Das Volk wurde langsam ruhig und ich begann meine Rede:
Bürger Roms, Peregrini, Senatoren, Freunde! Ich trete heute, an diesem letzten Tag der Saturnalien, vor euch, um meine Kandidatur als Praetor zu verkünden! Die Gesetze bilden die Basis unseres Reiches. Die Gesetze sorgen für Sicherheit und Ordnung in unserem Leben. Die Gesetze schützen das Volk vor Ungerechtigkeiten und garantieren euch eure Rechte. Ohne Gesetze ist ein Staat kein Staat, ein Imperium nicht von Dauer. Selbst Barbaren kennen Gesetze, doch was unser Volk von jenen unterscheidet ist die Position eines Richters. Der Richter stellt sicher, dass das Gesetz auch im Moment einer Uneinigkeit durchgesetzt wird. Er stellt sicher, dass ein Schuldiger bestraft und ein Unschuldiger freigesprochen wird und dass auch ein Peregrinus die ihm zustehenden Rechte erhält. Der Richter, in meinem Fall in der Funktion des Praetors, ist der Unterschied zwischen uns und den Barbaren!
Hier war zu erwarten, dass tosender Applaus über das Forum Romanum schwappen würde. Immerhin hatte ich jede erdenkliche Bevölkerungsschicht mit meiner Einleitung angesprochen, inklusive der Peregrini, welche in Rom zu jeder Zeit die Mehrheit der Menschen darstellten.
Nachdem dieser Applaus weniger wurde, fuhr ich fort:
Als erstes Zeichen meines Willens für die gesetzliche Sicherheit von Volk und Senat von Rom zu sorgen, übergebe ich heute jenes Haus dort drüben an das Volk.
Ich zeigte in die Richtung, in welcher entlang einer der Strassen weg vom Forum das reich geschmückte Haus zu sehen war, welches ich in den letzten Monaten mit eigenen Mitteln in Stand stellen gelassen hatte.
Jenes Haus dort drüben wird ab heute den Namen "Bibliotheca Annaea de Iurisprudentia" tragen!
Was nun über das Forum rauschte, war nicht zu beschreiben und verunmöglichte die Weiterführung der Rede für einen Moment. Mehrfach musste ich meine Arme wieder herunternehmen, mit welchen ich versuchte das Volk zur Ruhe zu mahnen, weil es überhaupt nichts brachte.
Als es dann endlich gelang, sprach ich weiter:
Es ist mein Versprechen an euch, die Bewohner der Stadt Rom, nicht bloss während meiner Amtszeit die Gesetze zu achten und durchzusetzen, sondern auch danach jederzeit für die Einhaltung der Gesetze zu arbeiten und auch den jungen Männern eine Möglichkeit zu geben, ihre Gedanken und Überlegungen zu unseren Gesetzen festzuhalten. In der Bibliotheca gibt es Räume, in welchem Texte gelesen werden können und solche, welche zur Diskussion von Texten mit anderen Leuten vorgesehen sind. In den obersten Stockwerken wird eine Bibliothek entstehen, in welcher jeder Bürger seine juristischen Texte hinterlegen kann. Anders als in der Bibliotheca Ulpia, in welcher bloss für die Rechtsprechung relevante Dokumente Aufnahme finden, befindet hier kein Bibliothecarius über die Aufnahme. Jeder juristische Text wird aufgenommen und steht danach den Bürgern zur Diskussion zur Verfügung. So können junge Männer an ihren Texten arbeiten und sie durch die Diskussionen mit anderen verbessern, bis sie eventuell am Ende auch die Aufnahme in die Bibliotheca Ulpia schaffen. Dieses Geschenk an die jungen Männer Roms soll sie inspirieren, wieder vermehrt in unsere Überlegenheit zu investieren, wieder mehr zu diskutieren und sich über unsere Gesetze zu unterhalten, denn Gesetze sind nicht statisch, sie wurden nicht für die Ewigkeit geschaffen, sondern sie sollten sich dem anpassen, was gelebt wird!
Wieder wurde eine Pause nötig.
Als Praetor werde ich mich neben der Verhandlung allfälliger Gerichtsfälle damit beschäftigen, unsere Gesetze zu prüfen und dort wo notwendig im Senat Anpassungen vorzuschlagen. Als ehemaliger Volkstribun stehe ich auch als Praetor im Dienste des Volkes und ich schwöre heute, die Rechte des Volkes als Praetor zu schützen, indem ich die Gesetze hochhalte und durchsetze.
Und nun, Volk von Rom, holt euch zu den Saturnalia eure Geschenke!
Die Rede war wie bei mir üblich nicht lang geworden, aber sie hatte einen Effekt und als ich die ersten Geschenke aus dem Sack in die Menge warf und meine Sklaven unten an der Rostra ebenfalls ihre Säcke öffneten und es mir gleich taten, da gab es für das Volk kein Halten mehr.