Beiträge von Plinia Chrysogona

    Die Medica freute sich, dass sie nicht nur dem Falken helfen konnte, sondern offensichtlich in Caesoninus einen Menschen gefunden hatte, der sich zuverlässig um das Tier kümmern würde. Als sie hörte, dass er Aedituus im Tempel der Venus Genetrix war, warh sie beruhigt. Bestimmt würde er die Falkendame pflegen und letztlich irgendwann wieder in die Freiheit entlassen.
    "Wir freuen uns, wenn wir helfen konnten. Es ist schließlich ein sehr schönes Tier. Dort wo ich herkomme, aus Aegyptus, ist es ein Privileg besonders reicher und angesehenr Männer, sich einen Falken zur Jagd zu halten. Horus, einer der wichtigsten Götter des ägyptischen Pantheons, wird durch einen Falken symbolsiert. Man hält dort im Tempel auch Falken und wenn sie sterben werden die heiligen Tiere sogar einbalsamiert und bestattet. Na, wer weiß, vielleicht ist dies der Anfang einer ganz besonderen Freundschaft. Ich komme euch beide mal besuchen. Vale bene!"


    Mit einem zufriedenen Lächeln sah Chrysogona Caesoninus nach, wie er mit seinem Körbchen den Äskulapiustempel verließ.


    Sie wandte sich wieder Commodus zu.
    "Wollen wir unseren Rundgang hier fortführen?"

    Chrysogona bedankte sich bei Commodus und Caesoninus für die Hilfe. Sie besah sich beide Schienenmaterialien, entschied sich dann aber für das Schilfgras.
    "Das hier ist fest genug und etwas besser anmodellierbar", stellte sie fest. "Ich weiß nur noch nicht ob ich die Schiene mit anbinden fest genug bekomme. Wir werden es versuchen."


    Sie suchte sich einen passenden Faden und bat nun wieder ihre Helfer ihr zur Hand zu gehen. Caesoninus hielt den aufgeregten Vogel, Commodus die Schiene und Chrysogona bemühte sich den Faden so um den federbesetzten Flügel zu binden, dass er sie hielt. Dabei verlor die Fälkin leider einige Federn. Doch schließlich hielt die Schiene. Allerdings hielt der Vogel den Flügel nun unnatürlich vom Körper weg. Auch schien sein Gleichgewichtssinn zu leiden. Wie zu erwarten war.
    "Vielen Dank euch beiden. So könnte es gehen. Tja, Caesoninus. Da hast du jetzt eine Aufgabe. In den kommenden 3-4 Wochen wirst du den Vogel praktisch immer bei dir haben und füttern müssen. Hast du Erfahrung damit?"

    Zitat

    Original Marcus Helvetius Commodus: Commodus maß per Auge was er als Architekt natürlich recht gut konnte. "Also ich würde sagen ein halbes Digitus über einer Länge von 5 Palmus muss die Schiene sein."


    Chrysogona konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    "Fein, Herr Architectus, wie wäre es wenn du dieses Schilfgras entsprechend abschneidest oder abbrichst. Ich habe gerade kein weiteres Handpaar zur Verfügung!"
    Mit dem Kinn wies Chrysogona auf eine Truhe.
    "Da, Caesoninus, müssten Fäden verschiedener Dicke und Länge drin sein. Kannst du mal nachsehen, was sich zum Schienen dieses Vögleins eignen könnte?"
    Der Vogel piepste inzwischen kläglich. Er hatte Angst. Sie sollten sich beeilen.

    Chrysogona betrat das Gebäude in dem die Priester ihre Behandlungsräume hatten. Gezielt steuerte sie einen Raum an, den sie nutzen konnte, wenn sie im Tempel freiwillig ihren Dienst tat. Sie klopfte. Eine Stimme von innen antwortete. Chrysogona musste warten, der Raum war belegt. Sie ließ sich auf die Knie nieder und griff mit vorsichtigen Fingern in den Korb.
    "Autsch!" Sofort zog sie den Finger zurück und rieb ihn sich lachend. "Sie ist ganz schön kräftig. Außerdem scheint sie beschlossen zu haben, nicht behandelt werden zu wollen, Caesoninus."


    Als sie das entsetzte Gesicht des Mannes sah, lachte die Medica erneut.
    "Das war Spaß! Aber ich werde wohl Hilfe brauchen, wenn wir den Flüge schienen wollen. Wartet ihr beide hier, ich mache mich auf die Suche nach passendem Material zum Schienen."


    Sprach´s und verschwand. Wenig später erschien sie mit einem dünnen Stecken, der von einem Schilfgras zu stammen schien. Er war zäh und biegsam, brach nicht so leicht. Chysogona nickte zufrieden.


    Inzwischen wurde auch das Behandlungszimmer frei. Sie betraten es gemeinsam mit dem Falkenweibchen.
    Während Caesoninus den Korb hielt, griff Chrysogona erneut hinein. Dieses Mal blitzschnell und beherzt. Sie schaffte es den Vogel so zu greifen, dass er sie nich beißen konnte.
    Gezielt untersuchte sie die Schwingen. Der rechte Flügel war körpernah gebrochen. Chrysogona steckte den Flügel vorsichtig.
    "Commodus? Kannst du mal abmessen wie lang die Schiene sein muss?"

    Zitat

    Original von Gaius Iulius Caesoninus: Eiligen Schrittes trug Caesoninus das verletzte Turmfalkenweibchen in seinem mit Heu ausgepolstertem Korb durch Rom, das er bei der Stadtmauer gefunden hatte. Schon überquerte er die östliche Brücke der Tiberinsel, um danach auf dem allgemeinen Tempelvorplatz zu kommen (bei aller Eile jedoch natürlich immer auch auf den Vogel achtend). Noch in der Bewegung hatte er schon begonnen sich nach Personen auf der Insel umzusehen, die wie ein Heiler aussehen könnten. Doch auf den ersten paar Blicken konnte er einfach keinen entdecken, was ein leichtes Gefühl der Frustration in ihm weckte. Der Falke fiepte inzwischen noch schwächer, auch wenn ihm sein weiches Polster bestimmt besser bekam, als zuvor noch der harte Erdboden. Doch was jetzt unternehmen? Caesoninus war schon so weit gekommen, es konnte doch jetzt nicht alles an einem fehlenden Heiler auf der Tiberinsel scheitern! Unruhig sah er sich um, doch da war immer noch niemand passender. Sein Blick fiel schließlich auf einen Mann und eine Frau, die beide ganz nah bei ihm am Ufer standen. Vielleicht wussten die ja Rat, oder vielleicht war der Mann sogar ein Kundiger der Medizin. Schnell eilte er mit seinem Korb mit dem Falken darin auf die beiden zu und sprach sie an: "Salvete, kennt ihr zufällig einen Heiler hier irgendwo, der sich den gebrochenen Flügel dieses Falken ansehen könnte?" fragte er schnell und zeigte ihnen das Falkenweibchen im Korb.


    Auch Chrysogona blickte in den Korb in dem ein verletzter Falke saß. Ganz deutlich stand der Flügel ab und das Tier flatterte verängstigt.
    "Oh je, der arme Falke! Was für ein schönes Tier!"


    Die Medica grübelte. "Eigentlich ist das hier die falsche Adresse. Du könntest zum Diana-Tempel gehen. Sie gilt ja als Göttin der Jagd und der Herrin der Tiere. Aber ob die viel Ahnung vom Schienen eines gebrochenen Flügels haben...???"


    Wieder sah sich die Medica den hilflos flatternden Vogel an. Dann traf sie eine Entscheidung.
    "Weißt du was? Wir versuchen in den Behandlungsräumen der Medici Hilfe zu finden. Auch wenn hier übrlicherweise nur Menschen behandelt werden. Ich bin übrigens selbst Medica. Mein Name ist Plinia Chrysogona. Komm mit mir,... wie war gleich dein Name?"

    Mit großen Augen hörte Chrysogona dem Vorschlag des Helvetiers zu. Es klang sehr abenteuerlich. Ein Schiff für die Behandlungen?
    "Commodus, das klingt für mich sehr abenteuerlich. Was ist mit Hochwasser? Müssen wir nicht Angst haben, dass alles weggespült wird? Der Tiber ist ja nicht immer so ruhig wie jetzt. Und wie ist es da unten mit Ratten? Man hört ja immer, dass sich die Tierchen am Wasser so wohl fühlen."


    Die Medica sorgte sich, auch wenn sie sich natürlich freute, dass Commodus sich um eine schnelle Lösung bemühte.

    Chrysogona hörte zu. Sie versuchte zu erahnen, worauf Commodus hinauswollte. Er dachte wie ein Architekt, sie wie eine Medica, die lange im großen Heiligtum auf Kos gelebt hatte.
    "Nun, Commodus, der Tempelschlaf ist ein kultischer Akt, der Besuch eines Gottes im Traum ist eine heilige Angelegenheit. Profane Räume in denen Aderlässe gemacht werden, die Schröpfköpfe aufgesetzt und Abszesse eröffnet werden, sind denkbar ungeeignet, wenn man auf die Visite eines mythologischen Arztes wartet, der einem sagt, was man machen muss um wieder gesund zu werden. Eigentlich sollte es eine geräumige Halle geben durch deren Säulengesäumten Umgang man tagsüber wandeln kann und in dessen Einzelräumen man nachts auf den einfachen Liegen sich dem Tempelschlaf ergeben kann. Wie gesagt, eher ein edles, kultisches Gebäude. Diese Räume hier sind profane Behandlungsräume. Aus ihnen wird nie ein Abaton."


    Er schien wirklich an einer kurzfristigen Lösung des Problems gelegen zu sein.
    "Wir können gerne an den Rand des Geländes gehen und uns den Uferbereich ansehen."

    Commodus verstand sofort die Dringlichkeit. Chrysogona freute das. Endlich schien es ihr, dass jemand das Problem sofort erkannte.
    "Die Räume sind auch so schon geeignet als Schlafräume. Aber es sind natürlich viel zu wenige. Bequem muss es ja nicht sein, dass ist ja nicht der Sinn und Zweck. So eine Behandlungsliege kann vorübergehend auch als Schlafplatz dienen. Aber auf Kos oder in den anderen Asklepieia verbringen Hilfesuchende oft längere Zeit. Tage bis Wochen. Dafür ist der Bau hier ungeeignet. Zumal die Priester ja auch ihre Behandlungsräume brauchen. Und wo tagsüber zur Ader gelassen wurde, schläft es sich nachts nicht so gut. Du verstehst schon..."


    Wie erwartet kam das Gespräch auf den Tempelbau am Almo. Chrysogona musst nun gestehen, dass sie sich nicht hatte kümmern können, weil sie wegen des Todes ihres Vaters so lang in Alexandria gewesen war.
    "Tja, das ist so eine Sache. Das Grundstück ist gefunden. Es liegt günstig unweit der Via Appia und zudem in der Nähe von Frischwasserquellen. Ein Grundstück direkt am Fluss, der Tempel könnte ein wenig erhöht am Ufer liegen. Aber für den brauchte es natürlich noch einen Sponsor. Das Geld aus den Tempeleinnahmen auf der Tiberinsel reicht bei weitem nicht aus. Davon könnten die Gebäude für die Priesterschaft und das ein oder andere zusätzlliche errichtet werden, nicht aber ein Tempel, eine Therme, das Abaton ect. Wir müssen also auf einen Mäzen warten oder hoffen, dass die kaiserliche Kasse den Bau unterstützt. Ehrlich gesagt, ist es noch lange nicht abzusehen, wann dort die Baumaßnahmen starten können."

    Chrysogona und Commodus standen vor dem Podiumtempel des Äsculapius. Wie im griechischen und Römischen Cultus üblich stand ein Opferaltar vor den Stufen zum Tempel. Darau glimmten die Kohlen für die zahlreichen Opfergaben der Hilfesuchenden.
    Die Medica sah den Kennerblick ihres Begleiters und begann die Gebäude aufzuzählen. Dazu drehte sie sich um zu den beiden Gebäuden, die den Eingang flankierten. Das nun rechts gelegene hatte zwei Geschoße.
    "Wie ich schon gesagt habe ist dieses Gebäude den Priestern vorbehalten. Sie haben ihre Kammern im Obergeschoss. Unten sind die Untersuchungs- und Behandlungräume. Für ein Abaton, wo man den Tempelschlaf vollziehen könnte, der so typisch für den Aslepioskult, äh Aesculapiuskult ist, ist auf der Inselspitze kein Platz. Manchmal lassen die Priester die Ratsuchenden deshalb in den Behandlungsräumen übernachten und sogar dort", sie deutete mit dem Finger auf die Porticusumfriedung rechts und links des heiligen Bezirks unter dem im Augenblick diverse Hilfesuchende wandelten oder saßen, "übernachten die Kranken und Versehrten. Eigentlich unhaltbare Zustände. Schon im Hinblick auf die Hygiene..."


    Sie seufzte und wandte sich mit dem Gesicht zum Tempel. "Der Tempel ist reich. Die vielen Rat- und Hilfesuchenden spenden reichlich. Dort zur Linken des Tempels ist das Schatzhaus. Aber das Collegium besitzt natürlich viel mehr als dort gelagert werden kann. Deshalb haben wir auch beschlossen, einen weiteren Aesculapiustempel außerhalb der Stadt, doch in der Nähe zu erbauen. Dort soll ein richtiges Heiligtum entstehen, so wie auf Kos oder in Epidauros. Mit Badehäusern, Quelltempeln für die Trinkkuren, Abaton für den Tempelschlaf und Gästehäusern, wo die Heilungsuchenden auch länger bleiben können. Hier auf der Insel wird eine Vorauswahl getroffen. Wer nur opfern will und schnellen Rat sucht, kann hier bleiben, wer eine langwierige Behandlung benötigt, den Tempelschlaf vollziehen will oder sich einer Kur unterziehen will, muss an den Almo weiterziehen. Es ist nur ein paar Meilen südwärts gelegen an der Via Appia. Du musst auch die Seuchengefahr bedenken. Wenn sich hier, mitten in Rom, Menschen versammeln, die ansteckende Krankheiten haben, bekommen wir im Nu ein riesiges Problem."


    Chrysogona sah Commodus an, ob er ihr folgen konnte.

    Die Medica dachte kurz nach.
    "Tatsächlich gibt es im Nil auch einige Inseln mit Tempeln. Aber die Schiffsform, da muss ich nachdenken. Der Isis oder Hator-Tempel auf Philae, das ist so ein passendes Beispiel, denke ich. Die Form der Insel ist durchaus ähnlich der Tiberinsel, die Außenmauer wurde der Insel angepasst, also kann man durchaus von Schiffsform sprechen. Es sind noch andere Tempel auf der Insel, aber der der Isis ist wohl am wichtigsten. Auf einer kleinen Insel, gleich nebenan, ist ein weiterer Tempel, der Isis und dem Osiris gewidmet und das mythologische Osirisgrab. Man sagt, dass Isis von der Insel Philae mit dem Schiff nach Bigeh übersetzt wo das Grab ihres Geliebten Osiris liegt. Diese Insel hat auch in etwa Schiffsform. Jetzt wo du den Zusammenhang herstellst... vielleicht ist wirklich etwas dran und die Götter haben da die Finger im Spiel!"



    Sie betraten die Brücke und blickten über die Brüstung in das trübe Wasser des Tiber. Chrysogona musste an den Nil denken, der auch nur selten klar und sauber war. In Alexandria, wo sie groß geworden war, im Delta des Flusses wurde durch die Gezeiten immer Nilschlamm mitgeführt und ganz abgesehen davon war Alexandria eine große Stadt mit fast 200.000 Einwohnern.
    Commodus kam auf die heiligen Schlangen zu sprechen.
    "Oh ja, natürlich gibt es hier welche! Wie in jedem Äskulaptempel, den ich bisher gesehen habe. Das ist auch ganz wichtig. Denn wenn Menschen mit Krankheiten kommen für die es keine bekannten Heilmittel gibt, führt man sie ins Heiligtum und ein Priester berührt sie mit einer der heiligen Schlangen. Wird der Patient gebissen, so sagt man, dass er genesen wird. Es gilt auch als heilsam von Schlangen zu träumen oder im Traum von einer Schlange gebissen zu werden. Der Biss ist übrigens gänzlich harmlos. Es tut nur kurz ein wenig weh. Viel unangenehmer ist das stinkende Sekret, das sie absondern."


    Chrysogona rümpfte die Nase. "Wenn sich die Schlangen bedroht fühlen, dann bekommt man es zu spüren und zu riechen. Der Priester, der sich hier auf der Insel um die Schlangen kümmert schwört übrigens Stein auf Bein, dass die Schlangen nicht stinken. Aber ich glaube er riecht es überhaupt nicht mehr, weil er diesen Gestank so oft in der Nase hat."


    Sie kicherte. Dann betraten sie die Insel. Es war voll auf dem zentralen Platz, von dem man den Temenos betreten konnte. Die Schlange dort war lang. Rechter Hand befand sich ein Brunnenhaus unter einem Dach, getragen von Säulen, das Gebäude links war der Priesterschaft vorbehalten. Als sie sich gereinigt hatten und den Innenhof des Tempelareals betraten sahen sie vor sich den "Mast" des "Schiffes", einen Obelisk.

    Zitat

    Plinia Chrysogona:
    An der Basilica Iulia bogen sie links ab und erreichten das Marcellus Theater von hinten her. Nachdem sie es umrundet hatten lag der Tiber und damit die Tiberinsel direkt vor ihnen.


    Die Pons Fabricius führte auf die Insel. Das Eiland hatte die Form eines Schiffes und kluge Baumeister hatten dies zu nutzen gewusst. Sie gaben der Inselspitze eine steinerne Einfassung in Form eines Schiffsbugs. Ihn schmückte eine Äskulapnatter, die sich um den Stab des Heilgottes wand. Der von ihnen aus linke Teil der Insel, der dem Bug des Schiffes entsprach trug das Heiligtum mit seiner Porticuseinfassung. Der Podiumstempel ragte daraus empor. Auch das kleine Schatzhaus links vor dem Tempel war über die Umfassungsmauer des Temenos zu erkennen. Seine roten Ziegel überragten die Umfassungsmauer. Deutlich stach auch ein Obelisk hervor, der gleich einem Mast die Mitte zwischen beiden Brücken, die die Tiberinsel mit dem Festland verbanden, markierte. Die genaue Bedeutung der verschiedenen Gebäude wollte Chrysogona ihrem Begleiter erklären wenn sie auf der Insel waren. Also beschrieb sie ihm vor dem Marcellustheater stehend nur die Bedeutung der Schiffsform.


    "Hier siehst du das Tempelareal des Äskulapius." Sie deutete auf die linke Seite der Insel. "Siehst du, dass sie die Form eines Schiffsrumpfes hat? Weißt du warum das so ist? Und warum sich an dem marmornen Schiffsschnabel die Schlange nach oben windet?"


    Zitat

    Marcus Helvetius Commodus: "Ja ich sehe die Form. Die Insel war wahrscheinlich von Anfang an so geformt. Während meiner Ausbildung hatte ich mehrer Stunden in denen es darum ging das Meeresinsel in der Regel eher rundlich geformt sind und daher ganz anderes bebaut werden müssen als Flussinseln die eigentlich immer länglich sind. Meinst du das?" Er sah noch einmal konzentriert zum Schiffsschnabel. "Ich denke mal das das ein deutliches Zeichen und Verehrung für Äskulapius wegen ist oder? Die gewundene Schlange ist doch sein Zeichen...wobei ja eher um einen Stock gewunden als um einen Schiffsschnabel. Bedeutet das noch das viele Kranke per Schiff hergebracht werden?"


    Chrysogona lächelte.
    "Ja das mit der Form der Inseln wäre eine Möglichkeit. Und das mit der Schlange ist natürlich richtig. Die letzte Vermutung aber ist nicht richtig. Es hat etwas mit der Geschichte des Äskulapkultes auf der Tiberinsel zu tun. Als einst eine Seuche Rom bedrohnte, ich glaube es ist etwa 400 Jahre her, da befragte man die Sibillinischen Bücher um eine Antwort auf die Frage, wie Rom zu retten sei. Die Antwort aus den Büchern der Seherin war, dass man den Heilgott Asklepios aus Epidauros, seinem Kultort holen solle. Die Priester von Epidauros waren zwar wohl nicht glücklich aber erkannten die Notlage. Sie gaben den Römern eine der heiligen Schlangen mit, die sozusagen den Geist des Heilgottes in sich tragen. Per Schiff wurde die heilige Schlange nach Rom transportiert. Hier an der Insel lief das Schiff auf Grund und die Schlange machte sich auf den Weg an Land. Deshalb gründete man hier den Tempel und deshalb hat man die Form der Insel, da hast du sicher recht, dass das typisch für Flussinseln ist, dem Schiff nachgeformt, das die Schlange des Äskulapius nach Rom brachte. Im Bug sieht man heute die marmorne Nachbildung der heiligen Asklpiosnatter, die sich auf die Insel windet. Die meisten Kranken betreten die Insel über eine der beiden Brücken. Und das werden wir jetzt auch tun. Komm!"


    Sie ergriff seine Hand und führte ihn zu der Brücke.

    Wie sehr sie sich freute, dass Commodus so spontan ihrem Vorschlag folgte. Er ließ seine Arbeit liegen, zog sich um und machte sich fertig um mit ihr einen Spaziergang zu machen.
    "Ich bin zu Fuß da. Die Sänfte nehme ich nur wenn es sich nicht vermeiden lässt. Dann wollen wir mal. Ich denke in diesem Fall beginnen wir auf der Tiberinsel auch wenn es hier in der Nähe zwei weitere interessante Tempel von Heilgöttern gibt. Mal sehen, wann wir uns die ansehen werden."


    Beschwingten Schrittes marschierte Chrysogona an der Seite des Helvetiers durch die Stadt. Sie ließen den Ludus Magnus links liegen, gingen an der Titus Therme und am Flavischen Theater vorbei über die Via Sacra mitten über das Forum. Hier pulsierte das Leben. Chrysogona unterhielt sich angeregt mit Commodus. Er wusste viel über die Bauwerke der Stadt. Als Architectus kein Wunder. Die Medica hing an seinen LIppen. Ihr gefiel diese Art Freizeitgestaltung.


    An der Basilica Iulia bogen sie links ab und erreichten das Marcellus Theater von hinten her. Nachdem sie es umrundet hatten lag der Tiber und damit die Tiberinsel direkt vor ihnen.


    Die Pons Fabricius führte auf die Insel. Das Eiland hatte die Form eines Schiffes und kluge Baumeister hatten dies zu nutzen gewusst. Sie gaben der Inselspitze eine steinerne Einfassung in Form eines Schiffsbugs. Ihn schmückte eine Äskulapnatter, die sich um den Stab des Heilgottes wand. Der von ihnen aus linke Teil der Insel, der dem Bug des Schiffes entsprach trug das Heiligtum mit seiner Porticuseinfassung. Der Podiumstempel ragte daraus empor. Auch das kleine Schatzhaus links vor dem Tempel war über die Umfassungsmauer des Temenos zu erkennen. Seine roten Ziegel überragten die Umfassungsmauer. Deutlich stach auch ein Obelisk hervor, der gleich einem Mast die Mitte zwischen beiden Brücken, die die Tiberinsel mit dem Festland verbanden, markierte.


    Die genaue Bedeutung der verschiedenen Gebäude wollte Chrysogona ihrem Begleiter erklären wenn sie auf der Insel waren. Also beschrieb sie ihm vor dem Marcellustheater stehend nur die Bedeutung der Schiffsform.
    "Hier siehst du das Tempelareal des Äskulapius." Sie deutete auf die linke Seite der Insel. "Siehst du, dass sie die Form eines Schiffsrumpfes hat? Weißt du warum das so ist? Und warum sich an dem marmornen Schiffsschnabel die Schlange nach oben windet?"

    Commodus sprach das Opfer an. Sie dachten einen Augenblick nach.
    "Oh ja, ich denke da gibt es sicher eine Möglichkeit. Lass uns den Tempel auf der Tiberinsel gemeinsam ansehen. Du als Architekt kannst sicherlich feststellen ob der Tempel einige Reparaturen nötig hat oder ob etwas bauliches sinnvoll wäre. Dann könntest du eine Stiftungsinschrift anbringen, die dich als Spender ausweist. Das wäre vielleicht was für dich, oder? Wollen wir gleich aufbrechen?"

    Es war offensichtlich, dass Commodus unzufrieden war. Ein guter Zeitpunkt, ihn auf andere Gedanken zu bringen.
    "Ich habe meine Patienten besucht und versorgt. Das Kaiserhaus ist zum Glück gesund und munter. So blieb mir mehr Zeit für meine karitativen Aufgaben. Vor allem auf der Tiberinsel. Dabei fällt mir ein: wir wollten doch einen Ausflug zu den verschiedenen Tempeln der Heilergötter und -göttinnen machen. Wenn du einen Nachmittag Zeit findest, dann wäre das eine schöne Abwechslung vom manchmal frustrierenden Arbeitsalltag, oder nicht?"


    Mit einem herausfordernden Lächeln hoffte sie auf eine postive Antwort.

    Als Chrysogona im Atrium erschien wurde sie von Commodus bereits erwartet. Sie strahlte als sie ihn sah. Er war mal wieder wie aus dem Ei gepellt.
    "Commodus!", der Tonfall ihrer Stimme machte deutlich wie sehr sie sich freute, ihn wiederzusehen. "Es ist viel zu lange her, dass wir uns gesehen haben. Geht es dir gut?"

    Es schien als sei Varus wirklich wieder bei Kräften. Chrysogona bestätigte ihm, dass sie nicht vor hatte innerhalb der nächsten paar Wochen auf dem Weingut aufzuschlagen. Dann sprach er den Commodus versprochenen Ausflug zu den Tempeln an. Die Medica hatte bereits ein schlechtes Gewissen, da das Versprechen schon einige Zeit her war. Sie war jedoch beruflich so eingespannt gewesen, dass sie das Vorhaben mehrfach verschieben musste. Nun aber wollte sie nicht länger warten.
    "Ich werde die Gelegenheit gleich nutzen und mit Commodus einen Termin vereinbaren, damit nichts mehr dazwischen kommt. Vale bene, mein bester Varus! Ich freue mich, dich demnächst auf deinem Gut treffen zu können und du wirst nicht umhin kommen mit mir einen Becher Wein zu leeren... oder zwei!"

    Chrysogona hatte nicht vor, ihm zu sagen, dass der Zusammenstoß tatsächlich zu einigen Schwierigkeiten geführt hatte. Sie vermied also das Thema weiter auszuführen.


    "Nicht der Rede wert, Varus. Und es hatte ja auch etwas Positives. Ich habe dich und Commodus kennengelernt."


    Wenn er genau hinsah würde er vielleicht erkennen, dass sich ihre Wangen leicht röteten bei der Erwähnung seines Verwandten.


    Um kein unangenehmes Schweigen aufkommen zu lassen, setzt sie zu einer weiteren Frage an.
    "Werde ich dich einmal auf deinem Weingut besuchen dürfen? Ich würde auch gerne mal aus der stinkenden und lauten Stadt entkommen."

    Der Händedruck fühlte sich nahezu seitengleich an. Die Medica war zufrieden. Sie wusste, dass Varus nur darauf wartete, die Stadt verlassen zu können, um zu seinen Weinbergen zurückkehren zu können.
    "Das gefällt mir! Du hast wieder ordentlich Kraft. Die wirst du auch brauchen, um deine Reben zu beschneiden und die Amphoren zu heben. Ich freue mich für dich, Varus! Jetzt darfst du mit meiner Erlaubnis auf dein Weingut zurückkehren."


    Die Frage, die er dann stellte, amüsierte sie. Er konnte sich ganz offensichtlich nicht an das Geschehen erinnern. Das war sehr typisch für ein solches Hirntrauma. Eine klassische Amnesie.
    Die Antwort fiel ihr nicht leicht. Im Augenblick hatte sie bei ihm noch den Nimbus der Retterin. Dabei war sie das gar nicht. Sie war die Verursacherin des ganzen Schlamassels.


    "Ohne mich wärst du gar nicht verletzt worden. Meine Sänfte hat dich umgerannt. Die Sänftenträger waren nicht aufmerksam. Also war es meine Schuld, dass du verletzt wurdest. Umso selbstverständlicher, dass ich aus der Sänfte stieg, um dir zu helfen. Ich war auf den Weg zum Palatin um an meine Wirkungsstätte zurückzukehren. Ich habe dich also eigentlich nicht gerettet, sondern zum Schwerverletzten gemacht."

    Mit ernster Miene beobachtete die Medica ihren besonderen Patienten und hörte was er zu berichten hatte. Nach einer Weile nickte sie.
    "Das klingt sehr gut. Ja, dass mit dem Muskelkater kann noch eine Weile so bleben. Wahrscheinlich wird die eine Seite langfristig nicht so viel Kraft und Ausdauer haben wie die andere. Das gilt auch für das Augenlid. Die Ausdauer wird auch da besser werden. Eine Augenklappe würde ich nur dann nehmen, wenn du das Gefühl hast, dass dieses Auge mehr austrocknet als das andere. Ich würde allerdings nicht ständig eine Augenklappe tragen, denn die Augenmuskeln würden schwächer werden, wenn sie nicht ständig beübt werden. Also versuche darauf zu verzichten, wenn möglich."


    Sie reichte ihm beide Hände hin und forderte ihn auf. "Drück mir mal beide Hände, damit ich spüren kann, ob die Kraft schon einigermaßen gleichmäßig ist."