Beiträge von Julia Duccia Germanica

    Alruns Blick wurde fragend.


    "Der Große? Sprichst du..."


    Sie lachte.


    "Nein, nein... Nur Sarolf ist mein Bruder. Der Kleine ist mein Neffe, Sarolfs Sohn. Und... er ist nicht einmal wirklich mein Bruder... Ich habe erfahren, dass ich nur aufgenommen wurde, meine Eltern starben als ich noch klein war, wie mir scheint!"

    Sie wischte sich die Feuchte von ihren Wangen und lächelte sie an.


    "Du kannst dir sicher sein, dass ich von deiner Gastfreundschaft Gebrauch machen werde, dies war eine sehr schöne Zeit in meinem Leben, auch wenn sie anfangs unfreiwillig war. Und auch wenn sie Schattenseiten barg."


    Alrun hörte Gundalf Stimme und sah Ildiko an. Sie griff nach ihrer Hand und stand auf,


    "Wir sollten zurück!"

    "Ich verspreche, solltet ihr eine Bleibe suchen seid ihr sicherlich in unserem Zuhause herzlich Willkommen, solang ihr euch wohlfühlt. Fragt nach der 'Casa Duccia' in allen möglichen Städten. Nur für den Fall..."


    Ihre Tränen waren versiegt und sie erwiederte den Kuss, allerdings mit einem leichten Lächeln auf die Wange.


    "Danke..."

    Ich biss mir hart auf die Lippen.


    "Was ist, wenn euch etwas geschieht? Wer weiß wie weit die Römer kommen werden... Ich habe Angst um euch.... Schwester..."


    Sie schloss ihre Augen und presste die letzten Tränen hinaus. War es der Sinn des Lebens alle geliebten Menschen zu verlieren? Mir fielen ein paar alte Zeilen ein, die ich oft in meinem Kopf hatte und verdrängte sie. Sie waren zu sehr mit Trauer gefüllt.

    "Ich werde wieder kommen und ich werde der kleinen Thusdanelda viele Dinge beibringen. Nein, kein Latein. Ich werde sie die Dinge lehren, die Gundalf mich lehrte und auch von ihm möchte ich weiter lernen."


    Was würde mit ihnen geschehen, wenn das Dorf angegriffen würde? Konnte ich meine Worte überhaupt einhalten?

    Nun begann sie heftig zu zittern und schluchzte laut, während sie sich an Ildiko anschmiegte. Sie sehnte sich nach Leif, nur nach ihm. Was würde sie dafür alles geben, wenn er jetzt hier sein könnte. Nur er. Wenn sie sich jetzt in seine Arme kuscheln könnte und seine sanften Worte hörte. Doch er war nicht hier. Wann würde sie ihn wiedersehen?`


    Sie würde ihn wiedersehen... Sie wusste es nun endlich wieder. Sie wurde gefunden und gerettet. Und sie musste sich um Valentin kümmern. Doch bei dem Gedanken das Dorf zu verlassen überkam sie dennoch Trauer. Sie murmelte leis:


    "Ich möchte euch nicht verlassen, ich fühle mich hier viel heimischer als im römischen Imperium. Nur Leif ist dort. meine Familie. Also muss ich fort, ich gehe ein ohne ihn. Doch ich möchte wieder wie früher leben..."


    Alrun stand auf und sah in den Wald. Leif, ob du irgendwo dort draußen bist? Vielleicht suchst auch du mich ja inzwischen? Vielleicht findest du mich bald? Ich brauch dich doch so sehr... Wieviel Zeit wohl schon verstrichen ist? Eine Ewigkeit? Mehr....

    Der Boden wurde von den salzigen Tränen Alruns durchtränkt und als sie die Hand der Frau auf ihrer Schulter spürte drehte sie sich urplötzlich zu dieser um und lehnte sich an sie.


    "Es sind so viele Dinge geschehen, so viel Unglück nur durch meine Hand... Die Götter sind mir nicht wohlgesonnen."


    Sie starrte auf die Bäume hinter Ildiko.

    Die ersten Schritte auf dem weichen Waldboden. Alrun trug keine Schuhe, nur das weiße Gewand was sie zu tragen hatte. Sie genoss die Weiche und Nähe des Waldbodens. Britannia. 'Ich hätte nie zurückkehren dürfen, hätte dort bei Eilan bleiben sollen... Nur Unglück habe ich bewirken können...' schoss es ihr durch den Kopf, während die Welt begann sich zu drehen.


    Völlig unkontrolliert tastete sie sich schwankend und tränenüberströmt von einem Baum zum nächsten. während die Bäume begannen sich in hässliche Fratzen zu verwandeln, das Laub begann hämisch zu flüstern. Die Schritte wurden immer kleiner, bis sie auf die Knie fiel und wie ein verlorenes Kind mitten auf einem Schlachtfeld dort saß, welches unschuldiges Opfer war. Es war alles so falsch....


    Der Tag war noch viel zu hell. oh wie sehr sehnte sie sich doch nach erlösender Dunkelheit. Warum konnte nicht Abenddämmerung sie umgeben? Oder gar Nacht? Durch das dichte Blätterdach fiel nicht viel Sonne und das Licht das durchkam ließ leichtes Schimmern auf dem Boden erkennen.


    Sie legte so auf den Knien sitzend ihre Hände auf den Boden und tastete das Moos und die Grashalme ab. Strich darüber. Sie brauchte Skadi so sehr, brauchte die Freiheit und die Luft die ihr diese garantierte, während die Landschaft an ihr vorüberflog. Sie brauchte blauen Himmel, blaues Wasser, Wälder und die Klippen Britannias.


    Und bekam Einsamkeit.

    Sie wollte losstürmen, sobald die Krieger gegange waren. Doch als Sextus loslief, blieb sie noch während ihres ersten Schrittes stehen und sah ihm hinterher. Die noch eben angespannten Schultern hingen schlaff herunter und der ängstliche Blick wich einer kalten Leere. Ihre Lippen zittern nur noch kurz, ehe sie still standen und die Tränen liefen nur noch stumm die Wangen hinab.


    Einsam wandte sie den Blick ab. Es war alles nur ihretwegen geschehen, sie hatte kein Recht dorthin zu gehen. Sextus würde sich um Valentin kümmern, sie war hier überflüssig. Diese Erkenntnis zwang sich in ihr Herz und ließ es erkalten, ließ ihre ganze Umgebung verstummen und nur noch ein Dröhnen in ihrem Kopf zurück.


    Leisen Fußes drehte sie sich weg und ging mit schwebendem Gewand und beinahe unhörbarem Gang davon.


    So gerne würde sie nun Valentin... Sarolf versorgen. Ihn küssen, umarmen und ihm 'Danke' sagen. Doch er hatte nun Sextus, Julia brauchte er nicht mehr. Alrun würde zu Leif zurückkehren, nicht zu Leif und Sarolf.


    Sie war allein.
    Ihr Blick ging in den Wald.
    Ihr Blick voller Leere.
    Ihr Herz - kalt.

    Wütend biss Julia dem Germanen in die Hand, versuchte sich loszureißen um zu Valentin zu gelangen, die Trännen rannen über die Wangen und tränkten den germanischen Boden so wie das Blut von Valentin.

    Tränen begannen in Julias Augen zu brennen, als diese die grausame Tat sah. Valentin war verloren, wenn niemand eingreifen würde. Und dann würde sie es halt tun. Vielleicht würden sie Gnade walten lassen und sie statt seiner nehmen.


    "NEEIIIIN AUHÖREN!"


    Sie machte sich von Sextus Hand los und tat ein paar Schritte...

    Julia zitterte heftig und hatte mittlerweile Sextus' Hand ergriffen. Sie sah ihn an:


    "Das ist nicht gerecht, wir müssen etwas tun... Sextus..."


    Der Blick ging wieder besorgt zu Valentin, in ihren Augen stand Zärtlichkeit, Liebe und Sorge. Und ihr Blick war mutmachend, sie durfte ihn jetzt nicht im Stich lassen.

    Mit völlig verängstigtem Blick folgte sie dem Kampf. Täuschte ihr Bruder diese Schwäche nur vor, oder war es die Nervosität die ihn so unsicher werden ließ? Lange würde sie nicht mehr nur zuschauen können...

    Inzwischen nicht mehr von den beiden Frauen flankiert, sondern von Sextus und Gundalf stand sie nun auf dem Platz und sah die beiden Krieger an, wovon sie den einen ganz und gar nicht als einen solchen kannte. Ihr Herz war voller Angst, auch wenn sie krampfhaft versuchte sich mit zuzusprechen. Es wollte ihr nicht gelingen.


    Als sie an sich hinunter sah, fühlte sie sich wie ein Preis - obwohl sie dies ja eigentlich auch war. Doch eher wie ein Objekt, weniger wie Alrun.

    Aufmerksam und mit doch etwas missbilligendem Blick hatte sie den Worten über die Integrierung im römischen Reich gelauscht. Nein, es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass sie sich so eingliederten. Doch sie schwieg in dieser Sache. Als die Geschichte dann zu Alruns Entführung überging wurde ihr Blick erschrocken und resignierend.


    "Was ist mit Leif? Ist er hier? Kann ich auch mit ihm sprechen?"


    Hoffentlich würde Alrun, ihr kleines Mädchen bald zurückkehren. Und dies gesund. Und Sarolf auch, ihr zweiter Sohn.