Beiträge von Marco

    Kaum merkte Marco das Leichtgewicht, als es ihn rammte. Er wollte gerade einen flotten Spruch absetzen, als er begriff, dass sie sich entfernte.


    "Moooment. Heute ist der Maximalabstand von mir: ein Schritt!" Er angelte nach ihrem Arm und irgendwann hatte er ihn. Nachdem sie den Wein überreicht hatte, zog er Morrigan zu sich und ließ sie erst los, als er keinerlei Widerstand mehr spürte. "Schön hierbleiben." Er lächelte, aber gleichzeitig meinte es den Hinweis ernst.

    Marco half nicht beim Verteilen der Weinspenden. Sein Platz an der Seite seines Dominus verbot das von vornherein, aber heute gab es einen zweiten Grund. Immer ein Auge auf den Consul gerichtet, lag seine Hauptaufmerksamkeit auf Morrigan. Er stellte sich sogar fortlaufend in ihren Rücken. Ob sie es bemerkte, wusste er nicht. Zeitweilig musste er geschickt seitwärts springen, wenn sie sich drehte. So verging die Zeit recht schnell und weitgehend amüsant. Er legte den Finger vor die Lippen, als Magrus zu ihm blickte und hoffte, Dominus Faustus verriet ihn ebenfalls nicht.


    So jedenfalls kontrollierte er jeden Augenblick, der verging. Niemand würde Morrigan greifen oder weglocken können.

    Marco wusste nicht, was Morrigan verkünden würde, aber als Haltepfosten bot er sich an, wann immer er gebraucht wurde. Nach den ersten Worten der Erklärung, blickte er verwundert auf Morrigan, nur der Überraschung wegen. Er freute sich für sie, weil ihr Verantwortung gut tun würde. Nach ihrer Ansprache allerdings, konnte er sich eine Bemerkung nicht verkneifen.
    "Moment. Das bedeutet ja, du bist mir weisungsbefugt." Er blickte bestürzt und mit aufgerissenen Augen, bevor er loslachte. "Verdammt. Das wird mich sicher viele Nerven kosten." Er grinste, dann sah er die anderen Haussklaven an.


    "Is klar. Wenn jemand muckt, setze ich durch, was Morri verlangt." Morrigan bevorzugte die vertrauensvolle Linie, bei ihm hatte sich ein Dickschädel in Kombination mit dem Kraftbonus bewährt. "Na, kommt. Wir wollen hier keinen Stress. Zusammenarbeit nützt uns allen."

    Nachdem die Unterredung ihrem Ende entgegenging und letztlich die Aufforderung kam, Morrigan loszulassen, folgte Marco und ließ den Arm sinken. Er konnte nicht behaupten, sich in der Zwischenheit abgeregt zu haben, auch wenn das Atmen etwas leichter fiel. Es irritierte ihn, dass sich Morrigan bedankte. Andererseits zeigte es ihm, dass seine Idee, sie zum Dominus zu bringen, letztendlich die richtige war.


    "Wir sehen uns morgen", versprach er, als sie ging. Sein Tag endete hier noch nicht und falls doch, hätte er protestiert.
    Zum Glück ließ der Dominus die Sache nicht auf sich beruhen. Er diktierte eine Vorladung und Marco frohlockte bereits, weil es ihm zuteil wurde, sie zu überbringen. Er wollte etwas tun, nichts empfand er so schlimm wie abwarten, aussitzen oder handlungsunfähig zu sein.
    Mit einem zufriedenen Lächeln, dass eher einer Grimasse glich, nahm er die Tafel entgegen.


    "Gleich nach den Morgenaufgaben wird dieser Gang erledigt."
    Aus Morrigans Sicht nahm er die Angelegenheit sicherlich auf die leichte Schulter. Aus seiner Sicht bot sich eine Gelegenheit, Frust abzulassen. Auf sich selbst aufpassen, konnte er schon immer. Nicht zuletzt war er auch der Schutzschild für andere.

    Wenn Blicke töten könnten, würde Tiberius Verus gewiss tot umfallen, als Marco ihn erblickte. Der Custos empfand großen Hass auf den Mann, der Morrigan zu einer Marionette machte, sodass er sich nur bedingt in seinen Emotionen zügeln konnte. Er würde den kleinsten Fingerzeig seines Herrn überdimensional umsetzen, sollte der Schwarze sich danebenbenehmen. Ob weitere Sklaven und vermutlich Liktoren dazustoßen würden, hing davon ab, wie viele seinesgleichen der Offizier mitschleppen würde.

    Marco, der sich mit viel Mühe beherrschen musste, wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Morrigan bereits eine Erklärung abgab. Die allerdings ging nach seiner Auffassung gänzlich am Thema vorbei. Entsprechend verwundert blickte er zu der auf Knien hockenden Sklavin. Er verstand nicht, wieso die einst kluge Morrigan zuletzt häufig senil wirkte, obwohl sie keineswegs zum alten Eisen gehörte.
    "Du sollst aufstehen", wiederholte Marco, fasste Morrigan unter der Achsel und hievte sie auf die Beine. Er schniefte, weil er gegen die innere Wut ankämpfte, die sich nicht auf Morrigan, sondern gegen das Brandmal richtete. Er ließ sie nicht los, damit sie sich nicht erneut absonderlich verhalten konnte und wandte sich an Dominus Menecrates. Seine Stimme klang gepresst.


    "Wir waren mit dem Verteilen von Spenden beschäftigt. Irgendwann fehlte Morrigan und kam erst ganz am Ende wieder. Ich dachte, sie war zu schwach und brauchte eine Pause, deswegen habe ich sie zur Rede gestellt. Herauskam DAS als Grund für ihr Verschwinden." Er wies auf das Brandzeichen. Dabei atmete er heftig und seine Züge wurden grimmig.

    Ein wenig vom Ausbruch überrascht, freute sich Marco zunächst mehr als dass er auf den Inhalt hörte. Plötzlich kam ihm Morrigan vertrauter vor und er schöpfte Hoffnung. Wenn die alte Morrigan durchblitzen konnte, war sie nicht gänzlich fort, was bedeutete, es bestand Hoffnung. Er würde sich nur in Geduld üben müssen.
    Während des Wortschwalls umspielte ein kleines Lächeln Marcos Mund. Er fand, Morrigan betrachtete die Dinge falsch und das konnte der Dominus sicherlich geraderücken. Warum sie allerdings begann, sich zu entkleiden, konnte er sich nicht erklären. Er kannte ihre Verletzungen aus dem Kerker und wusste, wie lange sie brauchten, um zu heilen. Ein wenig überrascht stellte er fest, dass sie noch immer einen Verband trug, aber er nahm an, eine der Wunden heilte schlecht.
    "Ich weiß, dass du viele Narben hast", sagte er, um sie zu beschwichtigen. "Ich weiß, dass sie lange schmerzten und ich weiß..." Er brach ab, als das Brandzeichen zum Vorschein kam. Verständnislos starrte er das Mal an und wusste für Augenblicke keine Erklärung. Er wusste doch, war selbst dabei, als der Dominus das Branding verhinderte. Als ihm dämmerte, dass dieses Brandmal nicht wochenlang alt, sondern frisch war, zog sich sein Magen zusammen und er vergaß zu atmen. Plötzlich ging ihm auch der Zusammenhang zwischen der Pause am Markt, Morrigans Wut und dem frischen Zeichen auf. Sein Blutdruck stieg, als wollte der Inhalt aus den Adern springen. Er schob die Tunika hoch, ließ den Verband hängen, wo er war, fasste Morrigan am Handgelenk und zog sie mit.

    Sie kamen aus der Sklavenunterkunft. Auf dem Weg in das Arbeitszimmer des Hausherrn hörte er allerlei Geschimpfe hinter sich, ohne darauf einzugehen und ohne überhaupt zuzuhören. Anfänglich machte sich Morrigan schwer in dem Versuch, Marco auszubremsen, aber je näher sie dem Wohnbereich der Claudier kamen, umso kleinlauter wurde sie. Das letzte Auflehnen hörte Marco im Andron vor dem Atrium.
    Beim Arbeitszimmer angekommen, klopfte Marco zwar, wartete aber nicht auf die Aufforderung zum Eintreten. Er stieß die Tür auf, zog Morrigan zu sich und schob sie vor sich her. Anschließend zog er die Tunika von der Schulter und präsentierte das Brandzeichen wortlos seinem Herrn. Er schnaufte dabei vor Empörung. Niemand dürfte ihm jetzt in die Quere kommen oder etwas Falsches sagen.

    Die Antwort erhielt er indirekt. Morrigan meinte die Prätorianer. Er erinnerte sich nicht gern an das Erlebnis auf dem Markt, weil es ihn wütend machte. Außerdem wusste er mehr als Morrigan annahm und auch mehr als sie selbst wusste.
    Er stieß sich von der Wand ab und trat wieder vor sie.
    "Ja, ich habe sie gesehen auf dem Markt und ich habe gesehen, was sie gemacht haben. Das alles streite ich nicht ab, trotzdem irrst du dich." Morrigan wurde distanziert, er konnte das auch. Trotzdem blieb er gutmütig.
    "Du irrst dich, wenn du glaubst, der Claudier war machtlos. Wäre er machtlos, dann hätte der Prätorianer gewonnen und durchgesetzt, dass dir der Claudier ein Brandzeichen setzt.
    Wäre er machtlos, dann hätte er die Alternative hingenommen, dass anstelle des Claudiers dir der Prätorianer ein Brandzeichen setzt, denn der wollte das unbedingt.
    Wäre er machtlos, dann hätte er nie bewirken können, dass der Prätorianer seine Männer zurückpfeifen musste."
    Morrigan konnte nicht wissen, was er wusste, denn es gab den Moment, wo Liktoren und Leibwächter wieder neben dem Consul standen, weil das Gespräch der beiden Männer an Schärfe zunahm.


    "Während du in den Ketten gehangen hast und niemand zu dir durfte, hat der Claudier herausgefunden, dass es kein rechtskräftiges Urteil gab. Mit diesem Wissen kann er dich beschützen! Immer!" Er schaute eindringlich und fürchtete trotzdem, das Morrigan alles abblockte. Ihren Dickschädel konnte ihr offensichtlich keiner austreiben. Trotzdem versuchte er sich an Erläuterungen, denn er wusste, Morrigan war zwar dickköpfig, aber nicht dumm.
    "Der Claudier hatte eine öffentliche Verhandlung gefordert und was denkst du wohl, warum ist der Prätorianer davor zurückgeschreckt? Vielleicht würdest du gar nicht verurteilt werden. Und was denkst du wohl, warum er außerdem zurückgeschreckt ist? Weil er es nicht wagen sollte, dich mehr als bis dahin geschehen zu beschädigen, solange kein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Ich kenne den Claudier, der würde dagegen klagen."


    Eigentlich würde Marco Morrigan viel lieber in den Arm nehmen als auf sie einzureden, aber sie hatte dicht gemacht.
    "Fakt ist, du entscheidest, wer hier machtlos ist. Solange du dem Dominus nicht traust, entziehst du ihm seine Macht." Er griff nach ihren Schultern und rüttelte ein wenig. So als könne er damit etwas geraderücken, dann blickte er ihr tief in die Augen. "Warum sehen deine Augen so komisch aus?" Er hatte die vergrößerten Pupillen entdeckt.

    Sicher konnte er nicht sein, dass Morrigan antwortete. Er erkannte sie kaum wieder und konnte sie deswegen schlecht einschätzen. Immerhin wich sie seinem Blick nicht aus, sondern erwiderte ihn zeitweilig, aber nie konnte er darin das alte Feuer sehen. Stattdessen bemerkte er dauerhafte Traurigkeit.
    Als der ersten Aussage eine zweite folgte, wertete er das als Gewinn. Er entspannte sich und hörte zu. So lange, bis Morrigan sich verwandelte. Sie wirkte am Ende wie ferngesteuert, deswegen ignorierte er ihren Wunsch, gehen zu können.
    "Ich fühle mich sicher. Ich bin sicher. Abgesehen davon, dass ich mir selbst zu helfen weiß, müsste ich nur zu Dominus Claudius gehen, wenn mich jemand belästigt. Das kannst du genauso tun." Eigentlich müsste Morrigan das wissen, dachte er bei sich. "Ja, ich bin wohl der Letzte, der dir geblieben ist. Aber nicht SIE nehmen mich dir, sondern du selbst, weil du alle vorhandenen Bande zerreißt." Er übernahm für einen Moment ihre Traurigkeit, drängte sie aber wieder zurück. Nur in einer Atmosphäre der Vertrautheit konnte er Gefühle zulassen.
    "Wer überhaupt sind SIE?"
    Wenn sie ablehnend auftrat, meinte sie wohl nicht ihn, allerdings wusste er nicht, was sie sonst zu diesem merkwürdigen Verhalten trieb. Er stellte sich seitlich neben sie und lehnte sich mit der Schulter an die Wand. Sein Blick lag weiter auf ihr und er hoffte, sie würde freiwillig bleiben. Falls nicht, würde er zufassen.

    Marco erwartete Vorwürfe. Er mochte Vorwürfe nicht, aber wenigstens erklärten sie, was den anderen störte, denn bisher wusste er nicht, was Morrigan an ihm auszusetzen hatte.
    Vorwürfe blieben aus und Marco entspannte sich sichtlich. Was er danach hörte, verstand er allerdings nicht. Er hielt sich nicht für dumm und trotzdem verstand er das Gesagte nicht.


    "Aber Morri, wie willst du mich denn beschützen?" Das war doch ihre Aussage, oder etwa nicht? Sie dachte, wenn sie ihm nicht vertraute, würde ihm nichts zustoßen. Sie glaubte, ihn beschützen zu müssen und hatte gleichzeitig Angst vor ihm. Wie anders sollte er es deuten, wenn sie sich an die Wand presste und seinen Augen auswich. Er schüttelte bei diesem Gedankengang den Kopf. Das machte doch hinten und vorne keinen Sinn.
    Nun, da er Morrigan einmal "entführt" hatte, jetzt wollte er es wissen. Deutlich gebremster als vorhin ging er auf sie zu. Gehen lassen würde er sie jetzt bestimmt nicht.

    "Sehe ich denn so schutzbedürftig aus?"
    Die Frage fiel ihm nicht leicht, denn sie kratzte an seinem Ego. Er brauchte eine funktionierende starke Fassade, weil er im Kern deutlich weicher war.

    Auf dem Marktplatz sah Marco Morrigan nachdenklich hinterher, als sie ihn artig, aber gleichzeitig distanziert abfrühstückte. Den ganzen Heimweg grübelte er über sie nach. Sie behandelte ihn weder schlecht noch gut, es gab weder Vertraulichkeit noch Abweisung. Sie flutschte beständig durch seine Hände, sodass er sie nie zu greifen bekam.
    Zu Hause angekommen verstauten die Sklaven die leeren Körbe und gingen ihrem Tagwerk nach. Einer spontanen Eingebung folgend, ging Marco in die Sklavenunterkunft. Er trat sicheren Schrittes auf Morrigan zu, fasste sie am Handgelenk und zog sie in den Gang. Es musste zügig geschehen, damit ihn nicht der Mut verließ, denn eigentlich liebte er die Zurückhaltung.


    Ohne sich umzudrehen, nahm er die kleine Perserin mit. Vor einem Zimmer hielt er an, blickte hinein und als er niemanden entdeckte, zog er Morrigan nach. Erst hier ließ er sie los und schloss leise die Tür. Langsam drehte er sich um und sah sie nachdenklich an.

    "Was habe ich dir getan, dass du mir nicht mehr vertraust?"

    Wie Morrigan gebracht wurde, beobachtete von den Sklaven keiner, weil alle mit Zusammenpacken beschäftigte waren. Die Veranstaltung verlief gut, alle Spenden lagen in fremden Händen. Abschließende Rufe erschallten, ließen nach und verstummten ganz.
    "Vergesst nicht! Helft Galeo Claudius Gallus bei der Kandidatur zum Vigintivir!"


    Marco klemmte sich einen Stapel leerer Körbe unter den Arm, als sein Blick auf Morrigan fiel. Er trat näher und raunte ihr ins Ohr: "Sag doch Bescheid, wenn du eine Pause brauchst. Keiner wusste, wo du warst und ich habe mir eine Notlüge für den Dominus ausdenken müssen." Ja, ein Vorwurf klang im Vorschlag mit. Immerhin ging es Morrigan noch nicht gut und er hatte sich Sorgen gemacht. Er glaubte, sie vertraute ihm nicht und behielt deswegen alles für sich.

    Zum Glück meldete sich jemand zu Wort. "Aha!" Es stimmte also, was Morrigan erzählte. "Ihr lasst es bleiben, Morrigan zu ärgern oder auszunutzen. Ich kann das sonst auch gern deutlicher sagen." Eine grimmige Falte stand auf Marcos Stirn und er drohte mit dem Finger.


    Schließlich wandte er sich an Magrus. "Sie soll aufhören, sich so klein zu machen. Hilf ihr dabei, so gut du kannst."

    Zurück von der Wahlveranstaltung suchte Marco gleich als erstes die Sklavenunterkunft aus. Er wollte das Gespräch führen, bevor Morrigan auftauchte, weil sie es nicht mit anhören und gleichzeitig vom Ergebnis profitieren sollte.

    "Alle mal herhören. Ich habe da sowas verlauten gehört, dass nicht alle freundlich zu Morrigan sind. Sie denkt gar nicht, sie ist was Besseres, also seid anständig zu ihr. Gibts jemand, der mir dazu was sagen will?"

    Zitat

    Original von Morrigan
    Nun sah sie Perserin doch auf Kummer spiegelte sich in ihren Augen. „Das hätte sich wohl in meiner Lage jeder.“ Sagte sie traurig. Hätte sie eine Hand frei würde sie jetzt wohl an den vollkommen verschnittenen Haaren zupfen um sie wenigstens einigermaßen zu einer Frisur zurechtzurücken. Eine Antwort gab sie jedoch darauf nicht nur ein schiefes Lächeln kam von ihr. Dann sah sie Marco vollkommen verstört an. „Sie verachten mich und lassen mich das jeden Tag spüren.“ Du auch? hätte sie wohl gern gefragt, verkniff es sich aber. „Ich führe aus was sie mir auftragen.“ Und damit hatte sie mehr als genug zu tun. Im Gegenteil wenn sie sich mal einen Pause gönnte gab es den ein oder anderen, der sie dafür sogar noch anmotzte. „Was sollte ich also mit ihnen reden?“ Sagte sie schulterzuckend, sah wieder auf ihre Körbe und reichte sie den Spendenempfängern.


    Morrigans Antwort klang plausibel. Er wäre wohl auch nicht mehr der Alte nach einem Aufenthalt im Kerker. "Hast recht", gab er zu, während der kummervoll auf ihn gerichtete Blick ihm in den Magen fuhr.
    Er stutzte, als Morrigan davon berichtete, verarscht zu werden. Mitbekommen hatte er dergleichen nicht, er hätte er verboten. Vielleicht verstanden die Sklaven einander auch nicht, weil Morrigan zu wenig sprach. "Und wenn sie dich gar nicht verarschen, sondern denken, du redest nicht, weil du jetzt was Bessers bist? Kann doch sein. Ich werde mal nachhaken, was Sache ist." Er formulierte für sich das Vorhaben und hörte nebenbei, wie aus hinteren Reihen jemand nach einer Spendengabe rief.
    Er hätte sich gern noch etwas länger unterhalten, aber sie mussten arbeiten und ein wenig glaubte Marco, dass Morrigan dankbar für die Unterbrechung war. Sie beeilte sich, von ihm fortzukommen. Irgendwann verdeckten Menschen die kleine Perserin und Marco wandte sich wieder seiner Aufgabe zu.

    Marco wirkte vielleicht unerschrocken und gegenüber Männern war er das auch, aber bei Frauen hinderte ihn seine Schüchternheit. Nicht einmal bei der Aufführung im Theater konnte er den feurigen Liebhaber spielen und die kleinste Berührung seitens Cara ließ ihn seinen Text vergessen. Bei Morrigan verhielt sich das etwas anders, denn sie war ihm vertraut, er konnte sie einschätzen und er fühlte sich in ihrer Gesellschaft wohl. Meistens jedenfalls. Heute blickte er verwundert auf die kleine Perserin hinab, weil er sie derartig wortkarg nicht kannte.


    "Du hast dich verändert", stellte er fest. Die Bemerkung enthielt nichts Schlechtes.
    Er sagte ihr seinen Eindruck, mehr nicht.
    "Nicht nur die Haare." Er vergaß, die Ware weiter anzubieten, weil er nachdachte. "Sie sagen, du sprichst nicht mehr mit jedem." Er meinte die Mitsklaven und dachte, Morrigan wüsste das.
    Ein Rufer neben ihm erinnerte daran, weswegen sie hier waren. Er hob den Korb mit Gemüse und ermöglichte den Zugriff einer Spendenempfängerin.


    "Spenden, kommt her, es gibt Spenden.
    Helft Galeo Claudius Gallus bei der Kandidatur zum Vigintivir!“

    "Such dir nicht immer die schwersten Körbe aus." Die Stimme hinter Morrigan klang ruhig und verriet, dass er die Mahnung eher schmunzelnd meinte. Marco hielt einen neu gefüllten Korb mit Trauben in der Hand und reichte ihn Morrigan, als sie ihn bemerkte. Gleichzeitig hielt er die Hand auf und verlangte nach dem schweren Gemüsekorb. Das Kohlgemüse ließ Morrigans Arm länger erscheinen als sonst. Vielleicht stand sie auch nur in leicht schiefer Haltung. Die Traubenreben lagen hingegen locker, sie sollten sich auch nicht gegenseitig erdrücken. Eine äußerlich beschädigte Spende verlor ihren Wert.


    Bisher ergab sich für Marco wenig Gelegenheit mit Morrigan zu sprechen. Seit ihrem Einzug lag sie die meiste Zeit in ihrem Krankenzimmer und nach der Gesundung begannen die Befragungen. Außerdem munkelten die Sklaven, dass Morrigan sie mied und stets darauf bedacht war, sich zu distanzieren. Sie glaubten, dies lag an ihrer Erfahrung als Freigelassene.
    Marco hingegen schlief nicht in den üblichen Unterkünften der Sklaven, sondern in der Nähe seines Herrn.


    Während die Rufe der Werbung für den Dominus Gallus über den Platz hallten, wartete Marco auf Morrigans Reaktion.

    "Spenden vom Kandidaten Galeo Claudius Gallus! Er kandidiert zum Vigintivir!
    Kommt her, es ist für alle etwas dabei!"

    Zitat

    Original von Cara
    Sie spürte wie ihr die Beine weg sackten, im letzten Augenblick konnte sie sich noch an Marco festhalten. Völlig verwirrt über diese Tatsache, so etwas war ihr schließlich noch nie passiert, flüsterte sie Marco zu, [SIZE=7]"du musst weiterspielen, mich zu Plato schaffen".[/SIZE] Was ist nur mit mir los? Jetzt wird mir entsetzlich heiß. Ich glaube ich bin krank, stellte sie verwundert fest.


    Während das Publikum bereits applaudierte, obwohl Marcos Abschlusssatz noch fehlte, fing er Cara auf und schaute sie statt des Publikums an. Er verstand, was sie sagte, aber begriff es nicht. Obwohl er selbst einige Textpassagen vergessen hatte, war er sicher, dass dieses Verhalten und die Aussage nicht in der Spielanleitung standen. Er hielt Cara und stützte sie auf dem Weg zu seinem Theaterschwiegervater.


    "Wir haben gewählt und entschieden. Wir wollen morgen heiraten."


    Der Applaus verstärkte sich und Marco drehte sich mit Cara im Arm zum Publikum. Alle Schauspieler fassten sich an den Händen und verbeugten sich. Anschließend verließen sie die Bühne und die Zuschauerplätze leerten sich.


    - Ende -


    Marco spürte Caras Hitze. "Ich bring dich nach Hause, Du musst untersucht werden."



    edit: Link

    Marco alias Pinto hingegen wollte einmal selbst kreativ sein und änderte das Stück in Eigenregie um. Er drehte sich zum Publikum, weil er annahm, die Zuschauer fänden es gut, mit einbezogen zu sein.


    "Was sollen wir machen?", rief er in die Zuschauerränge, weil er nicht daran zweifelte, dass sie ein frohes Ende des Stückes und eine baldige Heirat forderten. Allerdings flog ihm Helene bereits entgegen, was die angeblich freie Wahl der Zuschauer extremst eingrenzte. Er fing Helena auf, weil die eigene Schüchternheit und die freie Wahl der Zuschauer weniger wogen als eine vor den Kopf gestoßene Braut. Jetzt konnte Helena auch die Arme um seinen Hals legen, selbst wenn das bedeutete, dass er zu einem Stock erstarrte. Er schalt sich einen Feigling und Versager. Nicht einmal im Spiel konnte er locker sein. Das Stück bot die einmalige Chance, so zu sein, wie er es nie vermochte, und er hatte die Chance in den Sand gesetzt.


    Der Beifall und Jubel der Zuschauer drang wie durch einen Nebel zu ihm. Zuhause angekommen, würde er sich erst einmal in eine ruhige Ecke verkriechen.