Beiträge von Plinia Chrysogona

    "Ich finde, es ist sein gutes Recht, sich in das Leben zurückzuziehen, das ihm gut tut. Und ich kann nur zu gut verstehen, dass das Leben hier nichts für ihn ist. Auch ich gewöhne mich nur langsam an Rom und habe die Auszeit in Alexandria durchaus genossen. Wir werden sehen wie es sich entwickelt und ich bin dir dankbar, wenn ich zunächst einen fähigen Magister Gymnasii für ihn suchen kann. Besten Dank für deine Großzügigkeit, Commodus! Dann will ich deine kostbare Zeit nicht länger beanspruchen und mich auf die Suche machen. Vale bene!"


    Sie stand auf und nickte ihm zu. Sogleich würde sie sich auf die Suche machen.

    Bestürzt hörte Chrysogona, dass Varus tatsächlich arm wie eine Tempelmaus war. Und nun verstand sie auch warum er so schnell wie möglich wieder in die Albaner Berge wollte. Sie hatte ihn für einen reichen Römer gehalten, der aus gutem Hause stammend, nicht wirklich arbeiten musste und für den schon immer jemand aus der Familie aufkommen würde.
    Nun war ihr einiges klarer.
    "Danke für deine Ehrlichkeit und deine Ausführungen. Ich werde, wie alles was mir als Medica anvertraut wird, gemäß des Hippokratischen Eides, vertraulich behandeln. Es tut mir leid, wenn ich das alles vernehme, dass ich Varus Wunsch nach der Rückkehr in die Albaner Berge noch aufschieben muss. Ich werde auf die Suche gehen, ihm einen guten Magister Gymasii zu besorgen und dann macht er hoffentlich bald Fortschritte. Denn wenn er erst wieder gehen und sich sicher fortbewegen kann, steht seinem Wunsch nichts mehr im Wege. Ich werde dich dann über meine Erkundigungen in Kenntnis setzen und auch über die zu erwartenden Kosten. Ist das in Ordnung so?"

    Interessiert hörte Chrysogona zu. Sie hatte schon gehört, dass es Honig gab der halluzinogen wirkte, wenn die Bienen von Pflanzen wie dem Stechapfel Pollen gesammelt hatten.
    "Das ist sehr interessant, Miyagenus. Danke für die Ausführungen. Es wäre einen interessante Dareichungsform gewesen. Aber so fällt es wohl aus."


    Die Griechin drehte sich wieder dem Hausherren zu.
    "Ich muss sagen, dass mir dein Haus sehr gut gefällt. Ich fühle mich wirklich wohl hier! Was machen wir als nächstes, Commodus?"

    "Eine Diät", wiederholte die Medica fassungslos. Sie bemühte sich, es nicht abschätzig klingen zu lassen, doch konnte sie nicht nachvollziehen warum ihr geschätzter Kollege beim wichtigsten Manne des Imperiums so zurückhaltend vorging. Nun gut, der Kaiser würde diese einfach umzusetzende Methode sicher bevorzugen, doch war das genug? Wie der Kaiser selbst zu bedenken gegeben hatte, verfügte er bereits über ein reifes Alter. Dazu diese Erkrankung, die offenbar seit dem Winter nicht komplett verheilt war oder zumindest zu Verklebungen im Lungeflügel geführt hatte. Das war bedenklich.


    Chrysogona sah den Kaiser nachdenklich an.
    "Nun, ich akzeptiere, dass dir das lieber ist. Doch gebe ich zu bedenken, dass die Durchführung einer Diät, wie du selbst eben zugabst, bei den vielen Einladungen, die du hast, kaum durchführbar ist. Oder nur eingeschränkt. Außerdem bestehen diese Lungenprobleme offebar schon seit dem Winter. Es ist dringend geboten, etwas zu unternehmen!"


    Die Falte zwischen ihren Augen wurde tief und tiefer. Man konnte sehen, wie sie mit sich rang.
    "Ich will mich entgegenkommend zeigen, mein Kaiser, aber betonen, dass ich, als die für dein Wohlergehen zuständige Medica, eine intensivere Therapie für angebracht halte. Wir versuchen es vierzehn Tage mit der Diät des Kollegen Paracelsus. Wenn ich dann Verbesserungen bei der Auskultation wahrnehme, soll es mir genügen. Wenn nicht, solltest du dich einer intensiveren Therapie unterziehen. Es ist zu deinem Besten, mein Kaiser!"

    Chrysogona winkte ab. "Oh nein, nicht wegwerfen! Bloß nicht!"
    Als Miyagenus seine Distanziertheit überwunden hatte, lächelte die Griechin ihn an. "Gib mir Bescheid, wenn sie blühen. Dann komme ich und sehe sie mir an. Ach, eine Frage noch, Miyagenus: enthält der Digitalishonig den Wirkstoff der Heilpflanze? Da könnte sich einen neue Therapievariante ergeben."
    Die Medica sah den Hortulanus grübelnd an.

    "Auf Salus. Möge sie ihre segnende Hand über die Villa Helvetia und ihre Bewohner halten!", sprach Chrysogona ihren frommen Wunsch.


    Dann nahm sie einen Schluck. Der Wein schmeckte herrlich erfrischend. Das Mischungsverhältnis war ausgewogen.
    "Nun, es geht um die weitere Behandlung von Varus. Leider zieht sich der Genesungsprozess hin. Länger als er es gerne hätte. Ich habe ihm heute empfohlen einen Magister gymnasii zu engagieren, der Übungen mit ihm macht. Denn er ist noch sehr schwach und vor allem gehorcht ihm die linke Seite noch nicht. Dazu kommt, eine verstänliche Melancholie, die ihn ob seines Zustandes ergriffen hat. Ein geschulter Mann, der ihn zu motivieren weiß, wäre sicher gut. Dann würde er seine Übungen sicher regelmäßig machen. Er aber sagte, dass die Finanzierung von dir abhängt. Ist Varus so abhängig von dir? Verfügt er über kein eigenes Vermögen?"

    Der Akzent des Skriva war allerliebst. Chrysogona mochte die weiche Note in seiner Sprache. Es klang wie eine Melodie. Sie lächelte ihn an und grüßte ebenso freundlich.
    Dann nahm sie Platz. Schon bald erschien die Sklavin mit zwei Karaffen Wein und einem Krug mit Wasser.
    "Den Weißen bitte, Veleda. Es ist sehr heiß heute. Da erfrischt der Weiße besser. Besten Dank."


    Chrysogona nahm das Glas mit dem gemischten Weißwein entgegen und hielt es hoch, damit Commodus mit ihr trinken konnte.
    "Ich komme, um über die weitere Behandlung deines Verwandten Varus zu sprechen. Doch lass uns zunächst auf Salus trinken. Ich denke sie ist die Richtige, wenn es um die Genesung geht."

    Interessiert sah Chrysogona Miyagenus an.
    "Ach Digitalis! Eine sehr potente Heilpflanze, wenn man sie zu dosieren weiß!"


    Sie sah von Miyagneus zu Commodus. Sollte sie den Hausherren warnen? Digitalis war ein Herz stärkendes Heilmittel, das überdosiert töten konnte. Wie vertrauensvoll war der Hortulanus? Dann entschied sich Chysogona nichts zu sagen. Sie wusste ja, dass Commodus sein Sklaven sehr gut behandelte und sie oft schon viele Jahre ihren Dienst bei Commodus versahen.
    "Ich finde ihn sehr schön, in beiden Farben. Ich freue mich schon darauf, ihn blühen zu sehen."

    Die Medica lächelte. Die Frau war, ihrem Akzent nach zu urteilen, keine Römerin. Sie hatte einen starken Akzent, griechisch mit der Ausprägung, die auf Kleinasien hinwies. Nun verstand Chrysogona auch, warum sie einfach in den Tempel eingetreten war.
    "Salve. Du stammst nicht von hier, wie ich deinem Akzent entnehme. Dort wo du herkommst ist der Götterkult sicherlich persönlicher und weniger förmlich. Mein Name ist Plinia Chrysogona und ich bin auch keine gebürtige Römerin. Ich stamme aus Alexandria und lebte lang auf Kos im Asklepieion. Priesterin bin ich keine. Ich bin Medica und helfe hier bei der Untersuchung und Behandlung der hilfesuchenden Kranken und Versehrten. Hier in Rom ist der Götterkult sehr formalisiert und sogar der Kult des Asklepios muss sich in das römische Korsett kleiden lassen, um zugelassen zu werden. Du wirst hier auf der Tiberinsel zwar die Asklepiosnattern finden, in einem der Nebengebäude, in dem auch die Priester wohnen, aber keiin Abaton für die Inkubation. Manchmal bringen die Priester die Schlangen auch hier in den Tempel, aber keine Sorge, sie sind ungiftig."


    Sie sah die etwa gleichaltrige Frau neugierig an. "Wo kommst du her, wenn ich fragen darf? Und wie ist dein Name?"

    Der Kaiser gab zu sich ab und an schlapp zu fühlen. Zum Glück nicht dauerhaft. Das Alter, na klar, das spürte man irgendwann natürlich auch.
    "Nun, dann scheint es dich nicht besonders zu beeinträchtigen. Dennoch verordne ich dir einen Heiltrank, Cataplasmen, Schröpfbehandlungen, Massagen und eine Inhalationstherapie, dazu Atemübungen während des Frühsports."
    Sie ging davon aus, dass der Kaiser jeden Morgen Übungen machte. "Ich werde, mit deiner Erlaubnis, den Campidoctor oder Magister gymnasii entsprechend instruieren. In der Therme momentan bitte kein Sudatorium und Laconium. In zwei bis drei Wochen höre ich dich erneut ab. Dann werden wir ja sehen ob es besser geworden ist."


    Sie sah den Kollegen Paracelsus herauffordernd an. "Was hast du verordnet, geschätzter College?"
    Chrysogona ging davon aus, dass der Medicus ebenfalls zum selben Untersuchungsergebnis gekommen sei.

    Chrysogona betrat den Tempel nie ohne die Begleitung eines Priesters. Doch als sie sah, dass eine Frau auf eigenen Faust mit Opfergaben in das Allerheiligst ging, trat sie hinter ihr ein. Im Hause der Götter die Stimme zu erheben war nur den Priestern gestattet oder aber dem Opfernden in Anwesenheit des Priesters. Also tippte sie der Frau nur sachte auf die Schulter, nickte zur Begrüßung zu gab der Brünetten mit dem Kinn zu verstehen, ihr nach draußen zu folgen.

    Chrysogona wurde rot. Ein Abend vor dem Feuer mit ihm... wie romantisch. Die Griechin war unsicher wie sie das werten sollte. Sie hatte nicht allzuviel Erfahrung mit Männern und war im reichlch unsicher im Flirten.
    "Wenn es die passende Jahreszeit dafür ist... lass uns erneut darüber reden...", sagte sie also vorsichtig.
    Dankbar folgte sie ihm. Ein Themenwechsel war ihr jetzt gerade recht.

    Begeistert klatschte Chrysogona in die Hände.
    "Oh wie hübsch! Das ist aber ein hübscher Garten. Ein Nutzgarten für Heil- und Gemüsepflanzen! Wie praktisch und hübsch zugleich. Deinen Hortulanus Miyagenus muss man wirklich loben. Wie schön er alles arrangiert hat und wie geplegt der Garten ist. Ein Kleinod!"


    Sie lief durch den Garten und begutachtete die einzelnen Pflanzen.
    "Lavendel mit Rosen - das ergänzt sich gut. Knoblauch und Zwiebeln, Gemüse wie Heilpflanzen in einem. Sehr gut. Salbei und Rosmarin, Thymian und Majoran. Wunderbar!"

    Die Medica überlegte kurz. In entspannter Atmosphäre ließ es sich besser über Geld reden. Und darum ging es letztendlich. Varus schien auf Commodus Geld angewiesen zu sein. Also musste Chrysogona herausfinden, wie viel dem Hausherren sein Verwandter und dessen Gesundheit wert war.


    "Salve, Commodus. Entschuldige die Störung. Gerne würde ich einen gemischten Wein trinken. Wäre das möglich?"

    Chrysogona wollte nicht die Pferde scheu machen, doch sie war besorgt. Sie ließ den Kaiser erneut ein und ausatmen, den Atem anhalten. Dann klopfte sie die Lunge ab, hörte sich den Lungeschall an und blieb lange bei dem rechten, mittleren Lungenlappen. Sie hörte, klopfte und war sich schließlich sicher.
    "Nun, da ist eine Region der Lunge, die sich beim Atmen nicht optimal mitbewegt. Es scheint bei dem Husten im vergangenen Winter zu Verklebungen gekommen sein. Fühlst du dich manchmal abgeschlagen? Bist du mehr außer Atem wenn du dich anstrengst?"


    Die Medica macht sich Sorgen.

    Chrysogona versprach Hannah zu holen und verabschiedete sich vorerst bei Varus. Dann machte sie sich auf den Weg seinen Verwandten Commodus zu suchen. Sie würde ihn fragen müssen ob er für die Behandlungskosten aufkommen würde. Wenn er zustimmte wollte sie im Kollegenkreis nach einem fähigen Magister suchen, der im Gymnasion die Athleten unterrichtete.


    Sie ging den Gang entlang und horchte, wo Stimmen zu hören waren. Irgendwo musste der Hausherr doch stecken. Dabei lief der Medica die Sklavin Hannah über den Weg. Sogleich schickte sie die junge Frau zu ihrem Dominus.

    "Wenn es dein Terminplan möglich macht, können wir gerne in zwei Tagen zum Tempel auf der Tiberinsel gehen und du kannst deine Donatio machen. Für die beiden anderen Tempel können wir uns ja noch Zeit lassen, oder nicht. Wir wollen es mit der Frömmigkeit auch nicht übertreiben."


    Sie zwinkerte ihm zu und ließ sich bereitwillig wegführen.
    Als nächstes schloss er eine sehr massive Tür auf. Es war offensichtlich, dass sie etwas wertvolles schützen sollte. Auch wenn die Medica nicht alle Reichtümer des Helvetiers zu sehen bekam, war doch klar, dass er vermögend war. Sie folgte ihm als er den Raum wieder verschloss in die Culina.