Beiträge von Marcus Artorius Rufinus

    Auf die Rechtsbelehrung folgte die nächste Belehrung. In der der Prätor sagte, dass ich weniger belehren sollte. Dabei hatte ich nur nachgefragt. Nach der Grundlage dafür, dass ein Prätor sich nicht auf die Judikative beschränken wollte. Sondern zusätzlich auch noch selbst "forschen" und ermitteln wollte. Ich atmete. Und sprach mir Durchhaltevermögen zu.


    "Der Mann heißt Gaius Axianus Naso, richtig. Und wie gesagt. Ich kann dir so spontan nicht sagen, wo in Rom der Mann wohnt. Aber ich kann mich dafür verbürgen, dass er bei einer Anhörung nicht fehlen wird. Schon im Interesse dieser Klage."


    War ja ein wichtiger Zeuge, dieser Mann. Auch wenn er eigentlich nur eine einzige Sache bezeugen musste. Den Zeitpunkt seiner Klage. Alles andere waren Randinfos. Vielleicht als schmückendes Beiwerk für eine Prozessrede zu gebrauchen. Aber unbedeutend für die Rechtsbeugung.


    "Ich selbst bin Marcus Artorius Rufinus. Ich wohne auch in Rom. Domus Artoria. Am Esquilinus Mons gelegen, nordöstlich des Templum Iunonis."


    Die Standardbeschreibung meines Hauses. Sollte hoffentlich reichen, um es zu finden.

    Offensichtlich. Der Prätor übersah, wo der Hund begraben lag. Für mich. Und für die restlichen Protestler.


    Aber ich konnte ihm das entweder lang und breit hier erklären .. und er tratschte es dann brühwarm alles an den Flavius weiter. Der ja auch ein Patrizier war. Und auch ein Senator. Und auch ein amtierender Magistrat. Und der sich dann nur umso besser Ausreden und Ausflüchte für den Prozess überlegen konnte.
    Oder ich hielt einfach meine Klappe, wenn ich nichts sagen musste. Behielt meine Gedanken für mich. Teilte nur die Informationen hier mit dem Prätor, die ich jetzt wirklich auch teilen musste. Also: Erstmal keine Reaktion auf die Rechtsbelehrung. Und auch danach war ich nicht nicht viel auskunftsfreudiger.


    "Ist nicht genau dafür die erste Anhörung da?"


    Ich war irritiert. Er war hier gerade Prätor. Nicht Iudex. Nicht Kläger oder klagender Anwalt. Nicht Angeklagter oder dessen Verteidiger. Kein Mitglied der Stadtkohorten oder Prätorianer oder Vigiles. (Zuständige Ermittlungsbehörden nach §56.1 Codex Iuridicialis.) Wenn ein Prätor schon vor der ersten Anhörung die Informationen der Zeugen einholte und alle Beweise sichtete. Welchen Sinn machte dann noch eine erste Anhörung vor dem Hauptprozess?


    "Oder auf welcher rechtlichen Grundlage willst du als Prätor außerhalb einer Verhandlung noch irgendwie selbst forschen?"


    Das war mir nicht ganz klar.


    "Du entschuldigst sicherlich diese dumme Frage. Von einem, der nicht dein großes Fachwissen als Prätor besitzt."


    Ich wollte den Claudius ja nicht beleidigen. Ich wollte ihm nur nicht mehr sagen als ich unbedingt musste. Weil ich stark vermutete, dass sich die Patrizierclique, der Senatorenklüngel, die Magistratskollegen untereinander deutlich näher standen als ich einem von denen.


    "Axianus Naso ist der, den du eben Gaius genannt hast."


    , schob ich zum Schluss noch als Info nach. War davor scheinbar nicht ganz rübergekommen. Dass ich nur die Anschrift von Axianus nicht aus dem Kopf kannte. Seinen Namen aber natürlich schon.


    "Und Angaben über mich kann ich machen .. wenn du mir sagst, was genau du da wissen musst."

    Ich schüttelte den Kopf. Bloß nicht einlullen lassen. Vom patrizischen Glanz. Oder von der Amtsmacht.


    "Das stimmt so nicht, nein."


    Es war schwerwiegender.


    "Ich klage nicht, weil der Bürger gegen die Lex Mercatus verstoßen hat."


    Das war ja Sache der Ädilen und nicht eines Prätors. Gabs sogar ein passendes Gerichtsurteil zu, dass das so war. Aber das sparte ich mir für später.


    "Ich klage, weil meiner Meinung nach der Bürger als Ädil gegen den Codex Iuridicialis verstoßen hat. Indem er die Lex Mercatus zu seinen eigenen Gunsten gebeugt hat. Strafbar nach Paragraph 112."


    Das war der Vorwurf.


    "Richtig ist aber, dass .. die Überschreitung der Frist zur kostenlosen Abgabe von Lebensmitteln an das Volk .. Grundlage meiner Klage gegen den Ädil ist. Genauso wie die Aufhebung seiner Immunität."


    Denn das war ja auch eine Grundlage. Dass der Flavius überhaupt anklagbar war.
    Dann die Frage nach dem lieben Gaius. Da hatte das freigelassene Wiesel vom Prätor schiens schlechte Arbeit geleistet. (Oder hatten wir einfach den Claudianer noch rechtzeitig abgesägt?)


    "So spontan? .. Nein."


    Kurzes überlegen.


    "Ich werd aber sicherstellen, dass Axianus Naso pünktlich vor Gericht erscheint, Prätor. Schon im Interesse meiner Klage."


    , versicherte ich. Dazu ein entschlossener Gesichtsausdruck.

    Ich lebte jetzt schon lange mit der Ungewissheit. Sehr lange. Zu lange. Ein Prozess ohne Urteil. Erst war ich erleichtert gewesen. Weil ich ja nicht ausgesagt hatte. Dann hatte ich wieder riesige Angst gehabt. Weil ich ja auf der Zeugenliste stand. Wenn der Papirius wirklich schuldig war, wer garantierte mir, dass er mich nicht auch noch aus dem Weg räumte? Ich hatte so viel Angst gehabt, dass ich mich sogar krank gemeldet hatte. Und dann freiwillig für einige Wochen in die Mansio nach Misenum gegangen war. Die kurzfristige Personalnot dort ausgleichen. So viel Angst hatte ich gehabt, dass ich jeden Tag anders verbracht hatte. Keine Regeln. Keine gewohnten Abläufe. Keine Chance bieten, mich zu kriegen. Bis es mir reichte. Bis ich genug hatte. Bis ich einen Schlussstrich zog, weil ich einfach nicht mehr konnte. Bis ich die Angst einfach satt hatte.


    So satt, dass ich jetzt wütend war. Wütend auf die Justiz, die den Typ einfach davonkommen ließ, der mich damals fast umgebracht hatte. Wütend auf den Prätor, der den Prozess so schleifen gelassen hatte. (Es war nur gerecht, dass Pluto ihm bald danach die Quittung dafür gesandt hatte.) Und dann war ich gelegentlich auf dem Forum gewesen. In der Öffentlichkeit. Und da hörte man ja seit einiger Zeit auch so Einiges. Wieder ein Senator, der dabei im Mittelpunkt stand. Wieder ein hoher Amtsträger. Wieder ein Mann, der von meinem früheren Leben (dem Leben vor dem Reichtum) keinen Schimmer hatte. Wieder jemand, auf den ich meine Wut lenken konnte. Denn den Prätor von meinem Prozess hatten die Götter ja schon "abberufen".



    Eine große Sauerei! Dass der Freigelassene so eingeknickt war. Konnte angeblich nicht klagen, weil.. darum. War ja nicht schwer, 1 und 1 zusammenzuzählen. Er, Claudianus. Sein Ziel: Der Prätor, ein Claudius. Man finde die Verbindung. Der war wahrscheinlich genauso einer von "denen da oben" wie der Ädil, der die Klage gegen dem Flavius nicht angenommen hatte. Wie der Verantwortliche für die übereilte Vereidigung der neuen Magistrate. Wie der rechtsbeugende Flavius selbst. Wie der Claudius, der da jetzt scheinbar einfach einen Deckel drauf machen wollte. Wahrscheinlich hatte der Prätor diesen Protest sogar absichtlich mit einem seiner Leute infiltriert. (Zum Glück war der Freigelassene jetzt nicht mehr deren Kopf!)


    "Guten Tag. Ich bin Marcus Artorius Rufinus."


    Aber jetzt war ich hier. Jetzt war ich der Kopf. Jetzt hatte ich zum ersten Mal seit langer, langer Zeit mal wieder so richtig selbst mein Leben in der Hand. So fühlte es sich an. Und das war gut.


    "Ich bin hier, weil ich den Bürger Caius Flavius Scato anklagen will. Wegen Verstoß gegen den Codex Iuridicialis, Paragraph 112, Rechtsbeugung."


    Und ich ließ mich nicht so schnell wieder wegscheuchen und mundtot machen wie ein ehemaliger Sklave, der seinem früheren Herrn immernoch hörig war. Wie ein Mann ohne eigene Meinung.

    Eigentlich hatte ich meinen Laden. Meinen Stand auf dem Markt, wo ich super gerne einkaufte. Quintilische Feinkeramik aus Capua. "Garantiert filigran UND bruchfest!" Ich war ein heimlicher Fan, der nahezu jede Woche etwas dort kaufte. Eine Kleinigkeit. Für die kleine Freude im Alltag: Einen hübschen Teller, den man an die Wand hängen konnte. Oder eine neue Keramikkanne, aus der mein Wein, den ich so liebte, mir gleich noch viel besser schmeckte. Oder manchmal auch einen fein gearbeiteten Trinkbecher (natürlich gleich im Set), wenn er mir besonders gut gefiel.


    Aber seit einiger Zeit, einigen Wochen war mein Stand nicht mehr da. Weg. Vielleicht hatte das Geschäft in Capua dicht gemacht. Oder das quintilische Geschirr wurde einfach nicht mehr nach Rom verkauft. So oder so. Ich saß auf dem Trockenen. Keine kleine Freude im Alltag mehr. Darum hatte ich in meiner Not angefangen, mich nach Alternativen umzusehen. Letzte Woche hatte ich einen Händler gefunden. Tonwaren aus Britannien. Einmal um die halbe Welt gereist, nur um jetzt hier in Rom zu sein. Und das merkte man. Die Malereien auf der Keramik gefielen mir überhaupt nicht. Nichts gegen britannische Kunst. Aber ich hatte mich an die italische gewöhnt. Ich wollte keine andere.


    Also. Neue Woche, neues Glück, was? Und wirklich: Da flatterte mir doch wirklich die Werbung für einen neuen Laden für Keramikwaren vors Gesicht! Fortuna, die mich wieder mal erhörte? Fortuna, die mir wieder mal ein bisschen ihres Glücks schenkte? (Oh, du meine liebste Göttin!) Oder Fortuna, die mir vor dem nächsten Glück erst nochmal ein faules Ei ins Nest legte? Das ließ sich nur auf eine Weise herausfinden:


    "Hola. Ich hab gehört, hier macht ein neuer Laden für Keramikwaren auf?"


    Im netten Plauderton hatte ich den Kerl an der Tür einfach mal angequatscht. Mehr als nein sagen konnte er ja nicht.

    Sim-Off:

    Die anderen Grünen sind zur Zeit nicht ganz da, darum nehm ich hier einfach mal das Ruder in die Hand.


    M. Artorius Rufinus M. Iulio Diviti Aedili Plebis s.d.


    Im Namen der Factio Praesina bedanke ich mich für deine Einladung der Grünen zu den diesjährigen Ludi Plebei. Natürlich werden wir auch an den Spielen teilnehmen. Dazu schicken wir die folgenden Aurigae ins Rennen:


    - Braecus (EW 2), den 7. der Ludi Funebres Cornelii Palmae
    - Rianorix (EW 2), den 8. der Ludi Funebres Cornelii Palmae


    Die Götter mit dir. Vale.


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    Marcus Artorius Rufinus
    SODALIS FACTIONIS - FACTIO PRAESINA

    Also ich sag mal, das war bestimmt einige Arbeit. Aber: So ganz verstehen, tu ichs ehrlich gesagt nicht....


    Zitat

    Sie zeigt sämtliche Personen, die im September 2016 (Stichtag 25.09.2016; 03:00 Uhr) aktiv im Forum geschrieben haben.


    Und trotzdem taucht zum Beispiel ein Manius Flavius Gracchus (September-Posting) nicht auf. Die Sibylle (letzter Beitrag 2013) allerdings schon. :hmm:


    Sowieso hilft es mir selbst jetzt eigentlich nicht so sehr, wenn da überall die Namen von GruppenIDs mit in der Liste stehen. Denn ich selbst zum Beispiel kümmere mich ja seit 1,5 Jahren mit Rufinus allein um den Cursus Publicus mit seinen 4 GruppenIDs. 2 von denen sind immer mal wieder aktiv (weil es Briefe aus oder in die Provinz gibt). Die anderen beiden sind zur Zeit komplett inaktiv, weil in ihren Provinzen eben einfach keiner Briefe schreibt. Und?


    Kurz gesagt: Ich find, die GruppenIDs in der Liste bringen der Übersicht keinen Mehrwert. Weil eigentlich sollte immer irgendwer da sein, der die Sibylle oder Ein Praetorianer bedienen kann. Und nur weil mal Marcus Postumius Vortex länger nicht benutzt wird, heißt das ja noch lange nicht, dass der nicht genauso schnell die Post austragen würde wie Lucius Celeripes. Wenn denn jemand ein Briefchen nach oder aus Ägypten schicken würde. ;)


    Zitat

    für die Postpartnersuche bestimmt hilfreich


    Und wenn ich mit Rufinus länger mal inaktiv bin, weil es bei Schlüsselthemen wie dem Prozess nur äußerst schleppend voran geht, dann falle ich automatisch aus der Suche raus. Selbst wenn ich parallel mit meiner HauptID vielleicht die ganze Zeit aktiv dabei bin? -.^


    Ich versteh die Intention hinter dieser schwarzen.. äh.. umgekehrt: weißen Liste. (Denn wer da draufsteht, ist ja gut und nicht böse.) Aber so richtig toll und nützlich find ich sie jetzt nicht gerade. Klingt vielleicht etwas vernichtend so. Ist aber nicht bös gemeint.


    +++ ~~~ +++
    Und wem mal der Überblick fehlt: Orbis Terrarum. ;)
    Von da aus kannst du eine Provinz klicken. Von da aus kannst du eine Stadt klicken. Von da auch kannst du eine Militäreinheit klicken. Und immer findest du in der Spalte rechts "Einwohner >> Nach Status". Also nicht nur: Wer wohnt in Ägypten? Sondern auch: Wer wohnt in Mantua? Oder: Wer wohnt bei der Legio II Germanica? Klarer Vorteil: Das Tabularium ist da, logisch, immer aktuell. Nicht nur einmal "in einem 2-3 Monatsrythmus". 8)

    Ich saß auf meinen 6-7-8 Buchstaben (je nachdem, welchen meiner drei Namen man da zugrunde legen wollte) und zählte weiter fleißig die Mosaiksteinchen, bis.. in der ersten Reihe jemand aufstand. Wahrscheinlich war der Frau auch ein bisschen langweilig. Sie drehte sich und plötzlich sah ich ihren Bauch.. und ihr Gesicht: die frühere Postpräfektin Sergia! Und sie war schwanger! (War ihr also vielleicht doch nicht so langweilig, sondern sie war einfach ein bisschen zu schwanger für diesen zähen Prozess.)


    Mein Kopf blieb starr. Nur mit den Augen sah ich, wie sie den Saal verließ. Und dann war sie weg. Derweil ging der Prozess unbeeindruckt weiter. Ich entschied, wieder ein bisschen mehr aufzupassen. Da fragte der Verteidiger auf einmal, ob die Frau vom Opfer überhaupt ein Alibi hatte.


    "Hehehehe..!"


    Das Lachen platzte einfach so aus mir heraus. Denn auf diese Frage war ich nicht vorbereitet gewesen. Schnell presste ich meine Lippen aufeinander und sah zum Boden.


    "Tschuldigung.."


    So entschuldigte ich mich sofort kleinlaut. Aber wirklich: War der Verteidiger etwa nicht vorbereitet auf diesen Prozess, oder was? Ich hatte doch in meiner Aussage ganz deutlich gesagt, dass ich einen Mann erkannt hatte. Und da wollte er jetzt einer Frau die Sache in die Schuhe schieben? Und: Was sollte das überhaupt für eine Frau sein, die ihren Mann erdolchte? Von vorne.. wo er den Angriff kommen sah und sich wehren konnte. Sagte man dem schwachen Geschlecht da nicht eher Giftmorde oder andere Hinterhältigkeiten nach, wenn sie irgendwen loswerden wollten? So ein Abstecken à la Brutus.. ich fand ja (selbst wenn ich den Täter nicht als einen Mann identifiziert hätte), das war eindeutig die Handschrift eines Mannes. So ein Romulus und Remus-Ding. Ein Bruder tötet den anderen. Nicht feige von hinten oder durch eine Intrige, sondern mutig in einem offenen Kampf von vorn.

    Zitat

    Original von Paullus Germanicus Aculeo
    Suche Pelze. 4 stück an der zahl. Bitte meldet euch ihr Pelze...


    Erst schauen, dann schreien. :P :D


    Ich kann auf dem Markt ganze 3 verschiedene Angebote für Pelze finden:
    Uno: Leopardenpelze - Klassisch gold-gelb mit modisch schwarzen Flecken
    Dos: Pantherpelze - Edel, elegant und so schwarz wie die Nacht
    Tres: Prächtige Löwenpelze - Nicht erst seit Hercules DER Inbegriff von Stärke, Kraft und männlicher Potenz


    P.S. Und ich glaub, die Angebote sind da auch schon länger. Nicht erst seit gestern Abend oder heute Morgen. 8)

    Bloß nicht zum Angeklagten schauen. Nur nicht zum Angeklagten sehen. Schön unauffällig einfach hier am Rand sitzen bleiben. Leise atmen. Und wie ein kleines Mäuschen bloß keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Das sagte ich mir immer und immer wieder, während meine Finger weiter nervös an meiner Kleidung fummelten.


    Ablenkung! Das kam mir dann plötzlich als Idee. Ich musste mich einfach ablenken. Ich sah also vom Centurio Iunius zurück auf den Boden vor mir. Ein hübscher Mosaikboden. Mit vielen, ganzen vielen Mosaiksteinchen. Das waren bestimmt Hunderte. Oder sogar Tausende. Ob die schon mal alle einer gezählt hatte? Die Befragung des Centurios zog sich hin. Und ich fing also mit den Augen an zu zählen:


    Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, .... Der Centurio antwortete zum ersten Mal auf die Fragen vom Atius.
    .. zwanzig, einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, zwei Dutzend, .... Der Centurio antwortete zum zweiten Mal auf die Fragen vom Atius.
    .. dreiunddreißig, vierunddreißig, fünfunddreißig, drei Dutzend, .... Das Zählen wurde langweilig. (Nur der Teil mit der Ablenkung geklappte wie geschmiert.)

    Sim-Off:

    Upsi. Thread aus den Augen verloren. Tut mir Leid.


    Wusste ich wie das war? Wenn man andere aussperrte und dann keiner mehr mit denen handeln konnte? Eigentlich nicht. Ich wusste nur, wie das war, wenn man eingesperrt war. Im großen Rom. Im großen Rom, das flächenmäßig ziemlich klein war. Keine großen Getreidefelder innerhalb der Stadtmauern. Kein frisches Obst. Kein Gemüse. Kein Wein. Kein Holz und keine Steine für die Handwerker. Kein frischer Ton für die Töpfer, keine Wolle für die Weber, keine Opfertiere für die Götter. Mangel an allen Ecken und Enden. Nahrungsmangel für die Bevölkerung. Rohstoffmangel für die Betriebe. Deswegen auch Arbeitsmangel für die dort Angestellten. Genauso Arbeitsmangel auch beim Cursus Publicus. Denn durch geschlossene Stadttore kamen ja keine Briefe und Nachrichten durch. Und auch wo die Stadtmauer bei den Tiberbrücken unterbrochen war, da waren die Ausgänge aus der Stadt ja abgeriegelt gewesen. Kein Durchkommen. Kein Rauskommen. Das war das, was ich kannte.


    "Ja, das denk ich auch."


    So schlimm wie hier, wars sicher nirgendwo sonst gewesen. Außer vielleicht direkt auf dem Schlachtfeld. Deshalb war ich froh, dass das Thema so langsam ein Ende fand.


    "Corsica. Ist bestimmt schön da. Du kannst mir ja schreiben, falls du mal dahin reist."


    Das würde mir gefallen. Urlaubspost zu bekommen. Denn das war ja fast so, als wenn ich beim Lesen auch selbst im Urlaub war.


    "Nein, leider nicht. Ich krieg keinen Urlaub."


    Ich schüttelte den Kopf.


    "Irgendwer muss ja auch im Sommer die Urlaubsbriefe und im Winter die Saturnalienpost transportieren und so weiter. Da ist beim Cursus Publicus meistens Hochkonjunktur. Kaum einer, der da Urlaub kriegt."


    Außer dem Postpräfekten, der sich ja einfach selbst Urlaub geben konnte. Aber die Option hatte ich mir nach meinem Gespräch mit dem Decimus ja gehörig verbaut. Leider. In dem Moment kam der nächste Ball vom Verginius auf mich zu. Weniger kräftig als beim ersten Mal. Ich musste einen Schritt nach vorn, um ihn zu kriegen. Es gab ein Platsch-Geräusch. Dann flog der Ball hoch in die Luft. Ziemlich steil.


    "Äh.. ja, dann lass ihn halt einmal aufticken."


    Ein Schulterzucken von mir. Ich hatte den ja jetzt eh versehentlich so hoch gehauen, dass der bestimmt nicht sehr weit flog. Selbst nach einem Aufticken musste der Verginius dem sicher noch einen Schritt entgegen kommen, um den zu kriegen. (So Pi mal Daumen. Denn wie weit der Ball zum Schluss wirklich kam, konnte ich ja auch erst sehen, wenn er zurück war aus der Luft.)

    Ich nickte einfach mal zustimmend bei der Frage nach dem schlimmen Bürgerkrieg. Denn ich hatte zwar nicht im belagerten Rom gesessen, als die germanischen Legionen hier aufgeschlagen waren. Aber ich hatte nach dem Tod vom Cornelius am eigenen Leib erlebt, wie sich das anfühlte, hier in dieser großen Stadt, auf diesem Präsentierteller, so gefangen zu sein wie eine kleine Maus in einer Mausefalle. Deshalb wusste ich: Schön war anders!


    "Echt?"


    Das Wort rutschte mir irgendwie so raus. Denn was man so hörte, war Ägypten ja "abtrünnig" geworden. Und hatte sich auf die cornelische Seite gestellt. Und hatte eine große Hafenblockade oder so angeordnet. Keine ägyptischen Schiffe mehr in Ostia. Rom und Italia. Zwei riesengroße Absatzmärkte, die da über viele Monate lang weggebrochen waren. Für mich kaum vorstellbar, dass die Leute da alle ruhig geblieben waren. Aber andererseits war ja hinlänglich bekannt: Die spinnten (?) .. spannen (?) .. hatten einen an der Waffel (!), die Griechen.


    "Naja, Familie.. Die meisten von denen werden nichtmal von mir gewusst haben. Und ich kannte auch nur maximal ein paar Namen von denen. .. Wir hatten halt irgendwann mal einen gemeinsamen Vorfahren und waren über den halt verwandt. Aber eine Familie.."


    Ich verzog die Schnute. Denn ich war halt nur der Sohn eines Herumtreibers, eines Tagelöhners. Eine Ecke des Stammbaums, den die angeseheneren Artorier, die es auch zu etwas gebracht hatten, in der Regel vermutlich immer hübsch verschwiegen hatten. - Ja, vielleicht war'n die untereinander auch als Vettern und Basen noch eine große Familie gewesen. Ich hatte da dann aber nie dazugehört.


    "Natürlich trotzdem traurig, dass die jetzt tot sind."


    Wollt ja nun auch nicht rüberkommen als jemand, der sich darüber freute. Oder als jemand, dem das alles am Hintern vorbei ging. - Anschließend kam erst ein Danke für meine Tipps. Dann lachte der Verginius über meine Palatin-Idee. Ich wusste zwar nicht so genau warum. Sah ja auf einem Bewerbungsschreiben niemand, wie man aussah. Und wenn man erstmal 'ne Einladung zum Gespräch hatte, dann konnten die Wachen einen ja nicht einfach draußen im Regen stehen lassen.... Aber eh ich dumm rumdiskutierte, lachte ich lieber mit, bevor ich..


    "HEY!"


    ..ganz überrascht wurde. Ohne Ankündigung spielte der Verginius den Ball. Ich musste mich richtig beeilen.. zwei Schritte zurück.. und ein bisschen abspringen nach oben, damit ich den Ball noch erwischte und mit einem leichten Knall (zwiebelte schon ein bisschen danach, meine rechte rechte Hand) in hohem Bogen zurückspielen konnte.


    "Sag doch, dass es los geht!"


    Ich grinste meine Beschwerde zu meinem Mitspieler. (Immerhin hatte ich den Ball ja noch erwischt. Kein Grund also, sich ernsthaft aufzuregen. Außerdem wollte ich ja auch nicht der werte Rufinus sein, der schon so uralt war, dass er ständig greisenhaft zeterte und auf die jüngere Jugend schimpfte.)

    Puh. Nur acht Tage war gut. Ich fand, dass acht Tage, also mehr als eine Woche, schon ziemlich viel und lange waren. Aber ich wollte natürlich auch nicht wie der letzte Hinterwäldler dastehen. Deshalb behielt ich den Gedanken lieber erstmal für mich.


    "Stimmt. Über'n Berg ist immer weiter als mit'm Schiff."


    Ein belustigtes Grinsen meinerseits.


    "Klar darfst du mich fragen, wo ich her komme."


    Der Versuch, etwas Zeit zu schinden. Denn ich hatte es bislang immer tunlichst vermieden, das irgendwem zu sagen. Musste ja nicht jeder gleich von meiner hohen Geburt wissen. Er erst Ausreißer, dann Tagelöhner, dann Ehemann und Vater. Dann tot. Sie auf der anderen Seite selbst nicht die beste Partie: Beim Cursus Publicus gearbeitet, dann mit mir schwanger geworden, dann meinen Vater geheiratet und mich bekommen. Ruhmreich sah anders aus.


    "Ich bin ein Sohn der Fortuna. Da komme ich her. Viele, unzählige meiner nahen und fernen Verwandten haben ihr Leben gelassen... vor dem letzten Bürgerkrieg... im letzten Bürgerkrieg. Ich bin einer der wenigen Artorier, die diesen ganzen Mist überlebt haben."


    Und ich hatte mich nur deshalb, nur weil so viele Verwandte gestorben waren, reich geerbt. Stinkreich. Fast schon zu reich zum Stinken, so reich. Aber zurück zu Verginius.


    "Also bist du sozusagen auf den Spuren deines Vaters unterwegs, wenn der hier aus dem Umland kam."


    Ein Nicken und Lächeln.


    "Das ist gut. Dann weißt du entweder, wohin du unbedingt mal willst.. oder wie dein Leben auf gar keinen Fall verlaufen soll."


    Einen Job suchte er auch? Hm.. Puh.. Sollt ich ihn jetzt für den Cursus Publicus zu werben versuchen? Nach dem verhauenen Termin bei Decimus Serapio stand mein Stern bei den Leuten, die da etwas zu sagen und zu entscheiden hatten, bestimmt nicht sehr hoch.


    "Du kannst ja mal fragen, ob die in den Verwaltungen von Rom oder von Italia noch irgendwo wen brauchen und einstellen. Mein Patron Decimus Livianus hat die in Rom bis vor kurzem als Praefectus Urbi geleitet, wobei man da sicher auch jeden Curator persönlich fragen kann, ob der noch einen Zuarbeiter braucht. Und jetzt ist mein Patron als Curator Rei Publicae für die Verwaltung von Italia verantwortlich. Da könntest du ihm gerne sagen, dass du von mir kommst."


    Ob das half, nach meinem desaströsen Termin bei seinem Sohn, das war natürlich die andere Frage.


    "Oder vielleicht suchen die auch auf dem Palatin noch Leute, keine Ahnung. Ich glaub, ein anderer Klient meines Patrons.. also eigentlich eine Klientin, um genau zu sein.. die müsste da auch irgendwo tätig sein. Aber Vorsicht. Bei der musst du aufpassen. Die ist zwar ein mords Geschoss.. also wirklich.. eine Rose sozusagen. Aber man sagt ihr nach, dass sie ziemlich dornenreich ist und stacheln kann. Und als ich sie mal kennengelernt habe, kam sie mir vor allem vor wie eine Kunstblume, so humorlos und steif."


    Zusammengefasst also: Eine Kunstblume vom Typ dornenreiche Rose. Ich grinste. Eine lustige Vorstellung. Und ich merkte: Ich war schon wieder ganz schön in Plauderlaune. Deshalb hielt ich es bei meiner letzten Antwort lieber etwas kürzer.


    "Der Prozess gegen ihn läuft. Aber ich darf nicht darüber sprechen. Zeugenbeeinflussung und so."


    Das behauptete ich jetzt einfach mal so.

    Werter.. werter Rufinus? Beim Gott der Jugend, fühlte ich mich auf einmal alt und grau! Sah ich in den Augen der jüngeren Leute wirklich schon so faltig und in die Jahre gekommen aus? - Spontan fasste ich den Entschluss, dass ich nachher unbedingt noch über die Märkte laufen und mir eine Creme gegen vorzeitiges Altern besorgen musste! Und vielleicht sollte ich auch mal wieder was mit meinen Haaren machen. Die Frisur trug ich ja jetzt auch schon eine Weile. Da gab es bestimmt auch jüngere, hippere Schnitte.... Dann wurde ich aus meinen besorgten Gedanken gerissen.


    "Ja.. ja, das ist eine gute Idee. Lass uns einfach anfangen zu spielen."


    Und bloß nicht mehr an den werten Rufinus denken..


    "Übringens.. war es expulsim.. das Wort, nach dem du gesucht hast?"


    Daran hatte ich ja schon kurz gedacht. Und jetzt mit dem "impulsiv"-Hinweis.. da war ich fast sicher, dass ich damit auch richtig lag. Trotzdem war mein Lächeln irgendwie nur noch halbherzig und etwas schief. (Der werte Rufinus nagte an mir. Denn wenn ich auch als Neureicher keine Ahnung von gutem, "wohlerzogenen" Benehmen hatte und mich in einer besseren Gesellschaft damit fast immer automatisch irgendwie daneben benahm. Aber mit meinem charmanten Auftreten und der guten Optik hatte ich solche Verfehlungen noch immer ganz gut ausgleichen können.... bis jetzt.)


    "Aus Alexandria? Von so weit her?"


    Ich staunte nicht schlecht. Denn da war man ja bestimmt eine ganze Weile lang unterwegs.. auf einem einsamen Schiff.. und weit und breit in alle Richtungen nur blaue See.


    "Wie kommts, dass du jetzt so weit bis nach Rom gereist bist?"


    Während ich das fragte, begab ich mich schon mal in eine passende Startposition für das Spiel. Denn jetzt, wo ich für den freundlichen Jungspund so scheinbar jemand war, der schon langsam erste Auflösungserscheinungen zeigte und allmählich zu Staub zerfiel, da musste ich natürlich was tun. (Vielleicht fand er mich dann danach ja nicht mehr ganz so uralt. Oh man, das nagte an mir.)


    "Ich? Äh.. lange?"


    Ich lächelte schief. Denn in meinem Geist schwang da jetzt schon wieder so ein Altersding mit. Sowas mit Zeit. Sowas, was ich in den meisten Fällen am liebsten einfach nicht hörte und ganz schnell wieder vergaß.


    "Nein, eigentlich noch gar nicht so lange. Erst ein, zwei Jahre oder so."


    Eine glatte Lüge. Die mir aber trotzdem ohne ein Zucken ganz leicht über die Lippen ging. Denn eine Lüge.. so schlimm log ich ja eigentlich gar nicht. Ich flunkerte nur ein bisschen. Genauso wie, wenn jemand mich nach meinem Geburtstag fragte. Da sagte ich auch immer grundsätzlich ein Datum das noch lange hin war. Dann kaufte niemand mir Geschenke, niemand plante irgendwelche unangenehmen Überraschungen und niemand merkte, wenn sich mein wirklicher Geburtstag mal wieder ganz still und heimlich jährte. - Zugegeben, der Trick funktionierte natürlich nicht immer. Aber der Effekt reichte aus, dass ich mich, wenn mich wer nach meinem Alter fragte, immer erfolgreich ein paar Jährchen jünger machen konnte, als ich eigentlich war.... bis jetzt. Jetzt war ich ja der werte Rufinus.


    "Aber soviel, wie man hier manchmal an einem Tag erlebt in Rom, das hast du sicher recht. Da bin ich dann bestimmt schon ein paar Monate länger hier. Erst neulich bin ich in einer einzigen Nacht ganze drei Wochen auf einmal gealtert, als ich auf dem Heimweg von einer coolen Feier fast von einem echten Killer erstochen worden wäre!"


    Da konnte der Verginius mal sehen, wie jung ich noch war: Mitten in der Nacht kam ich erst von irgendwelchen Partys nach Hause.. und stolperte dabei noch gefährlichen Nachtgestalten über den Weg.. und war noch so jung und fix in den Beinen, dass mich der Mörder trotzdem nicht erwischt hatte! (Gut, die Realität war jetzt wieder etwas anders gewesen. Aber Wahrheit.. die lang ja eigentlich sowie immer im Auge des Betrachters, oder?)

    *pustet den leichten Staubfilm von diesem Thread*


    *niest laut* (das kommt davon, wenn man allergisch ist)


    *räuspert sich künstlich und setzt zu sprechen an*


    "Wöchlein, Wöchlein, wechsel dich..."


    *wartet gespannt, (ob) was passiert*

    Na prima. Das ging doch ganz gut. Der Junge machte keine Anstalten, meinen geplanten Selbstbetrug zu verhindern und ließ mich mitspielen. Nur wobei? Ein Spiel, bei dem man sich den Ball mit den Handflächen zuspielte. Ohne dass der Ball auf den Boden traf. Aporrhaxis schied da schonmal aus. Vielleicht das Ludere expulsim? Durfte da der Ball auf den Boden kommen? Ich war mir nicht ganz sicher. Oder ging es ums Spiel der Urania? Da war ich mir sicher, dass der Ball nicht auf den Boden kommen durfte. Aber zum Rest der Beschreibung passte es wieder weniger.


    "Äh.. Artorius Rufinus."


    So stellte ich mich dann also selbst lieber erstmal vor und unterschlug dabei ohne großes Nachdenken meinen Praenomen. Der war ja aber auch eigentlich nicht so wichtig. Nicht für jemanden, den ich gerade erst kennenlernte.


    "Nenn mich aber ruhig einfach Rufinus. Ich bin da nicht so."


    Nicht in meiner Freizeit. Nicht hier in den Thermen. - Aber zurück zum Spiel. Da war ich immernoch etwas aufgeschmissen. Denn Möglichkeit 1: Vielleicht war das beschriebene Spiel ja eins, das ich als Neureicher einfach nicht kannte? (Ich sah ja leider nicht, ob dieser Verginius hier ein hoher Senatorenspross war - oder nur der Sohn eines Bäckers vom Aventin.) Oder Möglichkeit 2: Vielleicht war das Spiel ja eins, das ich als "Kind vom Lande" nicht kannte? (Ich sah ja auch leider nicht, ob der Verginius hier aus Rom oder irgendeiner anderen Metropole wie Alexandria oder so kam - oder aus Kleinkleckersdorf irgendwo im Nirgendwo.) Oder Möglichkeit 3: Vielleicht war das beschriebene Spiel ja eins, das ich als Nicht-mehr-ganz-so-Jugendlicher bislang einfach noch nicht kennengelernt hatte? (Denn das sah ich dem Verginier zur Abwechslung mal auch hier in den Thermen an, dass er ein gutes Stück jünger war als ich.)


    "Und wegen dem Spiel.. äh.. da steh ich selbst gerad auf'm Schlauch, was du meinst. Denn seit ich hier in Rom bin, weißt du, da hab ich auch so viel kennengelernt und zum ersten Mal gespielt und so.. ähm.. dass ich Landei mir das gar nicht alles merken konnte."


    Über Geld redete man nicht. Und als alten Sack wollte ich mich nun auch nicht gleich verkaufen. Deshalb wählte ich also Erklärung Nummer 2, um mich hier etwas rauszureden. Dazu ein entschuldigendes Lächeln, das mir schon beim Gespräch mit Decimus Serapio (wenigstens gefühlt) keinen Digitus weitergeholfen hatte.


    "Aber wenn dir nicht einfällt, wie man hier dazu sagt, dann sag doch einfach, wie du es nennst.. äh.. oder wie halt die Regeln sind, wie man es spielt."


    Und noch eine kleine Anschlussfrage:


    "Bist du alleine hier?"

    Erholung. Das war es, wonach mir der Kopf gerade stand. Denn nicht dass meine Arbeit als Stationarius jetzt so wirklich schwer war. Das war sie nicht. Aber trotzdem hatte ich mich beruflich gerade vor einer Weile erst bis auf die Knochen blamiert vor dem da noch nur Prätorianertribun Decimus: Eigentlich gut vorbereitet gewesen, hatte ich am Ende trotzdem irgendwie kaum ein Wort raus gebracht, die Zeit des Mannes nur verschwendet und den ganzen Termin damit gehörig und gewaltig vergeigt! (Wahrscheinlich konnte ich noch von Glück reden, wenn er mir das nicht nachtrug, weil sein Vater mein Patron war.)
    Dazu sah es auch im Privaten nicht viel besser aus, weil sich der Prozess, in dem ich sowas wie der Haupt- oder Kronzeuge war, leider ganz schön hinzog. Und allein das reichte aus, um mich auf Dauer ziemlich fertig zu machen. Denn ohne ein Urteil konnte auch ich diese eine, schicksalhafte Nacht einfach nicht vergessen. Konnte nicht loslassen. Konnte nicht damit abschließen. Es war.. belastend.


    Deshalb stand mir der Kopf also nach Erholung. Und die suchte ich heute in den Agrippathermen: Erst arbeitete ich mich durch die verschiedenen Bereiche und Becken. Ich war nicht so firm damit, wie lange man wo bleiben musste und in welcher Abfolge man gegen keine Vorschriften und Normen verstieß. Deshalb hängte ich mich unauffällig an eine kleine Gruppe von sechs Männern. Ihre Beckenreihenfolge war meine Beckenreihenfolge. Ihre Verweildauer war meine Verweildauer. Am Ende landete ich mit dieser Strategie auf den Palestrae, wo ich mich erst noch ganz sportlich irgendwie dehnte, nach einer Weile aber am Rand des Platzes saß und dem Sextett nur noch beim Ringen zusah:
    Die sechs Jungs hatten sich in zwei gleich große Gruppe gelost, in denen jeder einmal gegen jeden angetreten war. Im fünften Kampf hatten die beiden Gruppenletzten dann um den fünften Platz gekämpft. Im sechsten Kampf hatten die beiden Gruppenzweiten um den dritten Platz gerungen. Und gerade jetzt standen im Finale die beiden Gruppenersten zusammen im Ring. Aulus gegen Paullus. (Die Namen hatte ich natürlich mittlerweile mitbekommen.) Jeder wurde von zweien seiner Freunde angefeuert, sodass ich (in meiner Vorstellung) das entscheidende Zünglein an der Waage war. Und ich fieberte still und leise für Aulus mit. Der hatte eine tolle Technik und.. tolle Muskeln und.. bei Fortuna, wenn er gewann, dann würde ich ihm einen ausgeben, beschloss ich übereifrig. Und falls er verlor, das musste ich ja nun auch sagen, naja, da würde ich mich eben aufraffen und selbst noch ein bisschen Sport treiben....


    Tjaja. Kaum hatte ich diese gedankliche Wette auf Aulus mit mir abgeschlossen, da hörte man den dumpfen Laut, den sein Körper machte, als er auf den Sandboden aufkam. Und im nächsten Moment hatte Paullus gewonnen. So schnell konnte es also gehen. Die sechs Jungs verzogen sich lachend und feixend wieder in Richtung der Becken und ich blieb zurück. Ein lustloses Stöhnen, dann hievte ich mich hoch. Sport statt Siegesfeier. Super. Ich war begeistert. Aber eh ich jetzt also zehn Runden so blöd im Kreis lief wie ein Auriga ohne Pferde und Wagen, hielt ich erstmal Ausschau nach einer Möglichkeit, mich selbst zu beschummeln und um den Sport vielleicht mit Spiel etwas herumzukommen.


    "Hola. Brauchst du noch einen Mitspieler?"


    Der junge Typ bei den Spielbällen stand da gerade so allein, dass ich ihn einfach mal ansprach. Mehr als wegschicken konnte er mich ja eigentlich nicht.

    Zitat

    Original von Marcus Artorius Rufinus
    Deshalb ging ich auch nicht gleich rein in den Verhandlungssaal. Ich blieb lieber noch einen Moment davor stehen.


    Am Ende hatte ich den Verhandlungsraum natürlich trotz meiner Angst noch betreten. Ich hatte mir einen Platz am Rand gesucht, wo ich nicht so auffällig im Mittelpunkt stand, dass mich der Angeklagte gleich sah. Überhaupt hütete ich mich davor, dem Mann auch nur den kleinsten Grund zu liefern, mich böse anzuschauen. Hieß: Ich vermied jeden Blickkontakt zu ihm. Denn jeder kannte ja den Spruch: Wen ich nicht sehe, der sieht mich (hoffentlich) auch nicht....


    Der Prozess begann und bald wurde der erste Zeuge aufgerufen: Centurio Iunius. Er hatte damals meine erste Aussage aufgenommen. Vielleicht, schwirrte mir plötzlich im Kopf rum, reichte es dem Gericht ja auch, wenn sie meine schriftliche Aussage von dem Centurio bekamen und lasen. Dann musste ich nicht in den Zeugenstand und musste nicht unter den Blicken des Angeklagten nochmal alles erzählen. Ich klammerte mich an diese unwahrscheinliche Hoffnung und war wirklich ein bisschen erleichtert, als erst irgendein Gefax, dann irgendein Tolmides erwähnt wurde, während mein Name erstmal ungenannt und außen vor blieb. Bei so vielen Zeugen, vielleicht wurde ich ja auch einfach vergessen.... Ich wäre bestimmt nicht traurig darüber.


    Und dann rutschte er dem Centurio doch raus, mein Name! Der Schreck stand mir in mein erblasstes Gesicht geschrieben, als ich mich gleich nervös umschaute, ob irgendwer zu mir rüber sah. (Nur den Blick zum Angeklagten vermied ich natürlich auch weiterhin.. sicherheitshalber.) Ganz ruhig, Marcus! Das sagte ich mir und machte für einen kurzen Moment die Augen zu und atmete tief. Ich beruhigte mich wieder etwas und schaute zum Atius, der jetzt mit der Befrgung des Centurios dran war. Nur meine Händen spielten auch weiter nervös und unsicher am Saum meiner Kleidung....