Carbo ächzte und hielt sich das Knie, während er noch einen Moment liegen blieb. Es blutete ein wenig durch die Bekanntschaft mit den spitzen Ecken und Kanten der Kiste. Das konnte auch wieder einmal nur ihm passieren. War er doch über die einzige Kiste weit und breit gestolpert, die Mordgedanken hegte. Doch dann als Carbo die Situation verarbeitet und wieder die Augen geöffnet hatte, gewahrte er, dass jemand auf den Vorfall aufmerksam geworden war. Ein Fremder war bei ihm und hatte ihn angesprochen.
Mit dankbaren Worten ergriff Carbo die ausgestreckte Hand des anderen und zog sich hoch, dabei achtend, das verletzte Bein nicht allzu arg zu belasten mit seinem Gewicht. "Ja, es geht schon, auch wenn es noch höllisch schmerzt." Der Reaktion des anderen nach sollte er wohl jetzt ebenfalls wütend auf den schuldigen Händler sein, der das Objekt seines Unglücks an eben jenem Orte darniedergelegt hatte, doch Carbo verspürte keinen Ärger. Das entsprach einfach nicht seinem Naturell. Und außerdem war er viel zu sehr mit seinen Schmerzen beschäftigt, als dass er jetz auch noch die Zeit dafür hätte, Wut zu empfinden.
So biss er also die Zähne zusammen und beobachtete, wie der Fremde den Händler zur Schnecke machte.
Beiträge von Norius Carbo
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Carbo konnte es nach seinem Gespräch von vor zwei Tagen mit Iulius Caesoninus gar nicht abwarten, bis er endlich wieder auf diesen treffen und von ihm die erste Lektion in seinem kleinen Unterricht zum richtigen Opfern erhalten würde. Das wäre ein großer Schritt für ihn in Richtung Römertum, da war er sich sicher. Außerdem machte es ihn unabhängiger, wenn er künftig in diesbezüglichen Belangen nicht mehr von anderen abhängig war, sondern selbst wusste, was das beste war.
Am Vortag hatte er aufmerksam das öffentliche Opfer am Venustempel verfolgt, das der Iulier zum Gelingen seiner Wahl vollführt hatte. Das war ein erster praktischer Anschauungsunterricht für ihn gewesen, anhand dem er sich heute bei der ersten Lektion ein wenig orientieren wollte. Was er gesehen hatte war gewesen, dass zuerst der Zug mit den Menschen und Tieren beim Tempel angekommen war, dass dann die Prozession sich gewaschen und in das Allerheiligste gegangen war (vermutlich war darin ähnliches passiert, wie er es selbst zuletzt dort erlebt hatte). Dann waren alle wieder herausgekommen und hatten das Tier getötet. Der Aedituus hatte ein wenig in den Eingeweiden herumgestochert und anschließend Litatio gerufen. Carbo war sich sicher, es gab kompliziertere Dinge.So also begab er sich am Morgen dieses Tages schon früh außer Haus, um sich ein weiteres Mal auf den Weg zum Venustempel zu machen. Eine Milisekunde war er sich nicht sicher, ob er eigentlich etwas mitbringen musste (hatte er letztends nicht ähnliche Gedanken gehabt?), doch er beschloss im gleichen Moment es darauf ankommen zu lassen. Er erreichte das Forum Iulium, wo schon einige Leutchen unterwegs waren und stieg hinauf die Stufen zum Portikus.
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Cerretanus hatte Carbo wohl falsch verstanden und gemeint, dass er sich auf die Versandberichte stützte, doch eigentlich hatte der Junge es anders gemeint, weshalb er keine Zeit verschwenden ließ, um die Sache richtig zu stellen. "Oh nein, ich meine nicht auf den Versandübersichten, sondern auf der Preisliste. Dort stehen zwar normale Briefe mit 10 Sesterzen oben und auch Frachtsendungen mit 50 Sesterzen und Einschreiben mit +30, jedoch ist von Eilbriefen keine Rede."
Vermutlich war das ja auch nicht die vollständige Liste, die Cerretanus ihm da gegeben hatte, kam es Carbo jetzt in den Sinn, sondern nur ein kleiner Auszug daraus, damit er sich schon einmal ein wenig zurechtfinden konnte, aber gewiss würde der Germanicer das gleich richtig stellen. -
Ist erledigt.
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Sim-Off: Manius Flavius Gracchus
Oh, Sry, ich dachte Senatoren würden die immer so als normale Bekleidung tragen. Ich hab es jedenfalls angepasst!Nachdem der Gruß dem Schlunde des Norikers entsprungen und es ohnehin schon zu spät zur Umkehr war, hatte Carbo die Zeit und Muse sich den Fremden im Bruchteil einer Sekunde näher zu besehen. Er schien auf jeden Fall zu den wohlhabenderen Kreisen Roms zu gehören, der Art seiner feinen Kleidung nach. Das es sich bei seinem Gegenüber sogar um einen sehr einflussreichen Senator handeln könnte, darauf kam er nicht, da Carbo keinerlei Ahnung davon hatte, dass es für Senatoren auch noch andere Erkennungszeichen gab, außer ihre Purpurstreifen auf ihrer Toga.
Da diese jedoch bei dem Herrn fehlten, nahm er also einfach an, dass es ein bloßer reicher Römer sein musste, der sich da zu ihm setzen wollte und so nickte er ohne Scheu und wies einladend auf den Platz neben sich.
"Einen angenehmen Abend wünsche ich", gab er dann nochmal als persönlichere Begrüßung von sich. Er stellte sich darauf ein, dass er wohl jetzt ein kleines Gespräch mit dem Fremden haben würde, doch als der dann seinen Mund aufsperrte, fühlte sich Carbo für kurze Zeit so, als hätte er auf einen Schlag alle Lateinkenntnisse verloren, derer er habhaft war. Er verstand nämlich nur einen Bruchteil dessen, was Gracchus gesagt hatte. Deporabel? Irgendwer bemaß etwas mit Roms stinkenden Kloaken? Keine Ahnung von was da die Rede war. Doch den zweiten Satz hatte er verstanden. Wieso die Menschen im Sommer aufs Land fuhren, anstatt hier zu sein. Carbo legte die Stirn kraus, als er nachdachte. "Hm, ich weiß das leider auch nicht so genau. Ich selbst bin erst seit kurzer Zeit hier in Rom, denn eigentlich lebe ich in Mogontiacum. Aber es stimmt, diese Gärten hier sind wirklich eine Augenweide. Vielleicht tun sie das, weil sie viele sind und auch die Gärten begrenzt sind? Mehr oder weniger aus Rücksicht? Denn würden ständig Massen von Menschen hier durchtrampeln, ich bin sicher die Gärten wären schnell nicht mehr so ruhig und lieblich und viel wäre verschmutzt und niedergetreten. Jedoch ist das nu eine Vermutung und ich weiß auch nicht, welche nennenswerten Reiseziele es in Italia sonst noch gibt, außer Roma und Cumae." Dabei musste er wieder an das Orakel dort denken und seinem jahrelangen Plan es einmal aufzusuchen. Er musste das endlich in die Tat umsetzen!Doch ehe er in Gedanken abschweifen, oder gar das Gespräch mit dem Mann fortsetzen konnten, gab es eine kleine Unterbrechung für sie. Die wohl eigentümlichste und auffälligste frau, die Carbo je zu Gesicht bekommen hatte, hatte ihnen einen Gruß zugesandt (was also jetzt?! War es üblich oder nicht Passanten in Rom zu grüßen?! Carbo verstand es einfach nicht!), was ihn dazu bewog aufzublicken und die.. "Dame" zu begutachten.
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Wieder einmal hatte Carbo einen ereignisreichen Arbeitstag gehabt. Es war beim Cursus Publicus hoch hergegangen heute, was ja an sich schon genug Arbeit bedeutete, jedoch im Falle Carbos, war auch noch seine leichte Grünohrigkeit hinzugekommen, wo er ja noch nicht allzu lange Stationarius war. Es war nicht immer alles völlig klar gewesen, ein oder zwei mal hatte er sich auch Hilfe holen müssen, um den einen oder anderen Sachverhalt zu klären, doch jetzt am Ende des Tages konnte er mit Stolz auf sein Tagewerk zurückblicken. Immerhin hatte er es wieder einen Tag mehr geschafft, kein völliges Chaos anzurichten, eine gute Nachricht für die Stadt.
Mit leicht brummendem Schädel und schmerzendem Rücken vom vielen Sitzen, nahm Carbo sein Abendmahl in der Taverna Apicia ein, ehe er auch kurz nochmal hoch aufs Zimmer ging, um sich frisch zu machen. Heute würde er nicht den restlichen Abend in der Taverne, oder in der Bibliothek am Trajansforum verbringen, jede Faser seines Körpers schrie nach Bewegung nach der stundenlangen Fesselung am Schreibtisch. So verließ er die Taverne wieder und machte sich auf den Weg. Im Stadtkern kannte er sich inzwischen ziehmlich gut aus, doch da es öde war, immer nur diesselben Straßen und Gassen abzuklappern, beschloss er spontan heute einmal etwas weiter von seiner Bleibe wegwandern zu wollen. Hinaus in die Peripherie der Stadt und dort entdecken, was sich jetzt noch im Verborgenen halten mochte!
Carbos Entdeckerlust wurde belohnt, beim Quirinal entdeckte er eine wunderschöne Gartenanlage. Staunend wandelte er auf den Wegen und betrachtete die Wunder dieses außergewöhnlichen Menschheitswerks. Die Statuen und Wasserspiele und sonstige Blumen, Bäume und Pflanzen ergaben ein derart harmonisches ganzes, wie es Carbo zuvor noch nie wo gesehen hatte. Immer noch voller Ehrfurcht ließ er sich auf einer steinernen Bank nieder, um seine Umgebung besser auf sich wirken lassen zu können. Doch Carbo war nicht lange alleine, da ein schon etwas älterer Römer bald des Weges kam. Da Carbo von je her schon immer ein sehr höfliches Wesen in sich trug, grüßte er den anderen ganz automatisch, sogar noch ehe er Zeit dazu hatte, näher nachzuschauen, wer denn der Passant sein mochte: „Salve“.Carbos Geste verriet jedem Städter gleich seine ländliche Herkunft, denn das war hier gar nicht üblich. Wo man dafür in der großen Stadt jedoch Erstaunen, oder gar leichtes Misstrauen erntete, so war es am Lande hingegen vollkommen normal auch fremde Passanten zu grüßen. Eigentlich hatte er dieses Verhalten vorübergehend ablegen wollen, nachdem er nach dem zweiten, oder dritten Mal nur schiefe Blicke, anstatt eines Gegengrußes geerntet hatte, doch er konnte nun mal einfach nicht aus seiner Haut und so hatte er es jetzt schon wieder getan, ehe Carbo auch nur im entferntesten Zeit gehabt hatte, die Senatorenstiefel mit lunula seines Gegenübers zu bemerken.
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Natürlich ließ sich Carbo nicht zwei Mal bitten und erschien tags darauf wieder am Forum Iulium, um dem, von Caesoninus angekündigten, Opfer beizuwohnen. Jetzt wo er schon selbst ein kleines unblutiges Opfer vollzogen hatte, wollte er natürlich auch sehen, wie ein großes richtig ging!
Ein Blick über die Stufen auf die Tempelplattform hinauf verriet ihm, dass er wohl zu früh gekommen war. Niemand dort und auch nur einige Leute am Platz. So setzte sich Carbo also in den Schatten der Kolonnaden und wartete. Es dauerte eine ganze Weile, bis er den Klang von Musik hörte. Er wandte den Kopf und sah die Prozession der Opfernden am Forum Iulium eintreffen. Aufgeregt stand er auf, um sich der begleitenden Zuschauermenge anzuschließen. Caesoninus kannte er nach ihrem gestrigen Treffen gleich aus der Gruppe heraus, wenn es jedoch trotzdem ungewohnt war, ihm, einen Römer, barfuß mit völlig weißen Gewändern zu erleben. Das Opferier war ebenfalls eine Erwähnung für sich wert. Ein wirklich prachtvolles Tier! Wo es wohl herkommen mochte? Gewiss war es teuer gewesen.
Die Prozession zog über die Stufen hinauf in den Schatten der mächtigen Säulen, Carbo beobachtete, wie Caesoninus und seine Opferdiener danach ins Tempelinnere gingen, während vor dem Tempel das Opfertier festgemacht wurde. Was jetzt im Inneren des Heiligtums vor sich ging, konnte er sich nur allzu lebhaft vorstellen, eigener Erfahrung sei Dank.Nach einiger Zeit kamen sie wieder heraus und der Hauptakt begann. Carbo schluckte, als ihm bewusst wurde, dass das Schaf jetzt gleich sterben würde. Mit geballten Fäusten beobachtete er den Tod des Schäfchens, wie das Blut aus seiner Kehle floss und die Augen rasch trüb wurden. Das arme Tier! Aber den Göttern gebührte, was ihnen eben gebührte. Da waren die Götter im Norden nicht anders als hier. Sie forderten ihren Teil von der Welt. Jetzt ging es wohl vermutlich an die Eingeweideschau, neugierig reckte Carbo den Kopf und stellte sich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können und erwartete aufs äußerste angespannt das Ergebnis.
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Aufmerksam studierte Carbo die zur Hand gereichte Preisliste. Dann sah er auf.
"Darauf stehen ja gar keine Eilbriefe, gibt es etwa noch ein Extraverzeichnis?"
Auch bei diesen Kürzeln konnte er selbst nach der Erklärung noch nicht mit allem etwas anfangen, jedoch bei einem kleinen Vergleich kam er ziehmlich bald darauf, dass das F bei den Wertkarten wohl für "Familie" stehen musste, also für private Wertkarten gegenüber den öffentlichen Institutionen, die wohl mit einem "I" gekennzeichnet waren. Langsam ergab sich ein großes ganzes Bild für ihn. "Ich denke es ist jetzt klarer. Also "TD" steht für Tabellarius dispositus und gibt den austragenden Boten an, in diesem Fall "LC", der... wie sagtest du noch gleich? Lucius Celeripes heißt, genau. Bei "Gebühr" sagt dieses "F-HE" also aus, dass mit der Familienwertkarte der Helvetier gezahlt wurde, das ist mir jetzt auch verständlich."Carbo lächelte, langsam kam er mit dem ganzen Zeug hier auf einen grünen Zweig.
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Carbo hatte sich gemütlich in seinem Zimmer in der Taverna Apicia eingerichtet. Immerhin musste er es hier noch eine ganze Weile aushalten und der Wirt konnte sich freuen, eine so langfristige Einnahmequelle in ihm gefunden zu haben. Immerhin kam es nicht oft vor, dass er ein Zimmer gleich für ein ganzes Jahr und vielleicht mehr vermieten konnte!
Standardmäßig hatten sich in dem kleinen Raum schon ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch, ein Wasserkrug, ein Nachttopf und ein Kleiderkasten befunden. Carbo hatte dem noch seine kleine Reisetruhe hinzugefügt, die er aus Mogontiacum mitgenommen hatte. In ihr hatten sich während der Reise Carbos gesamter Besitz befunden. Nicht gerade viel. Jetzt aber waren die mitgebrachten Papyrusrollen und Bücher und das Schreibzeug am Tisch und seine Kleidungsstücke im Schrank verstaut. Der restliche Kleinkram seiner Sachen war weiterhin in der Kiste geblieben. Gerade saß Carbo über einem Buch zur Geschichte Mogontiacums. Er recherchierte für sein eigenes Schreibwerk, eine Aufzählung und Geschichte sämtlicher Magistrate der germanischen Hauptstadt. Ursprünglich als Idee geboren, ein ähnliches Buch über die mogontiacischen Stadtschreiber verfassen zu wollen, war die Idee rasch auf die Magistrate umgesattelt worden, nachdem Carbo erst selbst einmal Magister Vici gewesen war. Eigentlich hatte er mit dem Buch schon während seiner Amtszeit begonnen, doch hatte er da meist keine Zeit gehabt vor lauter Projekten und auch später auf seiner Reise in den Süden nicht. Hier in Rom hatte er massenhaft Freizeit, die er bislang nur allzu oft mit anderen Belanglosigkeiten verschwendet hatte. Doch das sollte sich von heute an ändern, er wollte dieses Buch bis zu seiner Abreise fertig geschrieben haben!
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Nach der langen langen Reise nach Rom und den überwältigenden und unfassbaren (-hiernocheinigesuperlativeeinfuegen-) ersten Eindrücken der imperialen Hauptstadt mit all ihrer Übergröße und der Prunkarchitektur all überall, war für Carbo doch ein wenig schneller der Alltag eingekehrt, als ihm lieb war. Gemütliche und billige Nächtigung in seinem Zimmer in der Taverna Apicia, dann ein kleines Frühstück im Gastraum, dann hinaus auf die schon sehr belebte Straße, um sich auf den Weg zur Arbeit beim Cursus Publicus zu machen, wo er den ganzen Vormittag, Mittag und frühen Nachmittag verbrachte. Dann Freizeit, meist entweder in einer der öffentlichen Bibliotheken, in den Thermen, oder auf den großen Foren die vorbeiwuselnden Menschen beobachtend verbringend. Den Abend ließ er dann entweder in der Taverna Apicia (seiner neuen Stammkneipe hier in Rom), oder bei einem gemütlichen Theaterbesuch ausklingen. Hier in Rom gab es nämlich immer Theaterbetrieb. Jeden Tag, siebenmal die Woche, das ganze Jahr über. DAS war wirklich etwas erfreuliches gewesen, als Carbo das entdeckt hatte! Besonders, wenn er die Aufführungen nicht aus eigener Tasche bezahlen musste, so wie in seiner vergangenen Amtszeit als Magister Vici, sondern nur ein kleines Eintrittsgeld zu berappen hatte. Natürlich hatte nicht jedes Theater jeden Tag Programm, doch dafür irgend ein anderes in der Stadt, man musste nur suchen. Doch abgesehen davon gab es nur wenig, was Carbos neuen römischen Alltag wirklich auflockerte. Auch zur lokalen Bevölkerung hatte er nur bedingt Kontakt gehabt, wenn es sich nicht um die Arbeit als Stationarius handelte. Ein größeres Ereignis für die beiden letztgenannten Fälle, mochte wohl sein kürzlicher Besuch im Venustempel gewesen sein, um für die große Liebe zu beten. Dabei hatte er auch den Aedituus Gaius Iulius Caesoninus kennengelernt, ein wirklich interessanter Kopf.
Doch da Carbo natürlicherweise nicht jeden Tag in den Tempel laufen und dann opfern konnte und er auch mal vom Theater und der Taverne eine Abwechslung brauchte, hatte er deshalb beschlossen, heute einmal wieder die Märkte Roms unsicher zu machen.
Interessiert lief er über den erstbesten, der am nähesten bei der Taverna Aspicia war und begann sich im Sortiment der Händler umzusehen. Eigentlich brauchte er nichts, er hatte in der Taverne einen unerschöpflichen Essensvorrat, Schreibzeug und Papyrus bekam er als Angestellter gratis vom Cursus Publicus, Kleider hatte er auch genug und Kurzweil in Form von Büchern fand er in den Bibliotheken für umsonst zuhauf.
Also sollte es wohl ein erstes kleines Andenken an seine Zeit hier in Rom werden. Doch was könnte er da am besten mitnehmen? Es sollte irgendwas sein, das einen direkten Bezug auf die Stadt hatte! So schlenderte er tief in Gedanken über den Markt. Doch Carbo kam nicht weit. Ein plötzlicher brennender Schmerz am linken Schienbein, ein erschreckter Schmerzensruf und schon lag der Junge Staub aushustend am Boden. Einer der Händler hatte offenbar eine Kiste auf den Weg vor seinem Stand gelegt und er, Carbo, war direkt darüber gestolpert und gestürzt. Das kam davon, wenn man vor lauter grübeln nicht auf den Weg vor sich achtete! -
Mochte er vielleicht im tiefsten Winkel seines Seins verborgen jetzt erwartet haben, dass etwas geschehen würde, -trotz aller Vernunft, die ihm von vornherein schon klar gemacht hatte, dass jetzt keine fliegende Kuh zur Tür hereingeschwebt käme, das Maul voller Zwiebeln und Taubenflügel am Rücken, um das soeben getätigte Opfer zu bestätigen-, so war es doch fast schon enttäuschend, das so wirklich GAR NICHTS passierte. Aber was wollte man da auch machen, immerhin war es nur ein kleines unblutiges Opfer gewesen. Nicht ein großes blutiges, wo man mit der Eingeweideschau am Ende ein definitives Ergebnis hatte. So blieb Carbo also nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die hehre Göttin Venus seine Bitte erhört hatte.
Jedenfalls war Carbo so oder so jetzt sehr gut aufgelegt. Er hatte sein erstes richtiges Opfer mit Tempel und Aedituus und allem drum und dran geschafft! Wie oft er sich das wohl gerade eben schon für sich festgestellt hatte? Egal, er fühlte sich gut! Er wollte auf jeden Fall derartiges öfters machen in Zukunft, ja mehr noch, plante er eine größere Karriere in Mogontiacum, so würde ihm nichts anderes übrig bleiben!
Als Carbo nach einem Blick nochmal zurück, hinauf ins güldene Antlitz von Venus Genetrix, Caesoninus aus dem Tempel hinaus nachgefolgt war, hatte er seinen Entschluss entgültig gefestigt. Zurück im freien machte sich der Aedituus an die Verabschiedung. Als er sich dann von Carbo abwenden und gehen wollte, hielt der Junge ihn verbal zurück: „Danke, du warst mir eine große Hilfe! Ich kann natürlich gerne etwas spenden, doch bevor du gehst, hätte ich noch eine Bitte“, Carbo unterbrach kurz, „Ich würde gerne die Grundbegriffe des Opferns erlernen, damit ich das zuhause einmal selbst auch machen kann. Denkst du, dass du mir das einmal näher zeigen könntest? Ich würde es soo gerne lernen!“
Natürlich wollte er nicht gleich selbst Aedituus werden, aber damit Carbo in Zukunft wenigstens alleine und sattelfest kleine und große Opfer, ob blutig oder unblutig, durchführen und Dinge einweihen konnte. Letzteres hätte er z.B. in seiner Karriere ja schon einmal benötigt in der Vergangenheit. -
Dürfen Peregrine etwa nicht teilnehmen?
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Carbo winkte ab. "Ach, soo anders ist das alles doch gar nicht. Bedenke einfach unser sehr ausführliches Gespräch vom letzten Mal, dann sollte dir nichts passieren. Germania Superior ist ja immerhin nicht hinterm Mond, sondern nur gleich hinter den Alpen."
Interessant war, dass Cerretanus selbst wohl gar nichts davon wusste von einer Versetzung. Hatte der Präfekt jedoch nicht ausdrücklich erwähnt, dass Cerretanus es selbst evt. so wollte? Komisch. Musste wohl eine Art Verwaltungsfehler sein.
Während er so nachdachte, ließ er wieder seine Blicke über die Preisliste und die Tafel für die Monatsberichte. Dabei kamen schon ein, oder zwei Fragen nochmal auf."Ein normaler Brief kostet 10 Sesterze und ein Eilbrief 40 Sesterze oder? Lese ich das richtig? Und was bedeuten die ganzen Kürzel auf den Tafeln?" Dies war nur zur Sicherheit, immerhin würde er das selbst einmal ausfüllen müssen.
Sim-Off: -
Es waren wirklich erhebende Augenblicke, die Carbo da gerade durchlebte. Zum ersten Mal in seinem Leben vollführte er ein richtiges Opfer der Römer auf römische Art in einem römischen Tempel in Rom. Carbo wurde ganz warm vor Stolz auf diesen Gedanken. So nah war er einem Dasein als Römer wohl noch nie gewesen.
Doch gerade jetzt musste er sich zusammenreißen, immerhin galt es das Opfer möglichst fehlerlos durchzuziehen und nicht nach Belieben seinen Gedanken nachzuhängen. So nahm er von Caesoninus die beiden Votivfiguren entgegen und rief mit erhobener Stimme der Göttin hinter dem Foculus zu: "Glorreiche Venus! Ich bringe dir heute diese meine Opfergaben dar!" Nach diesen Worten legt er die Tonfiguren auf den Foculus und nahm, ohne wirkliche Unterbrechung seiner Gebetsansprache gleich auch den Zwiebelkranz entgegen. "Ich, Norius Carbo, Sohn des Viridomarus Voccio, erflehe hiermit deine Gunst und deine Hilfe dabei für mich die wahre Liebe zuhause in Mogontiacum zu finden! Ich bitte dich, gewähre mir diese Gunst, auf dass ich schon bald die Frau meiner Träume heiraten und immerzu mit ihr glücklich sein kann! Dafür sollst du auch weiterhin Opfer von mir erhalten." Nachdem er den Kranz ebenfalls darniedergelegt und zu Ende gesprochen hatte, folgte eine Wendung nach rechts.
Dann nahm Carbo den Falernerwein und goss ihn stumm in die dafür bereitstehende Patera als Trankopfer und rief Venus noch einmal dabei stumm an zur Erfüllung seines Wunsches. -
Carbos kleines Opfer an die Göttin der Liebe begann mit einem ihm bereits vertrauten Vorgang. Immerhin hatte er Weihrauch ja auch schon als Magister Vici regelmäßig für die Laren verbrennen müssen. Doch dass man das tat und dabei Ianus anrief, war ihm neu. Doch er vertraute einfach mal dem Aedituus, immerhin würde der schon wissen was zu tun war. So also entzündete der Junge den Weihrauch.
Schnell breitete sich der typische süßliche Duft rund um den Foculus aus, während Carbo mit beiden Handflächen nach oben zu beten begann: „Pater Ianus, mit diesem Weihrauch erflehe ich deine Gunst! Ich bitte dich, öffne die Tore zur Götterwelt, damit Venus Genetrix mein Gebet hören und mein Opfer sehen möge.“ Nach diesen gesprochenen Worten wandte Carbo sich nach rechts.Dieser Teil war also erledigt. Neugierig auf das als nächstes kommende wandte er seinen Blick schweigend auf Caesoninus hin.
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Innerlich schon ganz aufgeregt folgte er Caesoninus auf die Cella zu. Carbo war noch nie im Inneren eines römischen Tempels gewesen. Dessen möglichen Inhalt kannte er nur vom Hörensagen und aus schriftlichen Beschreibungen von z.B. dem kapitolischen Tempel. So vermutete er ein Wasserbecken, eine Art Altar und eine Götterstatue hinter der goldenen Tür. Ob es wohl zutreffen würde?
Doch bevor er seine Neugier angemessen befriedigen konnte, wurde er durch ein römisches Ritual aufgehalten (zumindest kurz). Er musste sich nämlich einer Waschung unterziehen, um rein genug für die Göttin zu sein. Carbo tat es Caesoninus so gut es ging gleich und folgte ihm endlich dann hinein. Es war atemberaubend. Es war hier zwar kein Wasserbecken, dafür jedoch eine große Goldstatue voll Anmut und Eleganz anzutreffen. Und erst die prachtvolle Schmuckarchitektur ringsum! Carbo hatte noch nie zuvor in seinem Leben so etwas wundervolles gesehen. Ganz ergriffen war er von jenem Anblick des Tempelinneren. Derart fasziniert achtete er schon fast gar nicht mehr auf den Aedituus, doch gerade noch so hatte er trotzdem mitbekommen, was er tun solle. „Einverstanden!“ antwortete Carbo, schon darauf brennend endlich loszulegen.
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Carbo war mehr als erstaunt zu hören, dass es in Rom angeblich posttechnisch öde zugehen sollte. Hier? Am Hauptnerv des Imperiums? Dem Zentrum der Welt? Ausgeschlossen!
Doch er wollte nicht schon an seinem ersten Tag anecken, weshalb Carbo nichts zu jener Thematik von sich gab und sich lieber auf das nächste konzentrierte. Das war nämlich wichtig, da Cerretanus über dienstliche Angelegenheiten referierte.
„Preisliste mit unterschiedlichen Preisen + Wertkarten und Bericht am Monatsende mit notierten Briefen, die verschickt wurden, klar soweit!“ wiederholte er pflichtschuldig. Ein wenig kam ihm das alles wie seine ersten Tage als Stadtschreiber in Mogontiacum vor, nur dass er dieses Mal in Rom in einem Officium tätig und die Arbeit selbst viel verantwortungsvoller und wichtiger war so als Stationarius. Trotzdem wiederholte sich für ihn gerade die Geschichte in gewissem Sinne.„Vielen Dank! Nur Wasser ist schon in Ordnung.“ bedankte er sich und nahm gleich einen Schluck, ehe er mit ihrem Gespräch fortfuhr. „Danke, mir geht es gut! Und dir? Meine Unterkunft ist soweit in Ordnung. Ich bin nichts anderes aus der Heimat gewohnt. Rom ist großartig in jedem Sinne und riesig! Nirgendwo was kleines, nur Superlativ über Superlativ! Doch der Präfekt sagte mir, dass du versetzt wirst, stimmt das denn?“
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"Salve, Paullus Germanicus! Es freut mich dich wiederzusehen!" begrüßte er den Germanicer, während er tiefer in den Raum hineinschritt und sich umsah.
Ein officium, ganz nach seinem Geschmack!
Natürlich kam er der Aufforderung sich zu setzen gerne nach. "Was erwartet mich jetzt?"
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Carbo betrat das Officium.
"Salve, ich bin Norius Carbo, der neue Stationarius!" meldete er und hielt die Ernennungsurkunde hoch. -
"Vielen Dank!" freute sich Carbo, als ihm die schöne neue Urkunde übergeben wurde. Ein Prachtstück von Papyrus, das sich wunderbar in seiner bisherigen Dokumentensammlung, seine Person betreffend, machen würde!
Als Carbo dann gefragt wurde, ob er eine Wegbeschreibung benötigte, nickte er mit dem Kopf. "Ja bitte." Daraufhin hörte er aufmerksam zu und prägte sich jeden genannten Platz und jede erwähnte Straße gut ein, um es gleich beim ersten Mal zu finden. "Ich habe verstanden, am besten ich mache mich gleich auf den Weg! Danke nochmals, vale bene." sprach er und verließ den Präfekten wieder mit seiner neuen Ernennungsurkunde unterm Arm, um sofort mit der Arbeit zu beginnen.