Beiträge von Maahes

    Vielleicht mochte es ein Fehler gewesen sein, ungefragt für Clarissa zu sprechen und wenn man sich den Händler nun betrachtete, so war diese Vermutung auch gleich schon untermauert. Dennoch wusste Maahes nur allzu gut – auch wenn er sich in den letzten Wochen nicht mit Ruhm bekleckert hatte – dass es sehr wohl eine Zeit gegeben hatte, in denen er für Clarissa, Aesara und auch all die anderen im germanischen Haushalt der Iunier verantwortlich gewesen war. Schon damals wäre er für sie durchs Feuer gegangen. Der junge Römer schaute ihm nun entgegen und murmelte vor sich hin, dass er nun wisse, wo die Makel lagen und auch Tuff Tuff hatte schon angesetzt, um eine Teil beizutragen, doch kam er nicht dazu. Wieder wurde Clarissa vom Interessenten angesprochen. Die junge Sklavin schnappte nach Luft und nickte, als der Römer ihren Namen aussprach. Erst als er den seinen nannte, sah sie auch zu ihm hin. Ein gutes Leben klang sicherlich verlockend und von diesem Stand fortzukommen noch mehr. Also nickte Clarissa vorsichtig und sah zu Maahes empor, der sie ermunternd anschaute. Es war deutlich zu sehen, dass ihre Augen bereits vor Tränen zu schwimmen begannen und eine solche löste sich auch schließlich, als sie wieder zu dem Iulier blickte und neuerlich nickte. “Ich kann nähen und gut waschen,“ sagte sie sehr leise. “Und ich habe oft den anderen geholfen. Vor allem in der Küche.“


    Maahes erinnerte sich gerne an die iunische Küche in Germanien. Dort hatten sie oft gesessen nach der Arbeit am Abend und hatten sich unterhalten. Frohe Stunden waren das gewesen, in denen man über Ernsthaftes reden und über Lustiges herzlich lachen konnte. Doch ihn hatte niemand gefragt und es war mehr als nur deutlich, dass er in keiner Weise in diesem guten Leben im iulischen Haus gebraucht werden würde. “Ich kann auch sehr schnell lernen,“ wagte es Clarissa nun noch anzufügen.

    Wäre die Situation für ihn eine andere gewesen, hätte er sich sicherlich von den Worten dieses Händlers abgewendet. Darüber hinaus auch über dessen ganzen Höker-Stand. Flüchtig kamen ihm wieder Situationen in den Sinn, in welchen er mit seinem Herrn an seiner Seite vor eben solchen Ständen gestanden hatte und ebenso wie es nun alle taten, die ‚Ware‘ begafft hatte. Vielleicht war er sich seiner Sache zu sicher gewesen, doch weder das Leben noch der Tod schliefen vor sich hin und beide waren recht gut darin, einem Mann neue Karten auszuteilen. Seine eigenen waren recht schlecht, wie er sich immer wieder vor Augen führte. Als der Römer, der ihm zuvor schon aufgefallen war, nun fragte, wo die Makel lagen, seufzte er kaum merklich und bemühte sich auch weiterhin um unbeteiligtes Gesicht. ‚Tuff Tuff‘ sprang nun vom Podest, um sein Netz um den potentiellen Kunden zu spannen. Wie es wohl kommen musste, betraten nun beide Männer wieder die Bretter, wobei Maahes weiterhin geradeaus schaute, während der Händler sein Können anrpies. Dann richtete sich die Aufmerksamkeit auf Aesara, welche sich unter dieser durch eine Kopfbewegung ihr lockeres Haar schüttelte, um gleich darauf dem Römer entgegen zu lächeln. Eigentlich war es schon bewunderswert, wie sie unter allen Umständen ihren eigenen Charakter samt Körper in die Waagschale warf.


    Maahes sah nicht dabei zu, wie seine Mitstreiterin nun entblößt wurde, damit der Römer ihre Brüste nicht nur sehen, sondern auch befühlen konnte. Natürlich schob sich Aesara dieser Berührung auch noch geradezu entgegen, wobei sie verführerisch dreinzuschauen versuchte. Zumindest für sie schien auch dann gleich der weitere Werdegang gesichert, doch Tuff Tuff wollte sich darauf nicht einlassen. Da Maahes noch den Arm um Clarissa gelegt hatte, spürte er, wie die junge Frau erzitterte. Wahrscheinlich hatte sie nun Angst, dass sie ebenso entblößt und befühlt werden würde wie Aesara. Sie schniefte auch leise, während der Händler wohl dafür zu sorgen versuchte, dass sie wenigstens zusammen veräußert wurden, auch wenn der Römer gemeint hatte, weder mit ihm noch mit Clarissa wohl etwas anfangen zu können.


    Zumindest hatte sich Aesara wohl schon einen warmen Schlafplatz gesichert, was diese mit einem Lächeln zur Kenntnis nahm. “Sehr gerne,“ raunte sie dem Interessenten entgegen und warf sich noch einmal so in Positur, dass ihr Vorbau noch einmal gut zur Geltung kam. Dann wurde Clarissa angesprochen, die nun demonstrativ in eine andere Richtung sah und weiterhin vor Angst bebte. Maahes zog sie noch ein wenig fester an sich, doch kannte er die junge Frau gut genug um zu wissen, dass sie von allein kein Wort herausbringen würde. “Sie kennt sich gut mit dem Haushalt und mit Näharbeiten aus,“ antwortete Maahes nun an ihrer Statt. “Sie heißt Clarissa.“ Erst jetzt schaute auch er dem Römer fest entgegen. Es handelte sich um einen recht jungen Mann. Sehr gut gekleidet, gewiss nicht arm, doch mehr Vermutungen mochte er noch nicht anstellen.

    Maahes spürte sehr deutlich, während er auf dem Podest stand, wie sich die zierliche Clarissa dicht an ihn drängen wollte. Aesara unterdessen stand einen Schritt von ihm entfernt. Mit hoch erhobenem Kinn und vielleicht einem fast schon zu stolzen Blick überschaute sie Kundschaft, die sich vor dem Stand des Händlers versammelte. Niemals hätte der Ägypter gedacht, dass er in seinem Leben noch einmal soetwas wie die „Ware“ sein würde, denn bisher hatte er sich ausgerechnet, dass sein Leben in eine gute und sichere Bahn geraten war. Das alles wurde zerrüttet, als sein Herr verstarb und es somit kaum noch einen Gebrauch für seinen Leibsklaven gab. Viele aus dem germanischen Gefolge des Iunius Seneca waren bei der Familia untergekommen, doch hatte es wohl so kommen müssen, dass er selbst, Clarissa und Aesara nun übrig geblieben waren. Vielleicht hatte er sich zu wenig bemüht, war zu mürrisch geworden und launisch. Gerne hatte er tief in einen Weinbecher geschaut, der ihm im Grunde nicht gestattet gewesen war und auch ansonsten war sein weiteres Dasein eher träge und ein wenig gebrochen verlaufen, sodass man wohl keinen Bedarf mehr in ihm sah. Aesara hingegen war mit ihrer vielleicht charmanten, aber dennoch anrüchigen Art ebenfalls nicht besonders auf die Gegenliebe der neuen Herrschaft gestoßen, zumal zu vermuten war, dass sie schnell von sich aus die Sklavenschaft ungefragt und exponientiell mehren würde, sollte sie ihre Offerten weiterhin einem jeden anbieten. Clarissa unterdessen war zu scheu, um sich in dem neuen Heim durchzusetzen und am liebsten hielt sie sich allein in irgendwelchen Räumen auf, ohne einer Arbeit nachzukommen. Sie hatte sehr um Seneca getrauert, auch wenn Maahes niemals vermutet hätte, dass dieser der jungen Frau so nahe gegangen war. Doch war es bei ihm besser gewesen?


    Erst an diesem Morgen waren sie nun zum Sklavenmarkt gebracht und veräußert worden. Aussortiert und unnütz, wobei nun der Ruf des Händlers, der zu allem Übel auch noch „Tuff Tuff“ genannt wurde, über den Platz hallte. Drei zum Preis für zwei. War seine Arbeit so schlecht gewesen? Sein Leben so wenig wert? Maahes blickte recht starr nach vorn in die Menschenmenge, ohne jemand bestimmtes dabei zu fixieren. Genau genommen mussten seine Blicke wohl recht leer wirken. Es war einer diese Momente im Leben, die man am liebsten gar nicht mitmachen würde, doch irgendwie geschahen sie doch, ohne das man etwas dagegen tun konnte. “Ich habe Angst!“, wisperte Clarissa neben ihm und umfasste seinen Oberarm. Maahes nickte nur und seufzte stumm. Vielleicht hatte die junge Sklavin mit ihrem Gefühl durchaus recht. Tuff Tuff war sicherlich nicht einer untüchtigsten Händler, auch wenn er gehörig aus dem fauligen Mund stank und einen fernöstlichen Lappen um den Kopf trug. Ein Graus, dass ein solcher Mann es sein sollte, der ihr aller Schicksal nun besiegeln und für sich selbst mit Münzen verzieren würde. Unfassbar! Doch wie hieß es so schön? Aller guten Dinge waren drei. Das dritte Mal auf einem Podest, was ein Gedanke war, der Maahes beinahe wieder zum Seufzen gebracht hätte. Doch hatte Clarissas Worte auch etwas Gutes gehabt. Wie von selbst legte er nun seinen Arm um sie, als könne er sie allein dadurch vor dem Unbill des Verkaufs schützten. Vorteil von Tuff Tuffs Angebot war ja immerhin, dass sie so die Chance hatten, zusammen zu bleiben.


    Und gleich würde es wohl kommen, das Loblied auf die Künste. Maahes schaute nun zum Händler hinüber aus dessen gierigen Schlund nun wohl die Worte kommen müssten. Noch am Morgen hatte der Händler ihn einige Zahlenkolonnen rechnen und Heilmöglichkeiten für einige Wunden aufzählen lassen. Nur um zu überprüfen, ob die Angaben über seine Fähigkeiten auch stimmten. Eine entwürdigende Sache war das gewesen, doch letzten Endes blieb nur die Hoffnung, dass es dazu beitragen würde auch weiterhin ein halbwegs würdiges Leben haben zu können. Schließlich war er nun aus einer hohen Vertrauensposition in die Niederungen gefallen und konnte gut und gerne damit rechnen, dass er die nächsten Jahre in der Landwirtschaft oder an noch schlimmeren Orten verbringen durfte. Auch sein Alter war immerhin nicht etwas, was noch die größte Strahlkraft besaß, auch wenn er durchaus körperlich fit war und als recht kraftvoll bezeichnet werden konnte. Flüchtig sah Maahes nun einen jungen Mann, der sich mit vier weiteren Begleitern seinen Weg durch die Leute bahnte und interessierte Blicke auf sie alle warf. Einer von vielen. Maahes hob seine Blicke wieder über die Köpfe der Anwesenden hinweg und richtete diese in die Ferne, wo allerdings auch nichts anderes zu erblicken war, als die bloßen Körper einiger Sklavinnen eines anderen Händlers, deren Los wohl noch bescheidener ausfallen konnte, als das Seine.

    “IOOO!“, brüllte Pratinas aus vollem Halse, sodass seine Worte an den Wänden der Küche zurück schallten.
    Der Junge war schon nicht mehr ganz bei Sinnen, denn ein wenig (viel) Wein hatten ihm und auch so manch einem anderen Sklaven des Hauses den Rest gegeben. Wie auch immer es war. Nach seinem Ausdruck gluckste der junge Pratinas glücklich und rutschte rückwärts vom Hocker, auf dem er gesessen hatte.
    Alle lachten. Die Sklaven der Iunia hatten sich in der Küche am prasselnden Herdfeuer versammelt und hielten sich an den Resten des Essens und auch den mehr oder weniger heimlich zubereiteten Speisen gütlich. Natürlich floss auch der Wein die Kehlen hinunter und die Stimmung war ausgelassen. Sappho sang nun aus voller Kehle ein germanisches Lied, welches sie irgendwo aufgeschnappt hatte, Marsyas grinste dümmlich und hielt seiner Roxana die Hand, Gorgion gähnte ob seines Alters und der späten Stunde, Apama und die anderen Sklavinnen versuchten das Lied mitzusingen und Aesara rückte zu seinem Leidwesen auf Maahes Schoß.


    “Vom mir aus könnten das ganze Jahr lang Saturanlien sein,“ sagte sie mit einem verführerischen Unterton, während Maahes versuchte, die Sklavin wieder auf ihren eigenen Hocker zu verfrachten. Sie quittierte die Versuche mit einem empörten, spitzten Laut.
    “Von mir aus auch,“ sagte er dann. “Aber ich werde trotzdem einmal hinüber gehen und schauen, ob es den Herrschaften an nichts fehlt.“
    “Es sind Saturnalien! Wenn sie alles aufgefressen haben, können sie wieder gehen!“, erklärte Artemon träge. Auch er war bei Weitem nicht mehr nüchtern.
    “Dann werde ich eben nachsehen, wie weit sie schon sind.“ Maahes konnte sich nicht vorstellen, dass auch nur einer der geladenen Gäste sich anschicken würde, sie allzu schnell schon wieder zu verlassen. Dafür waren die Speisen zu erlesen, die Stimmung bestimmt zu gut und auch sonst alles im Überfluss vorhanden, was man für eine gute Feierlichkeit brauchte. Aber schaden konnte es nichts. Insgeheim befürchtete Maahes sogar, dass es seinem Herrn nur allzu gut ging und er den Weg in den Schlafgemach nicht mehr finden würde. Nicht, dass er Seneca für prädestiniert dafür hielt über die Strenge zu schlagen, aber man konnte ja nie wissen, was Gäste und Wein im Überfluss mit Menschen machte.
    Maahes erhob sich, nachdem er es geschafft hatte, sich von Aesara zu lösen.
    “Ich komme mit!“, erklärte sie und stand ebenfalls auf. Maahes verdrehte die Augen, doch er sagte nichts.
    Stattdessen hielt er auf die Tür zu, die aus der Küche hinaus führte. Tatsächlich folgte die Sklavin ihm auf dem Fuße.
    “Lass dich zu nichts hinreißen! Heute wird nicht mehr gearbeitet!“ Artemon hob seinen Becher, um Maahes zu zu prosten. “Wir haben uns den Arsch abgrackert, jetzt werden sie wohl ein paar Stunden zurecht kommen!“
    Maahes selbst nickte ihm zu. Ganz nüchtern war er selbst nicht mehr, doch er wollte es in keinem Fall übertreiben und ganz aus seiner Pflicht heraus konnte er auch nicht. Es reichte, wenn Pratinas morgen einen dicken Schädel hatte. So etwas musste er sich selbst nicht zumuten.


    Mit schnellen Schritten ging er nun der Feierlichkeit entgegen und lauschte. Viele Gäste waren anwesend. Man brüllte und schwatzte, wie es sich gehörte. Nur langsam setzte er einen Fuß in den Raum und hielt nach seinem Herrn Ausschau. Aesara war hinter ihm und presste sich zu seiner Überraschung an ihn. “Lass uns etwas Amüsanteres machen,“ gurrte sie. “Der Herr ist hier gut aufgehoben!“
    Maahes schon die Sklavin von sich, die seine Bemühungen mit einem Schnauben quittierte. Maahes unterdessen warf einen Blick auf die ausgebreiteten Speisen und schaute dann auf die Anwesenden. Offenbar war die Stimmung wirklich gut. Blieb nur zu hoffen, dass sie auch weiterhin gut zurecht kamen.

    Es war schade, dass er den Ovid nicht auswendig kannte, denn die Iunia hatte die Augen geschlossen und schien seinen Vortrag zu genießen. Es wäre eine wunderbare Chance gewesen, sie eingehend zu betrachten, doch so mussten seine Blicke leider auf den Zeilen haften bleiben. Innerlich seufzte er und mühte sich redlich so viel Emotion in seine Worte zu legen, wie es ihm möglich war. Zwar war das, was er hier tat vielleicht für einige Menschen sehr romantisch, doch er selbst gehörte nicht dazu. Viel zu sehr vertraute er auf seinen ureigenen Charme, bei dem er nicht die Schreibe ihm fremder Dichter verwenden musste. Nein, seine Liebe war stets praktischer Natur gewesen. Doch die Momente vergingen, für die Iunia beteuerte, dass sie ihr nicht langweilig erschienen waren. Auf den Wunsch, etwas Wein trinken zu wollen, nickte Maahes, legte das Schriftstück beiseite und erhob sich, um einen Becher voll aus der Karaffe einzuschenken. Schließlich goss er noch etwas Wasser hinzu und reichte den Kelch an Caerellia weiter. Diese wollte nun ihr Beisammensein beenden und erst einen Augenblick später bemerkte er auch warum. Aesara beobachtete sie und die hart aufeinander gepressten Lippen konnte er selbst von seiner Position aus sehen. Am liebsten hätte er mit den Augen gerollt, denn zu dieser Dame zog es ihn nun gerade wirklich nicht, denn was ihn erwarten würde waren doch nicht mehr als spitzfindige Bemerkungen. “Wenn du es wünschst, Domina,“ sagte er dann aber dennoch. “Vielleicht findet sich eine andere Gelegenheit, dich zu zerstreuen.“ Doch konnte er sie nun einfach hier sitzen lassen? “Soll ich dich zum Haus zurück geleiten?“, fragte er freundlich und griff nach dem Ovid, um ihn wieder sicher in der Bibliothek verbergen zu können.

    Maahes stellte die beiden Krüge vorsichtig auf einer der Sitzbänke ab und löste die Becher von der Schnur, ehe er jedem Anwesenden der Reihe nach einschenkte. Dann reichte er seinem Dominus und auch dem Helvetier einen Becher mit verdünntem Wein. Bei Caerellia war er sich jedoch nicht sicher, da sie nicht gesagt hatte, was sie sich wünschte. Also schaute er ihr anwartend entgegen.

    Maahes nickte zu den dankenden Worten. Wie er es bereits dachte, war es gut, auch einmal ein Lob zu hören, besonders dann, wenn man das praktizieren konnte, wonach einem schon lange der Sinn gestanden hatte. Dann ging das Gespräch der beiden Herren weiter und Maahes setzte den Krug neben der Bank ab, um zum Haus zu gehen, damit er die Becher holen konnte. Zwar hatte ihm der junge Fontinalis auf seine Frage nicht geantwortet, doch es war besser, wenn er auch für ihn ein Geföß beschaffen würde. Offenbar ging es nun in diesem Gespräch um den Beitritt zur Legion und um die Musterung. Zu seinem Glück würde ihn selbst derartiges niemals treffen. Mit eiligen Schritten machte er sich nun auf und ging in die Küche, wo die Köchin gerade dabei war unter Mithilfe von Sappho, ihrer Wäscherin das Geschirr zu spülen. Natürlich war Sappho wieder dabei wieder einige Lieder zu singen, wie sie es so beim Arbeiten tat. Der Ägypter nahm sich zwei Becher, lächelte den beiden zu und machte sich wieder auf den Weg zurück in den Garten.

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Fontinalis


    Der Sklave trat näher heran und grüßte, er schien sich unsicher zu sein was er tun oder sagen sollte. Fontinalis erging es nicht anders.
    Kurz entschlossen erhob er sich, Und du bist also Maahes, der mich zusammen geflickt hat?... Aulus beäugte den Sklaven von Kopf bis Fuß. Dann fuhr er fort. Wie dem auch sei. Dein Handeln hat mich vor größerem Schaden bewahrt. Mein Leben und Gesundheit lag in deinen Händen... ich denke ich spreche auch in Senecas Sinne. Dabei sah er kurz zu Seneca um seiner Ausführung mehr Tiefe zu verleihen.
    Ein Iunius vergisst nicht wer ihm geholfen hat oder ist gar undankbar... Daher danke ich dir für deine Dienste die du an diesem Abend an Mir geleistet hast.
    Er klopfte Maahes kurz auf die Schulter woher hast du dein Wissen?


    Es tat zugegeben ganz gut, Dankbarkeit zu erfahren und auf die Schulter geklopft zu werden. Doch im Grunde genomman war das, was er getan hatte selbstverständlich gewesen. Der Iunier war verletzt und er konnte nähen. Warum hätte er zögern sollen? Auch die Neugierde des Fontinalis war verständlich, denn wäre Maahes an seiner Stelle gewesen, wäre es ihm gewiss nicht anders ergangen. Einen Retter wollte man immer kennen lernen. Gerade wollte Maahes antworten, als das Gespräch auch schon weiter ging. Besser war es, er würde es nicht unterbrechen. Erst als die beiden Männer eine Pause machten sagte er schließlich: “Du brauchst mir nicht zu danken. Ich habe einst einem griechischen Medicus gehört und interessiere mich seitdem noch mehr für medizinische Schriften.“ Sollte er auch sagen, dass er seit der Zeit seines damaligen Dominus eigentlich keine praktische Übung mehr gehabt hatte? Besser wäre es, er würde darüber schweigen. “Wünschst du auch ein wenig Wasser?“, wollte er dann wissen. Dann konnte er sich entfernen und zu dem Krug, den er bereits mitführte, noch die passenden Becher beschaffen.

    Als Maahes die Stimme seines Dominus hörte, nickte er und hielt weiter auf die beiden Männer zu, die auf der Bank saßen. Der neuangekommene Iunier schien sich wirklich schon einigermaßen erholt zu haben, was angesichts seiner Verletzung keine Selbstverständlichkeit war. Schließlich erreichte Maahes die Bank und blieb stehen. “Salvete,“ grüßte er und stand einen Moment einfach nur da, nicht sicher was er noch sagen sollte. Immerhin wollte er auch das Gespräch der beiden nicht unterbrechen.

    Auch Maahes nutzte die Gelegenheit, um von der Arbeit fort zu kommen. Es war ein schöner Tag und ein laues Lüftchen ging. Aesara half der Wäscherin und auch von dieser Seite herrschte nun Frieden. Ein guter Augenblick also, um nach Bas, dem Gärtner zu sehen, welchen er auch schon erblickte, sobald er aus dem Haus trat. Bas hockte in einem Blumenbeet und mühte sich redlich mit dem Unkraut. Auf einer Bank hatten der Iunius Fontinalis und sein Dominus Platz genommen und schienen sich zu unterhalten. Maahes trat auf den Gärtner zu. “Soll ich dir einen Krug Wasser bringen?“, wollte er wissen. “Für die Blumen oder für mich?“, scherzte der alte Mann und Maahes musste lachen. “Zum Trinken!“, setzte er dann nach, doch Bas schüttelte den Kopf. “Frag doch die beiden Herrschaften dort drüben, ob sie etwas möchten.“ Sein Kopf ruckte beim Sprechen in die besagte Richtung. Maahes nickte und trollte sich davon, hinüber zum Dominus und seinem Verwandten.

    Fast ein wenig ertappt kam er sich vor, als Alpina nun die Culina betrat. Maahes ließ Nadel und Faden sinken und schaute ihr entgegen. Seines Ermessens nach, hatten sie den Verletzten ordnungsgemäß versorgt. Die Wunde war vernäht und er blutete nicht mehr, was eindeutig ein Fortschritt war. Aber er war kein Medicus und er war froh, als sein Dominus schließlich für ihn antwortete. Also konnte er sich weitere Worte sparen. Sicherlich war Fontinalis noch nicht über den Berg, denn es konnten noch Entzündungen und Fieber auftreten. Deshalb war Alpinas Ankunft gewiss ein Segen. Während sein Dominus noch mit ihr sprach, machte sich Maahes daran mit Hilfe von Marsyas, die Kleidung des Verwundeten auszuziehen. Auf den ersten Blick sah alles gut aus, doch man konnte nie wissen. Schrammen, Kratzer, blaue Flecken, doch ansonsten? Immerhin versuchte er sich zu orientieren. Das verrieten seine Blicke. “Sollen wir ein Zimmer vorbeiten, Dominus?“, wollte Maahes dann wissen. Schließlich brauchte ein Verletzter viel Ruhe und wenn er ein Iunier war, auch eine angemessene Bleibe.

    Er hörte Caerellias Schluchzen und blickte ihr entgegen. Die junge Domina wirkte mitgenommen, wie sie da saß. Die Tatsache, dass es sich bei dem Verwundeten um ihren Bruder handelte machte die Sache nicht besser. Maahes schaute wieder auf Fontinalis, der nun von dem Met trank und danach anstandslos auf das Leder biss, welches der Dominus ihm hingehalten hatte. Das Wasser kochte. Zuvor allerdings schaute er noch einmal unter den Verband auf die Wunde. Sie blutete nicht mehr stark, was ein gutes Zeichen war. Er ließ sich von Pratinas ein befeuchtetes Tuch reichen und reinigte noch einmal die Wundränder, ehe er Nadel und Darmfaden in das Wasser tauchte und diesen schließlich einfädelte. Maahes schaute noch einmal seinem Dominus entgegen und nickte ihm zu. “Ich bin bereit!“ Nun musste er noch einmal tief durchatmen, ehe er sich vor neigte und konzentriert zu Werke ging. Das letzte Mal, als er derartiges tun durfte, lag Jahre zurück, doch offenbar war es so wie mit dem Schwimmen. Man verlernte es niemals. Stich um Stich setzte er, bis die Wunde verschlossen war. Vorsichtig betupfte er sie noch einmal mit dem Tuch. “Hat er noch andere Verletzungen?“, wollte er dann wissen. “Vielleicht wäre es besser, wenn ihn entkleiden, um nachschauen zu können.“ Fragend blickte er nun Seneca entgegen.

    Von Weitem sah Maahes bereits, dass sich noch jemand zu den Iuniern gesellte. Helvetius Curio, wenn er ihn richtig erkannt hatte. Vielleicht sollte er in vorauseilendem Gehorsam noch einen weiteren Becher mitnehmen. Den Wein, den er für sich selbst bestellt hatte, trank er in gierigen Schlucken und freute sich über die Wirkung, die dieser sogleich in seinem Körper hinterließ. Doch er musste vorsichtig sein, denn er vertrug nicht sonderlich viel Alkohol und aus Erfahrung wusste er, dass er nach einem zu ausschweifendem Genuss redselig und kameradschaftlich wurde. Also machte er sich auf den Weg. Dabei trug er die beiden Krüge in den Händen, während die Becher an einer Schnur durch ihre Henkel an seiner Seite baumelten. So konnte man sicher ankommen. Als er wieder bei den Iuniern und dem Helvetius erschien sagte er nichts, sondern reichte nur stillschweigend die Becher, um gleich danach einschenken zu können. Fragend blickte er jeden in der Runde an, was er zu Trinken gedachte. Im Angebot waren allerdings nur Wasser und Wein.

    Maahes erkannte, als Caerellia zu Boden schaute, dass sie wohl peinlich berührt worden war durch seine Worte. Das hatte er nicht gewollt, doch nun war es nicht mehr zu ändern und außerdem machte es sie besonders reizend. Zu dumm nur, dass er bei allem was weiblich war handelte und erst danach das Denken anfing. Kein Wunder, dass sie nun wollte, dass er weiter las. Der Ägypter räusperte sich kurz, nachdem er entschieden hatte nicht mehr darauf einzugehen oder etwa noch nachzulegen. Stattdessen senkte er seine Blicke wieder auf die Schrift. Wo war er stehen geblieben? Ach ja:


    “Wie, wenn nun Ceres ihr Reich aufschlüg' in den Gründen der Wälder
    Und nach Dianas Gesetz würden die Fluren bestellt?
    Wie, wenn der lockige Phöbus den Wurfspieß schleuderte? Wer denn
    Lehrt' ihn zu treffen, indeß Mars an der Leier sich müht?
    Wahrlich, Knabe, zu groß ist dein Reich schon längst und zu mächtig –
    Was, Ehrgeiziger, strebst du noch nach neuem Gebiet?
    Ist, wenn dir Alles gehört, auch der Helikon dein und sein Lusthain?


    Vielleicht sollte auch er aufhören nach neuen Gebieten zu streben. Flüchtig nur hob Maahes sein Augenmerk um zu sehen, wie diese Worte bei Caerellia ankamen. Wieder hatte er sich bemüht, besonders melodiös zu lesen.


    Ist auch die Leyer Apolls nicht mehr gesichert vor dir?
    Kraftvoll hob den Gesang mir der schlachtendröhnende Vers an
    Und schon dem folgenden hast, Amor, den Flug du geschwächt.
    Fehlt für ein leichteres Lied doch auch der gefällige Stoff mir,
    Knab' oder Mädchen, mit langwallenden Locken geschmückt.«
    Also klagt' ich; da griff schon der Gott nach dem klirrenden Köcher,
    Wählte sofort den Pfeil, mir zum Verderben bestimmt,


    Die junge Domina war wirklich schön, wie sie da saß. Langwallende Locken… oh ja. Maahes seufzte tief. Fort und fort las er, bis er am Ende der Seite angelangt war. Erst dann hob er wieder den Kopf. “Ich hoffe meine Art zu lesen langweilt dich nicht,“ sagte er schließlich. Dabei machte er einen zögerlichen Eindruck. War es wirklich recht hier von Amors Pfeilen zu lesen. Aber warum nicht? Aus dem Augenwinkel heraus erkannte er, dass Aesara in den Garten getreten war und vom Ausgang der Villa zu ihnen hinüber schaute. Sollte es ihn stören? Vielleicht, denn immerhin musste er einmal mehr erkennen, dass nicht nur Amors Flug geschwächt worden war, sondern auch der seine. “Wünschst du noch etwas zum Trinken, Domina?“, wollte er dann lächelnd wissen und deutete auf den Tisch mit der Karaffe und den Bechern.

    Pratinas eilite zurück in die Küche. Er hatte Wasser und Verbände geholt. Auf dem Weg war ihm Maahes begegnet, der noch gar nicht von dem Neuankömmling und dessen misslichen Lage mitbekomen hatte. Gemeinsam hatten sie dann die Küche betreten, in der einige Hektik ausgebrochen war. Roxana hielt Iunia Caerellia in den Armen, um diese zu stützen, ein Verwundeter lag auf dem Tisch und alle standen mehr oder weniger darum herum. Bis auf den Hausherren, der sich daran gemacht hatte, die Wunden zu desinfizieren. Es sah gar nicht gut aus. Die anderen Sklaven hielten den Verwundeten fest, während der Dominus mit Essig zu Werke ging. An einer offenen Wunde? Immerhin. Sie war groß genug, um sie nähen zu müssen. Maahes beeilte sich, um noch näher zu treten. Ein wenig kannte er sich mit Medizin aus und er hatte auch viele Schriften darüber gelesen und auch war sein ehemaliger Herr immerhin ein Medicus gewesen, von dem man ebenfalls viel hatte lernen können. “Nicht so schnell, Dominus!“, sagte der Ägypter rasch und griff nach einem dicken, zusammengefalteten Verband. “Das erst einmal auf die Wunde drücken, damit nicht mehr so viel Blut austreten kann,“ erklärte er und reichte seinem Herrn den dicken Stoff. Dann wendete er sich an Roxana. “Koch Wasser mit Salz auf und auch du, Dominus, musst dir gut die Hände waschen.“ Dann warf er einen Blick unter den Verband auf die Wunde.


    Roxana angelte nach einem Hocker, um Domina Cerellia darauf abzusetzen, während es nun Pratinas war, der sie weiter stützte. “Die Wunde scheint sauber zu sein, aber du musst die Wundränder noch einmal mit dem warmen Wasser betupfen. Und kein Essig mehr, der frisst sich nur noch tiefer ins Fleisch.“ An Marsyas gewendet sagte er dann: “Schau nach, ob wir irgendwo etwas zum Nähen haben. Am besten eine kleine, leicht gebogene Nadel und einen guten Faden aus Sehnen oder Darm. Ich meine, ich hätte das alles in einer Kiste in der Vorratskammer gesehen.“ Roxana unterdessen hatte schon den kleinen Wasserkessel über dem Feuer, welche sie nun noch mehr anzuheizen versuchte. Es würde noch einen Moment dauern, ehe es so weit war. “Auch die Nadel müssen wir vorher in heißes Wasser legen.“ Normalerweise tat man das nicht, aber er kannte diese Methode von Chrisanthos, seinem ehemaligen Herren. Dieser hatte beschworen, dass immer wenn er mit einer abgekochten Nadel genäht hatte, sich die Wundränder weitaus weniger entzündeten. Maahes hatte keine Beweise dafür, doch er wollte dem alten Griechen auch dieses Mal vertrauen.


    Es rumorte in der Vorratskammer, dann kam Marsyas zurück. Mit Nadel und Faden und auch im Kessel zischte bereits das Wasser. Doch es kochte noch nicht. So lange würden sie warten müssen. Maahes schaute sich wieder um und versuchte so viel Ruhe wie möglich auszustrahlen. “Auf die Wunde drücken, Dominus,“ sagte er dann noch einmal. “Hol etwas von dem besten Met,“ forderte er schließlich von Marsyas. “Der Verletzte kann ein wenig davon vertragen.“ So glaubte er zumindest. Vielleicht wäre es auch besser zu hoffen, dass er wieder in die Ohnmacht abdriftete, wenn es letzten Endes ans Nähen ging.

    [...]


    "Meine Güte, meine Güte, ihr Götter!", murmelte Roxana immer wieder, während der Verletzte nun auf den Tisch gehievt wurde. Pratinas stand unschlüssig da. Noch nie hatte er jemanden gesehen, der mit einer Klinge attackiert worden war.
    Dann allerdings stürmte er los, um etwas Wasser, einen sauberen Lappen und neue Verbände zu holen. Das alles würde sicherlich gebraucht werden.

    [Blockierte Grafik: https://abload.de/img/pratinas8pk9k.jpg]| Pratinas


    Pratinas gab sich beste Mühe dabei zu helfen, den Verletzten so sanft wie möglich vom Pferd zu bringen. Eine Stichwunde. Das klang ganz und gar nicht gut. Dann erschien auch schon der Dominus und der junge Sklave trat einen Schritt zurück. Mit aus dem Haus waren Artemon, Marsyas und Sophanes. Sie alle fassten mit an, während Pratinas in die Culina rannte und einer erschrockenen Roxana erklräte, dass sie ihren Tisch brauchten. Mit aller Hast räumten sie nun gemeinsam die Tischplatte frei, während sich die anderen mit dem verletzten Iunier näherten.