Beiträge von Duccia Silvana

    Runa fühlte sich ob des taxierenden Blickes sichtlich unwohl. Ihre Hände klammerten sich fast schon hilfesuchend an ihren Korb. Sie war ja normalerweise kein Hasenfuß und eher forsch, aber hier und jetzt war sie gerade mehr als eingeschüchtert. Ja sie überlegte gar ob sie einfach kehrt machen und die Beine in die Hand nehmen sollte. Aber Runa war einfach zu neugierig, als das sie jetzt weglaufen würde. Und zum Glück fing der Koloss auch an zu sprechen. Gut er war scheinbar Wortkarg, sprach nur das Nötigstes, aber zumindest erklärte er mit den wenigen Worten sein hier sein.


    Runa entspannte sich zumindest ein klein wenig.
    Sie legte ihren Kopf schief, so wie sie es immer tat, wenn sie grübelte. Vater hatte ihr zwar gesagt, dass hier noch andere Familien lebten, aber leider hatte er es versäumt ihr zu sagen wer wo wohnte und vor allem was sie machten.


    Und sie waren ja auch erst ein paar Tage hier, so dass sich ihr Erkundungstouren bisher in Grenzen hielten, beziehungsweise gar nicht stattgefunden hatten. Runa beschloss aber just in diesem Moment, dass sich das kurzfristig ändern musste, denn es war ja wohl beschämend, dass sie nicht mal Auskunft geben konnte, wen man hier wo finden konnte.


    Aber hier und jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als ihr Unwissen zuzugeben und es hoffentlich auch noch vernünftig zu begründen.


    „Hej Sönke, ick bin Runa Dochter vun Phelan. Ick bin eerst een poor Daag hier un kenn noch ni all de hier leven.
    Ick kann di also ni seggen wo du dien Oellern finnen tust. Ick kann di aver bi´n söken helpen.“
    Sagte sie schließlich mit einem schüternen Lächeln.

    Harampf. Schon wieder mal strich ihr jemand über die Haare, wenigstens wurden sie diese Mal nicht verwuschelt.
    Aber die Krone setzte dem Ganzen ihr Vater auf, statt über SEINEN Fauxpas leise hinwegzugehen, brüllte er es, zumindest für Runa gefühlt, durchs ganze Hause.
    Ihr Vater erntete eine dementsprechenden Blick, aber da der scheinbar gerade das Feingefühl eines Elefanten hatte, hatte Runa wenig Hoffnung, dass er es überhaupt bemerken würden. Und tatsächlich, schwupp er überging es und schnatterte fröhlich weiter.


    'Dem brennt doch eindeutig der Helm!' dachte Runa bei sich, am liebsten hätte sie ihm genau das auch gern an den Kopf geworfen, aber sie wollte ja einen guten ersten Eindruck hinterlassen, schließlich sollte sie hier leben und Vater würden in eine paar Monaten wieder abreisen (Runa konnte ja nicht ahnen, dass ihr Vater andere Pläne hatte), da wäre es schon mehr als nur dämlich auf das Familienoberhaupt einen schlechten Eindruck zu machen.
    Also machte sie zumindest vorerst mal gute Mine.


    Essen? Ja eigentlich schon. Eine Kleinigkeit, also ein halbes Schwein auf Brot könnte Runa schon vertragen.


    Sie nickte also lächelnd Witjon zu, während ihr Vater mit Nichtachtung gestraft wurde „Gern, ja was essen ist eine gute Idee. Und die Villa ist wirklich beeindrucken, ich freue mich mehr davon zu sehen.“ sagte sie schließlich. Aber verdammt ein Haus war ein Haus, hier gab es schließlich wichtigeres.
    „Deiner Frau geht es gut? Und deinem Kind? Wie heißt deine Tochter?“ fragte Runa also schließlich und dann schob sie noch hinterher. „Meinst du ich kann deine Kleine mal sehen?“ Runa mochte Kinder, besonders die ganz Kleinen.
    Sie war immer wieder fasziniert davon, ja es war fast wie ein Wunder, dieses kleinen Menschen, die das Licht der Welt erblickten und in so kurzer Zeit so viel lernten. Witjon würde es schon sehen, eher er sich versieht wird seine Kleine hier durchs Haus toben und krabbeln.

    Mutter hatte ihr Manieren eingebläut aber die gingen gerade flöten, denn schön, dass man sie willkommen hieß, klar freute sie das, aber sie wusste immer noch nicht wer hier vor ihr stand. Zwar hatte ihr Vater ihr auf dem weg hier her lang und breit erklärt, wer was wo wie machte, aber er hatte es schlicht versäumt eine entsprechende Personenbeschreibung mitzuliefern und ihr Blick auf den Wandteppich mit dem Stammbaum der Familie war einfach zu kurz gewesen um sich alles darauf zu merken.
    Mit alter Hobel wollte sie den Hünen nun aber auch nicht ansprechen, weshalb sie ihren Vater am Ärmel zupfte und ihn zu sich zog um ihn dann leise zu fragen. „Vater, wer ist das? Ist das Witjon?“

    Ok es lag nicht nicht am Bier! Es musste die Luft hier sein, denn der Hüne hatte mal mindestens genauso einen Jargon am Leib wie ihr Vater gerade. Nun war also nicht nur eine Augenbraue gehoben, nein es waren beide nach oben gehuscht und sie schickten sich gerade an sich zu verbünden, aber bevor Runa eben jenes Gesicht aufsetzen konnte, wurde sie bemerkt, auch ganz ohne zu hüpfen, zu winken oder durch singen oder tanzen auf sich aufmerksam zu machen.
    „Ik Bedank mi für dat harten willkamen.“ sagte sie schließlich, als sie ihre Fassung so langsam wieder gewonnen hat. Dann viel es ihr sieden heiß ihre gute Erziehung wieder ein und sie fügte schnell noch an. „Hartlik Glückwünsk to dat allermoiste Deern van d´ Welt. Hebbt ´n Bült Bliedskupp mitnanner.“

    Runa hatte sich nach einer langen Unterweisung Runa allein zu Haus oder so dann doch aus der Küche abgesetzt.
    Gut sie hatte Marga natürlich gesagt, dass sie sich einfach nur die Füße vertreten und etwas frische Luft schnuppern wollte. Marge hatte nichts dagegen und war wahrscheinlich auch froh in ihrer Küche nun endlich wieder so wirbeln zu können, wie sie es gewohnt war. Also hatte sich Runa mit einem Lächeln verabschiedet und huschte nun über das Gelände. Hier gab es wahrlich viel zu entdecken und da Runa ja auf Endeckerdtour war, nahm sie natürlich nicht den üblichen Weg, sonder pirschte sich durch den Wildgarten. Ja den mochte sie wahrlich am meisten, war die Natur hier doch so ursprünglich, hier hatte noch keine Mensch Hand angelegt. Runa fuhr sanft mit der Hand über die hier wachsenden Blumen, es waren zwar nicht mehr so viele wie es wahrscheinlich im Sommer sind, dennoch waren es immer noch ein Farbenpracht, die die Natur auch jetzt im Herbst zu bieten hatte.
    Einige dieser schönen Blumen fanden den Weg in ihren Korb, ja Runa wollte sich ein Stück von der Natur mit in ihr Zimmer nehmen.
    Es war ruhig auf dem Gelände, so das das Knirschen der Steinen unter den Stiefeln weit zu hören war und Runa automatisch in die Richtung des Geräusches sah. Na gut, Runa verrenkte sich fast den Hals, konnte aber nichts erkennen, also nahm sie die Beine in die Hand und lief zu den Ställen, erst kurz vor dem Weg stoppte sie und schritt langsam aber bedächtig auf den Weg. Auch wenn sie wusste, das dort wer war, war sie dennoch überrascht, von dem Bild welches sich ihr bot. Vor ihr stand ein Soldat, ein Hüne, ein Soldatenhüne, sein roter Mantel verlieh dem ganzen Bild etwas fast schon mystisches. (nein kein roter Marvel Thorumhang :P)
    Runa stand also mit offenem Mund da und betrachte das sich ihr bietende Bild.


    Der Wind der den Umhang des Soldaten in Bewegung setzte, spielte nun auch mit ihren offenen Haaren und ließ sie tanzen.
    Sie brauchte einen Moment, dann löste sich zumindest ihre Erstarrung und für Runa fast schon untypisch kam ein schüchternes. "Gouden Dag." über ihre Lippen.

    [wrapIMG=left]http://www.kulueke.net/pics/ir…ia/villa_kueche_klein.png[/wrapIMG]Ja eine Stadtführung im Schnelldurchgang, hier dies dort das. Eigentlich hatte Runa gar nicht so richtig die Chance gehabt, wirklich was von der Stadt zu sehen und nun wurde sie hier außerhalb der Stadt, fernab von allem geparkt.
    Ehe sie überhaupt geblickt hatte, wer Marga ist, war ihr Vater auch schon entschwunden und ging seinen eigenen Geschäften nach...
    Runa war darüber schon nicht sonderlich erbaut und das sie nun auch noch ein Kindermädchen bekommen hatte, schmeckte ihr natürlich so richtig.
    Als sie nun aber auch noch mitbekam, wer beziehungsweise was Marga ist, platze ihr fast der sprichwörtliche Kragen.
    Ihr Vater hatte sie also nicht nur mal eben hier abgestellt, nein er hatte sie auch noch zum Küchendienst verdonnert.
    Runa konnte ihre Gefühlslage noch nie gut verbergen, so kannte man ihr also ihren Missmut gut an ihrem Gesicht ablesen.
    Und Marga war genau so begeistert wie Runa, sie konnte nicht so wirbeln wie sie wollte, nein sie musste nun auch noch auf die Kleine da aufpassen. Also standen die beiden Frauen in der Küche und schwiegen sich erstmal an.
    Marga stellte Runa eine Schüssel mit allerlei gemüse hin. „Kleinscheiden!“ lautete die kurze Anweisung. Auf Runas fragenden Blick hin, fühlte sich die Küchenfee dann doch berufen etwa ausfühlicher zu werden. "Es gibt einen Gemüseeintopf, mit etwas Fleischeinlage. Kennst du unsere Speißen überhaupt?“
    Als Runa dies verneinte. Fing Marga an übder das zu reverieren, was ihre Welt war.. die Küche und das kochen.


    „Also wir essen viel Rind doch darf Schweinefleisch bei keinem Festmahl fehlen.
    Durch Einsalzen wird es haltbar gemacht. Beim Pökeln Schweinefleisches werden Schenkel-, Bauch- und Rückenstücke für etwa 10 Tage in zerkleinertes, salzhaltiges Gestein gelegt, um dem Fleisch das Wasser zu entziehen. Nach dem Pökeln werden die Rohschinken zum Ausreifen in den Luftzug von Stollen gelegt. Auch Fische stehen auf dem Speiseplan, Geflügel gibt es zum Teil auch, manchmal sogar Wild.
    Hülsenfrüchte bieten einen gewissen Fleischersatz, Emmer, Nacktweizen und Dinkel sind gute Brotgetreide.
    Hirse und Gerste verwendet man eher für Eintopf, einfache Fladen oder Brei, Gerste hat den höchsten Zuckergehalt und eignet sich zum Bierbrauen.
    Gekocht wird in großen Töpfen aus Ton, mit Graphitpulver feuerfest gemacht oder in einem an Eisenkonstruktion von Decke hängendem Metallkessel wir haben hier beides.
    Es gibt Eintopf, Getreidebrei, Suppen mit Bohnen oder Linsen, manchmal Gulasch.
    Lange habe ich das Fleisch nur zu kochen. Aber jetzt brate ich das Fleisch, ich habe mir das abgeschaut.
    Zum Essen wird Wein, Met oder Bier gereicht.“
    Marga blickte zu Runa, die ihr interessiert zuhörte. Ein Lächeln huschte ihr übers Gesicht. „Du vergisst das Schneiden. Beeil dich, dann zeige ich dir wie man einen kräftigen Eintopf macht.“
    Runa beeilte sich nun alles in Stücke zu schneiden, das nahm einen ganze Weile in Anspruch, schließlich jedoch lagen vor ihr etliche Gemüsesorte in Würfeln.
    „Fertig!“ verkündete sie nicht ohne Stolz.
    Marga betratet da Werk, nickt kurz wohlwollend. „Na dann komm mal her wir machen Hammel und Kohltopf
    750 g Schaf- oder Hammelfleisch (gebrüht, gewürfelt)
    500 g Zwiebeln (in Scheiben geschnitten)
    750 g Weißkohl (gebrüht, in Achtelstücke geschnitten)
    Salz
    10 Pfefferkörner
    10 g Mehl
    Wasser
    1 EL
    Petersilie (fein gehackt)*


    Fleisch, Zwiebeln und Kohl lagenweise in einem Topf schichten, Pfefferkörner jeweils auf das Fleisch, mit Kohl abschließen, mit Salz bestreuen, Topf zu zwei Dritteln mit Wasser füllen, den Topf verschließen wir jetzt gut und dann muss das 2 Stunden lang bei mäßiger Hitze schmoren.
    Aus Mehl und einer halben Tasse Wasser rühren wir später einen Brei an, der wird Schluss zugeben.
    Wenn es fertig ist wird das ganze gut durchschüttelt und mit Petersilie bestreut. Und nun machen wir noch
    Glasiertes Wurzelgemüse
    1 Kohlrübe (auch bekannt als Steckrübe)
    2-3 Karotten
    1 Stange Lauch
    Butter
    Honig (Menge nach Geschmack)
    Salz, Pfeffer *


    Das Gemüse putzen und klein schneiden, hast du ja schon gemacht.
    In leicht gesalzenem Wasser ca. 5 Min. lang kochen und dann abgießen. Den Lauch noch nicht hinzufügen!
    Dann das vorgegarte Gemüse in der Pfanne mit etwas Butter dünsten, bis es weich ist.
    Kurz vor Ende der Garzeit den Lauch dazu geben und bräunen. Jetzt den Honig unterrühren und mit Salz und Pfeffer würzen. Das Gemüse ist fertig, wenn der Honig schön gebräunt ist.
    Das Wurzelgemüse passt zu Fisch und geschmortem oder gegrilltem Fleisch.“

    Runa schaute interessiert, was Marga da veranstaltet und koste auch immer brav, wenn ihr der große Holzlöffel vor die Nase gehalten wurde. Es schmeckte wirklich alles gut, bis Marga auf den Gedanken kam Runa vom der gesalzene Dickmilch kosten zu lassen. Da verzog Runa das Gesicht und Marga lachte laut los.
    „Na Mädchen, das schmeckt dir wohl nicht?“
    Runa konnte nur den Kopf schütteln und spülte erst mal mit einem großen Schluck Wasser nach.
    Die beiden Frauen verbrachten also mehr oder weniger den ganzen Tag in der Küche. Runa hatte bis heute nicht gewusst, wie aufwendig so eine Essensvorbereitung ist...


    Sim-Off:


    *Wenn nicht anders angegeben für 4 Portionen viel Spaß beim nach kochen ;)

    Luft? Ja Luft. Genau Luft! Oder Wasser? Flüssiger als Wasser? Genau, überflüssig. Ja überflüssig, so kam Runa sich gerade vor.
    Erst war sie ne Ehefrau, dann mutierte sie wieder zum Kind und nun wurde sie mal eben überhaupt nicht beachtet.
    Nun normalerweise wäre das nicht so weltbewegend, doch Runa ist ja ein Einzelkind, zwar nicht so verwöhnt, aber es dennoch gewohnt, dass man ihr Aufmerksamkeit schenkte.


    Und nicht genug damit, dass man sie nicht beachtetet, nein ihr Vater redete . ähm ja.. nun ja. Na ja eben so wie ihm der Schnabel gewachsen war. Runa hob eine Augenbraue und sah ihren Vater missbilligend an.


    Hatte er den großen, kräftigen Mann fett genannt? Gut er war nun wirklich nicht unbedingt der Adonis mit dem Wachbrettbauch, eher so ein Typ, Sixpack im Speckmantel. Aber musste man - Vater - ihm das hier mal eben aufs Butterbrot schmieren?
    Und hatte IHR Vater tatsächlich gerade gefragt, ob die Frau von dem Riesen da, schon geworfen hat?
    Also entweder hatte Vater heimlich am Bier genascht oder ihm bekam die Luftveränderung irgendwie nicht.
    Runa besah sich also gerade nachdenklich ihren Vater und suchte nach Anzeichen, ob es ihm irgendwie nicht gut ging, als er sie plötzlich vorstellte.


    "Halloo un goden Dag!" Stammelte sie, immer noch von dem Schauspiel welches ihr sich gerade bot verwirrt. "Freit mi."



    [SIZE=7]edit wörtliche Rede kenntlich gemacht[/SIZE]

    Boh schon wieder wurde ihr durch die Haare gewuschelt. Man sie war doch kein kleines Kind mehr. Eben wurde sie noch für ne Ehefrau gehalten und schwupp war sie wieder das kleine Kind.
    „Jo wenn du dat verstellst.“ murmelte sie vor sich hin und trabte den Beiden Männer hinter her.


    War das Tor schon beeindrucken gewesen, dann schlug das was Runa nun erblickte dem Fass den sprichwörtlichen Boden aus.
    Überwältigt, bewegt, ergriffen es gibt so viele Worte, die wohl beschreiben was Runa gerade empfand, aber keiner wurde dem wohl wirklich gerecht, denn das was sie hier sah ging weit weit über ihre Vorstellungskraft hinaus. Klar hatte ihr Vater von einem neuen Haus gesprochen, aber das hier? Nein auf so was waren sie nicht vorbereitet.
    Vor dem in grobem Wollstoff gewebt Stammbaum verweilte sie einen Moment.
    „Bi de Götters, dat is mol een Hall“ flüsterte sie leisee, bevor sich sich beeilte die beiden Männer einzuholen.
    Sie nickte zustimmend. „Nee Vadder dat is... bi de Götters, dat is abasig.“
    Ja hier war nicht gekleckert sondern gekotzt worden. Runa war nicht nur beeindruck, nein sie war tief beeindruckt. Sie klappte den Mund auf und wieder zu, irgendwie fehlten ihr bei all dem was sie hier sah die Worte.

    Natürlich vernahm sie die Stimme des alten Brummbären, als er schlussendlich die Tür öffnete wollte sie sich schon, wie damals als sie noch gerade mal ne Handbreit größer als ne Tischkante war, hinter ihrem Vater verstecken. Aber da da wohl nicht nur dämlich ausgesehen hätte, sondern auch ziemlich albern gewesen wäre, blieb sie einfach da wo sie war. Obwohl sie dennoch lieber erst mal die Luft anhielt. Warum hatte sie nur so ne Schiss vor dem Alten?
    Was sacht der da? Runa zog die Stirn in Falten und egal ob Schiss oder nicht, der Alte bekam jetzt doch einen bösen Blick.
    Egal wie das Verhältnis ihrer Eltern war, sie mochte beide und so was wie Trennung der Eltern hörte kein Kind gern.
    'Der Blitz soll ihn beim Sch... treffen!' dachte sie sich. 'Seine Frau pah!' der Alte schien wirklich langsam komisch zu werden.
    Runa straffte also ihre Schulter und versuchte sich größer zu machen, nickte dem Alten zu, als ihr Vater sie vorstellte. „Ick frei mi. Ick bün Runa Dochter vun Phelan und Calventia Fusa, un nit sien Frau.“ Auch wenn ihr Vater das gerade schon gesagt hatte, wollte Runa dass an dieser Stelle einfach mal loswerden Schiss hin oder her.

    Immer wieder hatte sie rechts und links geschaut, aber seit das Gebäude – ihr zukünftiges Heim- am Ende des Weges erblickt hatte, konnte sie ihren Blick nicht mehr abwenden. Es war nicht nur imposant, nein es war eindrucksvoll, Ehrfurcht gebieten gerade zu. Runa klappte den Mund auf und wieder zu. Nein sie konnte nichts sagen. Ja in diesem Moment fehlten ihr die Worte. Zaghaft legten sich ihre Finger auf eine der Schnitzereien und strichen fast schon zärtlich darüber. Sie hatte wohl schon die ein oder andere Villa gesehen, aber das hier ging über all das hinaus was sie von Gebäuden bisher her gesehen oder gar gehört hatte. Ein Tempel hätte wohl nicht eindrucksvoller auf sie wirken können. So war es nun auch ihre Hand, die die ihres Vater suchte um sich dran festzuhalten.
    So stand sie nun als neben ihrem Vater und wartet mit ihm gemeinsam. Ihre Blicke jedoch gingen umher, sie versuchte alles zu erfassen, was ihr natürlich ob der Fülle nicht gelang.

    Runa nickte, sie verstand was Vater ihr sagen wollte, ein wenig Trauer legte sich auf ihre Züge. Denn zu gern hätte sie den Mann von damals gekannt. Eben jenen Phelan, der jung und unbeschwert sein Leben genoss, der wahrscheinlich ganz anders war, als der Mann, der nun neben ihr saß und ihr versuchte die Weisheiten des Lebens nah zu bringen. Als sie seine Trauer bemerkte über den Tod der verwandten war sie es, die ihre Hand tröstend auf den Arm des Vaters legte und sprach. „Sie spießen mit den Götter an der Tafel in Walhalla. Jeder von uns vernimmt einmal den Ruf der Ahnen um ihnen zu folgen. Mögen sie dort ihren Platz eingenommen haben und mögen uns die Götter noch eine lange Zeit auf Midgard bescheren.“
    Aber es war keine Zeit für trübe Gedanken, schon kam das Castellum der ALA II Numidia in Suchweite. Runa rutschte aufgeregt auf dem Wagen hin und her, gar so als hätte sie Hummeln im Moors.
    Sie renkte sich fast den Hals aus, denn sie wollte alles sehen ihr Kopf ging also mal zur einen mal zur anderen Seite. Immer wieder mal zupfte sie aufgeregt an Vater Ärmel und deutete am auf dies mal auf jenes.
    „Vadder kiek maal dor de smucken Pier.“ Und nun kam dann doch der berühmte Satz den wohl viele viele Eltern verflcuhen. "Sünd we bald do?"

    Wie Kinder eben so waren, hing nun auch Runa förmlich an den Lippen ihres Vater, als er den ein oder anderen Schwank aus seiner Jugend erzählte. Das einzige was Runa widerstrebte, war, das der Wolf am Ende starb. Er scheint ein wunderbares Tier gewesen zu sein. Wer weiß schon was ihn veranlasst hatte die Menschen anzugreifen. Aber war es wirklich nötig gewesen? Ja wahrscheinlich schon. Vater hatte sie ja mal mit auf so eine Jagd genommen, genau einmal. Weil sie aber immer die Tiere verscheucht und gefragt hatte warum nun dies Tier oder dieses hatte er ihr über den Kopf gestreichelt und entnervt aufgegeben. Mit seiner Tierlieben Tochter war es eben nicht möglich auf die Jagd zu gehen. So hatten sie sich darauf beschränkt die Tiere des Waldes zu beobachten.
    Was Runa aber hörte, war die Begeisterung mit der er die Geschichten erzählte. Fast konnte man den Eindruck gewinnen, dass der junge Mann von damals neben Runa sitzt. Er erzählte es mit so viel Leidenschaft und so Bilderhaft, das er Runa mit seinem Enthusiasmus förmlich ansteckte.
    „Du vermisst sie alle sehr oder?“ Eigentlich war das keine Frage, sondern eine Feststellung, denn so wie gerade hatte sie ihren Vater noch nie erlebt. Ja man konnte förmlich spüren, wie er mit jeder Mille Passus mehr aufblühte.
    Und das brachte Runa eben zu ihrer Frage. Die sie gestern nicht mehr stellen wollte, weil sie, auch wenn sie noch recht jung war, mitbekommen hatte, das ihrem Vater das Thema nah ging. "Warum musstest du damals weg?"

    Runa verdrehte die Augen und schaute zum Himmel. „Na Loki haste wieder mal deinen Spaß.“ flüsterte sie, bevor sie sich zu ihrem Vater umdrehte, nachdem er sie angestoßen hatte. „Nein, warum sollte ich?“ antwortet sie „Nur weil ich ein paar Verwandte treffe? Mehr über mich und meine Herkunft erfahre. Weil ich sehe wo ich in Zukunft leben werde?“ sagte sie so dahin, bis sie lachend ihren Vater zurück knuffte. „Natürlich bin ich aufgeregt. Bei den Göttern Vater, natürlich bin ich das. Man fängt doch nicht jeden Tag ein neues Leben an oder?“ Nun erklang ihr helles klares Lachen. „Ich könnte gerade die ganze Welt umarmen.“
    Runa schwang sich auf den Wagen und grinste ihren Vater an. „Na wenn du bereit bist, ich bin es alle Mal, können wir dann endlich?“


    Die Fahrt ging endlich los. Und im Gegensatz zu den anderen Tagen, schwiegen sie zumindest auf der ersten Etappe der Strecke. Ihr Vater schien voller Vorfreude, Runa war das natürlich auch, aber bei ihr schlich sich der ein oder andere Gedanken an die Zukunft mit ein, was wohl werden würden, wie alles kommen würde.
    Ja sie konnte nun verstehen, warum Wodan ein Auge hergab um aus Mimirs Brunnen zu trinken. Zu gern hätte sie jetzt seine Gabe des Hellsehens.


    Um sich abzulenken übte sie nochmal die Namen und so brabbelte sie leise mehrfach vor sich hin.
    „Witjon, Petronia Octavena, Dagmar, Auadod, Hadamar der Urbaner, Rodrik, Iska, Eldrid, Iring,Wolfrhaban, Dagny und schließlich Alrik der Senatorund und Albin.“

    Runa hörte nachdenklich zu. Ihr Vater war also doch schon mal verliebt. Als er von der Frau aus Rom gesprochen hatte, hatte sich seine Stimmlage verändert. Runa hatte instinktiv ihre Hand auf seinen Arm gelegt.


    Ja sie hatte verstanden. Vater liebte ihre Mutter nicht, dafür sie um so mehr. Runa lehnte sich an ihren Vater. Sie wollte ihn glücklich sehen. Sie mochte es wenn er lachte, bekam doch dann sein Gesicht immer so weiche Züge. Sie konnte sich erinnern, als sie klein war, war ihr Vater viel fröhlicher offener. Mit den Jahren wurde er ruhiger, verschlossener. Auch wenn er ihr gegenüber immer liebevoll war, so hatte sie wohl doch mitbekommen, das ihr Vater sich veränderte.
    „Ich werde, den Mann den du für mich aussuchen wirst … eines fernen Tages...“ Runa grinste ihren Vater an. „...bestimmt mögen. Zumindest werde ich es versuchen. Und wer weiß schon was die Nornen noch mit mir vorhaben.“ Damit war das Thema für Runa vorerst abgeschlossen.
    Was auch gut war denn schon kam Lopodunum in Sichtweite. Nach nicht mehr allzu langer Fahrt waren sie an einer urgemütlicher Taverne angekommen. Die Pferde wurden versorgt und Runa war froh vom Wagen zu kommen und sich zu recken und zu strecken. Ja so ne Holperpartie war auch für junge Knochen nicht nur Freude. Hier ein Knacken, da ein Knirschen, schon ging es ihr besser und sie machte sich nützlich, half die Pferde für die Nacht unterzustellen, rieb sie mit Stroh ab, schließlich waren es die armen Tiere die hier den Löwenanteil der Arbeit leisteten.
    Als sie in das Wirtshaus kam schlug ihr Duft von frischem Brot entgegen. Vater hatte schon das Essen bestellt. Und Runa haute ganz undamenhaft rein wie eine siebenköpfige Raupe. Ja so eine Luftveränderung, konnte schon den Appetit anregen. Da nun aber auch alle den Tag in den Knochen hatten, war wohl jeder froh, endlich in die wagerechte zu kommen, die Bein lang zu machen....


    Am nächsten Morgen war Runa schon vor den Hühner wach, sie war einfach nur ein aufgeregtes Nervenbündel heute ja heute würden sie endlich ankommen. So stand sie also schon im Morgengrauen neben dem Wagen und tippelte nervös von einem Fuß auf den anderen. „Oh ihr Götter, müsst ihr Vater ausgerechnet heute mit so einem tiefen, festen Schlaf segnen?“ schimpfte sie leise vor sich hin...

    Runa nickte nur und verinnerlichte was ihr Vater ihr erklärte. Noch eine ganze Weile philosophierte die beiden weiter über den Sinn das Leben und die Welt.
    Dann saßen sie schweigend nebeneinander und jeder hing wohl seinen eigenen Gedanken nach.
    Runa war es die nach einer ganzen Weile das Schweigen brach.
    „Vater?“ Runa druckste etwas herum. „Also... was ... was... ich dich fragen wollte.“ Sie drehte wiedermal an ihrer Haarsträhne, was deutlich zeigte das sie nicht so recht wusste wie sie das Thema, welches sie beschäftigte, ansprechen sollte. Sie faste sich also ein Herz und sprach recht schnell fast so als hätte sie Angst, dass wenn sie noch länger über das wie sage ich es nachdenken würde wohl gar nicht mehr mit der Sprache rausrücken würde.
    „Du hast Mutter geheiratet, weil die Familie es wollte. Richtig? Magst du Mutter, wenigstens ein bisschen?“ Sie wusste es wirklich nicht. Zwar hatte Vater ihr gegenüber nie ein böses Wort über ihre Mutter verloren, aber sie hatte ihre Eltern auch nie liebevoll miteinander gesehen.
    Im Dorf, ja da hatte sie beobachten könne, wie Menschen – Partner – miteinander um gingen, wenn sie sich wirklich mochten. „Und hättest du nicht lieber eine Frau, die.. also die dich … na du weißt schon...“ Runa wurde rot bis unter die Haarwurzeln, zumindest für einen Moment. Warum kam sie auf die Frage nun ja auch wenn er ihr gesagt hatte, das es wohl noch eine Weile hin wäre bis er ihr einen Mann aussuchen würde, fragte sich Runa, ob sie wirklich so leben wollte, nicht das sie ein Wahl hätte, aber fragen konnte man es sich ja mal. „Bist du glücklich?“ fragte sie schließlich, ohne ihren Vater dabei anzusehen.

    Runa überlegte bevor sie antwortete.
    „Nun Vater ein Adler ist ein mächtiges, wenn nicht gar göttliches Tier. Ich denke jedoch das es nicht um den Adler geht, sondern um das für was er steht. Steht er doch für Mut, Weitblick und Kraft. All dies sind doch Werte, die wir uns für uns selbst wünschen. Ob nun Germane oder Römer.“ Runa schaute in die Ferne, dort wo man am Horizont eben jene Adler sehen konnte, der sich in immer größere Höhen aufschwang, gar so als ob er direkt zu den Göttern fliegen wollte. „Die Götter sind es die über unser Leben wachen, uns leiten, aber leben müssen wir es dennoch selbst. Es sind also jene Symbole an die wir uns halten, an welchen wir uns aufrichten und messen und wir streben danach dem göttlichen etwas näher zu kommen.“ Eigentlich beantwortet Runa schon gar nicht mehr die Frage ihres Vaters, sonder verlorn sich in eben jenen Gedanken die sie beschäftigten. „Wenn doch aber die Götter sich so ähneln, wenn sie sich so gleichen. Warum glauben wir dann an unterschiedliche Götter?“ Nun waren es wieder die kristallklaren blauen Augen, die voller Vorfreude auf die Tempel und Kultstätten glänzten, die ihren Vater fragend ansahen.

    Vater nutze aber tatsächlich jede sich bietende Gelegenheit um ihr Wissen abzufragen. Also war es mal wieder an Runa sich an das zu erinnern, was er sie gelehrt hatte.
    Sie grübelte ein Weile, wollte sie doch nichts falsches sagen.
    „Iuppiter?“ kam es zögerlich. „Ja Iuppiter.“ Das klang schon eindeutig selbstsicherer. „Der Adler ist sein geheiligtes Tier.“ Ja nun war sie vollkommen davon überzeugt, das sie sich richtig erinnerte.


    Aber Adler? Da war doch was. Runa schaute ihren Vater nachdenklich an. „Vater? Du hattest recht mit den Gemeinsamkeiten. Godehild hat mir auch von einem Adler erzählt. Ein Adler sitzt in den Ästen der Esche, der hat manches Wissen und zwischen seinen Augen sitzt der Habicht mit Namen Wedrfölnir. Das Eichhörnchen, das Ratatosk heißt, springt an der Esche hinauf und hinunter. Zwischen dem Adler und Nidhögg tauscht es Gehässigkeiten aus.*“ Sie lächelte. „Ich bin wirklich gespannt, wie viele Gemeinsamkeiten es noch gibt. Bisher habe ich darüber gar nicht nachgedacht, weißt du Vater ich habe immer nur die einen oder die anderen Götter betrachtet, sie aber nie miteinander verglichen oder gar Gemeinsamkeiten gesucht.“





    [SIZE=7]*Snorri Sturluson, Prosa-Edda: Gylfaginning, Kapitel 16 [/SIZE]

    Also Witjon was so was wie die rechte Hand des Stadthalters, sein Sohn wird vielleicht in seine Fußstapfen treten. Aber war es nicht eigentlich immer so, dass Kinder ihren Eltern nacheiferten? Dass sie versuchten die Erwartungen ihrer Eltern zu erfüllen? Runa konnte nur hoffen dass sie ihren Vater nicht enttäuschte, dass sie in der Ausbildung welche er ihr zugedacht hatte gut absolvierte.
    Sie hasste es wenn ihr Vater von ihr enttäuscht war, deswegen nahm sie sich vor, die Ausbildung so gut nur irgend möglich zu machen.


    Wieder einmal genossen sie beide die Stille die um sie herum herrschte. Nur das Knarren des Wagens war zu hören und der machte schon eine ordentliche Portion Krach, so dass die scheuen Tiere des Waldes sich rechtzeitig im Dickicht verbargen. Nur ein vorwitziges Eichhörnchen lugte an einer hohen Tanne neugierig zu ihnen herunter. Runa betrachtete das putzige Tierchen mit einem Lächeln, zupfte ihrem Vater am Ärmel und deutete nach oben.


    Also sie gerade wieder nach oben sah, konnte man einen Adler beobachten, der sich von seinem Horst erhob und sich von der Thermik der Sonne in die Lüfte tragen ließ. Runa bewunderte das achtunggebietende Tier. „Wundervoll, nicht wahr Vater?“ flüsterte sie ehrfurchtsvoll.

    Eine Unterkunft in Saliobriga war recht schnell gefunden, gerade als sie in die Taverne erreicht hatten brach auch schon der Sturm los. Runa schaute noch eine Weile fasziniert zum Himmel. Grelle Blitz zogen ihre Bahnen und brachten den Himmel zum glühen. Der Wind war zu einem ordentlichen Sturm geworden, so dass die Bäume ihre Kronen neigten, aber sie hielten stand. Als dann doch starker Regen einsetzte zog es auch Runa vor sich lieber ins Innere des Gebäudes zu verdrücken. „Donar schwingt seinen Hammer so richtig.“ sagte sie mit einem Lachen.
    Später als sie schon in ihrem Bett lag ging sie noch mehrmals sie Namen durch, bis sie schließlich darüber einschlief.


    Lang war sie nicht, die Nacht schon mit dem ersten Hahnenschrei standen sie auf, ein kurzer Imbiss und schon waren sie wieder unterwegs. Sie ließen Saliobriga hinter sich und weiter ging sie die Reise in den Norden.


    Die Straße war aufgeweicht vom Regen der letzten Nacht einige kleinen Rinnsale waren immer noch zu sehen, aber die Sonne hatte noch genug Kraft, so dass sie nicht nur wärmte sonder auch dafür sorgte, dass die Pfützen und Rinnsale immer kleiner wurden, bis schließlich die Straße wieder trocken war.
    Eine Zeit lang redet sie über alles mögliche bis Runa schließlich fragte. „Vater, unsere Verwandten was machen die eigentlich in Mogontiacum?“