Beiträge von Hephitios

    Cubiculum von Hephitios


    Hephitios sah noch etwas aufgekratzt aus, doch je mehr Zeit verstrich, desto ruhiger wurde er wieder. Also abgelenkt habe ich dich jetzt ja wohl zur Genüge, dachte er sich.
    "Natürlich Kyria" antwortete er auf die Frage hin, ob er mit ihr in ihr Zimmer wolle. In seiner Aufregung war ihm völlig entgangen, dass er Flora inzwischen mehrfach schon auf griechisch "Herrin", statt Flora genannt hatte (was diese ja eigentlich lieber mochte).


    Jetzt erst hatte er Zeit seine Herrin etwas näher zu betrachten. Sie trug ihr Haar für die Nacht offen. Ein Umstand, den die Gesellschaft in der Öffentlichkeit niemals akzeptiert hätte und Hephitios verstand plötzlich auch warum. Es sah umwerfend aus! Viel weiblicher, viel anziehender, als eine sonst übliche, künstlich aussehende Steckfrisur. Und was sie erst anhatte. Nichts als dünne Seide bedeckte Floras Körper. So zart, dass sie mehr zeigte, als versteckte. Hephitios musste schlucken.


    Jetzt kam sie auch noch näher und sprach seine Augen an. Ihm wurde immer mulmiger zumute. Was bei allen Göttern ging hier vor?!


    "D.. Danke, F-Flora. Komm, ich halte dir die Tür auf!" Und mit einer raschen Bewegung war er schon an ihr vorbei und über den Flur, um dort dann die Tür zu ihrem eigenen Cubiculum für sie aufzuhalten. Mit diesem Abstand zu ihr fühlte er sich gleich wieder sehr viel wohler. Man wollte ja nicht auf falsche Gedanken kommen.

    Cubiculum von Hephitios


    Hephitios' Puls raste noch immer. Wie ein Tier, das im Lauf nach einem Ausweg suchte. Doch was ihn anschließend verwirrte war, dass seine Herrin zu lachen anfing! Ein glockenhelles Gelächter war es, das er da hörte.


    Ganz verwirrt starrte er sie an. "Keine Strafe? Ich.. ich darf weiterleben?" keuchte er hervor. Jetzt musste Hephitios erst einmal kräftig durchatmen. Er ließ sich auf sein Bett nieder und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ja sein ganzer Körper glänzte inzwischen davon, fast schon wie eingeölt.


    Keine Strafe, er würde keine Strafe erhalten. Habt Dank ihr Götter! "Ja Kyria" stieß er fast schon ermattet vor "ich werde von nun an mein Bestes dafür geben, damit meine Blöße verdeckt ist, wenn du mich sehen willst." Einen Moment hatte Hephitios gedacht es sei vorbei. Glück gehabt.


    Doch nachdem er sich wieder etwas von diesem Schreck erholt und sich seiner Rolle im Haus gewahr geworden war, sprang er auf und trat an Flora heran. "Was kann ich für dich tun, Kyria?"

    Cubiculum von Hephitios


    Einen Moment hatte Hephitios keine Ahnung, was da gerade seine Herrin alles von sich gegeben hatte... bis er an sich hinuntersah.


    Er war nackt! Ihr Götter, NACKT! "Oh!"
    Hephitios wirbelte wieder herum und lief zum Bett, um dort vom Boden seinen Lendenschurz, vom Sklavenmarkt noch, aufzuheben und anzuziehen. Als er sich jedoch danach bückte, bedachte er wieder einmal nicht, dass seine Herrin noch in der Tür stand und was sie alles von ihm sehen konnte, wenn er sich jetzt mit dem Rücken zu ihr hinunterbeugen würde, um den Schurz aufzuheben und anzuziehen. Es gab da durchaus einiges, das dabei wackeln konnte.


    Endlich hatte es Hephitios in seiner Hastigkeit geschafft den verdammten Schurz anzuziehen. Er fühlte Panik in sich aufwallen. "Kyria! Verzeihe mir! Ich war in Eile, um dir die Tür aufzumachen und vergaß dabei ganz mich anzuziehen! Bitte, Gnade!" flehte er.


    Denn Hephitios war sich ganz sicher, dass das gerade sein Todesurteil gewesen war. Von der eigenen Herrin nackt erwischt worden! Keine gute Sache, für Sklaven die weiterleben wollten.

    Cubiculum von Hephitios


    Hephitios lag da und starrte an die Decke. So viele Gefühle stürmten gerade auf ihn ein. Was hatte das aber alles nur für einen Sinn? Wohin hatten ihm die Moiren, Klotho, Lachesis und Atropos, seinen Schicksalsfaden hingesponnen?


    Plötzlich klopfte es an der Tür und Hephitios schrack aus seinen Gedanken. Wer mochte das um diese Nachtzeit sein? Seine Herrin Octavia Flora? Oder gar der Hausherr persönlich? In seiner Verwirrt- und Erschrockenheit wischte sich Hephitios rasch die Tränen aus den Augen und sprang so schnell es ging an die Tür, um zu öffnen und der Herrschaft (wer es von der Familie auch immer sein mochte) zu Diensten zu sein.


    Dass er dabei völlig nackt war, hatte er vergessen.

    Cubiculum von Hephitios


    Hephitios lag wach auf seinem Bett. So sehr er es versuchte, er konnte einfach nicht einschlafen. Die zirpenden Grillen im nahen Garten waren auch nicht gerade eine große Hilfe. Andererseits hatte er heute viel nachzudenken bekommen.


    All die heutigen Ereignisse und auch die Erinnerungen an Rhodos und seine Familie waren durch seine Erzählung wieder wach geworden. Eine Träne trat in sein Auge, als er an seine tote Schwester dachte. Eine zweite, als er an seinen Vater dachte. Nur der Wind beim Fenster vernahm die Worte, die Hephitios in die Dunkelheit flüsterte: "Vater, oh Vater... warum hast du mich verkauft?"

    Cubiculum von Hephitios*


    Hephitios geleitete seine Herrin vom Garten in ihr Zimmer und vergewisserte sich, dass es ihr gut ging. Dann zog er sich in seine neuen vier Wände zurück. Er setzte sich aufs Bett und nahm das Zimmer genauer in Augenschein.


    Es war immer noch seltsam für ihn, dass er als Sklave ein eigenes Zimmer bekommen hatte. Genossen dieses Privileg wenn überhaupt ja nur langjährige, unfreie Mitglieder eines Haushalts oder wichtige Sklaven wie der Verwalter oder Erzieher. Doch er? Ein einfacher Fischer? Die Götter meinten es wirklich gut mit ihm.


    So zog sich Hephitios aus und legte sich nackt ins Bett, um seine erste Nacht im Hause Octavia zu verbringen.


    Sim-Off:

    * = Im Zuge dessen, dass Hephitios Octavia Floras Sklave ist und ich es seltsam finden würde, wenn er als solcher einen eigenen Thread als Zimmer erhalten würde, bau ich sein Zimmer frecherweise einfach im Thread seiner Herrin ein. :D

    Hephitios machte einen interessierten Eindruck bei den Vestalinnen. "Diese... Vestalinnen. Die müssen wirklich 30 Jahre jungfräulich leben?" Er pfiff. So eine lockere Geste über Gesagtes hätte er sich vor einigen Stunden noch nicht erlaubt. Vestalinnen....sowas sollte es auch in Griechenland geben, fand er.


    Während sie so draußen saßen, wurde es immer dunkler und dunkler. Auch die Kühle war schon weit spürbarer. Ganz seiner neuen Pflichten bewusst fragte Hephitios deshalb: "Es wird kühl, Flora. Wollen wir hineingehen? Ich wäre ja ein schlechter Leibwächter, wenn du schon am ersten Tag meiner Amtszeit an einer Erkältung sterben würdest." Er musste ein wenig lächeln, ob seines Scherzes.

    "Flora? Kannst du mir etwas über den Glauben der Römer erzählen? Von etwas, das nur ihr verehrt, denkt oder über die Götter wisst?" Der Gedanke war ihm gekommen, während sie kurz über römische Pontificis gesprochen hatten. Hephitios interessierte sich für alle Götter und ihre geschichten, ob sie nun von Römern, oder Griechen, oder Ägyptern verehrt wurden. Über das römische Pantheon wusste er jedoch nichts. Vielleicht war das diesmal für ihn eine Chance zu lernen.


    Eine blutrote Sonne versank langsam hinter den sieben Hügeln, es würde schon langsam Nacht werden in der Ewigen Stadt. Grillen zirpten im Gras, während die Wasserspiele melodische Hintergrundgeräusche lieferten. Irgendwo schrie ein Vogel. Die ersten Sterne blühten am Himmel auf. Auch der Mond wurde im Osten langam sichtbar.


    Hephitios wurde rot, als Flora ihm erneut ihr Vertrauen aussprach. Und das schon am ersten Tag ihres Kennenlernens. Ob da auch der Umstand mithalf, dass sie ganz genau wusste, dass er absolut in ihrer Gewalt war? Dass sie ihm jederzeit ALLES befehlen konnte? Hephitios wusste es nicht, er war noch nie in der Rolle des Herrn gewesen.

    Also gab es noch mehr Sklavenfreunde unter den Römern. Für jeden Betroffenen eine prinzipiell gute Nachricht, wie Hephitios meinte.


    Als Flora dann noch ihre Behauptung aufstellte, dass die Römer keine eigenen Götter hätten, sondern einzig und allein bloß den griechischen neue Namen gegeben hätten, musste er wieder grinsen. "Das lass am besten keinen eurer römischen Pontificis hören, ich bin sicher, er hätte eine andere Meinung dazu."
    Hephitios musste gähnen und streckte sich dabei. Er war wesentlich schneller lockerer geworden, als er selbst gedacht hatte. Flora war eine gutmütige Natur, dessen war er sich inzwischen sicher. Dieser Centurio, der sie bedrohte, ging ihm immer noch im Kopf herum. Er wusste nicht wie und er wusste nicht wann. Doch eines Tages würde er sich um ihn kümmern, dessen war er sich sicher.


    Ruhig besah er sich die Landschaft des Gartens an. "Ich bin froh, dass die Götter bestimmt haben, dass ich gerade dir dienen muss. Es ist ein sehr schönes Haus und du bist zu mir eine gute Kyria bis jetzt gewesen." Hatte er derlei Dinge nicht schon einmal gesagt?

    Hephitios würde Octavia Flora niemals anlügen, so viel war klar. Andererseits hieß das nicht, dass man bestimmte Aussagen nicht auch verschieden auslegen, oder Teile davon einfach weglassen konnte. So ließen sich Vorhaben trotzdem ganz gut verbergen, ohne dass man log. Hephitios würde ganz gewiss nichts unternehmen, was er nicht vorher gründlich durchüberlegt hätte.


    Die Äußerungen seiner Herrin verwunderten Hephitios aber doch ein wenig. "Flora, du redest gar nicht wie eine Römerin. Überall auf der Welt gibt es Knecht und Herr, ob bei den Römern, Griechen, Germanen oder Parthern, einfach an jedem denkbaren Ort. Darf ich fragen, warum du so über den herrschenden Usus denkst?"


    Die Gedankengänge, denen Flora gerade nachhing, waren für Hephitios in der Tat ein wenig fremd. Wie schon gesagt, Sklaven gehörten für ihn ganz selbstverständlich zur Gesellschaft hinzu. Bei Griechen und bei Römern gleichermaßen. Flora war Römerin und hatte in Griechenland gelebt. Man konnte also nicht sagen, dass sie in sklavenfeindlichen Gesellschaften ihr Leben verbracht hätte.


    Doch, um nochmal ihre Frage zu beantworten sagte er: "Die Götter bestimmen über unser Schicksal und ihr Schiedspruch unterscheidet uns. Ich weiß natürlich, dass ihr Römer oft ganz offen an der Existenz der Göttern an sich zweifelt, doch ich bin bloß Grieche und kann nur für mein Volk sprechen. Für uns sind die Götter real."
    Eh er sichs versah, würde Hephitios auch noch zu einem Lehrer Floras werden. Er, der Fischersjunge. Der Gedanke belustigte ihn innerlich.

    Na da sieh einmal einer her, seine Herrin konnte Gedankenlesen! Das musste Hephitios sich für die Zukunft merken. Vor allem wenn er abends alleine und unter Umständen erregt war, musste er sich unter allen Umständen von ihr fernhalten, ansonsten könnte sie ihre Göttergabe etwas davon mitbekommen lassen.


    Als Antwort sah er Flora in die Augen. "Ich verspreche dir, das ich nichts unüberlegtes tun werde."
    Auf ihre Entschuldigung reagierte Hephistios etwas belustigt. "Flora, du bist die erste Kyria, die ich kenne, die sich bei einem Sklaven wegen einer harmlosen Berührung entschuldigt hat. Ich gehöre dir von Rechts wegen. Ob du mich berührst, oder kreuzigen lässt, niemand wird auch nur ein Wort dagegen sagen. Die Sklaverei ist ein natürlicher Bestandteil der Gesellschaft. Sklaven sorgen dafür, dass ihre Herren zu essen und zu trinken haben, ihre Geschäfte und Wirtschaften florieren und der Staat als ganzes funktioniert. Sklaven suchen sich ihr Schicksal nicht aus, es ist eben so von den Moiren bestimmt." Er getraute sich in diesem Moment mit seiner Hand Floras Kinn etwas anzuheben, damit sie sich beide ansehen konnten. Mit einem Lächeln sagte er: "Betrauere nicht mein Schicksal, Kyria, dieser Schicksalsfaden wurde schon so beim Tage meiner Geburt gesponnen. Ich weiß, dass ich selbst versklavt bin, doch trotzdem bestreite ich nicht, dass Sklaven nötig sind. Ohne sie würde das ganze Leben, so wie du es kennst, hier und überall sonst zusammenbrechen."


    Mit dieser Geste hatte er sich sehr viel herausgenommen. Ein weniger freundlicher Dominus oder eine Domina hätte für eine unerlaubte Berührung den betreffenden Sklaven bestimmt schon Peitschenschläge erteilen lassen, wenn nicht sogar das Todesurteil ausgesprochen wurde, wegen versuchtem Angriff, oder einem anderen erfundenen Delikt.
    Würde Flora das durchgehen lassen, oder nicht? Egal wie es jetzt gleich kommen würde, danach wäre sich Hephitios auf jeden Fall um vieles sicherer, wo genau jetzt sein Platz war.

    Der brave Sklave nickte nur.


    "Ich habe verstanden Flora."


    Innerlich nahm er sich jedoch vor, diese Sache nicht sofort wieder fallen zu lassen. Immerhin hatte er einen Schwur an die Götter gerichtet, dass er seine neue Herrin mit Leib und Seele schützen werde und an das hatte er sich auch zu halten vor.

    Auf Hephitios kurze Frage hin, ob auch sie ein wenig was über sich erzählen wolle, brach Flora in einen wahren Wörterschwall los. Er konnte diesem nur schwer folgen, da alles ein wenig schnell und wirr erzählt war, doch das wesentliche hatte er mitbekommen. Offensichtlich hatte sie hauptsächlich von den jüngsten Ereignissen erzählt. Dazwischen dann noch eine kurze bemerkung, dass sie in Griechenland ein paar Philosophen studiert hätte und praktisch ihre ganze nahe Familie umgekommen war. Das erübrigte die Frage zu den Familienverhältnissen, doch warum Flora in Griechenland gewesen war, oder was der Grund für ihre Rückkehr nach so langer Zeit war, da war Hephitios nicht schlauer geworden.


    Nachhacken hielt er für unangemessen, weshalb er sich auf die anderen themen konzentrierte: "Ich verstehe langsam, wieso du dir mich als deinen Leibwächter geholt hast. Dieser Centurio von dem du gesprochen hast, er bereitet dir also Probleme? Willst du ihn beseitigen lassen?"


    Er kannte Flora noch zu kurz, um bei dieser Frage mit dem Herzen dabei zu sein, es war einfach nur eine mögliche logische Schlussfolgerung, die er aus ihrer Erzählung gezogen hatte. Dieser Centurio machte seiner Herrin Probleme mit Rufmord, also sollte er zum Schweigen gebracht werden. Möglicherweise sogar durch ihn?

    Das Gesagte von Flora fand er interessant. Die Götter hatten also Neid an Rom bekundet? "Was war denn, dass die Götter kürzlich neidisch wurden?" fragte er deshalb.


    Flora hatte jetzt auch einen Teil ihrer Vergangenheit enthüllt. Nicht viel, doch trotzdem genug, um Hephitios ein wenig interessiert zu machen. Ihrer beider Schicksal war anscheinend ähnlich anbehaftet. Doch ob er sie danach fragen durfte? Sein erster Impuls war, diese Idee einfach wieder zu unterdrücken, doch am Ende siegte doch die Neugier. Flora hatte ihn prompt Unmengen an ganz besonderen Freiheiten direkt nach dem Kauf erwiesen, da würde sie ihn bestimmt schon nicht bestrafen, wenn er es wagte sie nach ihrer Vergangenheit zu fragen.


    "Flora, möchtest du mir ein wenig aus deinem Leben erzählen? Wie ist dein Verhältnis zu deiner Familie und warum warst du in Griechenland?"

    Die Gärten ließen Hephitios' Mund in der Tat offen stehen. So einen bezaubernden Ort hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen! "So müssen die Elysischen Gefilde im Hades aussehen, wenn ich mich nicht irre."


    Hephitios wurde von seiner Herrin zu zwei Korbsesseln geführt und geheißen, darauf Platz zu nehmen. Gerne folgte er dieser Bitte. "Es sieht hier alles so schön aus, Flora, ich danke dir und den Göttern dafür, dass du es warst, die mich gekauft hat und nicht jemand anderes."


    Dann wollte Flora, dass er von seiner Heimat erzähle. Schon vorher hatte ihre Bemerkung des Schreibens an seine Eltern wegen ihm einen leichten Stich versetzt, doch jetzt sollte er darüber sprechen. Einen Moment zögerte Hephitios, doch dann schluckte er seine Bedenken hinunter und begann zu erzählen: "Meine Geschichte beginnt in einem kleinen Fischerdorf an der Küste, direkt in der Nähe zur polis Rhodos." Nachdem dieser erste Satz über seine Lippen gekommen war, ging das Sprechen für ihn schon wieder sehr viel einfacher. "Mein Vater hieß Amphitryon, meine Mutter Astydameia. Auch eine kleine Schwester hatte ich, Epioa, doch verstarb sie mit drei Jahren an einer schrecklichen Krankheit."


    Epioa. Hephistios hatte schon lange nicht mehr an seine kleine Schwester gedacht. Ob sie ins Elysion eingegangen war? Hephitios brauchte einen Moment, ehe er seine Stimme wiedergefunden hatte. "Jedenfalls wohnten wir in diesem Fischerdorf. Ich half meinem Vater dabei Fische mit Netz und Dreizack zu fangen und am Markt in Rhodos zu verkaufen. Warst du schon einmal in Rhodos? Es ist die schönste Stadt des ganzen Erdkreises und berühmt für den Koloss, den mein Volk einst zu Ehren unseres Schutzgottes Helios errichtet hatten."

    Hephitios war beeindruckt, wie aristrokratisch die Octavier in Rom residierten. "Ein wirklich großes und schönes Haus ist das hier." sagte er. Noch mehr überraschte es ihn, dass er ein eigenes Zimmer bekommen sollte!


    Er dankte Flora, doch bei der Bemerkung bzgl. der Schriftrollen musste er ihr beichten, dass er des Lesens und Schreibens nicht mächtig war und die Schriftrollen somit nutzlos für ihn waren.


    Natürlich folgte er seiner neuen Herrin gerne in den Garten. "Ich komme natürlich mit dir! Als dein Leibwächter ist es ab jetzt ja meine Aufgabe dir nicht von der Seite zu weichen und dich mit allem was ich habe zu beschützen!"
    Dabei spannte Hephitios seine Muskeln an Armen und Oberkörper an, damit Flora sehen konnte, womit es ein Tunichtgut zu tun bekäme, der es auf sie abgesehen hätte.

    Den Weg vom Sklavenmarkt zur Casa Octavia legte Hephitios zu Fuß und ohne Fesseln am Leib zurück. Dabei lief er neben den Sänftenträgern her und überlegte, was wohl noch alles auf ihn zukommen mochte.
    Flora hatte Hephitios am Sklavenmarkt in der Nähe des Forum Romanums gekauft. Während sich der Zug also langsam über das Forum in Bewegung setzte und anschließend über dem Argiletum in die Subura einbog, hatte Hephitios genug Zeit, um über seine neue Stellung nachzudenken. Natürlich hätte er jetzt auch einfach Flora ausnutzen und wegrennen können, doch wohin sollte er dann und was nützte es ihm, bloß nur um dann am Ende erst wieder versklavt oder gar getötet zu werden. Das Leben, das ihm Octavia Flora versprach verhieß ein gutes zu werden. Er sollte als Sklave eine Art "Freund" und Vertrauter für sie werden und sie gleichzeitig als ihr custos corporis mit Leib und Leben beschützen. Ob das alles automatisch eine Sonderstellung für ihn vor Flora bedeutete? Hephitios hatte das Gefühl, dass es so wäre, doch völlig sicher war er sich noch nicht.


    Während sie am Argiletum die Subura in Richtung Viminal durchquerten (wo ja bekanntlich die Casa Octavia an der Straße Vicus Patricius, nahe der Porta Viminalis lag*) fiel Hephitios' Blick auf die zahlreichen Buchläden, die sich entlang des Argiletums angesiedelt hatten. Er konnte nicht lesen und auch nicht schreiben. Alles was er konnte und wusste, hatte er mündlich oder praktisch gezeigt bekommen, oder sich selbst beigebracht. Im Vorbeigehen betrachtete er die eine oder andere Schriftrolle und fragte sich, was wohl in ihrem Inneren für Geheimnisse schlummern mochten. Zuhause, in Rhodos, war er immer am Meer gewesen und hatte gefischt, seinen Fang am Markt verkauft, sich mit Mädchen vergnügt oder sich abends mit Freunden in einer Taverne getroffen. Schriftrollen oder dergleichen hatten ihn nie interessiert. Wozu auch, sie waren nicht nötig gewesen in seinem alten Leben. Ob sich das jetzt ändern würde hier in Rom?


    Octavias Gefolge bog jetzt vom Argiletum in den Vicus Patricius ab und folgte diesem Straßenzug bis fast ganz zur Servianischen Mauer. Dort kamen sie endlich an ihrem Ziel an. Die Casa Octavia machte einen freundlichen Eindruck auf den Jungen. Hier ließ es sich bestimmt besser leben, als in einer alten stinkigen Fischerhütte. Trotzdem hing Hephitios' Herz immer noch an Letzterem.


    Sim-Off:

    * = Kartenbeweis der angegebenen Lage. Der Name der Straße, an dem die Casa Octavia steht ist aus der realen Historie recherchiert.

    Ada kam wieder zurück mit den Fischen und Hephistios freute sich schon auf diese gebratene Leckerei. Seine letzte ordentliche Mahlzeit war schon sehr lange her. "Danke für alles. Ich werde es genauso machen wie du es willst, Flora." sagte er zwischen zwei Bissen. Dann: "Achja, du hast etwas verwechselt. Neptun ist bei uns nicht Triton, sondern Poseidon. Triton ist der Sohn Poseidons und wie sein Vater Herr der Meere. Sein Oberkörper soll der eines Menschen sein und sein Unterleib der eines Delfins mit den Vorderbeinen eines Pferdes." Ein seeliges Lächeln trat in das Antlitz des etwas abwesenden Sklaven, wie er so von der Mythologie seines Volkes erzählte. "Die Alten erzählen sich, dass Triton in seinem See in Afrika* einen goldenen Palast bewohnt und wann immer er in sein Seeschneckenhorn bläst erscheinen die Geister des Meeres, um ihm zu dienen." Hephitios lächelte seine Herrin an.
    "Mein Vater hat mir früher immer Geschichten von den Göttern erzählt. Die über das Meer hatte er am liebsten, doch..." Beim Gedanken an seine Familie brach er ab. Zu sehr schmerzte dieser Verlust noch. Dann wandte er seinen Blick kurz auf die anderen Sklaven in Floras Gefolge. Flora hatte einen Sklaven eines anderen Sklavens wegen ausgeschickt, um Fische zu holen. Hephitios wusste immer noch nicht, wo genau er jetzt in dieser Hierarchie der Sklaven stand. Einerseits war er versklavt (natürlich) und auch der Neueste. Trotzdem mussten andere, längergediente Sklaven auf Befehl ihrer Herrin jetzt schon springen, um seine (die eines anderen gewöhnlichen Sklaven wohlgemerkt!) Bedürfnisse erfüllen zu können. Die anderen mussten bestimmt schon mitbekommen haben, dass Flora ihren neuesten Fang viel besser und auf einer persönlicheren Stufe behandelte, als die übrigen Unfreien. Das musste zweifellos den Neid und den Zorn der anderen Sklaven auf Hephitios ziehen. Na wenn das mal gut ging!


    An seine Herrin gewandt fragte er dann: "Wie geht es weiter?"


    Sim-Off:

    * = Afrika in seiner antiken Bedeutung meinte nur das Gebiet des heutigen Tunesiens.

    Seine neue Herrin gab sich sehr freundlich und offen gegenüber. Das freute Hephitios ungemein, doch verwirrte es ihn auch ein wenig. Wäre er jemand anderer mit niederen Absichten, hätte Flora den denkbar schlechtesten Ton gewählt in diesem Moment, da sie sich ja praktisch direkt nach dem Kauf schon auf eine Ebene mit ihm stellen wollte, ohne jeden Anspruch als die Ranghöhere auftreten zu wollen. Vielen unwilligen Sklaven wäre das gleich ein Zeichen dafür gewesen, dass sie entweder Chancen hatten ihre Herrn zu manipulieren, einzuschüchtern oder im besten Fall keinen Respekt zu entwickeln und ihre Aufgaben generell schleifen zu lassen. Natürlich traf das auf Hephitios nicht zu, doch andererseits ganz ahnungslos konnte sie im Umgang mit Sklaven dann auch wieder nicht sein, hatte sie ja schon mehrere Bedienstete. Er musste sich später einmal auf jeden Fall mit dem Rest seiner neuen "Kollegen" unterhalten, um mehr darüber zu erfahren, was Flora für eine Herrin war.


    Auf die Frage hin was er essen wolle antwortete er: "Ich habe Appetit auf Fisch, falls ich darf. Ja, es stimmt. Kyria bedeutet in deiner Sprache Herrin. Verzeih, falls ich einen Fehler gemacht habe, aber es erschien mir passend, weil du mich auf Griechisch angesprochen hast. " Hephitios hatte inzwischen schon gemerkt, dass er im Umgang mit dieser Römerin, die ja jetzt seine Herrin war noch wesentlich einsilbiger und verstockter war, als früher, wenn er noch als freier Mann Umgang mit den Mädchen gehabt hatte. Aber das passierte eben in der Sklaverei und man konnte nichts dagegen tun. Auch wenn einem ein Herr praktisch alle Freiheiten gab, die unsichtbare Mauer des Sklavenrechts stand trotzdem unüberwindbar zwischen Herrn und Sklaven, zu Gunsten des Herrn natürlich. Denn dieser konnte seine Sklaven trotzdem jederzeit töten lassen, Freundschaft hin oder her.


    Hephitios gefiel jedoch die Art seiner neuen Herrin, es erschien ihm als gutes Los, das ihm die Moiren zugewiesen hatten. Er sollte also dieses Mädchen beschützen und bei den Göttern, er würde sie beschützen! Endlich gewannen seine Augen einen etwas selbstbewussteren Ausdruck. "Bei Helios, unserem Sonnengott, schwöre ich dir Flora, dass ich dir ein Freund und Beschützer sein werde. Ob mit Gladius oder bloßer Hand, ich halte was ich verspreche. Ich denke schon, dass ich mit einem Gladius umgehen kann. Zuhause in Rhodos war ich Fischer zusammen mit meinem Vater und so habe ich viel Erfahrung mit einem Dreizack. Die Mykener sagen, ein Dreizack ist nichts anderes als das Schwert des Triton, ich denke also, dass ich es kann."

    Hephitios hob den Blick. Ein kaum wahrnehmbarer Schimmer von Hoffnung glomm kurz in seinen Augen auf. Seine neue Herrin wirkte nett. Anscheinend hatte ihn ein nicht ganz so hartes Los wie andere getroffen. Dieses Leben, das sie ihm in Aussicht stellte klang fast so wie Freiheit. Fast, doch natürlich bedeutete das immer noch Knechtschaft. Trotzdem konnte er es nicht verhindern, dass Erleichterung seinen ganzen Körper durchströmte.
    Dies führte auch dazu, dass er sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen konnte. Sein Horizont hatte sich merklich gelichtet.


    "Mein Name ist Hephitios. Ich stamme aus Rhodos." Octavias Leibsklave reichte ihm eine einfache, dunkelgrüne Tunika aus Baumwolle. Hephitios nahm sie dankend an und streifte sie sich über. Dann beugte er sich vor und griff sich unter sein neues Kleidungsstück, um sich den Lendenschurz auszuziehen. Unter einer Tunika trug man keine Unterwäsche, so hatte Hephitios es gelernt. So stand er dann mit dem Lendenschurzbündel unterm Arm ganz neu eingekleidet dar und sagte dann: "Ich danke dir... Flora...ja ich bin sehr hungrig." Wieder ein Lächeln im Gesicht. Noch würde er bestimmt nicht seinen neuen "Halbfreien-Status" als gegeben hinnehmen, sondern vorsichtig sein. Die Moiren würden ihm schon zeigen, was sie für ihn gesponnen hatten.


    Sim-Off:

    Dann sag ihm das, ansonsten nimmt er an du willst vor Römern als "Domina" angesprochen werden. :P ^^