Beiträge von Julia Duccia Germanica

    Sie hatte ihn gar nicht wahrgenommen. Ihre Augen suchten voller Sehnsucht den klaren HImmel ab, der schon so dunkelrot wurde, dass es beinahe ins Blau überging. Ins dunkle Blau. Ein Stern war bereits am Himmel zu sehen, doch nicht dorthin ging Julias Blick. Er ging weiter, schien in die Unendlichkeit zu gehen und doch ins Nichts. Ihr Körper hob und senkte sich leicht, während sie atmete und bis auf die leichten Bewegungen ihres Haares im Wind regte sich nichts an ihr.

    Doch Julia stand nicht mehr da. Gleich eines Geistes hatte sie sich in Richtung des Dorfausgangs begeben und sitzt nun im Gras und starrt in den Wald. Hier würde ihr nichts geschehen, es würde niemand wagen. Sie hatte einen Dolch bei sich, am Gürtel ihres blauen Gewandes befestigt. Und sie betrachtete das leichte Hin und Her der Blätter. Sie hatte ihre Beine eng an ihren Leib gezogen.

    Si eleistete keinen Widerstand. Schon alle nicht, um Flavius nicht zu verletzen. Auch wenn sie hinter den Worten stand die sie sagte und nicht wirklich überzeugt wurde. Sie griff nur nach seiner Hand an ihrem Bauch und legte ihre darauf.


    "Geh rein und kümmere dich um Sextus, ich brauch ein wenig um durchzuatmen..."

    Ihre Stimme wurde immer leiser und umso länger sie sprach umso zittriger bis sich ihre Worte in Stummheit verloren.


    "Wie kann man jemanden wie mich lieben? Ich ziehe das unglück doch nur an, wie der Honig die Fliegen. Und die Fliegen sterben in diesem Honig, sind ihm in die Falle geraten."


    Sie stand einfach nur da und legte sich die Arme um den Leib.


    "Es tut mir so leid, was ich dir an den Kopf geworfen habe, es ist richtig. Vermutlich fühlst du auch mehr als ich bei dem Tod eines anderen."


    Sie wandte sich wieder um und ging ein paar Schritte.

    "DU bist Soldat! Du bist ein Mann. Und DU bist ein Krieger!"


    Sie sah ihn beinahe wütend an. Sie hatte einst überlegt den römischen Vestalinnen beizutreten, doch sie war keine Jungfrau mehr gewesen. Dort hätte sie Ruhe gehabt. Es wären nur zwei gestorben. Warum?


    Am liebsten würde sie nun wieder fortlaufen. Was hinderte sie daran? Sie wusste es nicht.


    "Ich bin nicht gerecht. Ich fordere es doch immer wieder heraus..."

    "Welcher Mann reagiert nicht, wenn eine nackte Frau vor ihm steht?"


    Sie macht sich von Flavius los und geht ein paar Schritte von ihm weg, zeigt ihm dabei nur ihren Rücken. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, sie fühlte sich so schmutzig. So schuldig. Ganz im Gegensatz zu damals, als sie noch ein Kind war.


    "Schon 6 Männer sind meinetwegen gestorben..."

    "Er hat aber doch seinen Bruder verloren, er war vollkommen unzurechnungsfähig. Die anderen beiden, sie hatten kein Recht. Recht mochte er auch nicht gehabt haben, aber zumindest war es nachvollziehbar ich...."


    War sie es wirklich schon so gewohnt, dass sie es als normal hinnahm? Sie schämte sich ihrer Worte, doch verglich sie diese Personen miteinander, konnte sie nicht anders als Mitleid empfinden.

    "Er tut mir einfach nur leid. Die zuvor, die hatten wahrlich keinen Grund, aber dieser Krieger war so verzweifelt... Er wusste seinerselbst nicht mehr."


    Sie biss sich auf die Lippen und ob die Tränen aus Trauer wegen des Kriegers, Selbstmitleid oder ihrer Gefühle her kamen, vermochte sie nicht zu sagen.

    Zitat

    Original von Flavius Duccius Germanicus
    Er sagte nichts, küsste nur sachte ihren Scheitel.
    "Erinnerst Du Dich an die Nornen?" Er sprach nur leise, die Augen leicht geschlossen.
    "Und weisst Du, wenn man es genau nimmt, ist keiner von Euch beiden Schuld. Nur...."
    Er sagte nicht mehr "er", aber er wusste, Julia verstand es so.


    "Er hat mir die Möglichkeit gegeben, mich zu entfernen. Freundlich und er sagte, er würde mich verschonen, ich solle nur weggehen.... Doch ich bin nicht weggegangen, ich bin bei ihm geblieben..."


    Sie hatte die Augen geöffnet, doch sie blickten ins Leere und auch ihre Tränen waren versiegt.

    Plötzlich stellte sie sich die Frage: Würde überhaupt mit ihrer Veränderung zurechtkommen? Würde er es akzeptieren, was sie nun war? Eine Wicca? Würde er akzeptieren, dass sie wieder wusste, welchem Volke sie wahrlich treu war? Würde er sie überhaupt Alrun nennen wollen? Sie würde ihm all diese Dinge verschweigen.


    "Flavius... Das was geschehen ist... Es ist meine Schuld, nicht die von Sextus. Ich habe einen Fehler gemacht von dem er denkt es wäre seiner gewesen... Und er muss auch noch dafür leiden..."

    Sie krallte sich schon beinahe vom Weinen geplagt in seinen Rücken. Endlich war sie in Sicherheit, nur in seinen Armen hatte sie dieses Gefühl. Oh Flavius, endlich beisammen. Ihr Griff verstärkte sich bei seinen Worten nur noch mehr.


    "Erst du gibst meinem Leben einen Sinn und wärest du nicht gewesen, hätte ich nicht versucht durchzuhalten. Wärest du nicht hergekommen, ich weiß nicht ob ich bis nach Mogontiacum durchgehalten hätte!"

    Sie sah abwechselnd zu Boden und dann wieder zu Flavius. Dann setzte sie an, wenn die Worte an sich auch nicht schwer waren, so fiel ihr dennoch das Reden selbst schwer zur Last.

    "Du warst während all der Zeit mein Halt und auch als ich eine der Ihren geworden bin, auch dann habe ich nahezu immer an dich gedacht. Der Gedanke an dich gab mir immer Wärme und Hoffnung, wenn auch stets nicht viel, so war doch immer ein Funken da. Flavius... Leif... ich liebe dich!"


    Nach diesen Worten rannen Tränen aus ihren Augen und sie rannte auf ihn zu und schmiegte sich fest an ihn.

    Sie schwieg, überlegte nicht lange wie sie antworten könnte. Sie tat ein paar Schritte von hier fort, wandte sich dann wieder Flavius zu.


    "Zwischen dir und mir soll sich nichts ändern, meine Welt würde zerbrechen..."


    Sie drehte sich wieder von ihm weg. Warum fiel es ihr so schwer, ihn zu umarmen? Warum traute sie sich nicht in eine engere Nähe als eine distanzierte Umarmung? Es war doch Flavius...

    "Du meinst wohl deine Mutter..."


    sie wandte den Blick wieder von Flavius ab, wieder kam der Schmerz in ihr auf. Und die Zweifel was Flavius Ehrlichkeit anging. Doch sie fühlte sich nicht kräftig genug um diese Sache anzusprechen.


    "Du sollst für mich nichts aufgeben. Versprich mir, dass du dies niemals tun wirst. Bitte..."


    Ihre Stimme klang abwesend.

    Noch immer sah sie in den Himmel. Flavius Berührung hatte sie aus ihrem Traum gerissen, doch sie wusste ohne hinzusehen, dass er es war. Sie hatte es gefühlt. Als er begann zu sprechen sah sie ihn an. Ihr Blick war sonderbar. Es war nicht der fröhliche Blick, ihre Worte klangen mechanisch, als wenn jemand ihr diese in den Schädel gemeißelt hätte.


    "Ich bin da!"

    Sie stand draußen, ihre langen Gewänder umspielten ihren Körper leicht. Ihren Körper den sie langsam begann zu hassen. Ihr Körper, der ihren Geist zerstörte. Nur ihr Kopf hing nicht schlaff herunter, denn ihr Gesicht war gen bunten Himmel gerichtet, ihr Herz weit in den tiefen Wäldern Britannias. Ja, sie war eine Germanin doch ihre Heimat hatte sie in Britannia gefunden. Vielleicht auch, weil sie dort so herrlich still leben konnte?


    Sie nahm Flavius' Stimme gar nicht wahr, sie war in einen Schleier des Schweigens gehüllt. Sie war völlig lautlos, nahm allerdings auch keine Laute war. Sie sah aus, wie nicht von dieser Welt.

    Sie streichelte ihm weiterhin zärtlich durchs Haar und über den Rücken. Sie hätte ihm so gerne die Wahrheit gesagt, doch da kam Flavius schon zurück und da traute sie sich nicht mehr. Doch dann löste sie sich lautlos aus der beider Umarmung.


    Wortlos und langsamen Schrittes wandte sie sich der Tür zu, denn sie wollte frische Luft, wollte hinaus. Sie arbeitete nicht mehr mit Sinn und Verstand sondern nur noch nach Instinkt, seit die Vorkommnisse waren. Und dieser trieb sie hinaus.


    Wäre dies von ihrem Verstand ausgegangen, hätte sie es vermutlich getan, damit die beiden unter sich sein konnten. Und so musste es auch für sie aussehen.