Beiträge von Phryne

    Von seinem höflichen, respektvollen, ja sogar unterwürfigen Verhalten war nichts mehr zu spüren. Phrynes Entführer war kalt und barsch. Sie sollte sich wohl wieder in das Sklavendasein fügen, so wie sie es in ihrem früheren Leben gehabt hatte. Eine Antwort auf die Frage, was sie von dem großen und recht ansprechend gestalteten Cubilculum hielt, erwartete der schwarzhaarige Kerl offenbar nicht. Warum sollte sie auch darauf antworten. Sie hatte ja keine Wahl.
    Immerhin war er Kavalier genug um auf der Kline zu schlafen und ihr das Bett zu überlassen. Phryne fragte sich warum. Hatte er Angst, sie könne ihn in ihrer Nacktheit erneut verführen oder im Schlaf erwürgen? Das war durchaus eine brauchbare Idee...


    Die Schauspielerin nickte also nur als er ihr das Bett vorschlug und ihr klar machte, dass sie gefangen und ein Fluchtversuch sinnlos war. Sehr kalt und grußlos ließ er seine Geisel stehen und legte sich nieder. Ein weiterer Versuch ihn zu bezirzen war aussichtslos. Er hatte sich bereits umgedreht.


    Phryne legte sich auf das Bett und hüllte sich in die vorhandenen Pelze und Decken. Auch wenn sie erschöpft und müde war, würde sich doch jetzt nicht schlafen können! Sie beobachtete den Mann auf der Kline. Bald atmete er gleichmäßig und ruhig. Unglaublich! Er schlief! Nach all den Aufregungen konnte er sich einfach umdrehen und schlummern. Phryne wurde zornig. Pah! Er sollte schon sehen, was er davon hatte! Sie stand auf und suchte das Cubiculum ab. Ob es hier eine Waffe gab oder irgendetwas wie die Kordel mit der sie ihr Kleid gegürtet hatte? Sie könnte versuchen ihn zu erdrosseln. So wie er da lag, wäre das überhaupt kein Problem.
    Die Schauspielerin machte sich daran, die Truhen zu inspizieren. Leider waren alle verschlossen. Ihr Blick fiel auf die Vasen. Sie hatten eine handliche Größe und man konnte sie wohl durchaus als Waffe benutzen. Phryne hob eine davon an und schlich sich an den schlafenden Entführer heran.


    Glaucus


    Der Sklave der Freigelassenen Phryne sah übel aus. Blutflecken zierten seine zerrissene Tunika und man konnte verkrustetes Blut an seinen Armen und in seinem Gesicht erkenne. Die Lippe war aufgeplatzt und dick angeschwollen.


    Salve Helvetius Curio, ich komme in einer delikaten Angelegenheit. Eigentlich hätte ich gleich zum Exercitus gehen müssen oder dem neuen Aedil Bericht erstatten, aber du wirst gleich verstehen, warum ich damit zu dir komme. Ich erhoffe mir von dir das nötige Fingerspitzengefühl und die notwendige Sorgfalt, diesen Casus zu behandeln. Es geht um die Entführung meiner Domina Aciliana Phryne.


    Hier machte Glaucus eine Pause. Ihm war bewusst, dass das was er in den vergangenen Stunden erlebt hatte nicht für jedermanns Ohren geeignet war und musste noch darüber nachdenken, was und wieviel er von den Geschehnissen erzählen sollte.


    Glaucus


    Mit donnerndem Schlag klopfte Glaucus an die Tür der Casa Helvetia. Laut und vernehmlich offenbarte er sein Anliegen.


    Hallo? Ist jemand da? Ich brauche die Hilfe des Aedils! Es ist dringend! Es geht um eine Entführung!


    Glaucus


    Man nahm ihm die Augenbinde erst ab, als er im Vestibül der Casa Acilia stand. Ein kräftiger Magenschwinger sorgte dafür, dass Glaucus in die Knie ging und weder die Gesichter seiner Entführer noch den Weg, den sie nahmen, sehen konnte.


    Mit schmerzverzerrtem Gesicht rappelte er sich auf. Der blonde Sklave war übel zugerichtet. Seine Tunika war blutbesudelt und auch die sichtbare Haut trug die Zeichen seiner Gegenwehr. Er hatte sich gewehrt, und wie! Verzweifelt hatte er versucht, sich und das Leben seiner Herrin zu retten. Doch am Ende war sie es gewesen, die auf spektakuläre Weise dafür gesorgt hatte, dass zumindest Glaucus noch am Leben und in Freiheit war, ganz zu schweigen vom Erhalt seiner Zeugungsfähigkeit.


    Nun musste er nachdenken. Er musste versuchen, Phryne freizubekommen! Der Entführer, dessen Namen er nicht kannte, hielt sie und Korone weiterhin an einem ihm unbekannten Ort gefangen. Glaucus hatte versucht, sich die Gesichter der Anwesenden einzuprägen. Ganz sicher würde er einige von ihnen erkennen. Er musste also unbedingt zur Ala oder zur Legio. Oder sollte er gleich zum Aedil laufen? Wenn er sich nicht recht irrte, war dieser Helvetius Curio momentan der Aedil. Glaucus wusste um die Fehde seiner Herrin mit den Helvetiern, wusste aber auch, dass Phryne mit der Frau des Aedils die Kinder der Stadt unterrichtete. Ganz so schlecht konnte er also nicht auf sie zu sprechen sein und er musste sich schließlich um diesen Entführungsfall kümmern. Oder nicht?


    Glaucus nahm sich nicht die Zeit sich umzuziehen oder zu reinigen. Er humpelte los in die Cabanae.

    Das Schauspiel war zu Ende. Der Vorhang gefallen. Zumindest für diesen Abend. Wie ihr Liebhaber jedoch deutlich machte, war Phrynes Gefangenschaft noch nicht beendet, genausowenig wie Korones. Dafür konnte sie Hoffnung haben, dass Glaucus seine Freiheit wiederbekam und Hilfe holen konnte, wenn er auch nicht würde sagen können, wo er gewesen war.
    Die Schauspielerin sah ihren Entführer von der Seite an. Was hatte er vor? Wollte er aus ihr seine persönliche Sexsklavin machen? Allzeit verfügbar. Phryne schauderte. Es war nicht die Sache an sich, der Schwarzhaarige hatte gezeigt, dass er ein phantasievoller Liebhaber sein konnte, doch sie liebte ihre so teuer erkaufte Freiheit. War sie nicht jahrelang die Sexsklavin eines Mannes gewesen? Hatte sie nicht auch ihm bedingungslos zur Verfügung stehen müssen wann und wie er es wollte? Würde sich das Schicksal wiederholen, nun wo sie endlich ihre Freiheit hatte?


    Phryne ergriff die Pelze, die der Schwarzhaarige ihr gab und hüllte ihren nackten Körper ein. Dann ließ sie sich die Augen verbinden. Man führte sie unter dem Beifall des Publikums fort.


    Die Freigelassene musste Stufen steigen. Sie zählte mit. Doch würde es ihr irgendetwas bringen zu wissen, dass sie ein Dutzend Stufen gestiegen war? Quietschend öffnete sich eine Tür. Man führte sie in einen Raum. Groß war er nicht, das hörte Phryne am Schall der Geräusche, die sie und ihre Wächter machten. Es roch ein wenig muffig, die Luft war abgestanden. Die Wächter ließen sie nicht alleine. Sie schienen auf den Zeremonienmeister zu warten. Phryne stand in ihre Pelze gehüllt, mit verbundenen Augen in der Mitte des Raumes und wartete was kommen würde. Ihre anfängliche Euphorie nach der gelungenen Vorstellung, der einzigartigen Erfahrung des Hieros Gamos und der Gewissheit, dass sie zumindest das Leben ihres Sklaven Glaucus gerettet hatte, war verflogen.

    Isis hatte Besitz von ihr ergriffen. Phryne war ganz mit der Göttin verschmolzen und hatte ihren Geliebten und seinen göttlichen Samen in sich aufgenommen. Der rituelle Akt der Heiligen Hochzeit, dieser ekstatische Zustand wenn Gott und Göttin sich vereinten, war perfekt. Niemals zuvor hatte sie einen solches Hochgefühl erlebt.


    Nur schwer und widerwillig kehrte Phryne aus diesem entrückten Zustand zurück. Das Publikum war zunächst ehrfürchtig in schweigender Bewunderung des Erlebten. Dann aber kam Leben in die Anhängerschaft ihres göttlichen Geliebten. Jubel und Hochrufe brandeten auf. Man füllte die Becher und reichte beiden vom Besten, das ausgeschenkt wurde. Noch reichlich benommen und schwankend kam Phryne auf die Beine und ergriff den Weinkelch. Sie sah sich nach ihrem Osiris um. Wie hatte er die Vereinigung erlebt? Was würde nun folgen? Würde er sie und ihre Sklaven freilassen? Oder was führte er noch im Schilde? War das eben das Finale der Inszenierung gewesen oder folgte nun das Drama mit dem Tod der Hauptdarstellerin? Würde er sich an sein Versprechen unter dem Druck der drohenden Entmannung halten?

    Mit wachsendem Unbehagen sah Phryne wie die Köchin ihren Sklaven Glaucus enthaarte. Es war abzusehen, was sie vorhatte. Sie wollte aus Glaucus einen Eunuchen machen! Phryne musste handeln!


    Ihr Entführer überrumpelte sie mit einem sehr leidenschaftlichen Kuss. Die Freigelassene musste feststellen, dass sie dieses öffentliche Machtspielchen erotisierte. Sie erwiderte den Kuss mit deutlichem Genuss. Nun brüstete sich der Schwarzhaarige mit der Verbreitung seiner Nachkommenschaft. Das kam Phryne nur gelegen. Es war eine Steilvorlage. Wenn er schon so verschwenderisch mit seinem Samen umgeganen war, dann konnte er ja nun gut auf sein bestes Stück verzichten...


    Sie lächelte siegessicher als er sie nach Wünschen fragte. Ein Blick auf seinen Körper verriet dass er sich auf die öffentliche Vereinigung mit seiner Göttin freute und das Publikum wartete in angespannter Stille.
    Phryne griff nach der goldenen Kordel. Sie trat auf ihn zu.


    Nachdem du meine Sklaven gefesselt und geknebelt hast, werde ich nun ebenso mit dir verfahren. Ich bin deine Göttin! Deine Domina! Du gehorchst jetzt mir!


    Mit katzenhafter Geschmeidigkeit rieb sie ihren Körper an seinem und band ihm währenddessen beide Hände auf den Rücken. Fest zog sie die Knoten zu. Dann kniete sie nieder. Sie widmete sich mit betontem Genuss dem Zepter des Zeremonienmeisters. Der Geräuschpegel des Publikums begleitete ihre Bemühungen. Ab und an sah sie an ihrem "Sklaven" hoch. Er schien dem Himmel auf Erden schon sehr nah.
    Plötzlich setzte sie die Zähne ein. Nicht so, dass sie sein bestes Stück ernsthaft verletzte, wohl aber schmerzbereitend. Prüfend hob sie den Blick.


    Die Haltung ihres Entführers hatte sich verändert. Eben noch aufrecht und genießend, krümmte er sich nun nach vorne und versuchte hilflos durch die Fesselung sein Zepter vor den scharfen Zähnen seiner Göttin zu schützen. Phryne lachte. Sie stand wieder auf und küsste den Entführer sehr leidenschaftlich. Sein Schmerz befeuerte ihre Erregung. Unhörbar für das Publikum flüsterte sie in sein Ohr.


    So, mein verehrungswürdiger Osiris. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir uns auf ein Unentschieden einigen, sonst wird aus deiner Nachkommenschaft in Germania nichts mehr! Ich will dir aber eine faire Chance geben und noch dazu eine bei der du auch vor deinen Anhängern hier das Gesicht wahren kannst - mehr noch! Du wirst ihr Held werden!


    Phryne zog sich ein wenig zurück damit sie seine Augen sehen konnte. Deutlich konnte sie dem Blick des Entführers entnehmen, dass er um den Ernst seiner Lage wusste. Die Schauspielerin schien ihren Tod und den ihrer Sklaven einzukalkuliern. Denn damit musste sie rechnen wenn sie den Anführer der Bande entmannte. Sie war vorbereitet.
    Beide maßen einanander mit kaltem Blick. Dann beugte sich Phryne wieder vor. Scheinbar seinen Hals mit Küssen bedeckend, flüsterte sie weiter.


    Du lässt mir und meinen Sklaven das Leben und die Unversehrtheit, dafür schone ich deine Männlichkeit. Nicke, wenn du einverstanden bist und gib deinen Schergen ein Zeichen Glaucus und Korone in Ruhe zu lassen.


    Wieder zog sie sich zurück. Sie goutierte das Nicken mit einem triumphierenden Lächeln. Dann führ sie fort mit Küssen und Flüstern.


    Du gefällst mir, Mann-mit-den-vielen-Gesichtern! Sehr sogar! Ich traf noch kein so ausgekochtes Schlitzohr, noch keinen so gerissenen Ganoven! Wenn wir beide uns vereinen, wird die Welt in ihren Fugen erzittern! Vollzieh mit mir hier vor allen Anwesenden den Hieros Gamos - die Heilige Hochzeit der Isis mit Osiris! Ich bin die deine!


    Ihre Küsse bedeckten seinen Hals, den Mund, dann wanderte ihre Zunge sein Brustbein hinab, über den Bauch, den Nabel abwärts. Währenddessen öffnete sie geschickt die Fesselung auf seinem Rücken. Noch einmal widmete sie sich lustvoll dem Zepter des Zeremonienmeisters, dann ließ sie von ihm ab und legte sich in die Mitte der Bühne auf das vorbereitete Lager. Mit geöffnetem Schoß erwartete Isis ihren Osiris.


    Komm zu mir, O Osiris! Deine Gattin Isis erwartet dich zum Hieros Gamos! Zur Heiligen Hochzeit!

    Was für eine Inszenierung? Der schwarzhaarige Entführer hatte ein besonderes Geschick sich in Szene zu setzen. Doch Phryne würde ihm zeigen, dass sie eine hervorragende Schauspielerin war.
    Sie ergriff den Becher und wartete die Rede des Zeremonienmeisters ab. Geschickt wies er sie und die Zuschauer darauf hin, dass er nicht nur Phryne sondern auch ihre Sklaven in der Hand hatte. Das erhöhte die Spannung. Dann erklärte er "die Spiele" für eröffnet. Die Theatralik war kaum zu überbieten.


    Phryne erhob den Becher mit dem "kostbaren" Inhalt. Sie wollte ihrerseits einen Trinkspruch ausloben. Geschickt drehte sie sich so, dass der ägyptische Schmuck im Fackellicht glänzte.


    Auf einen unterhaltsamen Abend und auf Isis und Osiris.


    Dann sah sie ihrem Entführer fest in die Augen. Ohne ein Anzeichen von Ekel setzte sie den Becher an die Lippen.


    Als sich der Schwarzhaarige schließlich auszog und in seiner ganzen Pracht auf sie zuschritt, warf Phryne den nur zum Schein geleerten Becher mit einer schwungvollen Bewegung von sich. Sie öffnete die goldene Kordel, die ihr Kleid gürtete und anschließend die beiden Gewandschließen. Der seidige Stoff glitt herab. Phryne trug nun nicht mehr am Leib als den schönen Schmuck: das Pektoral mit der Figur der Göttin Isis, den Schlangenarmreif und die Ohrringe. Sie drehte sich langsam im Kreis, damit das Publikum ihren makellosen Körper und den Schmuck, der ihr die Gefangenschaft eingetragen hatte, bewundern konnten.
    Wieder ihrem Entführer zugewandt trat sie auf ihn zu. Sie streckte ihre Hand aus und strich mit langen Fingern seine Brust aufwärts. Dann legte sie ihre Hand in seinen Nacken. Sie zog ihn so nah zu sich her, dass sie in das Ohr des Schwarzhaarigen flüstern konnte.


    Kennst du den Mythos von Isis und Osiris? Weißt du was mit Osiris passiert und welches seiner Körperteile leider verloren geht? Da geht es ihm nicht anders als dem armen Attis, der sich im Wahnsinn sogar selbst entmannt. Es wäre doch jammerschade, wenn du deine Kinder nicht mehr aufwachsen sehen würdest, oder?


    Sie zog sich ein wenig zurück und lächelte böse.

    Beeindruckt von dem Anwesen der Duccier sah sich Phryne um. Auch wenn sie das Stadthaus dem Langleben vorzog, fand sie doch die Villa rustica der Duccii sehr ansprechend. Der Wildgarten war in jedem Fall eine Oase der Ruhe. Sie konnte gut verstehen, dass der Hausherr sich dort zurückgezogen hatte, bei derm wunderbaren Wetter.
    Der Ianitor wies den Weg und fragte sie nach einem Wunsch für ein Getränk.


    Gerne. Ich hätte sehr gerne einen Becher gemischten kühlen Wein, wenn es möglich wäre.


    Als Albin gegangen war näherte sich Phryne dem Teich und dem Hausherrn, der dort sein Bier und eine Kleinigkeit an Speisen genoss.


    Salve, Procurator Duccius Marsus. Du hast dir ein hübsches Plätzchen ausgesucht um die Otio zu genießen. Es freut mich, dass du mich hier empfängst.


    Sie wartete ab, dass der Hausherr ihr einen Platz anbot.

    Auf einen Wink des Zeremonienmeisters verwandelte sich der dunkle Kellerraum in einen Bankettsaal. Kohlebecken, Tische, Speis und Trank - für alles wurde gesorgt. Phryne musste zugeben, dass ihr Entführer an alles gedacht hatte. Das Publikum goutierte die Bemühungen mit Beifall.


    Dann jedoch ging es ans Eingemachte. Der Wirt wurde eingeladen, sich Korone zu schnappen, die endlich von ihrem Knebel befreit wurde und zu Phrynes großem Schreck führte man nun auch Glaucus gefesselt und geknebelt herein. Ob er noch die Gelegenheit gehabt hatte, jemandem von der Entführung zu erzählen? Sie bezweifelte es.
    Eine Frau namens Flore, die offenbar auch zu der Bande gehörte und mit der der Zeremonienmeister offenkundig eine Affäre hatte, wurde vor die Wahl gestellt, wie sie den Abend verbringen wollte. Kritisch beäugte Phryne das Weibsstück. Die Schauspielerin hatte nicht vor, sich von ihr befingern zu lassen.
    Doch zunächst sollte angestoßen werden. Phryne hörte die eindeutig zweideutige Offerte und griff nach dem Becher. Auffordernd hielt sie ihn vor den Schwarzhaarigen.


    Gib mir das Beste was du hast. Es wird gerade gut genug für mich sein.


    Er sah sie fragend an und wollte ihre Meinung zu dem Arrangement wissen. Phryne lächelte gekonnt.


    Du hast ein Geschick für wirkungsvolle Auftritte und das dazu passende Ambiente. Ich muss schon sagen, dass mir die Bühne und das Arrangement sehr gefällt. Was mir weniger gefällt ist, dass du über meine Dienerschaft befiehlst. Schließlich sind es meine Sklaven. Aber wenn du mich fragst, wie meine Vorstellungen von diesem Abend und dir als meiner Cena sind, dann können wir den Spieß ja nun umdrehen und während ich mich dir widme, befehle ich und du bist der Sklave. Wie wäre das? Wie würde es dir gefallen für diese Nacht mein Sklave zu sein?


    Phryne strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. Man konnte den ägyptischen Schmuck glitzern sehen. Ihr Blick war durchdringend und beherrscht. Sie ging vollständig in ihrer Rolle als Pharaonin auf und sah nun ihre Chance, dieses Schauspiel zu ihren Gunsten zu wenden. Mit scharfem Ton befahl sie.


    Zieh dich aus! Wie üblich bei einer römischen Cena gibt es zur Vorspeise ...
    Phrynes Stimme wurde zum Satzende leise, aber drohend. Sie machte eine bedeutungsvolle Pause.


    .... Eier!!!


    Nun lachte sie schallend und funkelte den schwarzhaarigen Entführer triumphierend an.

    Wieder sprach der Kerl, der so viel Spaß daran hatte ein krudes Schauspiel aufzuführen, eine versteckte Drohung aus, Phrynes Sklavin Gewalt anzutun. Die Freigelassene versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass Korone ihr sehr nahe war und sie eine Verletzung oder Verstümmelung der Sklavin schwer treffen würde. Den Spaß wollte sie ihm nicht gönnen. Sie versuchte die trüben Gedanken zu verdrängen und konzentrierte sich wieder ganz auf das was der Schwarzhaarige sie fragte. Schließlich ging es um die weitere Abendgestaltung. Hatte sie kurz einen dunklen Schatten in seinen Augen gesehen als es um die Vorführung vor Publikum ging? Was hatte er erlebt? Wo und wie hatte er dem Publikum zur Belustigung gedient? Phryne beschloss in die Offensive zu gehen.


    Du sollst ganz im Mittelpunkt unserer nächtlichen Cena stehen, Mann-mit-den-vielen-Gesichtern. Du wirst dich doch sicherlich nicht mit einem Gang zufrieden geben und ich glaube kaum, dass ich schon nach dem Appetitanreger genug von dir habe. Ich will dass du meine Vorspeise, das Hauptgericht und das Dessert bist. Und nachdem du kein Problem mit Publikum zu haben scheinst, nein, es hier sogar extra für mich und dich versammelt hast, werden wir wohl mit den Anwesenden speisen. Oder ist dir eine exklusives Fackellichtcena lieber, bei der ich mich dir ganz alleine widmen kann?


    Wieder verteilte Phryne Kusshände an das johlende Publikum. Aus dem Augenwinkel beobachtete die Schauspielerin den geheimnisvollen Zeremonienmeister. Zeigte er noch mehr von seinen Schattenseiten? Was meinte er damit, dass er sehen wollte, was er für sie tun konnte?


    Da plötzlich erschien Korone. Man führte ihre völlig verängstigte Dienerin herein. Sie war geknebelt und wurde von zwei Wachmännern gehalten. Phryne lächelte ihr aufmunternd zu.


    Keine Angst, meine Gute. Uns wird schon nichts passieren, Korone.


    Woher nahm sie nur die Sicherheit? Phryne wusste es in diesem Moment nicht. Doch irgendetwas sagte ihr, dass jemand, der solch ein Spektakel veranstaltete, sie nicht töten würde.

    Wieder einmal schaffte es der Schwarzhaarige keine ihrer Fragen zu Phrynes Zufriedenheit zu beantworten. Sie wusste noch immer nicht wer er war, was er von ihr wollte und wie lang er sie hier gefangen halten wollte. Aber er würde schon sehen, mit wem er sich eingelassen hatte! Phryne beschloss, das Spiel mitzuspielen. Womöglich würde sie so mehr herausbekommen.


    Er übertrieb in seiner Rolle als untertänigster Diener wie ein junger Schauspieleleve. Phryne amüsierte sich. Als er jedoch androhte, ihr Korone in Scheiben zu bringen, musste die Rotblonde tief durchatmen. Nichts anmerken lassen, sagte sie zu sich.


    Ich bevorzuge meine Leibsklavin in einem Stück mit unversehrtem Körper, Mann-mit-den-vielen-Gesichtern. Denn ihre Hände sollen mich weiterhin frisieren und schminken können, ihre Füße sollen mein Hab und Gut hin und her tragen.


    Im Nu erfüllte der Schwarzhaarige Phrynes nächsten Wunsch und ließ wärmende Pelze kommen. Als er sich bäuchlings auf den kalten Boden legte, damit sie über ihn hinweg auf die mit Pelzen belegte Kline gelangen konnte, musste die Schauspielerin einen kurzen Moment unwillkürlich grinsen. Was für ein Theater! Mit einem Blick auf das Publikum ringsherum im Fackelschein erhob sie sich majestätisch und schritt über den Rücken des Schwarzhaarigen hinweg. Bevor sie seinen Kopf erreichte, überlegte sie kurz, ob sie kräftig zutreten sollte, um seine vorwitzige Nase in Blut zu tauchen. Doch sie wollte abwarten, welche Wendung das Drama hier noch nehmen würde. War es ein Lustspiel? Eine Posse? Ein Räuberstück? Oder am Ende gar eine Tragödie? Und wenn ja - für wen?
    Sein strahlendes Lächeln leutete den nächsten "Akt" ein. Es sollte eine mitternächtliche Cena geben?


    Du hast recht, Mann-mit-den-vielen-Gesichtern, auch Göttinnen verspüren ab und an Bedürfnisse und Gelüste. Eine nächtliche Cena? Nur zu gern? Was gibt es als Appetitanreger? Dich?
    Phryne zwinkerte vergnügt.
    Hier vor aller Augen? Nicht dass es für mich das erste Mal wäre, dass ich Publikum habe, wenn ich meine Venuskünste offeriere, doch würde ich gerne wissen ob wir zwei alleine speisen oder ob das Publikum mit uns tafelt und ob ich meine Gunst nur einem gewähren soll oder allen Anwesenden?


    Phryne warf Kusshände in die Reihen der dunklen Gestalten. Der Kerl schien sich ein besonderes Schmankerl für seine Diebesgesellen ausgesucht zu haben. Eine Live-Vorführung. So etwas hatte sie auch noch nicht erlebt. Ihr früherer Herr Acilius Priscus hatte wilde Orgien gefeiert bei denen es schon vorkam, dass nach ausgiebigem Wein und Opiumgenuss das Liebesspiel vor den Augen aller Gäste stattfand. Doch meist waren die selbst so benebelt und mit weiblichen Gästen beschäftigt, dass Phryne sich nicht wie auf dem Präsentierteller gefühlt hatte. Hier wäre das etwas ganz anderes. Auf der Bühne, in der Mitte des Raumes, vor den Augen all dieser stummer Spießgesellen, die ihre Augen auf sie hefteten. Die Freigelassene konnte sich angenehmere Inszenierungen vorstellen als diese. Herausfordernd sah sie den Schwarzhaarigen an.

    Es war kühl in dem Keller. Phryne fröstelte. Sie sah sich um. Kannte sie einen der Schergen, die dieser Kerl um sich versammelt hatte? Was wollte man von ihr? Keine der düsteren Gestalten kam ihr bekannt vor. In jedem Fall war der Schwarzhaarige gefährlich. Phryne war klar, dass sie das Theater eine Weile mitspielen musste, wenn sie mit heiler Haut aus der Sache herauskommen wollte. Er nannte natürlich keinen Namen und so musste Phryne versuchen ob sie ihn herauffinden konnte, wenn die Gefolgschaft des Schwarzhaarigen ihn beim Namen nannte.


    Sie versuchte die Überraschung zu verbergen als er aufstand und ihr den Thron überließ. Die Schauspielerin ließ sich elegant nieder. Sie blickte von oben auf den Kerl herab, der nun das Knie vor ihr beugte. Seine Sätze troffen vor Zynismus.


    Wenn ich "euer Gast" bin, Mann-mit-den-zwei-Gesichtern, dann steht es mir frei jederzeit zu gehen. Ein Gast kann wann immer er der Gastfreundschaft des Gastgebers und der anwesenden Gäste überdrüssig wird, die Party verlassen. Was ist, wenn ich bereits jetzt genug von diesem Theater und seinen schlechten Schauspielern habe? Wie willst du mich hindern zu gehen? Was willst du überhaupt von mir?


    Als er ihr offerierte, ihre Dienerschaft zu holen, dachte Phryne scharf nach. Glaucus war offenbar ausgeschaltet worden. Sie konnte nur hoffen, dass er noch lebte und vielleicht Hilfe holen konnte. Womöglich alarmierte er die Stadtcohorten. Was war mit Korone? Sollte sie sich die Dienerin an ihrer Seite wünschen. Würde Korone den Ort oder einen der dunklen Gesellen wiedererkennen? Das war ein Lichtblick.


    Ja, ich wünsche mir meine Leibsklavin Korone an meiner Seite und angemessene Kleidung für das etwas kühle Ambiente.


    Die zweite Frage beantwortete der Kerl selbst und orderte eine Kline für Phryne. Sein Zynissmus war beißend. Phryne sah ihn erneut von oben herab an.


    Wenn du lieber befiehlst als dienst... Mann-mit-den-zwei-Gesichtern. Willst du mir dann jetzt Befehle erteilen? Weshalb bin ich hier? Ich warte auf deine Befehle.


    Ihr Blick war eisig. Die anfängliche Furcht war in Wut umgeschlagen.

    Der Transport in der Sänfte erfolgte in Dunkelheit. Phryne kam es so vor als wenn die Fackelträger ihre Fackeln gelöscht hätten. Die Worte des Schmuckhändlers beruhigten die Freigelassene ein wenig, sie hoffte auf einen interessanten Abend.


    Schließlich hielt die Sänfte. Man half ihr aussteigen und geleitete sie mit Nachdruck zu einem Eingang. Es ging abwärts in einen Keller. Phryne wollte protestieren, sich losreißen, doch der Griff um ihren Ellbogen war zu fest, um sich auf einfache Art und Weise zu befreien. Die Freigelassene bekam Angst.


    Wo sind wir? Wo bringst du mich hin, Plautus? Wo ist Glaucus? Glaucus! Hilfe! Glaucus, wo bist du?


    Keine Antwort von ihrem Sklaven.
    Es ging durch einen nur von Kerzenlicht schummrig dunklen Gang zu einem Raum, der hell erleuchtet war. Phryne wollte schon aufatmen. Doch kaum hatte sie den Raum betreten, erschauderte sie. Was war das? Was sollte das werden? Der runde Raum glich einem Theater. Erleuchtet von Fackeln stand dort ein Thron, steinerne Sitzplätze waren von ihr gänzlich unbekannten, unheimlichen Personen besetzt.


    Der unheimliche Kerl, der sich offenbar nur als Schmuckhändler ausgegeben hatte, überließ sie einem Wächter, der Phryne nicht minder fest hielt. Mit einem spöttischen Lächeln nahm der Schwarzhaarige auf dem Thronsessel Platz, man führte Phryne vor ihn. Er hatte die Pose eines Pharao eingenommen. Applaus brandete auf, als er sie mit den höhnischen Worten vorstellte: "ich darf euch vorstellen, die Göttin von Mogontiacum"


    Phrynes Gesicht versteinerte sich, doch sie verlor nicht die Fassung. Als trainierte Schauspielerin überspielte sie ihre Angst mit Arroganz. Hoch aufgerichtet mit Stolz in der Haltung und in der Stimme, wandte sie sich an den Mann auf dem Thron.


    Erwartest du von mir dass ich vor dir niederknie - Oh Pharao? Eine Göttin kniet nicht! Es würde mich brennend interssieren, was dieses Schauspiel soll! Ich bin selbst Schauspielerin und finde die Bühne deshalb interessant. Du hast für einen spektakulären Auftritt gesorgt .... ja, wie darf ich dich denn nennen? Hast du Lügner und Betrüger auch einen Namen?
    Sie lachte hell auf.
    Wie dumm von mir! Du hast vermutlich nicht nur einen Namen, sondern viele. Je nachdem, welcher gerade passt. Habe ich recht? Also vielleicht sollte ich fragen: Wie möchtest du heute vor dieser Kulisse angesprochen werden?

    Als Phryne die Casa Acilia verließ staunte sie. Zwei Fackelträger begleiteten das luxuriöse Fortbewegungsmittel. Lächelnd nickte die Freigelassene ihrem Sklaven Glaucus zu und befahl.


    Du begleitest uns!


    Mit eleganten Bewegungen schritt sie auf die Sänfte zu und lüftete den Vorhang ein wenig. Wie sie schon vermutet hatte, saß der Schmuckhändler darin.


    Salve, Petilius Plautus. Darf ich mich zu dir setzen?


    Phryne wartete die Antwort nicht ab, sondern machte es sich auf den Kissen im Inneren der Sänfte bequem. Mit Absicht rückte sie sich so in Pose, dass er den Isis-Schlangenschmuck gut erkennen konnte. Sie klimperte mit den langen Wimpern. Die Augen hatte sie kohlschwarz umrandet und den Lidstrich weit nach außen zu den Schläfen gezogen, die Lider in tiefem Lapislazuli gefärbt, Goldpuder ließ ihre Wangen glitzern.


    Du machst es spannend, Plautus. Ich muss schon sagen, dass ich aufregende Treffen mit Männern an umbekannten Orten nicht so häufig habe. Im Augenblick bin ich mir noch nicht sicher ob ich es beunruhigend oder erregend finde...


    Sie benetzte ihre roten Lippen und versuchte die Reaktion ihres Gegenübers im Zwielich zu erkennen.

    Dass der Händler die Gelegenheit ausschlug, ihr den Schmuck auf das so offenherzig präsentierten Dekoltée zu hängen, ärgerte Phryne. Selten hatte es ein Mann verschmäht. Was dachte dieser Plautus denn wer er sei?
    Was dann kam war noch viel eigenartiger. Er ließ ihr zwar den Schmuck da, doch wollte er, dass sie am Abend ihr Haus verließ. Phryne war selbstverständlich davon ausgegangen, dass man ihr die Schmuckstücke in ihrer Casa offerieren würde. Und sie hatte sich Hoffnungen auf eine interessante Liebesnacht gemacht. Wie sollte das jetzt stattfinden und vor allem wo? Dazu hatte dieser seltsame Kerl nicht einmal gesagt, wieviel er für den Isis-Schlangenschmuck haben wollte. Erwartete er, dass sie ihre Geldschatulle mit sich trug, wenn sie nicht wusste wohin es ging und das auch noch in der Dunkelheit?


    Eigentlich wollte die Freigelassene energisch protestieren und all die Fragen stellen, die ihr durch den schönen Kopf geisterten, doch da war dieser ominöse Schmuckhändler schon verschwunden. Phryne grübelte. Sie ließ Glaucus kommen und schilderte ihm die Situation.


    Was denkst du, Glaucus? Wie soll ich vorgehen? Der Isis-Schmuck gefällt mir ausnehmend gut. Aber soll ich dafür so ein Risiko eingehen?



    Glaucus


    Der bullige Sklave war nicht der Hellste, aber ein verlässlicher Mann und immer auf die Sicherheit seiner Herrin bedacht. Er runzelte die Stirn.
    Ich würde auf keinen Fall Geld mitnehmen. Wenn der Schmuckhändler mit dir ins Geschäft kommen will, soll er zu dir kommen. Eigenartig ist die Sache schon. Ich werde mal Informationen zu dem Kerl einholen.


    Phryne nickte. Sie nahm sich vor dem Kunsthändler ein aufrichtiges und gutes Angebot zu dem Schlangenschmuck zu machen und sich anzusehen, was er noch zu bieten hatte. Die Bezahlung sollte dann in ihrem Haus stattfinden.


    Vielen Dank, mein treuer Glaucus. Du wirst mich selbstverständlich begleiten. Und nun, bist du so lieb und legst mir den Schmuck um?


    Sie musste den blonden Sklaven nicht lange bitten. Er legte mit sanfter Hand das Pektoral auf die Brust seiner Herrin und schloss mit einer streichelnden Bewegung den Verschluss im Nacken. Dann reichte er ihr die Ohrringe und den Armreif. In aufrichtiger Bewunderung machte er ihr das Kompliment, das sie hören wollte.
    Du siehst wunderschön damit aus, Domina - wie Isis persönlich. Keinen sterblichen Körper könnte dieses Geschmeide mehr schmücken als deinen.


    Die Freigelassene lächelte und warf ihrem Sklaven eine Kusshand zu. Dann fingerte sie eine Münze aus ihrem Geldarmreif. Zufrieden grinsend entfernte sich Glaucus. Mit einem Händeklatschen ließ Phryne ihre Sklavin Korone kommen.


    Salbe mich mit verführerischem Narden-Duftöl und frisiere mich wie Isis dargestellt wird. Dann hilf mir das weiße Kleid anzuziehen, in dem ich wie eine Ägypterin aussehe.


    Glaucus kehrte am Spätnachmittag mit einer enttäuschenden Nachricht wieder. Er hatte nichts über diesen ominösen Schmuckhändler herausfinden können. Nirgendwo in der Stadt hatte man von Appius Petilius Plautus gehört. Die Schauspielerin wurde noch misstrauischer.


    Als es dunkelte wartete Phryne gekleidet und geschminkt wie eine ägyptische Pharaonin auf die Sänfte. Sie hatte den Schmuck des Händlers an und den Rest in seinem Säckchen verstaut. Geld trug sie keines bei sich. Wie mit Glaucus vereinbart, wollte sie zunächst den Preis festlegen. Der Sklave hatte breitbeinig vor der Tür Posten bezogen.

    Er wollte eine Gegenleistung? Ein Pfand? Aus welchem Grund? Er wollte doch etwas von ihr! Plautus wollte doch ein Geschäft machen, oder nicht? Phryne lächelte sparsam. Dann öffnete sie die Fibeln an den Schulterstücken ihres dunkelblauen Gewandes. Der seidige Stoff glitt an ihr herunter und entblößte ihren wohlgeformten Oberkörper.


    Ich denke du wirst mir zustimmen, dass es kaum eine schönere Repräsentationsfläche für deinen Schmuck gibt, als mein Dekoltée. Wenn du möchtest, dass er diesen Ort in Zukunft schmückt und ich allen in Mogontiacums Hautevolee, die ihn so präsentiert bekommen, sage, dass ich ihn von dir gekauft habe, dann solltest du ihn die wenigen Stunden ohne Pfand und Gegenleistung bei mir belassen.


    Phrynes beobachtete ihr Gegenüber. War Plautus empfänglich für die Reize einer Frau? Dann würde sie die Signale wohl verstehen.


    Sieh dich um, Petilius Plautus! Ich habe es nicht nötig, dich zu bestehlen. Wenn du mir behilflich bist, das Pektoral umzulegen, werde ich es dort bewahren bis du am Abend zurückkehrst. Du persönlich darfst es dann wieder dort wegnehmen oder aber den ausgehandelten Preis aus meinem Schoss entgegen nehmen. Ich will dir einen Beweis liefern, dass du keine Sorge haben musst, von mir übers Ohr gehauen zu werden.


    Sie klatschte in die Hände. Kurz darauf erschien Korone, Phrynes Leibsklavin.


    Bring mir meine Geldschatulle!


    Es dauerte nicht lang, bis Korone mit der Schatulle wieder zurückgekehrt war. Phryne zog einen Schlüsselring vom Finger und öffnete das Schloss. Dann hob sie den Deckel an und ließ ihren Gast einen Blick ins Innere werfen. Die Holzschatulle mit den hübschen Beschlägen war gefüllt mit Silberdenaren und einigen Aurei.


    Glaubst du mir jetzt, dass ich in der Lage bin, deine Schmuckstücke und vermutlich auch alle diejenigen, die du heute Abend noch mitbringen wirst, aus dem Inhalt dieser Schatulle zu bezahlen?


    Sie schloss den Deckel wieder und versperrte das Schloss. Dann trug Korone das Kästchen fort.


    Möchtest du mir jetzt den Schmuck anlegen? Alle vier Schmuckstücke mit den Schlangen?


    Phrynes Lächeln war einladend. Sie reckte ihm ihr Dekoltée entgegen, auf dem sie das Pektoral zu tragen gedachte.

    Wie vorgeschlagen erschien Phryne zur Hora undecima in der Villa Duccia. Den Weg dorthin hatte sie in einer eigens angemieteten Sänfte zurückgelegt. Die Freigelassene wurde von ihrem Sklaven Glaucus begleitet. Er reichte seiner Herrin die Hand, als die Sänfte abgestellt worden war, und half ihr auszusteigen. Phryne trug ein auffälliges grünes Kleid und viel Goldschmuck. Das Haar war in aufwändigen Korkenzieherlocken zu einer Hochsteckfrisur getürmt. Ein Elfenbeinkamm schmückte ihre Stirn. Glaucus klopfte an das Tor der Villa rustica. Sie erwarteten gemeinsam den Ianitor.

    Der Händler war neugierig - sehr neugierig. Und er schien sich bereits über sie informiert zu haben. Phryne hob die Augenbrauen. Ich nehme an du möchtest einen Teil der Kosten auf die Art bezahlen, wie du früher bezahlt wurdest?


    Ich war die Lieblingssklavin eines reichen Mannes, wenn du das damit meinst. Das bedeutet, dass ich gar nicht "bezahlt" wurde. Ich musste ins Bett meines Herren steigen. Aber ich stellte schnell fest, dass ich mir, wenn ich es geschickt anstellte, damit ein angenehmeres Leben sichern konnte, als wenn ich im Haushalt oder der Küche schuften musste. Mein Herr verschaffte mir Bildung, eine Ausbildung in Musik, Tanz und Schauspiel und versorgte mich mit schönen Kleidern und Schmuck, dafür dass ich ihn auf phantasievolle und einfühlsame Weise "bediente".


    Phryne fragte sich, warum sie so ehrlich war. Eigentlich war sie so einem dahergelaufenen Kerl keine Rechenschaft schuldig wie sie zu Reichtum gekommen war. Doch vermutlich war das Plautus` Geschick - Frechheit siegt.


    Mogontiacum war mein Los. Er schenkte mir die Freilassung, das Haus und viel Geld. Der Grund war, dass seine Gattin mich loswerden wollte. Das wollte sich schon zu seinen Lebzeiten, konnte es aber nicht. Durch dieses Geschenk stellte Acilius Priscus sicher, dass ich frei war und mein Auskommen hatte, ohne von seiner Gattin abhängig zu sein. Sie hat sich gegiftet als sie das Testament mit der Freilassung und der Schenkung gelesen hat.


    Die Freigelassene spielte mit einer der sorgfältig ondulierten Lockensträhnen.


    Dass es ausgerechnet Germania sein musste... nun ja. Mogontiacum ist stinklangweilig. Hier ist nichts los. Aber ich vertreibe mir schon ein wenig die Zeit. Sie lächelte anzüglich. Ob ich auf meine Kosten komme? Das hängt davon ab, wie du das meinst... also mein Bett ist selten kalt und leer, wenn du das meinen solltest, auch wenn ich alleine lebe.


    Als der Schmuckhändler die Schriftrolle hob und sein Interesse bekundete, strahlte Phryne.


    Der Kybele-Kult ist eine meiner Beschäftigungen in Mogontiacum. Ich war schon in Rom Mitglied des Kultvereins. Der ekstatische Charakter der Kultfeste sagt mir sehr zu. Vor allem der Ritus des Hieros Gamos, der heiligen Hochzeit, ist ganz nach meinem Geschmack. Die Selbstkastration eher weniger. Sie grinste. Ich habe schon einige prächtige Exemplare gesehen, die nach der Kastration in einem See aus Blut schwammen und der Großen Mutter geopfert wurden - schade drum. Wirklich schade!


    Sein Angebot sich von seinem Körperbau zu überzeugen, lehnte sich lachend ab.


    Du wirst es nicht glauben, aber zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich mich nicht von deinen mit Sicherheit der Kybele würdigen Opferorganen überzeugen. Doch wer weiß, vielleicht darfst du mir heute Abend nicht nur die Juwelen an den Ketten und Ohrringen präsentieren, sondern auch deine Kronjuwelen. Wenn du dich geschickt anstellst und mir einen angenehmen Abend bereitest... aber zuvor erzähl mir von dir. Woher kommst du? Bist du ein reisender Händler oder hast du eine Heimat?

    Phryne musterte den Händler. Er war nicht sehr groß, aber mit seinem markanten Gesicht und den schwarzen Haaren nicht unattraktiv. Die Schauspielerin warf sich in Pose. Er wollte ihr eine Auswahl seines Schmucksortiments zeigen. Gesagt, getan. Flux breitete er einige Stücke auf ihrer Kline aus. Phryne beugte sich vor. Sie offerierte ihrem Gast einen Einblick in ihren Ausschnitt. Mit Kennermiene nahm sie ein Stück nach dem anderen in die Hand, ließ die Ketten durch die langen Finger gleiten. Besonders die vierteilige Kombination aus Isispektoral, Armreif und Ohrringen fand ihr Gefallen.


    Ganz Geschäftsfrau legte sie den Schmuck zurück. Sie versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass ihr der ägyptische Schmuck gefiel.


    Es sind ein paar ganz hübsche Stücke dabei. Wertvolle Schmucksteine finde ich allerdings auch interessant. Wenn du sie mir heute Abend zeigen möchtest...


    Ihre Stimme wurde schmeichelnd rauchig. Als sie sich zurücklehnte klimperten die goldenen Armreifen, die sie regelmäßig trug. Sie ließ Perlenohrringe aufblitzen. Phrynes Blick wanderte an Plautus abwärts und langsam wieder hinauf. Ihr Mund öffnete sich leicht, die Zunge benetzte die roten Samtpolster der Lippen.


    Wie wäre es, wenn du mir den ägyptischen Schmuck bis heute Abend hier lässt? Ich wüsste eine Art wie man ihn etwas ansprechender präsentieren könnte, als so auf einem schnöden Wolltuch. Hast du sonst noch etwas anzubieten? Du siehst mir aus wie ein Mann mit vielen Fähigkeiten...