Beiträge von Decius Germanicus Corvus

    Er ärgerte sich sehr darüber, dass sie ihn wie irgendeinen unwichtigen Schreiber hinstellte.
    “Es ist immer wieder erschreckend, mit welcher Ignoranz du meiner Aufgabe hier in Aegyptus gegenüber stehst.“, giftete er. “Und das die Leute in Noricum besonders kultiviert wären höre ich zum ersten Mal. Als nächstes willst du mir wohl erzählen, dass die größten Feinschmecker in Britannia leben und die Germanen fleißig, ordentlich und pünktlich sind, was?“
    Er schüttelte in einem Akt der Verzweiflung die Kopf.
    “Du hast wirklich keine Ahnung von dieser Welt!“

    Was ritt sein Weib die ganze Zeit auf dieser Latte herum? Corvus runzelte die Stirn.
    “Nein, wieso auch? Bin ich ein Agrimensor?“


    Auch beschlich ihn leiser Zweifel, ob er als Präfekt in Noricum einen Sonderpreis erwarten durfte.
    “Wer weiß, ob die dort überhaupt wissen wo Aegyptus liegt. Noricum, dass ist doch am Ende der Welt. Die leben da hinter den Wäldern, da sagen sich vulpes und lepus gute Nacht!“, mutmaßte er.

    “Vinicius Hungaricus ist ein Hüne. Er ist der größte Mann den ich je gesehen habe. Zu meiner Zeit gab es in der ganzen Prätorianergarde niemanden der ihn überragt hätte und selbst unter den Germanen habe ich nie einen Riesen wie ihn gefunden.“, antwortete Corvus, scheinbar noch immer beeindruckt von der Leibesgröße seines ehemals vorgesetzten Offiziers.
    Der hatte ihn, dass nur nebenbei bemerkt, damals mit Aelia bekannt gemacht.


    “Wirklich, für besonders lange Knüppel muss man extra zahlen? Das ist doch unverschämt! Wucher geradezu! Diese Leute aus Noricum sind wohl sehr geschäftstüchtig, wie?“

    Der Ianitor, ein dunkelhäutiger Nubier mit seltsam stumpfen Blick, nickte.
    “Ich habe von dirrr gehörrrt!“, antwortete er, wobei er das ‚R’ übermäßig rollte. Es klang fast wie eine Drohung.
    “Komm’ mit. Ich bringe dich in das Tablinum.“
    Trotz der ptolemäisch-aegyptischen Umgebung war der Wohntrakt des Statthalters nach römischer Sitte zugeschnitten, weshalb man die üblichen Räume eines römischen Hauses wieder fand, z. B. das Atrium, den Oecus, aber eben auch das Tablinum. Dorthin brachte der Ianitor den Schreiber.

    Der Ianitor brachte Lyros in das Tablinum der Domus Praefecti. Dann sagte er kurz angebunden: “Warrrte hierrr!“
    Er ging wieder, vermutlich um seine Herrschaften zu informieren, dass da ein Gast auf sie wartete.

    “Pah, wenn es auf die téchne ankäme...“ – er benutzte die griechische Form des Begriffs – “...dann wären die alten, verschrumpelten Philosophen des Museions die begehrtesten Männer ganz Alexandrias. Alles Quatsch! Das erzählt man nur grünen Jungelchen mit bemitleidenswerter Ausstattung um sie nicht zu entmutigen. Es ist der Umfang der zählt!“


    Wo hatte er denn jetzt diese Weisheit aufgeschnappt?


    “Ich sag' doch, sechs pes... also fast zumindest.“


    Jetzt sprach er aber doch wohl wieder von seiner Körpergröße, oder? Alles andere wäre ja... also... nein!
    So ganz genau schien er aber nicht im Bilde zu sein, worüber sie nun gerade redeten. Hatte er doch zu viel von seinem Schlaftrunk genossen, oder war er doch noch nicht so wach wie er vorzugeben versuchte?

    Zwei Milites traten an die Seite des Präfekten. Der eine nahm die Zügel seines Pferdes und Decius Germanicus Corvus stieg schwungvoll ab. Der zweite Miles hielt etwas in Händen und folgte ihm, als er nun an den Centurio heran trat.


    “Centurio Octavius Augustinus...“, sagte Corvus laut vernehmlich, damit alle es hören konnten. “Du hast dir große Verdienste erworben, als Befehlshaber deiner Centuria und als Ausbilder zahlreicher Probati, die bei dir ihr Handwerk als Soldaten Roms erlernt haben. Manch junger Rekrut wird dich während seiner Ausbildung verflucht haben. Aber so war es immer.“ Er lächelte wissend und erinnerte sich an Flavius Duccius Germanicus, einen Centurio germanischer Abstammung, unter dem er damals bei der II. selbst das Handwerk gelernt hatte und an Optio Magnus Quintilius Manus, der ein wirklich harter Hund gewesen war.


    “Und sie werden deiner sorgfältigen Ausbildung eines Tages ihr Leben verdanken. Rom fordert von seinen Soldaten viel, aber Rom belohnt auch großzügig!“


    Er winkte den Miles zu sich heran und ließ sich zwei silberfarbene Armreife geben.


    “Für deine vorbildliche und unermüdliche Ausbildungsarbeit verleihe ich dir hiermit die Armillae aus Silber!“


    Mit großer Geste übergab er dem Octavier seine Auszeichnung.


    “Und für dein hervorragenden Dienst als Centurio ernenne ich dich zum Ersten Speer der Legio XXII Deiotariana!“


    Der neue Primus Pilus war für seinen Rang noch überraschend jung und es gab ältere Centuriones, solche die bereits seit vielen Jahren bei der XXII. waren, die ihm diesen Aufstieg missgönnten und sich selbst als viel bessere Wahl betrachtet hätten. Aber der Octavier genoss augenscheinlich das Vertrauen des Präfekten.