Wie ein Taschenmesser, was man erst noch erfinden musste, klappte ich zusammen. Übelkeit und Schmerzen breiteten sich aus, aber noch etwas. Etwas was mich das vergessen ließ, Wut. Rasende Wut erfasste mich, warum focht der Balbus seinen Kampf nicht mit mir selber aus? Warum versteckte er sich hinter diesen Kerlen? Konnte es sein das er ein elender Feigling war?
Langsam richtete ich mich halb auf. Gerade soweit, dass ich sah wo sich die Füße von Astivus befanden, holte Luft und rannte in dieser Haltung auf ihn zu und rammte dem überraschten Gladiator meinen Kopf in den Bauch. „und ich hasse Feiglinge die ihren Kampf nicht selber ausfechten“, keuchte ich während ich mich aufrichtete.
Ich wusste genau jetzt würde es Übel werden, doch wenigstens hatte ich dem vermaledeiten Chirurgicus, meinem Lehrherrn, noch gesagt was ich von ihm hielt. Den Gladiatoren damit aber auch meine Meinung gesagt, zu zweit, größer stärker und kampftrainiert gegen einen wie mich an zu treten, war in meinen Augen nicht besonders rumreich. Das jedoch würde keinen der Schaulustigen interessieren, Hauptsache es gab etwas zu gaffen und einer wurde fertig gemacht.
Beiträge von Kaeso
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„Lasst mich los, sofort los lassen“, kreischend kam es aus meinem Mund, es hörte sich fast an, als wäre ich das was Balbus mir nachsagte, es klang richtig weibisch. „Verdammt, was fällt euch ein, ich bin doch kein Lügner“. Kaum ausgesprochen, da erinnerte ich mich. Sicher ich war doch ein Lügner, nicht was die Einladung an Phryne betraf, aber was den Grund für die Bitte um Urlaub anging, so war ich es doch.
Diese Einsicht kam zu dem denkbar schlechtesten Augenblick. Ich erschlaffte und hing wie ein nasser Sack zwischen den Beiden. Was musste dieser Anblick Balbus erfreuen. Mein Widerstand erlahmte und Arena rückte näher. Ein kläglich letzter Versuch kam. „Jungs bitte, ich wollte schon immer einmal gerne hier trainieren, wenn aber doch immer nur mit einem.“ Ich wusste selber wie albern das war, ob mit einem der Gladiatoren, mit zweien, zehn oder mehr, es käme aufs Gleiche raus. In einem kurzem Augenblick wäre alles vorbei.
Jetzt half nur noch eins, Große Mutter hilf mir. Doch wie sollte sie mir helfen? -
Unwirsch schüttelte ich mit dem Kopf, „nein so habe ich es nicht gesagt, ich sagte zum nächsten Kampf. Damit meinte ich auch, sie würde sich den Kampf ansehen und nicht mit irgendwem feiern.“ Das würde dem Wüstling und seinen Saufkumpanen gefallen, über sie her zu fallen. „Entweder wie ich es sage oder gar nicht.“
Dabei fiel mir ein, was wenn sie nicht kam oder jetzt nicht einwilligte?Schließlich hatte ich schön öfter ihren eigen Kopf erlebt. Lauernd fragte ich, „was wenn sie nicht kommt, kann ich dann eine von euren Schönheiten benutzen?“ Der sollte nur nicht auf dumme Gedanken kommen. Jetzt hatte ich ihm eine zweite Möglichkeit angeboten. Im Augenblick hatte ich keine weitere Ideen und konnte nur hoffen, dass er das Thema nicht noch weiter ausschöpfte. Wer konnte schon wissen auf was die Kerle für Gedanken kamen wenn sie sich abreagieren mussten. -
Himmel, was soll ich jetzt machen? Der Kerl hat es geschafft, dass der gesamte Ludus mich angafft und auslacht. Meine Göttin fragen? Sie wirde sich kaum hier, nur auf meinen Wunsch hin, mit mir zeigen. Da musste ich alleine durch. „Wenn sie es mit den schönsten Frauen treiben, dann braucht du mich ihnen zum Fraß vor zu werfen. Außerdem wenn du mich gesehen hast, dann hast du sie bestimmt auch gesehen. Und wie bekam dir ihr Anblick?“ Der Kerl redete doch ständig von Weibern, der war so scharf, da brauchte man nicht viel Hirn und wusste was bei ihm abging.
Ich bewunderte Balbus für sein Können und Wissen, doch irgend etwas nagte in ihm, dass er oft so boshaft war. Ein Mensch der anderen so gut helfen kann, kann einfach nicht von Natur aus so sein, überlegte ich fieberhaft, ich muss ihn besänftigen, hinhalten. Da kam mir eine Idee. „Ich werde sie beim nächsten großen Kampf, der stattfindet hierher einladen.“
Vielleicht reizte es Phryne ja diese Männerkörper aus der Nähe zu betrachten. Nur die Frage ob es mir gefiel und ich mich dann beherrschen konnte? -
Erwartungsvoll drehte ich mich in Richtung Balbus um, zu einer freundlichen Begrüßung kam ich nicht mehr. Nachfolgendes passierte so schnell und unerwartet, dass ich überhaupt keine Chance hatte mich zu wehren. Wenn ich auch nicht Kampferprobt war, so hatte ich aber ein paar Kniffe als ehemaliger Straßenjunge drauf. Doch wie hätte von Balbus solch einen Übergriff ahnen können. Den Kloß der sich gerade in meinem Hals bildete konnte ich nicht runterschlucken, da sein Hand noch immer meinen Hals umklammerte. Seine Anschuldigung ich wäre eine Tunte, versetzte mich in Wut und ich zerrte sein Arm weg.
Sein bösartiges Grinsen und seine Drohung passten zueinander. Ich ahnte, dass dazu noch einiges kommen würde. Ich steckte wirklich in der Bredouille. Einmal war ich sehr wütend , aber gleichzeitig voller Reue. Warum hatte ich auch gelogen. Zum ersten mal log und schon flog alles auf.
Meine Wut war im Augenblick aber größer. „Ich bin keine Tunte, ich bin ein Mann und treibe es mit Frauen und wehe du behauptest etwas anderes oder verbreitest irgendwelche Gerüchte“, fauchte ich ihn mit kratziger Stimme an. "Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich dich belogen habe. Ich habe mich einfach nicht getraut dir den wirklichen Grund zu nennen, da ich ahnte, dass solche Reaktionen von dir kommen würden. Überhaupt was erlaubst du dir mir unter die Tunika zu greifen. Ich hatte noch nie das verlangen nach einem Mann, das habe ich überhaupt nicht nötig. Ich besitze die schönste Frau von Mogontiacum“.
Meine Göttin würde es mir schon verzeihen, ich wusste sie würde mir nie gehören, eher umgekehrt, doch das spielte im Augenblick keine Rolle und ging Balbus wirklich nichts an, ich war schließlich nicht sein Eigentum.
Trotz meiner Rede spürte ich, wie langsam die Angst in mir hoch kroch. -
Nach dem Ende der Festtagen des Kultes hatte ich noch eine Nacht im Tempel verbracht ehe ich in aller Frühe zum Ludus aufbrach. Sofort begab ich mich in meine Kammer und zog mich für meine Arbeit um. Mein nächster Weg führte mich zu den Kammern wo die eventuell schwer Verletzten untergebracht waren. Danach würde ich meinen Lehrmeister Balbus suchen.
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An mir selber prüfend hinabschauend, überprüfte ich den Sitz meines Festgewandes. Bei der Prozession würde ich, da ich mit den anderen Fanatici die Statue der Großen Mutter, welche auf dem Löwenthron saß, tragen würde, kaum Gelegenheit haben auf derlei zu achten. Trotzdem Wollte ich auf die Aufgaben des Tages nicht nur innerlich vorbereitet sein.
Ich war schon ein wenig aufgeregt, als ich mich zu den andere Fanatici gesellte um mit ihnen die Statue zu dem mit bunten Tüchern, Blumen und Girlanden geschmückten Wagen brachte und sie dort hinauf zu heben.Ich ergatterte einen letzten Blick auf meine Göttin bevor sie sich, da sie jetzt Priesterin war, mit dem Gallus an die Spitze des Festzuges begab. Wieder war sie in ihrem neuen Ritualgewand gekleidet und ich bewunderte aufs neue ihre Schönheit und Anmut.
Kaum hatte unsere Prozession das Tempelgelände verlassen fanden sich die ersten Schaulustige ein. Kein Wunder seit ich in Mogontiacum lebte hatte ich noch nie einen solchen Festumzug gesehen wie den unseren.
Beglückt, dazu zu gehören, schritt ich mit den anderen Gläubigen voran. -
Von Schweiß und quälenden Gedanken befreit, kleidete ich mich in eine saubere Tunika um mich im Tempel im Gebet zu sammeln, damit ich für den letzten Tag der Hilaria gerüstet wäre.
In meinem Festtagsgewand würde ich mit den anderen Fanatici die Statue der Großen Mutter auf dem Löwenthron tragen. Wieder würde es durch die Stadt gehen bis zum Flussufer. -
Unsagbarer stolz ergriff mich als meine Göttin in dem Tor erschien und ihr so zugejubelt wurde. Sie war Priesterin und ich hatte mit ihr als Inkarnation von Kybele und Attis, den diesjährigen Hieros Gamos vollzogen. Ich wusste genau, wir hatten einen Sohn gezeugt.
Vergessen waren fürs erste alle Ungewissheit und die Eifersucht. Warum diese am Vortag so extrem aufkam wusste ich auch nicht, denn ich wusste doch schon immer, ich war und wäre nie der Einzige. Dennoch ich liebte sie. Vielleicht war es eine Glaubensschwäche oder weil ich es mit eigenen Augen mit ansehen musste.
Ich bewunderte sie, bekränzt mit dem Blumenkranz und so schön für diesen Tag hergerichtet, wie sie nun so da stand mit erhobenen Händen und glockenklar das Gebet sprach.
Mein Herz pochte als sich unsere Blicke begegneten.Nach der Feier des Tages hätte ich mich eigentlich ausruhen dürfen, doch nach schlafen war mir nicht. Ich musste etwas tun, mich ablenken, keine Zweifel aufkommen lassen. So kam es das ich den anderen Fanatici bei den Aufräumungsarbeiten half.
Am kommenden Ruhetag half ich ebenfalls, wobei meine Augen immer wieder Phryne suchten. Plötzlich war sie weg und ich wusste heute würde ich sie nicht mehr sehen. In einem stillen Winkel sank ich bald erschöpft in einen unruhigen Schlaf mit wilden Träumen.Immer wieder sah ich Menschen die lachend mit ihren Fingern auf mich zeigten. Andere liefen hinter mir her und jagten mich durch die Straßen. Zwischendurch kreuzten die Bewohner der Casa Helvetier auf, hoben drohend ihre Fäuste. Runa Ohrfeigte mich, Alpina schüttelte fortwährend ihren Kopf. Dann befand ich mich im Ludus, mitten in der Arena. Die Gladiatoren benutzten mich als Trainigsobjekt und warfen mich sich gegenseitig zu. Hohngelächter ertönte und Balbus grinste sein übliches hämisches Grinsen.
Stöhnend und schweißgebadet wachte ich auf.
Leise besorgte ich mir kaltes Wasser und wusch mich, wie einst in der Frühe mit dem Gallus. -
Es war schließlich das erste mal, dass ich an irgendwelche Feierlichkeiten des Kybele Kultes teilnahm, erst recht als aktives Mitglied. Ich merkte wie mein Körper dem immer schnelleren Rhythmus von Musik tanzend folgte, nachdem auch wir, meine Göttin und ich mit unserem Blut den Liebhaber der Göttin, Attis in dem Symbol eines gefällten Baumes, mit unserem Blut benetzt hatten.
Bewundernd sah ich wie ihre Bewegungen immer wilder wurde,sah wie sich dabei entkleidete, ich weidete mich an dem Anblick ihres nackten Körpers. Sah wie sie in ihrer Ekstase die zuckende Ziege an sich drückte und mit dem kleinen Messer tötete. Bewunderte wie sie sich fast in dem Blut des Tieres badete und berauscht weiter tanzte. Ich sah auch wie sie sich immer aufs Neue mit den Mysten vereinigte.
Mein Blut, meine Bewegungen wurden ruhiger, langsamer. Es begann zu schmerzen und ich zog mich ein wenig zurück. War mein Glaube doch zu schwach. Sie wurde zur Priesterin und ich verging in Eifersucht. Ich sollte es besser wissen, mich beherrschen, es gehörte dazu. Traurigkeit breitete sich in mir aus. Hatte ich sie nur wieder einmal oder für immer verloren?
Wie in einem Nebel sah ich, dass ihr ein Trank gereicht wurde, nahm die mir gereichte Fackel und ging mit in die Nacht hinein. Die Trauerstimmung der Mysten passte zu meiner, nur meine war eine andere. Meine Reue über meine Glaubensschwäche konnte nicht von den quälenden Gedanken zu unserem Verhältnis verdrängt werden. Wie ein Blitz durchzuckte mich eine Erinnerung,
„Folgst du deinem Glauben oder den Schenkeln dieser Frau die dich um deinen Verstand bringen“, Runas Worte. Hatte sie es wirklich erkannt. Ich erinnerte mich auch an Alpinas wiederholte Warnungen.
Das konnte nicht sein, das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun. Ich hatte mich doch wochenlang im Tempel geprüft. Die große Mutter hatte mir doch Träume geschickt.
Bald schon wird die Sonne aufgehen und es folgt eine fröhliches Fest, dachte ich. Voller Zweifel betete ich dann, „oh Große Mutter, hilf mir, bringe mir Erleuchtung und schenke mir Kraft.“ -
Ungläubig starrte ich Runa nach, etwas was ich bisher nicht für möglich gehalten hatte war geschehen. Nicht nur Curio, nein auch Runa hielten nur ihre Meinung für richtig. Sie beide unterstellten mir einfach etwas. Nach Curios Meinung war ich nicht vertrauenswürdig und jetzt dachte Runa, ich wäre nicht fähig mir eine eigene Meinung zu bilden.
Traurig schaute ich ihr hinterher. „Ich habe wochenlang meine Tage und Nächte in Kontemplation verbracht. Gebet und Arbeit halfen mir mich zu entscheiden, ob dies mein Glaube ist“, schrie ich ihr im Geiste hinterher. Doch wo warst du, als ich dich brauchte? Als mir nur Kälte und Misstrauen in eurem Hause entgegen schlug. Hat es dich ehrlich gekümmert wo ich war? Nein, ihr habt eure Vermutungen zur Wahrheit erhoben und euch nicht einmal die Mühe gemacht … ach lassen wir es, ich möchte meine Dankbarkeit euch gegenüber, nicht mit Anschuldigungen verunreinigen. Nur eins noch, bei den Saturnalien hätte ich mich wenigstens über einen Blick gefreut, doch ich war scheinbar unsichtbar.
Ich brach das Gespräch, welches ich in Gedanken führte, ab es war sinnlos, sie hörte mich nicht.
Jetzt in in diesem Augenblick konnte ich zum ersten Mal in meinem Leben meinen Vater, den Trunkenbold, verstehen. Ich musste mich regelrecht dazu zwingen, die Prozession nicht zu verlassen, um eine caupona auf zu suchen. -
Es dauerte ein paar Lidschläge bis zu mir vordrang, was geschehen war. Plötzlich war sie da gewesen und hatte mich geschlagen, mich ihren einstigen Schüler. Der dem sie so viel vom Germanenglauben erzählt hatte. Dem sie von ihrer und der Toleranz ihres Mannes, zu den beiden Glaubensrichtungen, in den sie erzogen worden waren, berichtet hatte.
Ich verstand es nicht. Ungläubig starrte ich sie an. Dabei hatte ich sie so bewundert und sogar ein wenig geliebt. Als ich über meine Wange rieb dachte kurz an die Nacht in der ich von ihr geträumt hatte.
Was war das? Warum akzeptierte sie es nicht? Ich hatte meinen Glauben gefunden. Jetzt erst verstand ich, wie es den Menschen erging, die wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. Zur Zeit waren es besonders die Christen. Waren wir auch bald an der Reihe?
„Was soll das? Warum schlägst du mich?“ Fuhr ich Runa an. „Ich bin ein Fanaticus, ein "Diener der Großen Mutter". Ich bin ein Myste des Attis. Wir übernehmen die Rolle von Kybele und Attis. Wir feiern morgen die Hilaria.“ Aus einer Mischung von Wut und Enttäuschung wandte ich mich ab um weiter zu tanzen. Doch dann hielt ich inne, drehte mich zu ihr und ritzte mir, für sie gut sichtbar, den linken Oberarm. Singend und tanzend mischte ich mich unter meine Brüder und Schwestern. Ich wollte nur vergessen. -
Es war einfach wunderbar ich ging ganz im Tanz auf, hörte nur noch die Musik, welche mich führte. Meine Hand fuhr wie von selbst zu der Geisel und schlug im Takt auf meinen Rücken. Ich spürte wie sich meine Brust verengte und mein Atem schneller ging. Bilder der Peitschenschläge, die ich im Keller der Taberna erhielt, ließen mich innehalten. Ich wollte aber auch mein Blut geben. Kurz entschlossen streifte ich mir das Oberteil meines Gewandes über die Schulter und band es um meine Hüften fest.
Der Blick meiner Göttin zog mich magisch an. Ohne zu zögern nahm ich das kleine Messer und fügte mir einen Schnitt quer über jede Brust zu. Dieses Zeichen wollte ich immer voller stolz für die Große Mutter tragen. Zufrieden sah ich die kleinen Blutbahnen in Richtung Bauch an mir abwärts laufen.
Das kleine Messer in meiner rechten Hand hoch haltend, tanzte ich weiter. Ich wandte mich kurz um, mir war als hätte meine Göttin meinen Namen gerufen, doch wie es schien hatte ich mich getäuscht. Vielleicht sollte ich auch noch meine Arme ritzen. Jetzt hielt mich zuerst aber der Tanz wieder gefangen.
Tanzend näherte ich mich meiner Göttin. -
In einer gelösten fröhlichen Stimmung hatten wir uns für die Prozession der Dies Sanguis vorbereitet. Gegenseitige Hilfe gaben wir uns gerne, dabei fiel mir einmal mehr auf, was das große Frühlingsfest bei unserem Gallus bewirkte. Claudius Atticus schien das große Frühlingsfest zu beflügeln nicht nur in seiner geistigen Ausstrahlung, auch rein körperlich. Wirkte er verjüngt? Umschmeichelte sein Blick noch mehr wie sonst meinen Körper?
Das Aufregendste, Wunderbarste war aber unsere Aufgabe, die meiner Göttin und meine.
Wir waren als Inkarnationen der Göttin Kybele und ihres Geliebten Attis hergerichtet worden, uns kam diese besondere Rolle zu.Während der ganzen Feierlichkeiten hatte ich ein um das andere Mal mehr die strahlende Schönheit meiner Göttin bewundert. Immer wieder glaubte ich sie nie schöner und begehrenswerter gesehen zu haben. Ihr heutiger Anblick stellte in meinen Augen alles bisherige in den Schatten. Ich musste mich regelrecht dazu zwingen meinen Blick von ihr zu lösen um mich den anstehenden Aufgaben zu widmen.
Phryne Zimbel, verteilte den feinen, glöckchenartigen Klang in der Stadt und ich schlug den Tympanon, während wir von der Kultgemeinschaft, in unseren schönen Prozessionsgewändern, in einer Prozession durch die Stadt zogen.
Ganz und gar in unserer Handlung, dem Klang der andere Musikinstrumente, Lobgesänge aufgehend achtete ich nicht auf die versammelte Menschenmenge.
Hörte weder Jubel noch Spott. Sah Menschen und sah sie dennoch nicht. Für mich zählte nur der Dienst an der Großen Mutter. Musik und Gesang umschlangen meinen Geist. Auf meine dem Rhythmus angepasste Bewegungen achtete ich nicht. -
Die Antwort von Balbus beruhigte mich. Trotzdem hatte ich ein sehr schlechtes Gefühl, zum ersten Mal hatte ich bewusst jemanden angelogen und das nicht nur mit einer Notlüge sondern um mir wie es sich anfühlte etwas unrechtmäßig zu ergaunern. Dazu kam noch die Überlegung, dass der großen Mutter dies bestimmt nicht gefallen würde. Ich war nahe dran, Balbus alles zu gestehen. Doch was wäre dann? Würde ich noch an den Feierlichkeiten und an meiner Initiation teilnehmen können und wenn bestimmt nur mit dem Verlust meiner Lehrstelle.
„Danke!“ Dies kam mit einem sehr bitteren Beigeschmack über meine Lippen.
Dann erst drang zu mir bewusst vor, was ich nicht hatte sehen wollen Balbus glaubte mir nicht. Sah ich da nicht Spott in seinen Augen.
Was würde passieren wenn mein Schwindel aufflog. Mit gesenktem, roten Kopf, schlich ich fast, hinter ihm her zu Bato. -
Ich konnte es nicht verstehen, da ließ so ein angehender Gladiator mit Freuden auf einen Kampf ein, bei dem er ohne weiteres schwerste Verletzungen davon tragen konnte, schlimmer noch, er konnte ohne weiteres sein Leben verlieren, aber über so einen winzigen Schnitt zum Aderlass regte er sich unsagbar auf und beschimpfte uns aufs übelste.
Balbus Ruhe und Gelassenheit konnte ich in dem Fall nur bewundern. Jetzt wollte ich aber die Gunst der Stunde nutzen, dass ich das nächste Mal selber schneiden sollte, ignorierte ich fürs Erste, darüber würde ich mir schon noch früh genug den Kopf zerbrechen, jetzt wollte ich endlich zum Thema Frühlingsfest kommen. Es eilte wirklich ich brauchte frei.
„Ich... ich habe da ein Anliegen, eher mehrere.“ Zögernd und stotternd begann ich, gab mir dann aber einen Ruck und versuchte es so schnell wie möglich los zu werden. „Ich muss dringend zuerst einen Tag für ein Amtsgeschäft frei bekommen und dann bestimmt acht oder mehr Tage in einer dringenden Familienangelegenheit weg.“ Nervös kniff ich die Augen zusammen, zog unwillkürlich die Schulter hoch, ich erwartete jede Sekunde einen schimpfenden, wütenden Ausfall. „Ich bin auch so schnell wie möglich wieder zurück und arbeite wenn nötig nach.“ Ergänzte ich noch schnell. -
Erleichtert atmete ich auf, mein Lehrer ließ mich doch nicht hängen und erwartete nicht von mir, Hiltbert einfach aufs gerade wohl zu schneiden.
Aufmerksam schaute und hörte ich zu, bekam aber bei der Vorstellung, dies irgendwann alleine machen zu müssen, doch ein wenig Panik.
Schon hörte ich seine Frage. Ja nun, was sehe ich Blut, rotes Blut, für mich schaut es normal aus. Dies waren meine Gedanken dazu.
„Nach meiner Sicht, ist es normales rotes, flüssiges, nicht schäumendes oder schleimendes Blut, doch ich bin nur ein unerfahrener Schüler.“
Es war aber trotzdem interessant zu hören wie Blut sonst noch aussehen konnte. Ob ich die Anomalien auch noch kennen lernte? Dabei stellte sich mir die Frage, was es für Unterschiede es bei Urin und Stuhl geben könnte. -
Ja spinnt der denn total? Wütend schaute ich Balbus an. Zuerst schimpft er mich Zimperliese und nun soll ich den Hiltbert zur Ader lassen, wobei ich das noch nie sah und überhaupt nicht weiß wie es geht.
Ich hatte natürlich bei der Untersuchung genau aufgepasst und mir gemerkt worauf der Chirurgicus sein besonderes Augenmerk hatte. Als dann aber die Rede davon war Urin, Stuhl und Blut zu untersuchen konnte ich das Aufmucken von Hilbert gut verstehen. Ehe ich überhaupt darüber nachdenken konnte, wofür und wie solche Untersuchungen durchgeführt wurden, kan die Anweisung ich sollte Blut zapfen. Die frage war nur wie.
Ich hatte zwar beim Instrumenten reinigen mir sein Sortiment gut angesehen und Gedanken über die Verwendungsmöglichkeiten gemacht, doch ob meine Gedanken dazu richtig waren würde erst die Zukunft zeigen. So waren jedenfalls meine Gedanken bis dahin aber nun? Hilflos stand ich bei den Instrumenten, wovon es eine Menge gab.
Messer, kleine scharfe, ich glaubte Skalpelle genannt, Haken in einigen Varianten , genau wie Nadeln. Spachtel, Löffel, alles an besonderen Stielen, Zangen ähnlich wie beim Barbier, Sägen und Meißel. Aber, jetzt kam die große Frage was brauchte ich für den Aderlass?
Etwas um das Blut aufzufangen, einen Becher oder etwas in der Art, dann? Eine Nadel? Ein Skalpell? Wo aber sollte ich ihn stechen oder schneiden? Wie bekäme ich Blut und vorallem wieviel Blut brauchte ich.
Ich stand da kratzte mein Kinn, schaute Hiltbert und dann Balbus an.
Kurz entschlossen, schnappte ich mir eins von den Messerchen und den Arm von Hiltbert, schloss meine Augen um mich zu sammeln und wollte ihm den Unterarm aufritzen, nur wo, innen oder außen. Den Unterarm wieder loslassend nahm ich eine kleine Tonschale und stellte sie in meine Nähe. Hilfesuchend schaute ich dann doch zu Balbus. Ich konnte doch den Hiltbert nicht einfach irgendwo aufschneiden. Vielleicht sollte ich ihm eins auf die Nase geben? Oft lief das Blut dann ganz von selbst -
Jedesmal wenn die Schilder der beiden Kontrahenten zusammenkrachten, kniff ich unwillkürlich die Augen zu und biss die Zähne zusammen. Dazu nervten mich, warum auch immer, die Begeisterung und die Kommentare von Balbus. Nein ich wollte das nicht hören. Es war doch der helle Wahnsinn hier.
Dann kam der Folgenschwere letzte Angriff, wobei Hiltbert schließlich auf dem Boden landeten. Voller entsetzen hörte ich Balbus Gebrüll, drehte mich zu ihm und starrte ihn mit geöffnetem Mund an.
Das konnte nicht war sein, er war Chirurgicus, sein Berufsziel war Menschen zu helfen. Sie zu heilen und er brüllte "Jugula! Stich ihn ab!"
Alles was weiter geschah nahm ich nicht wirklich wahr. Ich stand einfach nur da und starrte Publius Gavius Balbus, den überaus guten Chirurgicus an. -
Ich war so froh und glücklich wie noch nie in meinem Leben. Frei von allen Sorgen des Lebens genoss ich das frohe, ausgelassene Beisammensein. Den Gesang und den Tanz mit den anderen. Diese Unbeschwertheit hatte ich erst hier kennengelernt.
Jäh änderte sich die Stimmung, als die Axt in der ersten Hand aufblitzte. Jeder Schlag spürte man fast körperlich und bald schon lag der gefällte Baum vor unseren Füßen. Traurigkeit, trauer breitete sich aus. Die Mitglieder des Kybele Kultes sparten nicht mit ihren Gefühlsregungen. Wir Fanatici rauften uns vor Trauer die Haare, ritzten uns die Haut, überall waren wir blutverschmiert. Unser Weinen und Jammern wurde von Trauermelodien begleitet, Trauergedichte rezitierte man.
Ich selber, trotz der Traurigkeit fieberte noch einem anderen Ereignis entgegen. Meine Göttin würde bald zur Priesterin geweiht werden. Sie und der Gallus bereiteten sich vor, mit beten und fasten.