Maahes war sich immer noch nicht sicher, ob er den Ansprüchen der jungen Domina in Bezug auf seine Vortragskunst gerecht werden konnte. Bisher hatte sich das Erlesen von Texten immer auf überaus handhabbare Dinge beschränkt, die seinem Dominus meistens in Form von Listen und dergleichen entgegen kamen. Schöngeistiges war bisher nur wenig dabei gewesen. Doch der Sklave nickte und war insgeheim froh, Caerellia die Freude machen zu können. Nun war er gespannt, welche Werke sie denn gewillt war zu vernehmen. “Ovid!“, wiederholte er dann erstaunt. “Ein sehr ansprechender Poet.“ Dabei hielt auch er weiterhin auf die Laube zu, von welcher nun ein gurrendes Taubenpaar, das sich im Inneren nieder gelassen hatte, hinfort flatterte, als sie sich näherten. Ovid war ihm als zartfühlender, sehr sensibler Dichter bekannt, der ein umfassendes Werk hinterlassen hatte, welches Maahes aber nur in Auszügen kannte und dessen Worte er sich niemals hatte auswendig merken können. Zwar war er durchaus romantisch veranlagt, doch waren seine Bemühungen auf diesem Gebiet stets praktischer Natur gewesen. “Welches Werk seine Kunst ist dir denn genehm, Domina? Eine Liebeselegie, oder eher ein Sagengedicht?“, wollte er dann wissen. “Dann werde ich so schnell es geht überprüfen, ob es in der Bibliothek vorhanden ist.“ Er blieb gespannt, wofür sich sein Gegenüber entscheiden würde, doch allein die Wahl des Ovids zeugte doch davon, dass in der jungen Dame durchaus ein schwärmerisches Wesen steckte. Das gefiel ihm und ließ ihn sogar soweit die vorherige kleine Auseinandersetzung vergessen.
Beiträge von Maahes
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Maahes war der Inuia nicht Gram, nur hatte er sich vorgenommen im Folgenden sehr genau zu überlegen was er sagte, damit es nicht wieder falsch aufgefasst werden konnte. Doch Worte über die Schönheit des Gartens waren nicht nur angebracht, sondern obendrein auch unverfänglich. “Bas ist eine gute Seele, die ihre Leidenschaft ausleben darf,“ erklärte er dann. “Der Garten ist sein Reich.“ Dann allerdings sagte Caerellia etwas, was Maahes erstaunte. Er sollte ihr vorlesen? Schließlich lächelte er, als ihm in den Sinn kam, dass seine Qualitäten als Unterhalter nicht besonders ausgereift waren. “Ja, Domina, ich kann lesen und schreiben,“ sagte er. “Und es wäre mir eine große Ehre.“ Dann richtete er seinen Blick auf die Laube. Es würde keine besondere Schwierigkeit darstellen, sie mit Korbsesseln zu versehen und sollte es am Morgen regnen, so bot das Dach der Laube einen guten Schutz gegen die Tropfen. “Hast du bei der Lektüre einen besonderen Wunsch?“ Es war interessant zu erfahren, was die junge Domina gerne las, denn dies gab nach Maahes Einschätzung auch einen guten Aufschluss über ihr eigentliches Wesen. Immerhin prägte das was man aufnahm die eigene Gedankenwelt.
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Sie hatte überreagiert um eine gute Domina zu sein? Einen Augenblick lang fragte er sich, wie sie diese Angelegenheit eigentlich definierte. Eine gute Domina war ausgeglichen, zumindest in seinen Augen, und sie reagierte nicht über, sondern tat mit Weisheit kund, was sie eben zu sagen hatte. Doch er war zu sehr Romantiker, der seine Ansichten auf einen jeden übertrug, der ihm gegenüber stand. Caerellia war jung und vielleicht noch nicht gefestigt. Doch gerade diese Jugend wirkte auf ihn einen besonderen Reiz aus. Als ihre Hände sein Gesicht berührten, hob er ihr seine Blicke empor. Doch was sollte er sagen? Dass er ihr verzieh? Er war nicht in der Position um zu verzeihen. Er war, wie sie es schon gesagt hatte, ein Sklave. Dennoch nickte er kurz, als Zeichen, dass er annahm was sie sagte. “Wir können gerne weitergehen, Domina,“ sagte er dann und nickte neuerlich dazu. “Der Garten hat noch viele Schönheiten zu bieten.“ Damit deutete er auf die kleine, weiß getünchte Laube, die von einem Meer aus lila-roten Grasnelken und einem Strauch von blassgelben Engelstrompeten umsäumt war. Unschlüssig darüber, ob er ein weiteres Gespräch beginnen sollte, schwieg er zunächst. Doch er hatte den Kopf wieder gehoben und sich in Bewegung gesetzt. “Bas, unser Gärtner, gibt sich wirklich sehr viel Mühe,“ Es war ein Versuch, das vielleicht folgende Gespräch in ungefährliche Gewässer zu lenken, doch es lag an der Iunia, darauf einzugehen.
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Hatte er sie so falsch eingeschätzt? Sie hatte gewirkt wie eine junge Frau, die nahbar war und sensibel. Er hatte gedacht, sie würde seine Worte als das verstehen, was sie waren. Ein Ausdruck dessen, was er empfand. Doch offenbar war er in ihren Augen zu weit gegangen. Definitiv ein Grund, sich zu entschuldigen. Auch ihre Worte wollten ihm das bestätigen. Doch es hatte es ihm fern gelegen, Caerellia zu korrigieren. Für ihn war es im Grunde genommen nur ein harmloses Gespräch gewesen, so wie er es mit seinem Dominus sehr oft führte. Allerdings schien er sie in irgendwelche Gewissensnöte getrieben zu haben, die er im Moment noch nicht verstand. Sie sprach im Zorn und sie sprach laut und letzten Endes erschien sie indigniert zu sein. Doch ihre Worte provozierten auch eine gewisse Röte auf ihren Wangen. Es war ein irrwitziger Gedanke in diesem Moment, doch er fand gerade das machte sie noch lebendiger und hübscher. War er verrückt geworden?
Maahes senkte schuldbewusst den Kopf. Er wusste, dass er in keiner Weise in dieser Situation am längeren Hebel saß und er wollte auch nicht wirklich, dass Caerellia dem Dominus davon berichtete. Dieser vertraute ihm und er war stets loyal und ehrlich zu ihm gewesen, doch zählten die Worte einer Verwandten immerhin mehr als die eines Leibsklaven. Es würde unangenehme Fragen aufwerfen und den seligen Frieden, den der Ägypter in seinem Leben empfand doch erheblich stören. “Ich kann nur sagen, Domina, es tut mir leid.“ Seine Stimme war nun gesenkt und er schaute noch immer nicht auf. Auf die Idee darum zu bitten, dass sie dieses, ja, Missverständnis nicht weiter tragen würde, kam er nicht. Er mochte zwar ein Sklave sein, aber als solcher hatte er auch seine Art von Würde. Er war treu ergeben, fleißig und freundlich, und das machte einen Wert aus, von dem er immer dachte, dass die Familie der Iunier diesen zu schätzen wusste. Vielleicht aber reagierte Caerellia auch so, weil sie sich selbst ertappt fühlte? Wie auch immer, Maahes war sich nicht sicher, da er die junge Domina ja noch nicht wirklich einschätzen konnte.
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Eigentlich hätte er seine Worte nicht sprechen dürfen. Nicht, wenn er nun sah, dass die Iunia errötete unter seiner Aussage. Vielleicht war er ein weitaus schlechterer Gesellschafter, als er vermutet hatte. Es war auch nicht an ihm gekränkt zu sein ob ihrer Worte, ein Sklave zu sein, den man nicht beneiden sollte. Immerhin war es eine Tatsache. Einen Moment lang verzog er seine Lippen, presste sie aufeinander und betrachtete ein wenig verschämt Caerellia, die sich nun von ihm abwendete. Diese Wendung hätte das Gespräch nicht nehmen dürfen, aber es war nun einmal geschehen. “Verzeih mir, Domina,“ begann er dann. “Ich war es, der etwas Unüberlegtes gesagt hat.“ Dann lächelte er wieder vorsichtig. “Du wirst bestimmt auch noch viel reisen,“ sagte Maahes, wobei er sich bemühte nunmehr einen leichteren Plauderton anzuschlagen. “Vielleicht sogar eines Tages nach Rom oder Alexandria.“ Wenn er ehrlich war, erhoffte er für sich dasselbe. Germanien war zwar ein angenehmes, wenn auch wildes Land, doch er mochte die Winter nicht.
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Maahes schmunzelte flüchtig, als die junge Herrin meinte, dass ein Naturerlebnis immer etwas Erfreuliches war. Nur er bezweifelte, dass die Sklaven auf den Feldern dieses Erlebnis noch zu schätzen wussten. Die meisten arbeiteten unter den schwierigsten Bedingungen, schindeten sich und waren unglücklich. Er selbst war mehr als nur froh, dass ihm eine solches Schicksal erspart geblieben war. Zwar war es für ihn noch immer nicht unbedingt erquicklich, ein einfacher Sklave zu sein, doch mit seinem Dominus hatte er es gut getroffen. Der Iunier vertraute ihm und was wollte man schon mehr verlangen? Im Gegenzug war Maahes ein absolut loyaler Diener, dem es niemals in den Sinn kommen würde, über die Mauer zu klettern, um sich davon zu machen. Dass es auch eine Art von Gefangenschaft war, darüber machte er sich keinerlei Gedanken mehr.
Als er auf seine Herkunft zu sprechen kam, schien die junge Domina sehr überrascht zu sein, und verzückt. Er selbst erinnerte sich nur ungern daran. In Alexandria war etwas geschehen, was er niemandem gönnen würde. Und dass er die Welt gesehen hatte, war nicht mehr als ein unausweichliches Schicksal gewesen. “Du solltest mich nicht beneiden, Domina,“ sagte er dann sehr bedacht und schaute der jungen Frau wieder entgegen. Er fühlte sich durch ihre Rede keineswegs beleidigt. “Es wäre niemals mein Wunsch gewesen die Welt zu sehen, wenn ich gewusst hätte, welchen Preis ich dafür bezahlen musste.“ Seine Worte klangen ernst, doch er wollte die Stimmung Caerellias nicht trüben. “Alles was am Ende zählt ist ja doch nur der Ort an dem man gerade ist. Alles andere sind Erinnerungen oder Träume.“ Wieder lächelte er. Dieses Mal ein wenig gequält. -
Aesara war wirklich ein schöner Name, nur passte dieses Schöne leider nicht zur Wesensart der Besitzerin. Maahes mochte sie zwar sehr gerne, doch hatte dieses Faible am ehesten den Ursprung in seinen Lenden als in seinem Kopf. Aesara war eben ein wenig verrucht, was ungemein Erleichterung verschaffen konnte. “Ja, wir sind noch in Mogontiacum,“ sagte er dann. Dieser Garten konnte seinen Besitzer wirklich stolz machen. Vorwizige Kornblumen streckten der Welt ihre blassblau-violetten Blüten entgegen und roasrote Rosenkelche hielten mit strahlendem Glanz dagegen. Maahes schritt ein wenig weiter auf dem Pfad, hin zu einer kleinen, aber sehr schön gearbeiteten, weißen Laube. Hier konnte man wirklich Stunden verbringen und genießen. Leider war ihm das selten vergönnt. “Die Domina Seiana mag den Garten auch sehr gerne...“, sagte er dann etwas ausweichend. “Aber ja, denn wer mag Blumen nicht?“ Er, der aus einer drögen, von Hitze verglühten Welt kam, mochte Gärten wahrscheinlich sogar noch mehr als seine Herrin. “Coloniae Claudiae Arae Agrippinensum,“ wieder holte er dann. “Dort bin ich noch nie gewesen. Ich stamme aus Alexandria in Aegyptus.“ Er legte die Hände auf den Rücken und belfeißigte sich eines leicht schlendernden Schrittes. “Dort macht es sehr viel Mühe, einen Garten wie diesen zu erhalten. Hier jedoch ist das Wetter mild und die Pflanzen warten geradezu darauf, im Frühjahr hervor zu brechen.“ Das war seiner Meinung nach auch das einzig Schöne an Germanien.
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Einen Moment hielt Maahes inne und gönnte der jungen Iunia einen Seitenblick. Es war entgegenkommend von ihr, Aesara als hübsch zu bezeichnen. Anscheinend war ihr Charakter anders geaartet als der der Sklavin. Aber es zeigte auch deutlich, dass sie nichts von dem heimlichen Gespräch mitbekommen hatte. Innerlich atmete er auf. “Ihr Name ist Aesara,“ erklärte er dann. “Sie… arbeitet schon hier seit der Dominus aus Rom kam.“ Aus einiger Distanz leuchteten ihnen schon die beiden massiven Rhododenron-Sträucher entgegen, welche den Eingang zu einem kleinen Laubengang säumten. Dahinter bahnte sich ein Weg seinen Raum durch den Garten. Links und rechts davon wuchsen bunte Blüten empor und auch ein betörender Duft stieg dem Betrachter in die Nase. “Hier kann man jedwede Reise, Staub und anderes vergessen.“ Maahes Stimme klang beinahe andächtig. Er war sehr gern im Garten, denn im Gegensatz zur wilden Natur Germaniens war dies ein durchaus gepflegter und kultivierter Ort. “Es ist schön, dass du dich wohl fühlst. Wir werden alles tun, damit es so bleibt.“ Er lächelte unter diesem Versprechen und betrachtete sich Caerellia wieder von der Seite. “Wenn es nicht vermessen ist, Domina, darf ich fragen, woher du kommst?“ Er wollte keineswegs neugierig erscheinen, doch es war doch immer gut zu wissen, in welchen Landstrichen der Welt schöne Mütter noch schönere Töchter groß zogen.
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Dass Aesara nun hier ihr Gift verspritzte, mochte Maahes überhaupt nicht. In den selten Nächten, in denen sich eine Gelegenheit fand, war er zwar für ihr Temperament dankbar, doch hier auf dem Präsentierteller passte er gar nicht so gut. Es war nur zu hoffen, dass die junge Domina die gesprochenen Worte nicht mitbekommen hatte. Als Maahes sich in die Richtung der herannahenden Schritte drehte, erkannte er auch sogleich die Iunia, welche sehr hübsch in Fliederfarben angetan war. Sie lächelte ihm ihm entgegen und er lächelte zurück. “Natürlich, Domina. Der Garten ist bereit und wartet schon auf dich.“ So wie er es wohl getan hatte. “Hilf den anderen beim Vorbereiten der Cena,“ sprach er dann zu Aesara, die es sich nicht nehmen ließ, Caerellia noch einmal einmal unter gesenktem Kopf feindselig entgegen zu linsen. Maahes wusste genau, dass ihr noch einiges an Worten auf der Zunge brannte, doch sie behielt sie im Zaum und eilte schließlich von dannen. “Dort vorne ist er schon!“ erklärte er und deutete auf den Durchgang, der zum iunischen Kleinod führte. “Wenn du mir bitte folgen würdest...“ Er wartete nicht lange, sondern schritt gemessen drauf los. “Ich hoffe, das Bad hat dir gut getan?“, fragte er dann. Aber das musste es wohl. Sie sah frischer aus. Ihr Haar war geordnet und fiel wie ein Bach aus dunkler Seide über die Schultern, auch wenn es ein wenig zurückgesteckt war.
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[Blockierte Grafik: http://i1344.photobucket.com/a…es/Aesara_zpswbf4txht.jpg]| Aesara
[...]
Nachdem ihm das Warten lang und länger wurde und der Anblick des tönernen Kübels mit den hübschen Dahlien auch keineswegs mehr ein wenig Spannung bot, begann er damit im Atrium, fast vis a vis zum Durchgang zum Garten, auf und ab zu gehen. So lange, bis er Schritte hörte. Allerdings kamen diese nicht vom Balneum, sondern waren hinter ihm zu verorten. Er drehte sich herum und erblickte, ein weiteres Mal an diesem Tag, Aesara. Sie kam auf ihn zu, wobei sie einmal mehr ihre Schritte so lustvoll setzte, dass ihre Rundungen perfekt zur Geltung kamen.
“Ist sie noch im Bad?“ Ihrer Stimme verlieh sie dabei einen sehr sinnlichen Klang. “Oder sind wir allein?“
“Wir sind allein, noch“ erklärte Maahes und verschränkte die Arme vor der Brust. Er hatte absolut nichts gegen ihre Annäherungsversuche. Im Gegenteil, er hatte sie immer genossen, doch dieses Mal geschah ihr Anbandeln mitten im Atrium und das gefiel ihm gar nicht. Der Dominius könnte jeden Moment aus seinem Officium treten, oder Caerellia aus dem Bad kommen.
Aesara zog eine Schnute, kam vor ihm zum Stehen und stupste ihn mit dem Zeigefinger gegen seinen Bizeps. “Du bist spröde,“ sagte sie schmollend und seufzte dann theatralisch. “Magst du sie etwa?“, wollte sie dann unvermittelt wissen.
“Wen?“
“Die neue Iunia im Haus?“
“Sie scheint sehr nett zu sein und freundlich.“
“Findest du sie hübsch?“ Aesara rümpfte ein wenig die Nase und legte ihre Stirn in kleine Fältchen.
“Vielleicht...“ Er löste seine Arme wieder und wollte sich abwenden, um dieses Spiel zu beenden. Bei Aesara endete nämlich niemals gut, was auf diese Weise begann.
“Sie sieht aus wie ein Spitzmaus!“, sagte die Sklavin dann leise und zischend, damit sie außer Maahes niemand hören konnte. “Und sie frisst wie ein Pferd!“
“Lass es gut sein!“ Maahes hob eine Hand.
“Nein! Lass du es gut sein!“ Aesara schnaubte. “Ich habe gesehen, wie du sie angeschaut hast!“
“Aesara, sie ist eine Cousine unseres Herrn und…“
“Ich mag sie nicht!“, zischte sie gepresst heraus und Maahes wollte gerade etwas erwidern, als er eine neuerliche Regung vernahm. Jemand kam aus dem Balneum. -
Dass sie sich bei ihm bedankte war ihm keineswegs entgangen. Dabei war es gar nicht nötig, aber dennoch hörte er es sehr gerne. Zeugte es doch davon, dass Bemühungen honoriert wurden. Auf ihre Worte hin nickte er. “Natürlich, Domina!“ Dann zog er sich zurück, um nach den Fortschritten im Balneum zu schauen. Alles schien vorbereitet und somit konnte er Clarissa Bescheid geben, dass sie der Iunia zur Hand ging. Aesara zu beauftragen wäre nicht sonderlich erquicklich gewesen, da sie niemals über die Dinge schwieg, die sie gehört oder gesehen hatte.
Dann hieß es warten. Immerhin hatte er den klaren Auftrag, sich der Caerellia zu widmen. Da sein Dominus nun auch reichlich beschäfitgt war, hielt sich Maahes im Atrium auf. Und er wartete. Zunächst geduldig, dann mit weniger Ausdauer. Minuten wollten sich zu Stunden dehnen und er lehnte sich in entspannter Haltung gegen die Wand und versank in Gedanken. Frauen. Sie brauchten einfach ewig im Bad!
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Die junge Dame musste von ihrer Anreise schier ausgehungert sein wie ein Löwe, den man für die Spiele vorbereitete. Beinahe hätte er gegrinst, doch er unterdrückte diesen Impuls. Hauptsache, das Mahl fand Anklang. “Wie du es wünschst, Domina,“ brachte er dann hervor als sie meinte, sich den Garten später ansehen zu wollen. Unschlüssig darüber, ob er einfach an Ort und Stelle stehen bleiben sollte, oder ab aus dem Raum gehen sollte, runzelte er flüchtig die Stirn. Doch die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als Clarissa und Aesara eintraten. Mit Laken und mit einem Krug Wasser und einem Krug Wein bewaffnet. Er deutete auf den Tisch, wo die Krüge abgestellt wurden. Auch ein Becher fand seinen Weg dorthin. Dann begannen die beiden Sklavinnen mit der Arbeit und Maahes ging ihnen zur Hand. Das Bett wurde gerichtet und nachdem dies vollbracht war, schlüpften die Sklavinnen wieder hinaus, um Obst und Blumen zu beschaffen. “Ich werde nach dem Bad sehen,“ erklärte er dann, “und ich werde eine der Sklavinnen anweisen, dir zur Hand zu gehen.“ Aufmerksam betrachtete er die Iunia nun, um in Erfahrung zu bringen, ob dies in ihrem Sinne war.
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Von der jungen Domina geradezu unbemerkt ging Clarissa aus dem Zimmer. Ihre kleinen Füße huschten über den Boden und sie eilte sich, um Aesara aufzuspüren. In ihren Gedanken stand schon das Problem, frische Laken zu finden. Aesara jedoch war Maahes gefolgt, der sich bereits auf dem Weg befand. Als sie sich in der Nähe des Atrium trafen, winkte Maahes sie davon und schritt weiter voran, hin zum Cubiculum. Als er eintrat lächelte er wieder. Die junge Domina hatte am Fenster gestanden und schien in Gedanken versunken zu sein. Als er eintrat, drehte sie sich jedoch zu ihm um. Langsam ging er auf den Tisch zu und setzte den Teller schließlich dort vorsichtig ab. “Wir hatten noch etwas Wild. Ich hoffe, es trifft deinen Geschmack, Domina,“ sagte er und trat dann einen Schritt zurück. Die Sklavinnen würden auch noch Wein und Wasser bringen, sodass das Mahl leichter die Kehle hinunter gehen würde. Sicherlich hatte sie auch Durst. Aufmerksam betrachtete er die junge Iunia. Vielleicht war es nicht schicklich, doch sie war wirklich ansehnlicher als Aesara. Ihre Gesichtszüge waren feiner geschnitten und sie hatte wunderbar volle Lippen. Das würde auch Aesara auffallen, die sich sehr viel aus Äußerlichkeiten machten. Wahrscheinlich würde sie sich auch wieder hinter dem Rücken des Herren und der Herrinnen das Maul zerreißen. Aber das blieb abzuwarten. “Verzeih den Umstand, dass wir das Zimmer bereiten, während du isst…,“ fiel ihm dann ein. “Aber wenn es dein Wunsch ist, dann kann ich dich in den Garten führen. Er ist wunderschön.“
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Ihr Kichern perlte in seinen Ohren und zufrieden blickte er der jungen Domina hinterdrein, die sich nun anschickte, der Sklavin zu folgen. Maahes wendete sich nun ab und ging mit zügigen Schritten in die Culina, um zu schauen, welche Kostbarkeiten sie spontan zur Verfügung stellen konnte. Die Sklavin unterdessen war im Raum angekommen. Das Cubiculum war nicht allzu groß, aber dafür umso komfortabler eingerichtet. Ein breites Bett, dessen weiche Kissen lockten, eine Truhe mit hübschen Schnitzereien, ein ebensolcher Schrank, dazu ein verzierter Tisch mit einem Korbsessel. Auch Vorhänge und einen Wandteppich gab es zu bestaunen. Breitblättrige Pflanzen säumten das Fenster. “Bitte, Domina,“ sagte die Sklavin und machte eine kurze, aber einladende Armbewegung in das Zimmer hinein. “Wir werden sogleich alles zu deiner Zufirdenheit herrichten...“ Dann trat sie einige Schritte zurück und sah Caerellia entgegen, um sich zu vergewissen, dass sie eilends entschwinden durfte, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Maahes unterdessen war in der Küche angelangt, in der sich auch Aesara aufhielt. Als sie ihn erblickte, lachte sie ihm kokett entgegen, kam auf ihn zu und schob ein wenig die Hüfte vor. “Ich wusste, dass du dich nicht lange von mir fernhalten kannst,“ sagte sie unter einem verlockenden Lächeln. “Du ziehst mich halt magisch an,“ gab Maahes zurück, während er nach einem schönen Teller aus roter Keramik auf den Tisch stellte. “Wir könnten mit dem weiter machen, mit dem wir aufgehört haben.“ Aesara kicherte. Er hob den Blick, schüttelte aber dann den Kopf. “Die junge Domina wünscht zu essen,“ sagte er und wandte sich dem Vorratsregal zu. “Junge Domina?“. Der Sklave nickte. “Gerade angekommen. Du und Clarissa solltet umgehend ihr Zimmer herrichten.“ Aesara zog ein weiters Mal an diesem Tag einen Schmollmund um kam ihr sehr nah. “Dann bleibt es bei heute… Nacht?“ Maahes atmete tief durch, drappierte kaltes Wildfleisch, köstlichen Schafskäse, ein wenig Obst, Gemüse und Brot mit Öl auf dem Geschirr. “Verlocke mich nicht!“, grinste er dann, neigte sich aber wieder zu Aesara hinunter, die ihm nun mit der Hand über den Rücken streichelte. “Tue ich das?“ Der Sklave atmete tief durch und tat nun das, wobei ihn der Dominus vorhin unterbrochen hatte. Ein langer, beinahe leidenschaftlicher Kuss folgte. Doch er musste sich einfach wieder lösen. Die Iunia wartete. Mit dem Teller in der Hand machte er sich auf den Weg zurück in ihr neu bezogenes Cubiculum.
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In Gedanken überschlug Maahes die Möglichkeiten der Unterbringung, aber im Grunde genommen gab es da nur eine Möglichkeit. Das Cubiculum grenzte an das Atrium an und lag neben dem Officium des Hausherren. Der Sklave nickte. “Wir werden sofort ein Zimmer bereiten,“ sagte er entgegenkommend und als die Sklavin vor ihn getreten war, sprach er diese an. “Sag Aesara Bescheid, dass ihr dieses Zimmer vorbereitet.“ Mit einem Fingerzeig deutete auf die entsprechende Eigangstür. “Frische Laken, Erfrischungen, eine Schale mit Wasser und einen Krug Wein.“ Dann fiel ihm noch etwas ein. “Und nur die schönsten Blumen aus dem Garten.“ Unter diesen Worten lächelte er Caerellia wieder entgegen. Ihm schwebten Hortensien und Wildrosen vor, wenn er sich die schöne Frau so betrachtete. Vielleicht Lavendel, der sie betören konnte, dann konnte sie blütenumkränzt ruhen. Beinahe hätte sich etwas Verträumtes in seine Blicke geschlichen, doch er riss sich sofort wieder zusammen, um nicht noch weiter in hanebüchene Schwäremereien abzugleiten. Wie konnte er nur! “Wenn du mir bitte folgen würdest,“ sagte die Sklavin nun scheu und machte eine einladende Handbewegung. Zumindest so gut es ihr mit den Tüchern in den Armen möglich war. “Ich werde mich sofort um das leibliche Wohl kümmern,“ erklärte Maahes. Die Sklavin wendete sich ab, schaute aber dann über ihre Schulter, um sich zu vergewissern, dass die Iunia auch folgen würde.
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Maahes lächelte. Gäste, die keine Umstände machen wollten waren in der Tat selten. Das sprach eindeutig für die Iunia. Natürlich neben dem Umstand, dass sie noch hübscher war als Aesara. Dann nickte er seinem Dominus zu, nachdem dieser Vorschläge zum Speiseplan gemacht hatte. Fleisch und Käse würde sich schon auftreiben lassen, dessen war er sich sicher. Mit festem Blick entgegnete Maahes nun dem Nicken seines Dominus, dann war er mit dessen Cousine allein.
“Wünschst du ein Zimmer, damit du noch einen Moment ruhen kannst?“ Sein Augenmerk lag nun voll und ganz auf Caerellia. “Ich würde dann sofort etwas zum Essen vorbereiten.“ Ein Cubiculum würde so oder so bereitet werden müssen. Vorsichtshalber winkte er schon einmal eine Sklavin heran, die gerade mit Tüchern beladen durch das Atrium huschte. -
Gerade hatte er sich nicht unweit des Atrium mit Aesara, einer Sklavin unterhalten, welche ihm schon seit Wochen schöne Augen gemacht hatte. Das hatte ihm natürlich geschmeichelt. Nun stand sie da, den Leib mit dem Rücken gegen die Wand drappiert, leicht lasziv und mit einem attraktiven Schmollmund. Nein, er war noch nie ein Kostverächter gewesen. Wie immer wenn sie das tat, schlug sein Herz höher und er war nur einen Wimpernschlag davon entfernt, sich einfach vorzuneigen und sich dieses Lippenpaar zu Eigen zu machen. Warum nicht? Hier sah sie niemand, denn es war ein versteckter Winkel, der wenig Einsicht in derartige Aktiviät bot. Sie reckte sich ihm entgegen, er beugte sich ihr. Nur noch Millimeter trennten sie voneinader, als auch schon die Stimme des Dominus durch das Atrium hallte und Maahes davon abhielt, letzten Endes doch von der verbotenen Frucht zu kosten. Unwillig knurrte er und die Sklavin schnaubte auf. Dann verzog er den Mund und richtete sich wieder auf. Offenbar war jemand angekommen, der hier für die nächste Zeit eine Unterkunft benötigte, einschließlich Speis‘ und Trank. “Du hast es gehört,“ grollte er unwillig über diese Störung. “Sag es den anderen.“
Die Sklavin stieß sich von der Wand ab und wischte sich eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn. “Natürlich!“ Auch sie schien nun launisch über diese Unterbrechung zu sein. “Sehen wir uns später?“, wollte sie wissen. Maahes nickte. “Und bis dahin hörst du auf, so gut auszusehen!“, raunte er ihr zu, ehe er sich gänzlich von ihrer Anwesenheit löste und dem Atrium zustrebte. Mit einem Lächeln im Gesicht trat er schließlich seinem Herrn und dessen Besucherin entgegen. Ein schöne Frau war es, doch er verbannte gekonnt die Erstauntheit darüber aus seinen Blicken. Offenbar eine Cousine des Herrn. “Das Bad wird bereitet, Dominus,“ sagte er freundlich, nachdem dieser seine Worte ausgesprochen hatte. “Und die Speise natürlich auch.“ Er würde der Küche Bescheid geben, denn er selbst war nicht allerbeste Koch und war wenig wahrscheinlich, dass ein schlichtes Brot und etwas Olivenöl ausreichte. “Gibt es besondere Wünsche?“, wollte er dann wissen und schaute diensteifrig zuerst seinem Herrn, dann der angekommenen Dame entgegen.
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Eigentlich hätte es ein freundlicher Tag werden können, doch offenbar hatten die Römer andere Pläne gehabt. Doch es war nur logisch nach dem Prozess, den Maahes aber verpasst hatte. Heute allerdings wollte er nicht fehlen und er war froh, ein wenig Freiraum von der Arbeit zu haben, um der Kreuzigung beizuwohnen. Allerdings war er bereits ein wenig verspätet eingetroffen und so bemühte er sich unter den anderen Schaulustigen einen guten Platz zu finden, von dem aus sich die Sache verfolgen lassen konnte. Von Weitem hatte man allerdings schon das kurze Hämmern gehört, die Schreie und das Wimmern. Auch das Wehklagen einiger Anwesender war zu vernehmen und unter diesen Eindrücken bekam schon ein schlechtes Gewissen. Immerhin war er jemand, der lediglich seine Neugier befriedigen wollte und emotional nur marginal in diese Angelegenheit involviert war. Maahes war kein Germane und ebenso war es ihm noch nie in den Sinn gekommen einen Römer anzugreifen oder sich gar an Aufständen zu beteiligen. Für ihn stand fest, dass man dabei sowieso nur verlieren konnte und mit Ehre, welche als Krone der Freiheit verstanden werden konnte, hatte er auch nichts am Hut. Im Gegenteil. Er gehörte zu jenen, die die Dinge nahmen wie sie kamen und die Feste so feierte, wie sie eben fielen. Letzten Endes war es immer das gleiche. Mal hatte man verloren, mal hatten die anderen gewonnen. Wie immer. Warum also dagegen angehen wollen?
Beim Anblick der Gekreuzigten jedoch konnten sich einem schon die Nackenhaare aufstellen. Sie ächzten gequält, hingen da mit vor Schmerz verzogenen Gesichtern und der Einsicht, dass es noch eine Weile dauern würde, bis der unvermeidliche Tod eintreten würde. Alles in allem ein Anblick der tiefsten, verzweifelten Niederlage. So wie es gewollt war. Maahes schürzte die Lippen, atmete tief durch und seufzte schließlich leise, ehe er von einem Händler mit einem Bauchladen angesprochen wurde. Entgegen jedweden Schamgefühls und geradezu im Affekt kaufte er sich einen kandierten Apfel und biss in diesen hinein, während die nächste Gruppe der unglücklichen Germanen herbei geführt wurde. Mit einer merkwürdigen Form des sentimentalen Interesses, schaute Maahes den Soldaten zu, wie sie einen bärtigen Rotblonden niederwarfen und an den Querbalken zwangen, nur um ihn mit Nägeln zu martern und ihn dann wie die anderen zuvor aufzustellen. Dann biss er noch einmal in den Apfel und ließ das Wissen darum, dass er hier unten stand und nicht dort oben hing, ein beruhigendes Gefühl in sich aufbringen.
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Maahes betrachtete seinen Herrn dabei, wie dieser die Schriftrollen zusammen suchte und machte sich im Geiste eine Notiz, den Brief an die Duccier zu verfassen. Dann sollte es endlich los gehen. Doch was hieß eigentlich „endlich“? Im Grunde war er nicht scharf darauf, den Tag im Lager der Garnison zu verbringen. Das lag nicht an seinen Pflichten und Aufgaben, sondern vor allem daran, dass es draußen so lausekalt war. Am liebsten würde er seine Zeit vor einem guten, kleinen, knisternden Feuerchen verbringen, um sich daran zu wärmen. Doch daran war natürlich nicht zu denken. “Natürlich, Dominius,“ sagte er deshalb relativ schlicht und nickte seinem Herrn zu. Er würde ihm folgen, wohin es auch gehen mochte.
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Maahes verstand den Gedankengang seines Dominus und konnte diesem nur zustimmen. Niemand legte Wert darauf, Getreide einfach zu beschlagnahmen und das Ganze musste sich auch anders regeln lassen. Deshalb nickte er nur knapp, während Senena sich seinen Mantel überwarf. Auch er selbst sollte sich wohl besser noch etwas Warmes überziehen, denn draußen vor der Tür würde die allgemein herrschende Kälte noch spürbarer sein, als hier im Raum. Ihm fröstelte bereits beim Gedanken daran, die heimischen Gefilde verlassen zu müssen, doch es würde sich sowieso nicht vermeiden lassen. Sie mussten ins Lager. “Soll ich ihnen einen Brief zukommen lassen?“, fragte er dann, als sein Herr die Duccier ins Spiel brachte. Ein wirklich einflussreiche Familie waren sie und es würde sich gewiss lohnen, sie zu kontaktieren. “Ich könnte ihn der Einladung zu den Saturnalien hinzu fügen,“ sagte er dann noch. “Ich meine, nur wenn du gewillt bist, dass sie überhaupt dabei sind.“ Aber warum nicht? Honorige Gäste hatte man doch schließlich immer gern im Haus.