Beiträge von TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS

    Offensichtlich hatte Menecrates nicht verstanden, was Severus mit seinem Lavieren hatte ausdrücken wollen. Vielleicht kein Wunder. Der Claudier war dafür bekannt, dass er sich wenig nach allgemeinen Trends oder der Meinung des Kaisers richtete. Er tat, was er für richtig hielt.


    "Zweiteres ist der Fall: Meine Erfahrung sagt mir, dass viele Senatoren wie auch viele andere Persönlichkeiten geradezu nach Meinungsäußerungen von mir lechzen, um diese Meinung zur ihren zu machen." Das war einer der Nachteile des Prinzipats. Jeder wollte der beste Freund des mächtigsten Mannes Roms sein.
    Er strich sich nachdenklich durch den Bart. Natürlich hatte der Senator Recht, dass er nicht gerade viel für sich forderte. Aber gerade beim Consulat wollte der Kaiser nicht anfangen, Einfluss auf die Wahlen zu nehmen. "Es ehrt dich, dass du so offen zu mir sprichst. Das geschieht leider selten. Aber..." Er stockte. Dann kam ihm plötzlich doch eine Idee: "Wäre es für dich akzeptabel, wenn ich mich öffentlich mit deiner Arbeit zufrieden erkläre, aber dasselbe auch bei deinen Konkurrenten tue, wenn ich mit ihnen zufrieden war?" Wenn er alle Kandidaten gleichmäßig lobte, würde er vielleicht auch vermeiden können, dass die Kaffeesatzleser in den hinteren Reihen seine Intention fehlinterpretierten.

    "Deshalb frage ich." bestätigte der Kaiser auf die Anspielung mit der Cena.


    Als Menecrates dann seine ergänzende Bitte vorbrachte, antwortete er nicht sofort. Stattdessen dachte er einen Moment nach und fuhr sich durch den Bart. "Mein Wort wiegt schwer, das ist mir bekannt. Sicherlich weißt du auch, dass frühere Kaiser sehr direkte Wahlempfehlungen aussprachen und dem Senat quasi eine Liste vorlegten, die dieser dann nur noch abnickte." Wieder machte er eine Pause. "Das ist ein Zustand, zu dem ich ungern zurückkehren möchte. Ich bin angetreten, um dem Senat wieder mehr Einfluss zuzubilligen. Das gilt auch für die Wahlen."
    Wieder schwieg er um rang um die passenden Worte. "Verstehe mich nicht falsch: Es ist nicht so, dass ich dich persönlich nicht unterstützen möchte. Es ist eher eine Grundsatzentscheidung, mich in die Wahlen nicht mit direkten Empfehlungen einzumischen. Und wenn ich zu deiner Rede bemerke, dass ich mit deiner Praetur sehr zufrieden war, könnten einige Senatoren dies als Empfehlung missverstehen." Es war nicht so einfach, der Kaiser zu sein. Manchmal band gerade der vorauseilende Gehorsam seiner Untertanen ihm die Hände. "Was nicht bedeutet, dass ich nicht auch bereit bin, deine tadellose Amtsausübung zu bestätigen, sollte ich gefragt werden. Nur eben ungern in einem Kontext, der direkt auf den Wahlkampf bezogen ist."
    Hoffentlich bekam der alte Claudier das nicht in den falschen Hals. Aber Severus musste vorsichtig sein, wenn er seine Vision von einem starken Senat am Leben erhalten wollte. Nach hundert Jahren Kaiserherrschaft drängten viele Senatoren geradezu darauf, sich aus der Verantwortung zu stehlen und ihm nach dem Mund zu reden.

    "Ausgezeichnet." antwortete der Kaiser zufrieden und gab seinem Privatsekretär ein Zeichen, damit er dies notierte. "Ich kann dich nicht sofort ernennen, da ich noch einmal mit Racilius sprechen muss. Aber du wirst davon erfahren, wenn es so weit ist."
    Dann rückte er seinen Platz ein wenig zurecht und strich sich durch den Bart. "Kommen wir aber noch einmal auf deine Amtszeit zurück: Natürlich habe ich deine Res Gestae gehört, aber es würde mich doch interessieren: Wie bewertest du sie persönlich? Bist du zufrieden?"

    "Verstehe." antwortete der Kaiser knapp. Natürlich konnte man nicht erwarten, dass binnen so kurzer Zeit alle Informationen vorlagen.
    Zumindest zum Thema Sergia Fausta konnte er etwas sagen: "Die Procuratrix ist derzeit freigestellt wegen ihres Kindes." Seit längerer Zeit hatte sie die Fälle ihrer Abteilung nicht mehr persönlich berichtet, sondern einen ihrer Primicerii geschickt. Aber Severus war ein Familienmensch und verstand, wenn eine Mutter sich um ihre Kinder kümmern musste.
    Er lächelte noch. "Im Übrigen habe ich aber großes Vertrauen in deine Männer und nehme an, dass sie mich vor einer einzelnen Frau schützen können. Sergia Fausta ist zwar resolut, aber sicherlich keine Amazone wie diese..." Er sah auf die Tabula. "Varia." Sonst konnte er scheinbar nichts unternehmen vorerst.

    Sim-Off:

    Ich hoffe damit jetzt keine Absprachen o.ä. zu stören. Aber da Fausta seit fast einem Jahr nicht mehr gepostet hat, gehe ich davon aus, dass sie momentan inaktiv ist?!

    "Dann werde ich mir den Termin frei halten." erwiderte Severus und nickte. Sein Terminkalender war stets ziemlich voll, aber für die wichtigsten Familien Roms musste man sich Zeit nehmen.


    Dann waren sie auch schon bei der Frage einer angemessenen Beschäftigung angekommen. "Racilius Crassus wollte, wenn ich mich recht erinnere, sowieso zur nächsten Wahl kandidieren und hatte gebeten, ihn für den Wahlkampf von seinen Pflichten zu entbinden." wusste der Kaiser aus dem Kopf heraus. Der Curator Aquarum hatte ihn kürzlich erst deshalb aufgesucht. "Mit deiner jüngsten Erfahrung als Aedil könntest du diesen Posten sicherlich gut übernehmen."

    "Oh, eine Hochzeit!" bemerkte der Kaiser und lächelte. "Veturia und ich nehmen gerne daran teil. Sie hat mir viel von eurer Verlobungsfeier erzählt." erinnerte er sich.


    Der zweite Punkt, den der Flavier ansprach, war allerdings ebenso erfreulich. "Und es freut mich natürlich, wenn du weiterhin für den Staatsdienst zur Verfügung stehst." Ständig wechselten verdiente Senatoren auf neue Ämter, sodass andere ihre alten besetzen mussten. "Soweit ich mich erinnere, hast du kein Tribunat abgeleistet. Ich nehme daher an, es ginge eher um etwas in der Verwaltung? Oder im Cultus Deorum?" Er sah Scato abschätzend an. "Beziehungsweise: Hattest du an ein bestimmtes Amt gedacht?" Innerhalb des Senats war es ja allgemein bekannt, wer welche Posten besetzte, wer wohin wechselte und damit welche Posten frei waren oder frei wurden. Insofern kamen viele Bittsteller um einen Posten auch mit einer sehr konkreten Bewerbung.

    Der Kaiser empfing Laetilius Blasio auf seiner Kline liegend, wie immer seinen Sekretär an seiner Seite. Für den Tribun war ebenfalls eine Kline vorbereitet worden, sodass er Platz nehmen konnte. Falls er nicht lieber stand.


    "Salve, Laetilius." begrüßte Severus aber zuerst den Tribun. Die von den Prätorianern kannte er auch namentlich, immerhin waren sie für seine Sicherheit verantwortlich. Er nahm den Bericht und ließ ihn sich von seinem Sekretär vorlesen.
    Beim Zuhören verzog er mehrfach das Gesicht und strich sich immer wieder nachdenklich durch den Bart. Richtige Begeisterung schien nicht aufzukommen. Und am Ende sah er schließlich fragend zu dem Tribun: "Das klingt alles recht vage." Er ließ sich den Bericht noch einmal geben und blickte darauf. "Wurde diese Varia nun gefoltert oder nicht? Und wenn ja, zu welchen Fragen? In welchem Kontext wurde der Name Sergia Fausta genannt?" Die Procuratrix a memoria fand natürlich das besondere Interesse des Kaisers, der um die Integrität seiner Kanzlei fürchtete. "Welche Hinweise sprechen dafür, dass Sergia ihre Position zugunsten des Aufstands genutzt hat? Und welches Interesse sollte sie an einem solchen haben? Wie beschreibt diese Varia die Zusammenhänge mit dieser Liste an Leuten?" Der Bericht nannte zwar Verbindungen. Welcher Art diese Verbindungen waren, blieb aber sehr vage. Obwohl das ja im Grunde das Entscheidende war für den Kaiser!

    Eine Kriegerin. Der Kaiser war ehrlich erstaunt, denn Kriegerinnen hatte er in seiner bisherigen Karriere doch noch nie gesehen. Außer vielleicht in der Arena, wo sie als Amazonen kämpften. "Eine entlaufene Gladiatorin?" fragte er deshalb nach.


    Als der Decurio dann nach weiteren Befehlen fragte, antwortete er nur: "Ich möchte über die Ermittlungsergebnisse auf dem Laufenden gehalten werden. Diese Angelegenheit genießt höchste Priorität!" Rom musste erfahren, wie eine so große Sklavenarmee unbemerkt hatte aufgestellt werden können. Die Praefecti Praetorio würden sich einige unangenehme Fragen gefallen lassen müssen!

    "Nun, eine Legation in einer der kleineren Provinzen wäre sicherlich möglich." antwortete der Kaiser. Teilweise amtierten ja auch prätorische Statthalter. Allerdings nur dort, wo maximal eine Legion stand. "Für die Stadtpräfektur fehlt dir dagegen noch ein Amt im Cursus Honorum, wie mir scheint." fügte er wissend lächelnd an. "Oder planst du, dich bei nächster Gelegenheit direkt um das Consulat zu bewerben?"

    Erst als die Augusta etwas irritiert nachfragte, wurde dem Kaiser bewusst, dass der Prätorianer von einer Frau gesprochen hatte. Ein bisschen unschlüssig sah er zwischen ihr und dem Decurio hin und her.
    "Wir müssen herausfinden, wie sie diesen Aufstand auf die Beine gestellt hat." entschied er schließlich. "Danach werden wir sie vor Gericht stellen und hinrichten. Ich werde ein Iudicium Senatus abhalten, denke ich. Ihr Tod soll eine Warnung für alle sein!" Er erinnerte sich noch an Serenas Forderungen. Die alten Herren im Senat würden ihre Wünsche sicherlich erfüllen.

    Nachdem niemand mehr etwas zum Thema sagen wollte, wie es aussah, wandte sich auch der Kaiser dem Essen zu. Nach den vielfältigen Hauptspeisen war ihm nach Obst. Also aß er und dachte über die Konstellation des heutigen Abends nach. Manches war vielleicht nicht ganz so gelaufen, wie der alte Claudier sich das erhofft hatte: Seine Enkelinnen zeigten sich eher widerspenstig und sein Enkel nicht unbedingt als großer Smalltalker. Aber das musste man ja auch nicht sein. Menecrates selbst war ja auch ein geradliniger Mann, der keine großen Worte machte. Trotzdem war er erfolgreich.

    "Verstehe." antwortete der Kaiser und fuhr sich lächelnd durch den Bart. Natürlich bevorzugte er es, wenn verdiente Männer sich selbst einen Posten aussuchten und sich gezielt bewarben. Wobei er natürlich auch immer freie Stellen ohne Bewerber hatte... "Nun, insofern kann ich dir bereits mitteilen, dass ich mit deiner Amtszeit auch zufrieden war und mir durchaus vorstellen könnte, deine Fähigkeiten in der einen oder anderen Weise einzusetzen. Als alter Soldat empfiehlt sich natürlich ein Legionskommando. Aber du hast ja spätestens mit deinem letzten Amt bewiesen, dass du auch die Juristerei und Verwaltung nicht scheust..."

    Natürlich hatte man den Kaiser ständig informiert gehalten, wie es mit dem Aufstand vorwärts ging. Nachdem die Sklaven aber schon am Vortag in der Subura eingekesselt worden waren, hatte sich die Lage bereits ein wenig beruhigt und Severus hatte sich nicht mehr ständig im Kommandoraum mit seinen Präfekten zeigen müssen.


    Trotzdem war er auf dem Laufenden und wusste bereits, als er das Triclinium zur Cena betreten hatte, was währenddessen zu Füßen des Palatin geplant war. Also war er nicht überrascht, als Vespa eintrat und salutierte.
    "Sehr gut!" rief er aus und ließ ein angeknabbertes Hühnerbein sinken. Er sah zu seiner Ehefrau und dem kleinen Iulianus, der in einer Wiege neben der Kline lag. "Siehst du, wir haben die Sache schnell wieder unter Kontrolle gebracht." triumphierte er, ehe er fragend zu dem Decurio blickte. "Die Lage ist doch wieder unter Kontrolle?"

    "Salve, Flavius." begrüßte der Kaiser den ehemaligen Aedil. Die Freude, der er Ausdruck verlieh, amüsierte den Aquilier ein wenig, was ihn ironisch lächeln ließ. "Das klingt ja beinahe, als hättest du ohnehin um ein Gespräch mit mir bitten wollen. Gibt es irgendetwas, was ich für dich tun kann?"

    Die differenzierte Einschätzung des Claudiers gefiel dem Kaiser. Sie war einerseits selbstkritisch, andererseits aber auch nicht kleinmütig. Über die Aggressivität der Bürger gegen Magistrate konnte der Aquilier aber wenig sagen.
    Das Resümee war eher ein geeigneter Aufhänger, um das Gespräch fortzuführen: "Das klingt ja fast danach, als würdest du dir gleich die nächste Aufgabe wünschen."

    Der Kaiser nickte knapp zu der Entscheidung. Er selbst hatte ja auch einen riesigen Stab an Schreibern und Dienern im Hintergrund, die alles mithörten.
    "Man könnte die Frage umkehren." antwortete er dann ein wenig wolkig und strich sich durch den Bart. "Es geht um deine Amtszeit. Zuerst einmal würde mich interessieren, wie du sie beurteilst. Abseits von dem, was du öffentlich in deinen Res Gestae ausgeführt hast." Neugierig stützte der Aquilier seinem Kopf auf die Hand. Es war hoffentlich klar, dass es um eine persönliche Beurteilung der eigenen Taten und Erfahrungen ging.