärgt von den Einheiten. Fast jeder hat einen verwandten bei der Legio oder der Ala. Jeder ist mit ihnen verbunden, oder von ihnen abhänig. Viele der Händler und Gewerke haben sich nur wegen den Soldaten hier angesiedelt. Man könnte also fast sagen, dass es ein gegenseitiger Profit ist. Jeder zeiht daraus seinen Gewinn. Das Land hier... ja es ist ungebärdig, es ist wild. Es gibt keine Straßen. Für einen Römer mag dies wie Chaos aussehen, aber es ist so wie Mutter Natur es gewollt und gemacht hat. Hier greift man nur dann in die Natur ein, wenn es unbedingt nötig ist. Die Menschen hier versuchen nicht die Natur zu bändigen sondern mit ihr im Einklang zu leben. “ Sagte Runa bevor sich sich nun privateren Dingen zuwandte. „Ich hoffe die Kleine ist wohlauf. Als ich aufbrach war sie gerade drei Tage alt.“ Runa seufzte leise. Natürlich hatte ihr Mutterherz geblutet, die Kleine schon so früh zu verlassen, aber diese Mission hier war für die Region einfach von zu großer Bedeutung gewesen, als das sie ihre privaten Befindlichkeit hätte voranstellen können. „Sie heißt Sveid.“ Sagte Runa und setzte sogleich zu einer Erklärung an. „Ich gab ihr bisher nur einen germanischen Namen, so wie es Sitte in meiner Familie ist. Da ihr Vater gerade aus gesundheitlichen Gründe auf unserem Landgut weilt, war noch keine Gelegenheit, dass er sie als seine Tochter anerkennt, deswegen hat sie bisher noch keinen römischen Namen.“ Runa sprach mit leise Stimme, und ob seiner Kurzsichtigkeit konnte der Flavier wohl nicht die kleinen Sorgenfalten erkennen die sich auf Runas Stirn gebildet hatten. „Ich werde nach meiner Rückkehr auf das Landgut reisen und meinem Mann dort seine Tochter vorstellen.“ Natürlich erwähnte die Germanin mit keinem Wort, dass ihr Mann nichts von dieser Mission wusste.
    Runa wandte sich nun wieder direkt zu dem Flavier. „Dein Tribunat neigt sich ja nun bald seinem Ende. Freust du dich schon bald wieder in Rom zu sein?“

    Ja auch die junge Frau war froh, dass die unumgängliche Diskussion auf später vertagt wurde. Das sie jetzt einfach das sein konnten, was sie in letzter Zeit viel zu selten waren – Eine Familie. Runa nickte ihrem Mann also zu und ging in Richtung des Bades. Nicht ohne jedoch vorher ihren Sohn zu begrüßen, der sich natürlich freute die Mutter zu sehen. Und Leif war mehr als begeistert, als Runa ihn einlud dich mit ihr gemeinsam das Bad zu nehmen. So verging eine ganze Zeit aus der der man aus dem Balneum immer wieder ein fröhliches Quietschen des Kleinen hören konnte. Ja die Beiden lieferten sich wohl eine ordentliche Wasserschlacht. So erfrischt und mit einem leichten rosaroten Schimmer auf den Wangen betraten dann also beide den Raum und nahmen zum Abendessen Platz. Auch ihre kleine Tochter hatte sie dazu geholt. Die saß nun auf Runas Schoss, spielte mit deren geflochtenen Haaren. So warten nun alle drei auf den Mann und Vater.

    Runa ritt die ganze Zeit schweigend und hing ihren gedanken nach. So brauchte sie auch einen Moment um zu begreifen, dass der Flavius sie angesprochen hatte. Dann aber erhob sie den Blick und ein kleines Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
    „Nun ich habe gut geruht, aber auch ich muss gestehen, dass ich nach den Anstrengungen der letzten Tage froh bin, wenn ich wieder in meinem eigenen Bett schlafen kann. Ich freue mich vor allem auf meine kleine Tochter.“ Sagte Runa, sie konnte ja nicht wissen, dass ihr Mann sich bereits wieder in der Stadt befand. Und ja sie freute sich auf ein paar Tage der Ruhe, sie war ja schon einiges vor der Abordnung aufgebrochen und hatte schon mehrere Tage jenseits des Limes verbracht.
    Ihr Blick richtete sich nun wieder gerade aus. „Ich hoffe, dass du mit den Ausgang der Verhandlungen zufrieden bist. Du hast ihnen wirklich einiges abtrotzen können. Du weißt, dass Söhne das wertvollste sind was sie besitzen? Sie vertrauen sie Rom an. Sie tun dies, weil es dir gelungen ist ihr Vertrauen zu gewinnen. Das was du erreicht hast - Flavius – ist mehr als jeder andere vor dir. Du kannst wirklich stolz auf deine Leistung sein.“ Sagte sie, bevor sie ihn wieder ansah. „Ein Frieden am Limes, das ist doch etwas, was du voller Stolz in Rom erzählen kannst. Hast du selbst gedacht, dass du derart viel erreichst, als du hergekommen bist? Mit welchen Vorstellung über Land und Leute kamst du überhaupt her?“ Ja Runa bemerkte eigentlich erst jetzt, dass sie von dem Mann, der nun neben ihr ritt kaum etwas wusste. Sie hatten zwar gemeinsam diese Mission bestritten und sie zu einem guten Abschluss gebracht, aber wer der Mann eigentlich war wusste sie nicht. Natürlich hatte sie die Unsicherheit bemerkt, die dem Mann umgab. Sie hatte es auf sein Alter geschoben. Der Flavius war ja fast in ihrem Alter und dies hier mochte wohl seine erste wirklich Bewährungsprobe gewesen sein. Was Vala geritten hatte einen derart unerfahrenen Tribun zu den Chatten zu schicken wusste Runa nicht. Wäre die Lage der Chatten nicht derart prekär gewesen, dann hätten sie den unsicheren, unerfahrenen jungen Mann sicherlich nicht ernst genommen. Es stand auch während der Verhandlungen oft genug auf der Klippe. Sie hatte natürlich gehört wie sich einige der Begleiter der Oberhäupter über den Flavius und seine Jugend lustig machten. Man glaubte nicht, dass er Kriegserfahren war. Zum Glück hatte er den Tiberius dabei gehabt, vor jenem hatten sie als Krieger Respekt. Und da der Flavius über ihn befehligt ging jener Respekt vor dem Krieger auf den Tribun über.

    „Nein, bei weitem keinen schlechte Idee.“ Runa fiel dem Mann fast ins Wort. Es war sogar eine hervorragende Idee. „Du musst sie natürlich nicht so scheuchen wie deine Männer, aber etwas Sport... oder ausreiten? Ich habe sie mal mitgenommen, dass hat ihr gut gefallen, danach war sie auch ruhiger.“ Sagte die Duccia aufmunternd zu dem Iulier. Das Männer ihre Ideen immer so schnell verwarfen anstatt sie zumindest ansatzweise zu verteidigen. Nur weil es für ein Mädchen nicht üblich war musste es doch nicht schlecht für ein Mädchen sein. Außerdem schadete Sport und Bewegung nie.
    „Nein ich kenne ihre Geschichte nicht. Sie redet nicht so gern darüber und Alpina machte nur wage Andeutungen, als ich fragte. Ich habe nur bemerkt, dass sie sich verändert hat und ich vermutete auch, dass dies Verlustängste sind. Wenn diese in der Vergangenheit begründet sind, so wäre dies eine Erklärung ihres Verhaltens der letzten Wochen.“
    Dann hob Runa abwehrend die Hände. „Du musst dafür nicht aufkommen. Wie du weißt, ist die Schule für alle kostenlos. Und außerdem macht mir die Arbeit Spaß. Ich halte dich jedoch nicht davon ab, wenn du die Schule mit einer Spende unterstützen möchtest.“ Runa zwinkerte dem Iulier zu. „Weißt du ich denke deine Tochter ist wirklich begab, wenn nicht sogar intelligenter als andere. Sie hat halt nur diese kleine Schwächen, was das Vorlesen beziehungsweise das Verarbeiten von gehörten Texten angeht. Du könnest tatsächlich etwas tun.“ Sagte Runa. „Lies ihr Abends etwas vor oder erzähle ihr kleine kurze Geschichten und bitte sie dir dann zusammenzufassen, was du gelesen hast. Wenn wir beide da zusammenarbeiten, bekommen wir dies bestimmt auch in den Griff.“

    Runa lächelte und ihr fiel ein Stein vom herzen, er war gekommen um sich nach seiner Tochter zu erkundigen. Sie deutete auf einen Stuhl, der eigentlich für ein Kind gedacht war. Sie selbst nahm auch auf so einem Stuhl Platz. „Nun sie schlägt sich ganz gut. Das rechnen fällt ihr besonders leicht, da ist sie auch sehr aufmerksam. Sie beteiligt sich auch immer recht rege am Unterricht. Nur hat sie ab und an ihre Schwierigkeiten bei der Sache zu bleiben. Gerade wenn etwas für sich nicht so interessant ist, dann wird sie unruhig.“ Runa wollte nicht zappelig sagen, meinte aber genau dass. „Aber sei ist eine wirklich gute Schülerin. In einigen Bereichen begrteift sie die Dinge einfach schneller als andere und ist dann natürlich gelangweilt, wenn ich es den anderen länger erklären muss.“ Auch Runa schaute nun zu der Ziehtochter des Iuliers. „Während deine Abwesenheit hat sie sich jedoch verändert. Am Anfang hat man es ihr nicht angemerkt, aber um so länger du weg warst um so in sich gekehrter wurde sie. Ich glaube sie hatte Angst, dass du nicht wiederkommst. Aber seit du wieder da bis ist sie die ganz die Alte.“ Runa lächelte liebevoll zu dem kleinen Mädchen. „Was mir aufgefallen ist, dass sie Probleme hat mit gelesenen Texten. Wenn ich diese nicht mit Bilder verknüpfe sondern nur den Text vorlese, dann hat sie Schwierigkeiten diesen zu verarbeiten. Dann wird sie unkonzentriert und verliert die Lust an der Sache. Sofern ich aber Bilder ins Spiel bringe ist sie voll und ganz bei der Sache. Ich weiß noch nicht so genau woran dass liegt.“ Runa hatte wirklich so gar keine Idee woran es liegen konnte. „Erst habe ich gedacht, dass Esquilina vielleicht schlecht hört, aber dies konnte ich nach ein paar Test ausschließen. Vielleicht liegt es wirklich daran, dass die Kleine einige Worte nicht mit Bilder verknüpfen kann, so dass sie es dann verarbeiteten kann was sie hörte. Wenn dem so ist, müssten wir die gemeinsame Arbeit vertiefen, damit ich ihr beibringen kann diese Schwäche zu überwinden.“ Runa sah den Iulier an, natürlich hätte sie ihm lieber gesagt, dass sein Kind keien Problem hatte. Aber dafür war Runa zu ehrlich und außerdem wollte sie Esquilina wirklich gern helfen.

    Der Unterricht war beendet und kaum hatte Runa die Kinder verabschiedet herrschte ein Heidenlärm. So wie es immer war, wenn sie sie nach Hause entließ. Endlich konnten sie sich wieder bewegen und musste nicht stillsitzen. Einigen unter den Kinder fiel das wirklich schwer. So lächelte Runa den nun hinauslaufenden Kindern hinterher, als sie Iulius Licinus
    erblickte, der ihr zunickt, dann aber erstmal von seiner Tochter in Beschlag genommen wurde. Sie wartete ab bis der Iulius sich schließlich an sie wandte. "Salve Iulius Licinus. Mir geht es gut. Ich hoffe dasselbe von dir. Wie war deine Reise?" Sie wusste nicht so genau wo der Iulier gewesen war, sie hatte nur von seiner Tochter gehört, dass er eine längere Reise hatte unternehmen müssen. Runa lächelte und hoffte, dass der Präfekt nicht hier war um seine Kind abzumelden, so wie es einige Elter aus der römischen Bevölkerung getan hatten. Sie wollten mit einer wie ihr nichts zu tun haben hatten sie gesagt. Runa hatte es zwar nicht verstanden, schließlich brachte sie den Kindern nur lesen und Schreiben bei. religiöse Dinge kamen nur selten zur Sprache und wenn, dann lehrte Runa sie auch mit der gebotenen Neutralität. Aber einige hatteein Problem damit, dass sie nun nicht mehr dem Kultus diente und sich ihren germanischen Wurzeln zugewandt hatte. Nun ja was sollte man gegen derartig Vorurteile machen. Sie atmete also tief durch und schaute Iulius Licinus fragend, aber lächelnd an. "Was kann ich für dich tun?"