Beiträge von TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS

    Natürlich wusste Severus gut, dass gerade junge Patrizier sich häufig sehr viel auf ihren Stand einbildeten, selbst wenn sie selbst aus Familien stammten, die erst irgendwann im letzten Jahrhundert diesen Status erworben hatten. Vielleicht wurde man mit dem Alter etwas milder. Oder dadurch, dass man irgendwann auch eigene Leistungen erbracht und Erfahrungen mit diesen "minderwertigen" Plebejern gemacht hatte.


    "Das ist wahr, Claudius Marcellus." bestätigte der Kaiser aber, als der junge Mann sich stärker auf die Tugenden fokussierte. "Wie ist es denn um deine Bildung bestellt? Bevorzugst du einen bestimmten Autoren? Oder einen bestimmten Philosophen?" Dass der Enkel eines Senators Bildung genossen hatte, wusste der Aquilier selbstverständlich. Aber auch hier gab es ja Präferenzen. Wenn in diesem Haus auch nicht unbedingt von Epikureern auszugehen war.

    Wie immer, wenn der Kaiser Besuch hatte, hörte er aufmerksam zu. "Nun, das klingt tatsächlich sinnvoll." stellte er fest und sah fragend zu Maenius Firminus, der während Torquatus' Bericht die Schreiben studiert hatte.
    "Er besitzt außerdem eine Empfehlung von Consular Purgitius Macer, sein Aufstieg in der Kanzlei verlief zügig und er arbeitete meinen Informationen zufolge tadellos. Und er hat den Cursus Iuris absolviert." warf der Ab Epistulis ein und legte die Tabula wieder auf den Tisch. Er wusste, dass der Kaiser sich lieber berichten ließ, als alles selbst zu lesen.


    Der Kaiser nickte daraufhin zufrieden. "Das hört sich in der Tat sehr gut an." Er blickte in die Runde seiner Procuratoren. "Hat einer der Herren weitere Fragen?" Duilius Verus räusperte sich umständlich und fragte dann: "Fabius, was waren denn deine Aufgaben als Subpraefectus Classis? Warst du eher... nun, operativ tätig oder eher administrativ?"

    Maenius Firminus deutete auf die beiden Schriftstücke, die Torquatus auf den Tisch legte. "Sind das die Empfehlungsschreiben und der Lebenslauf?"
    Währenddessen gab der Kaiser ein Zeichen und die Sklaven brachten Mulsum.


    "Nun, Fabius. Erzähle mir ein wenig von dir. Ich glaube wir hatten noch nie das Vergnügen." Der Kaiser konnte auch nicht erinnern, je einen anderen ritterlichen Fabius kennen gelernt zu haben. Er würde also erst einmal grundlegende Informationen benötigen, um den Mann besser kennenzulernen, der für ihn arbeiten wollte. "Firminus berichtete mir, du hättest schon einmal in der Kanzlei gearbeitet?" gab er gleich einen Hinweis, dass es ihm vor allem um die zentralen beruflichen Stationen ging. Der A Memoria musste ja nicht der persönliche Freund des Kaisers werden. Nur sein Archivar.

    Als der junge Claudier sich wieder zu Wort meldete, unterbrach der Kaiser sein Essen und hörte aufmerksam zu. Einen Moment überlegte er, dann antwortete er:
    "Nun, ich kann deine Meinung nicht ganz teilen, junger Claudius." Er lächelte. Immerhin war er es, der seit einigen Jahren die Legionskommandeure und Statthalter einsetzte. Dann wurde er aber wieder ernst: "Wir Patrizier sind nicht die einzigen, die die Traditionen Roms im Blut haben. Es gibt plebejische Geschlechter, die mindestens so lange und stolze Stammbäume besitzen wie wir." Die Aquilier waren ja auch ein minores Patriziergeschlecht. Sie hatten diesen Status also auch verliehen bekommen, so wie vor langer, langer Zeit auch die Claudier selbst.


    Trotzdem wollte er den jungen Mann nicht zu sehr abkanzeln. "Trotzdem freut es mich natürlich, wenn auch die ältesten Familien sich ihrer Pflicht erinnern, Rom nicht nur im Senat und der Gerichtshalle zu vertreten, sondern auch bei der Armee." Wieder lächelte er. "Ich vermute, dass auch in der Provinz Fähigkeiten in Politik und Geistigkeit sinnvoll eingesetzt werden können." Rom war schließlich nicht nur Besatzungsmacht. Gerade die lokalen Eliten hatten auch den Auftrag, römische Lebensweise zu verbreiten und den Provinzialen damit die römische Zivilisation schmackhaft zu machen.

    Der Tiberier musste sich noch einarbeiten. Hoffentlich würde das nicht allzu lange dauern.


    Immerhin brachte er schon eine Idee aufs Tablett, die interessant klang. Severus hatte sich nie sonderlich für die Christianer interessiert. Sicherlich war er ihnen vor vielen Jahren in seinem Tribunat in Caesarea Maritima begegnet. Aber er schätzte sie eigentlich als harmlose Spinner ein. Wie so viele Glaubensgemeinschaften.


    Andererseits wusste er natürlich um das Misstrauen, das die Bevölkerung gegen diese Sekte hegte. Ähnlich wie die Juden. "Das klingt interessant." Die Christianer waren vielleicht wirklich geeignete Sündenböcke für einen Sklavenaufstand: Sie rekrutierten sich vor allem in den Unterschichten, sie lehnten die römische Gesellschaft ab. Es blieb aber die Frage, was man mit so einem Sündenbock erreichte. "Ich zweifle zwar, dass es die Parther oder Germanen sonderlich beeindrucken wird, wenn wir ein paar Christianer hinrichten. Aber da sich die Ermittlungen über die wahren Hintergründe des Aufstandes ziehen, wäre das vielleicht ein glaubwürdiges Ergebnis, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren."


    Er strich sich nachdenklich durch den Bart. Prinzipiell war Severus ein rechtschaffener Mann, der Ehrlichkeit schätzte. Aber er war nicht Princeps geworden, weil er naiv war und nicht wusste, dass man die Wahrheit manchmal beugen musste, um Kontrolle zu behalten. Und in diesem Fall tat es ja kaum jemandem weh. Zumindest niemandem von Bedeutung. "Insofern bereite Beweise vor, um diesen Aufstand mit den Christianern in Verbindung zu bringen. Ich werde meine Berater befragen." Der Kaiser beriet solche Dinge gern. Vielleicht diesmal nicht direkt im Senat, aber vielleicht doch mit den Consuln. Und dem Consul designatus, der ja eine Untersuchungskommission angekündigt hatte.

    Der Kaiser trug wie so oft eine eher legere Kleidung: Eine edle, aber bequeme Tunica, darüber sein goldenes Mercurius-Medaillon und eine Chlamys darüber, der etwas mehr Bewegungsfreiheit gewährte als die Toga.


    "Nun, dies ist Sisenna Axius Lucullus, der A Libellis." stellte er zuerst einen freundlich wirkenden Mann mittleren Alters vor und kam dann zu seinem dritten Begleiter, einem älteren, etwas missmutig dreinblickenden Herrn. "Und dies ist Servius Duilius Quirinalis, der A Cognitionibus. Womöglich werden sie deine neuen Kollegen." Der A Rationibus hatte keine Zeit gehabt.


    Mit einer Geste deutete er auf das Triclinium, wo der Aquilier den Platz des Hausherrn einnahm, während seine Procuratoren sich so platzierten, dass Torquatus unmittelbar neben dem Kaiser liegen konnte. "Möchtest du eine Kleinigkeit essen? Oder ein Schluck zu trinken?"

    Kurz nachdem der Fabier abgeliefert worden war, kam der Kaiser ins Triclinium. Allerdings erschien er nicht allein: Sisenna Axius Lucullus, der Procurator a libellis, Potitus Maenius Firminus, der Ab Epistulis, und sogar Servius Duilius Quirinalis, der A Cognitionibus, betraten nach dem Aquilier den Raum.


    "Salve, Fabius Torquatus." begrüßte Severus den Gast mit einem Händedruck. "Ich hoffe, meine Entourage schüchtert nicht zu sehr ein." erklärte er und deutete auf seine Procuratores. "Aber ich pflege Personalentscheidungen in der Kanzlei in Absprache mit meinen Leuten zu treffen. Ihr seid euch schon bekannt?" Er sah prüfend zwischen Torquatus und den Procuratoren hin und her.

    "Nein, momentan nicht." antwortete der Kaiser. "Ich möchte nur auf dem Laufenden gehalten werden. Wie du weißt, hat dein Vorgänger nicht bemerkt, dass sich ein riesiger Sklavenaufstand in dieser Stadt zusammenbraut. Insofern bin ich schon glücklich, wenn du deine regulären Aufgaben sorgfältig erledigst." Der Kaiser hatte den Trecenarius versetzen müssen. So etwas war ein unverzeihlicher Fehler.
    Aber vielleicht war der Tiberier ja aus anderem Holz geschnitzt. Dann konnte man noch sehen, ob man ihm zusätzliche Aufgaben aufbürden konnte. "Die Aufklärung, wie es zu diesem Aufstand kam genießt natürlich höchste Priorität." Aber das war ja eine reguläre Aufgabe. "Der Senat hat ebenfalls großes Interesse daran, dass wir hier zeitnah Aufklärung bekommen, wie es dazu kommen konnte."


    Sim-Off:

    Passt zwar nicht ganz zum Zeitablauf, aber der Sklavenaufstand ist doch eine gute Erklärung, warum dein Posten frei geworden ist ;)

    Der Kaiser nickte. "Also wurde Varia nicht danach befragt, ob Sergia Fausta direkt mit dem Aufstand zu tun hatte." fasste er zusammen. "Das sollte man vielleicht ändern." Die anderen Unregelmäßigkeiten waren nicht schön. Aber sie legten doch etwas anderes als Hochverrat nahe. Und er ging davon aus, dass die Prätorianer erfahren genug in Befragungstechniken waren, um ihr nicht einfach irgendein Geständnis abzupressen, sondern die Wahrheit aus ihr herauskitzelten.


    "Abgesehen davon denke ich, dass ihr euch neben der Suche nach weiteren Schuldigen darauf konzentrieren solltet, wie Varia diesen Aufstand unbemerkt vorbereiten konnte. Soweit ich weiß, haben innerhalb kürzester Zeit an verschiedensten Orten Aufständische losgeschlagen. Das muss von langer Hand vorbereitet worden sein, diese Sklaven müssen ja irgendwo entlaufen sein, Waffen besorgt haben und so weiter." Er runzelte die Stirn. "Dass eure Informanten das nicht bemerkt haben, stimmt mich noch sehr viel unruhiger als Sergia Faustas kriminelle Verbindungen..."

    Der junge Soldat kannte seinen gefallenen Kameraden offensichtlich. Gut für den Kaiser, der jetzt zielstrebig auf das Paar zusteuerte. Die beiden gewöhnlichen Plebejer waren ziemlich erstaunt, als der mächtigste Mann des Imperiums persönlich auf sie zusteuerte und ihnen den Schild präsentierte.
    "Es ist mir eine Ehre, euch den Schild eures Sohnes Servius Lartius Pacuvius zurückzugeben." sprach er Eltern, deren Namen er natürlich nicht kann, an und überreichte das Scutum. "Gern hätte Rom euch euren Sohn als gesunden Veteranen zurükgegeben. Aber seid versichert, dass er für eine gute Sache starb." Lartius und seine Frau standen noch immer ganz verdattert da und nahmen mit zitternden Händen den Schild aus den Händen des Kaisers. "Ich danke euch jedenfalls für das Opfer eures Sohnes und kann euch versichern, dass Rom auch euch nicht vergessen wird!" füllte Severus deshalb das ergriffene Schweigen und sah dann zu Cerretanus, der ja noch Urne und Schwert mit sich führte.
    "Dies ist ein Kamerad eures Sohnes. Ich weiß nicht, ob ihr bekannt seid." Er nahm es fast an. Immerhin hatte der Furier ja gewusst, wer Lartius' Eltern waren. "Ich bin sicher, er wird weitaus treffendere Worte finden als ich es jemals könnte." Mit einem sensiblen Lächeln winkte er den Furier heran und zog sich dann zum Pantheon zurück.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    Menecrates nickte zustimmend, als der Kaiser fortfuhr, denn er wusste bereits über seinen Klienten, dass die Cohortes Praetoriae ermittelten. "Ich sehe mit Spannung der Bekanntgabe der ersten Ergebnisse dieser Recherche entgegen. Und ich bin ebenso gespannt, ob sich diese Ergebnisse von denen der geplanten Arbeitsgruppe unterscheiden. Grundlegende Unterschiede dürften nicht zu erwarten sein, aber... Betrachten verschiedene Personen ein und denselben Berg von verschiedenen Seiten, ist ihre Sicht zwangsläufig unterschiedlich. Die einen sehen vielleicht einen Hang mit Bachlauf, die anderen eine mit Sträuchern bewachsene Böschung, die nächsten sehen eine Grasfläche usw., denn alles gehört zu dem Berg. Das bedeutet, jede Sichtweise ist richtig, jede Schilderung muss gehört werden, um ein umfassendes Bild von diesem Berg zu erhalten. So stelle ich mir die Arbeitsweise diese Arbeitsgruppe vor und deswegen strebe ich im Anschluss einen Abgleich mit den Ergebnissen der Cohortes Praetoriae an."


    Der Kaiser wechselte zum nächsten Punkt, den Menecrates als sein Vorhaben erwähnte. "Auf alle Fälle plane ich große Spiele, die unter anderem auch ein Wagenrennen in größerem Rahmen beinhalten als ich es in meinem Wahlkampf anbieten konnte. Die Spiele sollen über mehrere Tage gehen und in der engeren Auswahl stehen die Ludi Palatini im Januar. Der Termin ist aber noch nicht feststehend und abhängig davon, wie die Vorbereitungen laufen. Ganz besonders passend fände ich auch den Festtag der Concordia im Februar, weil sich diese Göttin durch meinen gesamten Wahlkampf zieht. Um ehrlich zu sein, liebäugele ich mit diesem Termin besonders und auch wenn der Festtag nur einen Tag umfasst, bedeutet das nicht, dass die Spiele nur diesen einen Tag währen müssten."


    Der Kaiser nickte und lächelte zufrieden mit den Antworten. "Dann dürfen wir ja gespannt sein." Dann überließ er wieder den "gewöhnlichen" Senatoren das Wort.

    Seine Frau hatte von einem Soldaten gesprochen. Aber Severus erkannte durchaus, dass hinter der Fassade mehr steckte.
    "Davon gehe ich aus." antwortete er schließlich und nickte. "Aber du bist ein freier Römer und ein solcher kann niemals nur Diener sein. Ich erlaube dir nicht nur, für deine Familie zu sorgen, sondern erwarte es sogar." Kein Römer war ein echter Mann, wenn er nicht für seine Familie sorgte.
    Einen Moment zögerte der Kaiser. Dann schloss er die Sache mit einem Angebot ab: "Wenn du sonst Hilfe benötigst, gib mir Bescheid." Die Augusta hatte das vorgeschlagen. Und die Tiberier hatten ja wirklich genug für das Imperium getan, dass man sich erkenntlich zeigen konnte.

    Der Kaiser nickte ernst. Seine Nachfrage war zwar eher eine Floskel gewesen, aber dass es einen Mann erschütterte, wenn sein Familienanwesen in Trümmern lag, verstand er durchaus. "Das verstehe ich." bemerkte er deshalb und fuhr sich nachdenklich durch den Bart.


    Er erinnerte sich noch an Tiberius Durus und Tiberius Lepidus, obwohl der erstere schon lange tot war und der letztere sich seit geraumer Zeit zurückgezogen hatte. Dass nun ausgerechnet derjenige Tiberier die Leitung der Familie übernahm, der seinem patrizischen Status abgesagt hatte, wie es schien, überraschte.
    "Benötigst du Zeit, um dich um deine familiären Verhältnisse zu kümmern?" fragte er trotzdem. Es war ja im Grunde erfreulich, wenn sich ein Mann seiner familiären Verpflichtungen erinnerte. Und die Cohortes Praetoriae hatten nun schon eine Zeit ohne Trecenarius überlebt, sodass sie es wohl noch ein bisschen Zeit aushielten.

    Zitat

    Original von Appius Furius Cerretanus
    Auf das Zeichen des Kaisers hin folgte Cerretanus mit stoischem Gesichtsausdruck und nannte dann, ebenso leise, den Namen des Gefallenen dessen Schild der Imperator immer noch in seiner Hand hielt.


    "Servius Lartius Pacuvius. Er fiel im Kampf um eine Insula die sonst Feuer zerstört worden und die Bewohner darin umgekommen wären"


    Der Kaiser nickte nachdenklich, als der junge Soldat ihm die benötigten "Regie-Anweisungen" samt Zusatzinformationen gab. Jeder dieser Toten hatte vermutlich eine kleine Heldentat vollbracht.
    "Weißt du, wer dort seine Verwandten sind?" fragte er noch, während sie auf die Menge zugingen. Einige der anderen Soldaten hatten schon begonnen, zielstrebig auf betagte Elternpaare oder Lebensgefährtinnen ihrer toten Kameraden zuzugehen. Andere nannten dagegen laut den Namen "ihres" Toten in der Hoffnung, die Angehörigen würden sich selbst melden.

    Severus wusste, dass der Tiberier ein Soldat durch und durch war. Was sich in seinem Auftreten bestätigte. Ob das für einen Geheimdienstchef ideal war, würde sich zeigen. Seine Frau hatte ihm auf jeden Fall bestätigt, dass er ein loyaler Mann war.


    "Salve, Tiberius." begrüßte er ihn freundlich und wies mit der Hand auf eine weitere Kline, die für Besucher bereit stand. Da Verus keine Rüstung trug, war das vielleicht sogar eine bequeme Position. "Wie ich hörte, hattest du schon Gelegenheit, dich ein wenig einzuleben hier in Rom?" Auch das wusste der Kaiser von der Augusta.

    Nach und nach nahmen die Formationen Aufstellung. Der Kaiser nickte den Präfekten, die direkt gegenüber von ihm auf ihren Pferden saßen, kurz zu, als sich ihre Blicke trafen. Sein Blick streifte auch über die Tribune, die ihm auch alle namentlich bekannt waren. Für die Männer, die für die Sicherheit Roms zuständig waren, interessierte man sich als Herrscher ja doch.


    Als er dann die Tafeln mit den Namen der Gefallenen und ihre "Repräsentanten" mit den Schilden sah, war er durchaus beeindruckt. Manche Kohorten, vor allem bei den Prätorianern, hatten nur einen überschaubaren Blutzoll gezahlt. Bei den Cohortes Urbanae, die während der Chaostage mehr in der Stadt unterwegs gewesen waren, waren dagegen teilweise beachtliche Verluste zu verbuchen. Wenn man bedachte, dass sie gegen ein Sklavenheer gekämpft hatten.
    Ihr Opfer war anzuerkennen. Mit Taten und mit Worten.


    Deshalb war zuerst eine kleine Rede des Kaisers vorgesehen. Der Klang der Hörner schwoll also noch einmal an und verstummte dann. Der Princeps Praetorii trat vor und befahl:"Milites state! Oculos ad imperatorem!"


    Severus stieg eine Stufe von der Treppe des Pantheon hinab und erhob den Arm in Rednerpose.
    "Soldaten Roms!" begann er und ließ seinen Blick noch einmal über die glänzenden Helme und Federbüsche streifen. "Wir stehen heute auf dem Campus Martius, von dem aus unsere Väter jeden Frühling in den Krieg zogen, um jenes Imperium zu errichten, dessen Herz diese Stadt noch immer ist. Über Jahrhunderte schlugen sie fern der Heimat ihre Feinde und kehrten im Herbst zurück, reinigten sich und ihre Waffen am Armilustrium und lebten dann in Frieden bei ihren Familien.


    Diese Friede wurde in diesem Jahr jedoch gestört! Statt aus der Fremde kamen die Feinde Roms diesmal aus unserer Mitte, aus unseren Häusern und Haushalten! Die, die bereits unterworfen schienen bäumten sich auf. Die, denen wir Obdach und Nahrung boten; die von den Segnungen des Imperiums profitieren, obwohl nicht ihre Väter es waren, die es errichtet haben, wurden zu Mordbrennern und Banditen. Aus Hass gegen uns und den Frieden Roms schlachteten sie wehrlose Greise, Frauen und Kinder nieder. Sie trugen diesen Krieg mitten in unser Herz!" Mit der Hand wies der Kaiser nach Süden, wo das Stadtzentrum lag.


    Dann deutete er langsam vor sich. "Doch wir leisteten ihnen Widerstand! Wie unsere Väter Hannibal aus Italia verjagten, wie Pompeius die Sklavenheere des Spartacus unterwarf, so habt ihr, Milites, auch diese Bedrohung Roms niedergerungen! Ihr habt bewiesen, dass es keineswegs eine rein zeremonielle Angelegenheit ist, hier in der Urbs seinen Dienst zu tun! Binnen drei Tagen gelang es euch, diesen Aufstand restlos zu vernichten und Frieden und Sicherheit Roms wiederherzustellen! Dafür bin ich, ist Rom euch zu Dank verpflichtet!" Er senkte seinen Kopf und Applaus brandete auf. Die Menschen waren wirklich dankbar, dass wieder Frieden herrschte!
    "Unser besonderer Dank gilt jedoch jenen, die in diesem Kampf ihr Leben gaben." Er blickte zum Himmel. "Ihre Körper wurden der Sitte gemäß im Kreise ihrer Kameraden verbrannt. Ihre Asche ist alles, was in dieser Welt an Materie übrig ist. Doch ich bin sicher, dass Mars seinen Söhnen, die so tapfer gekämpft haben, das Elysium bescheren wird!
    Uns bleibt damit nur, ihnen Dankopfer darzubringen und ihr Andenken zu ehren. Aus diesem Grund soll jeder von ihnen post mortem mit den Torques ausgezeichnet werden, denn ihr Mut übertraf selbst den der wildesten Gallier, von denen dieser Schmuck stammt."

    Sein Blick ging nun zur Rechten, wo man den Angehörigen der Gefallenen Ehrenplätze neben der Tribüne der Senatoren zugewiesen hatte. "Wir wollen aber auch ihre Familien und Nachkommen in dieser Welt nicht vergessen. Im alten Sparta war es Sitte, dass eine Mutter ihrem Sohn den Schild übergab, wenn dieser in den Krieg zog. Dabei pflegte sie zu sagen: Lieber Sohn! Komm mit ihm wieder zurück oder auf ihm.


    Einige der Soldaten, die die Schilde ihrer gefallenen Kameraden getragen hatten, bekamen nun das Zeichen, an die Stufen des Tempels zu treten. [B]"Auch wenn es nur ihre Asche ist, sollen auch die Mütter Roms, die in Tüchtigkeit des spartanischen Müttern in nichts nachstehen, ihre Söhne auf ihren Schilden zurückerhalten." Nun ging der Kaiser die Stufen des Tempels vollends hinunter und nahm sich einen der Scuta (die, die Furius Cerretanus hielt) und ging wieder ein Stück nach oben, um den Schild der Menge zu präsentieren.
    "Jede Kerbe und jede Delle, die diese Schilde zeigen, steht für einen Schlag, der ohne euch ein wehrloses Kind, eine schwangere Frau oder einen armen Greisen getroffen hätte! Denn auch wenn diese Aufständischen von Gerechtigkeit und Freiheit sprachen, sehen wir heute doch, dass sie nichts waren als gemeine Verbrecher! Sie überfielen Insulae, in denen arme, brave Familien lebten, denen es nicht viel besser ging als ihnen selbst! Sie brannten die Anwesen nieder, deren Bewohner wehrlos waren! Sie ermordeten wahllos jeden, der das Pech hatte ihnen entgegenzutreten.
    Diese Sklaven waren um keinen Deut besser als die wilden Barbaren, gegen die die Legionen an den Grenzen unseres Imperiums kämpfen. "
    Der Kaiser mochte lieber nicht wissen, wie viele Menschen genau ihnen zum Opfer gefallen waren. Aber offizielle Statistiken waren ja noch nicht erfunden und vielleicht war es auch besser so.
    "Umso deutlicher zeigt sich damit, wofür diese Schilde symbolisch stehen: Jeder Soldat Roms, ob er fern der Heimat am Limes dient oder inmitten der Urbs, ist am Ende dasselbe: ein Schutzschild!" Dieses Symbol ließ der Kaiser wieder einen Augenblick wirken.
    "Deshalb sollen die Familien der Gefallenen die Schilde ihrer Söhne, Freunde und Söhne zur Erinnerung erhalten. Darüber hinaus soll jeder der Toten post mortem mit einer Torques ausgezeichnet werden und jede ihrer Familien soll eine finanzielle Unterstützung erhalten. Denn Rom vergisst seine Soldaten nicht!" Mit diesen Worten wandte sich der Kaiser ab und stieg die Stufen zu den Soldaten hinab.


    Da er noch immer Cerretanus' Scutum hielt, ging er zielstrebig auf den jungen Mann zu und bedeutete ihm zu folgen. Dann ging die ganze Gruppe hinüber zu den Angehörigen der Gefallenen. Noch einmal drehte er sich um und fragte den Furier: "Wie heißt dein Gefallener?" Irgendjemand musste Schild, Schwert und Urne ja bekommen. Und sicherlich wusste der, der diese Dinge trug, an wen er sie überreichen sollte.

    Auch die Wahlreden der niederen Magistrate verfolgte der Kaiser mit ernstem Interesse. Gerade unter den Quaestoren würden ja die meisten in den Senat aufsteigen, sodass es gut war, die Gesichter schon einmal einzuprägen. Obwohl der junge Flavier natürlich bereits bestens bekannt war.


    Nachdem Gracchus Minor seine Präferenzen bei der Amtszuteilung erklärt hatte, meldete sich der Kaiser schließlich auch zu Wort: "Das sind doch beachtliche Verdienste für einen so jungen Menschen." stellte er zuerst einmal fest. Dann war aber auch eine obligatorische Frage an der Reihe: "Gedenkst du auch, das Volk mit Gladiatorenspielen zu erfreuen?" Diese Aufgabe traf zwar traditionell eher die Aedile. Aber es hatte auch schon Zeiten gegeben, in denen die Quaestoren solche Spiele gegeben hatten. Und bei einem Flavier wusste man ja nie.