Beiträge von Marco

    Marco nickte. Viele andere Möglichkeiten als eine Vorsprache gab es auch nicht, mit Ausnahme einer zu meldenden Katastrophe. Davon war also zum Glück nicht auszugehen.


    "Das lässt sich einrichten, mein Herr ist da", erwiderte Marco und trat zur Seite. "Im Grunde kennst du dich ja aus, spätestens seit dem Besuch des Kaisers. Ich darf dich trotzdem nicht ohne Geleit ins Atrium schicken. Anweisung von ganz oben." Eine von vielen Gepflogenheiten im Hause Claudia, die auf Höflichkeit und nicht auf Misstrauen oder Vorsicht basierte.
    Marco winkte einem Sklaven. Er selbst durfte die Porta nur auf Anweisung verlassen. Ein fremdländisch aussehender, schon recht betagter Sklave führte Vespa ins Atrium.

    Während Vibius Vespa von einem Sklaven ins Atrium geleitet wurde, suchte ein weiterer den Hausherrn auf. Der hielt sich in letzter Zeit wieder häufig in der Villa auf, sodass Vespa nicht lange warten musste. Trotzdem brachte eine Sklavin, ohne extra dazu aufgefordert zu werden, ein Tablett mit essbaren Happen vorbei. es gab Gepflogenheiten im Hause Claudia und dazu gehörte die Bewirtung von Besuchern, unabhängig davon, wie lange sie blieben und aus welchem Anlass sie kamen.

    Marco erwartete sehnsüchtig den Tag, an dem er vom lästigen Türdienst befreit wurde. Er sah keinen Grund, die Porta länger doppelt besetzt zu halten und wenn schon, dann reichten nach seiner Ansicht zwei normale Sklaven aus. Als Leibwächter gab es andere Pflichten.
    Er bemühte sich nicht, die allgemein üblichen Floskeln auswendig zu lernen.


    Mit ernster Miene öffnete er die Tür.
    "Salve!" Bevor er weitersprach, realisierte er, dass er den Wartenden kannte. "Äh, ja. Was ist dein Anliegen?" Ein ausführlicheres Frage und Antwortspiel sparte er sich. Er klang nicht unfreundlich, höchstens ein bisschen lustlos.

    Mit Sisenna auf den Armen, die soeben von dem Praetorianer und Klienten Vibius Vespa an der Porta abgegeben wurde, traf Marco im Atrium ein.


    "Dominus, zwei Neuigkeiten: Eine Nachricht deiner Enkelin Sassia traf ein, es geht ihr gut, sie befindet sich in der Villa Flavia. Und gerade eben wurde Domina Sisenna von dem Praetorianer Vibius nach Hause gebracht. Es scheint ihr nicht sehr gut zu gehen. Ich habe bereits nach dem Griechen Alexandros rufen lassen."


    Während Marco sprach, schritt er zu den Korbsesseln und setzte Sisenna auf einem ab.

    Zur Verstärkung des Türdienstes verdonnert öffnete Marco die Tür. Zwar wurde dieses Mal nicht an selbige gehämmert, aber der Ianitor blieb eingeschüchtert, sodass Marco sogar die Hauptarbeit übernahm.


    Ohne Worte erkannte Marco die Situation.
    "Sofian! Domina?", sagte er verwundert, teils sogar verstört. Nicht nur, weil sie in Begleitung von Praetorianern kamen, sondern vielmehr, weil sich das Mündel überhaupt außerhalb des Hauses aufhielt. Sie musste mit ihrem Sklaven unbemerkt hinausgeschlichen sein. Ein zweiter Blick erfasste den Zustand der kleinen Claudia.
    "Wir haben doch einen der Medizin kundigen Griechen", rief er in die Villa hinein. "Soll ins Atrium kommen, aber schnell!"


    "Ich übernehme", sagte er zu Vibius Vespa, den er kannte. Das würde hoffentlich auch Sisenna beruhigt haben, als sie aufgegriffen und hierher gebracht wurde. Er fasste nun ebenfalls unter den Rücken und schob den anderen Arm unter die Oberschenkel der Kleinen. Dadurch konnte Vibius seine Arme unbesorgt wegziehen. Leichtfüßig eilte Marco ins Atrium. Er wusste dort nicht nur den Hausherrn, sondern erwartete auch den Hilfsmedicus. Er nahm an, Sofian würde nachkommen und die Praetorianer fassten bereits ein neues Ziel ins Auge.

    Als Marco mit seinem Dominus zur Villa ging, lag das Viertel noch in bester Ruhe. Er glaubte Faustus aber sofort, denn ihm standen die Ereignisse bei den Spielen noch unmittelbar vor Augen. Mit Schwung flog die Tür zu.


    "Sie kommen direkt HIERher?", fragte er ungläubig. Nahmen die sich jetzt eine Villa nach der anderen vor? "Nebenan brennt es schon." Wenn Marco nebenan sagte, meinte er zwar eines der Nachbargrundstücke, aber wegen der Weitläufigkeit der Anwesen bekam ein Nachbar eine andere Relation.
    Er überlegte, wo die einzelnen Familienmitglieder waren.


    "Mein Dominus ist hier irgendwo in der Villa, Domina Silana nimmt ein Bad. Über ihre Schwester Sassia haben wir gerade vor Minuten die Nachricht erhalten, dass sie wohlbehalten in der Villa Flavia angekommen ist. Marcellus und Livineia halten sich ebenfalls hier auf; bliebe nur Sisenna. Das Mündel habe ich noch nicht zu Gesicht bekommen, seit ich hier bin. Aber komm rein, ich bring dich ins Atrium."

    Ausgerechnet in dem Augenblick stand Marco nicht als Verstärkung neben dem Ianitor, weil ihm wegen der Unruhen etliche Aufgaben zugeteilt wurden. Er musste erst geholt werden, denn der Ianitor traute sich nicht zu öffnen, nach dem massiven Hämmern an die Tür.


    Marco riss die Tür auf und trat einen Schritt vor.


    "Ah, salve", sagte er überrascht, denn mit allem hatte er gerechnet, nur nicht mit dem Liktor seines Herrn. "Komm rein, du musst es eilig haben." Nach dem Grund fragte er nicht, das stand ihm als Sklave nicht zu.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    "Marco, hilf mir!" Er wollte die sechs Meter Stoff schnellstmöglich ablegen, während die Liktoren einen Schutzwall um sie bildeten. Menecrates trug eine Kombination aus Toga praetexta und Toga rasa - insgesamt nicht eben bequem, aber immerhin der Jahreszeit geschuldet aus einem dünneren Stoff. Praktischer Weise kam darunter eine Tunica laticlavia zum Vorschein.


    Des Stoffes entledigt drehte ihn Menecrates zu einer Art dickem Seil. Die Breite des Stoffes - immerhin zweieinhalb Meter - glichen sein dünneres Material aus und machten es sogar griffiger. Vielleicht keine Frauenhand, aber Marcos Hände konnten den gedrehten Stoff gut umschließen.
    Menecratres beobachtete von oben. In seinem Alter brachte man keine körperlichen Höchstleistungen mehr zustande, aber Koordination und Strategie lagen ihm von Jugend an im Blut.


    Das Anlegen einer Toga gehörte nicht zu Marcos Aufgabenbereich, aber für das Ablegen brauchte er keine Übung und keine Anleitung. Sie beeilten sich, auf Schönheit und Erhalt des Kleidungsstücks kam es nicht an. Der abgewickelte Stoff gelangte zuerst auf seine Arme, bevor er nach und nach gedreht und hinab gelassen wurde. Ein Knoten am Anfang einer dazwischen und einer am Ende, damit die Hände mehr Halt fanden. So kletterte Marco hinab.


    "Wenn es recht ist, stütze ich dich von unten?" Im Normalfall eine undenkbare Position zwischen Domina und Sklave, aber die Situation erforderte es. "Einfach am Stoffseil festhalten, ich stütze dich, du kannst auch auf meine Schulter treten und das Reststück wirst du hochgezogen." Ein Vorschlag, der von Silana angenommen oder abgelehnt werden konnte.

    Zitat

    Original von Claudia Sassia
    Der Sklave stand nervös vor der Tür und sah sich immer wieder um, aus seinem Weg hie rher hatte er so viel unschöne Szenen gesehen. Er war froh unversehrt an der Villa Claudia angekommen zu sein. Als ihm geöffnet wurde trat er schnell ein. Er wollte keinen Augenblick länger auf der Straße stehen. Hier atmete er nun erst mal durch. Noch ehe er auf die erste Frage antworten konnte stürmte eine aufgeregte Sklavin heran und fragte was mit der Claudia ist. Nun huschte ihm ein befreiendes Lächeln übers Gesicht, denn er brachte ja frohe Kunde. „Ich solle von der Domina ausrichten, dass sie wohlbehalten in der Villa Flavia angekommen ist.“ Dann wand er sich der Sklavin zu. „Ihr geht es den Umständen entsprechend.“ Dass die Claudia nach dem erlebten nicht gerade jubilierte war wohl klar. Aber ihr ging es gut und sie war in Sicherheit.


    "Na siehst du, nichts passiert." Marco drückte noch einmal Caras Schulter, dann entließ er sie aus seinem Arm. Er hatte es natürlich nicht wissen können, aber es wirkte immer gut auf Frauen, wenn man Zuversicht und Sicherheit ausstrahlte. Darin unterschieden sich Sklavinnen nicht von Bürgerlichen.
    Sein Blick richtete sich auf den Sklaven.
    "Ich schätze, du bleibst erst einmal hier, bis sich alles beruhigt hat, oder? Kannst was zu essen haben, aber zuerst müssen wir Claudius Menecrates unterrichten."

    Zitat

    Original von Claudia Sisenna
    "Haben wir eigentlich auch Quellwasser dabei?" Ihr fiel ein, sich bisher nur um Speisen gekümmert zu haben.


    "Ach ja, Marco. Du weißt ja noch nicht, wo wir hinmüssen. Ich möchte eine Anzeige aufgeben. Also, nicht so eine, die man bei meinem Onkel aufgibt, sondern eine, wo Soldaten nachforschen." Sie nickte zur Untermauerung.


    Marco wusste sofort, wo sie hin mussten. Er glaubte nicht, dass sie extra Quellwasser mitnehmen mussten. Ihr Ziel grenzte unmittelbar an den Mons Esquilinus, ihrem Wohngebiet. Aber er kam der indirekt gestellten Bitte nach und holte noch ein Tongefäß mit Wasser.


    "Willst du Proviant oder Wasser tragen?", fragte er Sofian. Die restlichen Sklaven musste die Sänfte anheben, also kamen nur sie beide für die Verpflegung in Frage.
    Als das geklärt war, sagte er: "Na dann, hoch mit der Sänfte und los."

    Eigentlich hätte sich die kleine Claudia eine Sänfte sparen können, denn sie brauchten nur die Via Tiburtina Vetus entlanglaufen, bis sie vor der Castra Praetoria standen. Ein Katzensprung, wenn man nordwestlich des Mons Esquilinus wohnte.


    Als sie am Haupttor ankamen, trat Marco auf den Wachhabenden zu.
    "Salve! Die Domina Claudia Sisenna möchte Banditen anzeigen." Marco hoffte, das einigermaßen richtig formuliert zu haben.

    Es gehörte schon jede Menge Energie dazu, Marcos Arm zu schütteln. Er blickte verwundert auf Cara hinab, bevor er sie an den Schultern packte und zu ihr hinabbeugte. "Ganz ruhig! Ich weiß auch noch nichts, aber wir werden es vielleicht gleich erfahren." Er nahm Cara in den Arm und drehte sich dem Sklaven aus der Villa Flavia zu. Mit erwartungsvollen Blick sah er den Sklaven an, der nunmehr nicht umhin konnte, einen Brocken an Informationen fallen zu lassen, sollte er ansonsten den Auftrag haben, zum Hausherrn zu gehen.

    Daraufhin öffnete sich selbstverständlich sofort die Tür. Wegen der Unruhen stand auch Marco samt Ianitor beim Eingang.


    "Komm rein und berichte. Oder willst du die Nachricht dem Dominus selbst überbringen?" Marco wusste schließlich nicht, ob es sich um eine gute oder schlechte Nachricht handelte und ob es Nachfragen seitens seines Herrn geben würde.

    Irgendjemand richtete Marco aus, er solle mit Gebäck im Gepäck zur Domina Sisenna ins Triclinium kommen. Da er davon ausging, nicht allein der Proviantbote zu sein, kam er fertig eingekleidet für einen der in letzter Zeit vielen Wege, die das Mündel seines Herrn plante. Zur Zeit, wo sein Herr von Liktoren geschützt wurde, mochte dies vertretbar sein, aber im Anschluss an die Amtszeit würde sich Marco über Verstärkung freuen. Der neue Sklave der kleinen Domina erschien ihm zu diesem Zweck ungeeignet. Nichts desto trotz respektierte er ihn, wie sich Sklaven untereinander respektierten.


    "Salve Domina, die gewünschten Gebäckstücke", sagte er beim Eintreten und stellte den gefüllten Beutel auf einem Beistelltisch ab.


    "Salve Cara, salve Sofian." Den Namen hatte er oft genug auf dem Sklavenmarkt gehört, um ihn sich einzuprägen.

    Vor sehr viele Jahren stand Marco selbst im Sand einer solchen Arena. Damals verließ er sie siegreich und gelangt so zu den Claudiern. Seither kämpfte er nicht mehr, aber er trainierte regelmäßig, weil er nicht nachlassen wollte und auch nicht durfte. Seine neue Aufgabe beinhaltete den Schutz der Familie Claudia, insbesondere den seines Herrn Claudius Menecrates.


    Seine Aufmerksamkeit galt den Kämpfen im Sand. Sie packten ihn, doch irgendwann mischten sich Rufe und Schreie in den Jubel, die keinen Zusammenhang mit dem Verlauf der Kämpfe in der Arena besaßen. Marco sah sich um und erkannte Tumult auf hinteren Rängen, die zwar entfernt von den Plätzen der Senatoren langen, aber da sich nach einem kurzen Gewühe eine Panik ausbreitete, trat er an Menecrates heran.


    "Dominus, ich empfehle, die Arena zu verlassen und zwar baldigst." Er wies mit dem Arm zu den Rängen, wo sich zwischen die flüchtenden Zuschauer immer mehr Urbaner mengten, die nach dem Panikherd suchten. Ob sie ihn bereits lokalisierten, konnte Marco nicht erkennen.

    Marco verschränkte wieder die Arme vor der Brust und sah den Artorier mitleidig an.
    "Nicht, dass meine Meinung hier irgendwen interessiert." Das war ihm durchaus klar. "Aber wenn du mich fragst, wird dein Fall nicht nochmal aufgerollt, ganz egal, wer ihn nochmals vorstellt und ob er in mündlicher, schriftlicher oder geruchlicher Variante in die Basilica schwebt. In deinem Fall gab es sogar die Abweisung der Klage in zweifacher Ausführung, was schon einmal mehr als nötig und üblich ist. Eine Begründung zur Abweisung gab es auch." Marco zuckte mit den Schultern. "Es wird dir nichts nützen, wenn du hier wie ein kleines Mädchen gängelst, oder dachtest du wirklich, dass ein hochrangiger Amtsträger auf Gängeln nachgibt? Mein Dominus jedenfalls nicht, das würde ich sonst zum ersten Mal erleben."
    Marco besaß keine Bildung in rechtlichen Dingen. Er schlussfolgerte aus der Erfahrung, die er in den zwei Dritteln der Amtszeit seines Herrn gesammelt hatte. Bei etwas mehr Hintergrundwissen hätte er dem Artorier erklären können, dass sich der Sachverhalt, auf dessen Grundlage der Praetor entschieden hatte, nicht änderte, wenn verschiedene Leute oder eine Person in wechselnden Umschreibungen vortrugen.

    Zitat

    Original von Marcus Artorius Rufinus
    "Oder ists irgendwo verboten? Dass man eine abgewiesene Klage .. in verbesserter Form .. noch ein zweites Mal enreicht?"


    "Soweit meine Ohren taugen, hast du deine Klage bereits dreimal in mündlicher Version vorgetragen. Diese wäre dann die vierte 'verbesserte' Form und ich glaube kaum, dass irgendein Praetor für solche Spielereien Zeit hat." Eigentlich wollte er nicht mehr reden, denn sein Auftrag lautete nur, eine Nachricht zu überbringen und dafür zu sorgen, dass der Mann verschwand, aber die Verbohrtheit des Mannes reizte ihn. Ab sofort konzentrierte er sich nur noch auf den letzten Teil seines Auftrages.


    Und natüüürlich versuchte der Artorier nochmals einen Winkel zu schlagen. Als ob Marco das nicht geahnt hätte, oder was glaubte und hielt dieser Mann von ihm? Hatte der tatsächlich angenommen, er käme auch nur eine Handbreit an Marco vorbei? Er lachte verhalten, als er ihm immer wieder den Weg zur Basilica verstellte.
    Wo auch immer der Mann seine Tafel abgelegt hatte, ganz sicher landete sie nicht in den Händen eines Bediensteten des Gerichtes und auch in keinem Briefkasten. Schließlich stand Marcos Ruf auf dem Spiel.

    Pitholaus Plato kam Marco irgendwie bekannt vor. Nur wusste er nicht woher und ein Gesicht zu diesem Namen kannte er auch nicht. Er musterte den Fremden noch einmal von oben bis unten, dann trat er zur Seite.


    "Ich bring dich zu Claudius Menecrates. Musst dort kurz warten."
    Den Fremden immer im Seitenblick schritt Marco zügig aus.

    Marco wartete mit dem Fremden vor der Tür, bis Menecrates eintraf.


    "Dominus, dieser Mann behauptet, der Bruder von einem gewissen Pitholaus Plato zu sein. Er sagt, dieser Mann arbeitet hier und er selbst sucht ebenfalls eine Anstellung."

    Macro hasste den Türdienst. Normalerweise gehörte der auch nicht zu seinen Aufgaben, aber er wurde um Hilfe gebeten. Mit einigem Interesse näherte er sich der Tür, weil vor ihr jemand stehen sollte, den Cara höchst verdächtig fand. Die Tür flog auf und Marco trat heraus.


    "Grüß dich. Zu wem möchtest du denn?"