Beiträge von Tisander

    "Nö sagt mir nichts, habe ich auch noch nie gehört. Hast du eigentlich eine Vorstellung welche Richtung du einschlagen würdest? Ich meine eher in den Verwaltungsbereich, Baumeister oder doch lieber aktiver Dienst?

    Mir würde es als, Kundschafter, Späher oder wie man so sagt Speculator gefallen." Das hatte Tisander sich schon als kleiner Junge des öfteren vorgestellt.

    Tisander war sich nicht sicher, doch er meinte in den Augen des Kleinen hätte etwas geglitzert, als er ihm das Würstchen reichte. „Danke habe auch echt Hunger“, kam von ihm. Er schaute sich um, „du bist doch Wulfgar, der der so gut mit dem Speer umgehen kann und du Kirran, der irre Bogenschießer“, wandte er sich an die beiden zu seiner Linken.

    "Da haben wir ja eine gute Turma erwischt. Aber die II. Turma hatte ja schon immer einen guten Ruf wenn man die Geschichten im Lager so hört.“

    Mit einem lauten Rums flog die Türe auf und Tisander stand mit einem suchenden Blick im Raum. Da entdeckte er ein freies Bett, schmiss seine Sachen drauf. „Wer mich noch nicht kennt ich bin der Tisander“, wenn ihr es noch nicht wisst, der der es gerne mit den Tieren treibt, laut Fango. „Leider werdet ihr es auch mit mir aushalten müssen. Ach und danke fürs Zusammenpacken“, ging es im nüchternden Ton an Fango.

    Es war schon spät, Tisander wollte sich beeilen um seine Sachen zusammenzupacken. Erstaunt schaute er sich um als er die Turma betrat. Alle waren schon weg, alles war leer und sauber gefegt, nur seine Sachen lagen sorgfältig zusammen gepackt neben der Türe. Das war der Kleine, kam ihm sofort in den Sinn. Danke mein kleiner Wicht, dachte er in liebevoller Erinnerung. Schade ich habe mich nicht mehr verabschieden können. Er packte seine Sachen und machte sich au,f zum neuen Lebensabschnitt, in die Turma II.

    Nachdem Ocella der Schreihals, ihre Baracke verlassen hatte saß Tisander auf seinem Bett und grübelte. Bei der Verteilung auf die verschiedenen Turma hatte er nur die Schultern gehoben, es war nun wie es war. Auch
    die Bemerkung von wegen Turteltauben schien ihn nicht zu berühren. Ihn berührte nur der Streit mit Fango.

    Er hatte bei dessen aufgreifen seines eigenen Vorschlags von vorne zu beginnen genickt. Was ihn jetzt beschäftigte war dessen seltsame Frage ob es wegen der Ablehnung des Lupanar Besuches war. So ein
    Blödsinn, das musste doch jeder für sich entscheiden. Ihm war doch egal ob wann und mit wem er es trieb. Ihn verletzte nur dass der Kleine, ihm immer wieder zu Einsicht überreden wollte, von etwas was er nie gesagt, geschweige denn gedacht oder was noch absurder wäre getan hatte abzulassen. Seine wiederholten Versuche ihn von diesen Gedanken ab zu bringen bewirkten nur das Gegenteil. Fango hielt daran fest und gab sich als den angegriffenen. Hatte er sich so in ihm getäuscht? Konnte er nicht zuhören, setzte sich alles was er
    einmal gedacht so in seinem Kopf fest, dass er nicht mehr davon ablassen konnte. Dabei hatten sie alle gedacht Fango wäre die herausragende Leuchte und würde es schnell und weit bringen. Sollte das je der Fall sein taten ihm jetzt schon die Untergeben leid. Die Fähigkeit zu reflektieren schien er nicht zu haben.

    Resigniert hob er die Schultern, sprang von seinem Bette runter und verließ die Turma in Richtung Stall.

    „Interessant, du weißt also das ich das nur so gesagt habe und ich gifte dich an indem ich dich zum Essen einlade. Ich gifte dich an weil ich dich bitte damit aufzuhören und dir erkläre, dass ich das Gefühl habe,
    dass unsere Freundschaft kaputt geht. Ich gifte dich an, weil ich dir anbiete von vorne anzufangen.

    Du regst dich auf weil ich deinen Kuchen nicht gegessen habe. Ich hatte ihn doch noch gar nicht gesehen, denn nur von einem Gespräch in der Therme, wusste ich das du im Lazarett gewesen warst und habe dich darauf angesprochen. Gut wie ich das machte war nicht in Ordnung aber deshalb die Behauptung aufrecht zu halten obwohl du merktest wie sehr du mich damit ärgertest. Also tu nicht so, als wäre ich alleine nur Schuld.

    Was denkst du warum ich alleine sein wollte? Weil ich hoffte wir beide würden uns beruhigen. Aber gut wenn du denkst es liegt nur an mir, dann entschuldige bitte. Entschuldige das ich hier bin, in der Ala meine ich.

    Ich werde mit dem Optio reden und versuchen zu einer anderen Turma zu kommen, dann siehst du mich nicht mehr und ich gifte dich nicht mehr an.“

    Schweigend ritt er wie alle anderen zurück. Nun hieß es das Gewesene langsam zu vergessen oder es würde sie bei dem was hier ihre Aufgabe war, irgendwann versagen lassen. Dieses Bild durften sie nicht zu lange in Erinnerung behalten, sonst würde es Angst in ihnen hervorrufen. Ja für sie alle war es wichtig einst so Ruhmreich in den Tod zu gleiten, doch noch war es viel zu früh für sie. Die Zukunft war wichtig. Was würde ihnen die Zukunft bringen? Das gute Ende ihrer Ausbildung? Einen neuen Decurio? Wer würde es sein? Welches wären seine zukünftigen Aufgaben. In diese Gedanken versunken gelangte er zu Stall. Jetzt galt es sich um seinen Rappen zu kümmern.

    Tisander ging nicht auf Fangos Frage ein. Sondern stellte nur eine Gegenfrage. „Ich habe nur eine Frage“, vielleicht half es ihnen zum wesentlichen Punkt zu kommen. „Wieso glaubst du ich würde es mit Tieren treiben?“

    In Tisander rumorte es, immer wieder hörte er Fangos letzte Worte. Was war nur geschehen, dass der Kleine so besessen davon war ihm nicht zuzuhören und sich nicht von dem irrwitzigen Gedanken abbringen lies. Ich verstehe es einfach nicht, bis zu diesem Gespräch ist mir noch nicht einmal der Gedanke an so etwas gekommen. Dabei wollte ich nur, dass er mal ein wenig aus sich rausgeht und sich verhält wie jeder normale Mann. Wütend stieß er mit dem Fuß gegen einen Holzeimer, so dass dieser durch die Gegend kollerte. Er hörte wie die Pferde unruhig wurden. Gerne wäre er in den Stall gegangen und hätte sich seinen Rappen geschnappt und los galoppiert, doch er saß hier fest.

    Ich hole mir den Knirps und prügel es aus ihm raus, war sein nächster Gedanke. Er setzte sich hin und lehnte sich gegen die Barackenwand, dabei ließ er die Zeit in der Ala mit ihm an sich vorbei gleiten. Dabei war er dann wohl doch eingenickt, erwachte noch vor dem Morgengrauen steif von der Nachtfrische. Mühsam rappelte er sich
    hoch und schlich leise ins Innere bis zu Fango. Rüttelte ihn und flüsterte: „Bitte komm mit nach draußen.“

    Mit stoischer Mine hatte Tisander, wie wohl alle der Angetretenen, den Ansprachen zugehört. Reden zu Lob und Ehren über das Leben und Handeln der Toten. Wen sollten diese Ansprachen trösten? Das war doch wohl der Sinn, denn zurückbringen würden sie die Kameraden nicht. Sie würden ihnen fehlen, ihre Gemeinschaft hier, den Einzelnen mehr oder weniger. Sie selber konnten nicht ersetzt werden, nur ihr Platz würde wenn möglich neu besetzt. Jeder hier wusste es und die meisten wünschten sich wohl einst ihr Leben so tapfer für den Kaiser und Rom zu lassen.

    Der Gesang der germanisch stämmigen vertiefte die Stimmung und ließ die Worte des Decurio noch nachhaltiger und prägender wirken. Tisander spürte, das bei solchen Begebenheiten der Zusammenhalt ihrer Truppe wuchs, sich jeder für jeden verantwortlich fühlte.

    Unbewusst fasste Tisander sich an den Kopf, es war einfach nicht zum aushalten. Der Kleine wollte ihn wirklich fertigmachen. Langsam hatte er wirklich genug davon. „ECHT JETZT?“ Übermäßig laut und genervt kam seine Frage. „Was soll das jetzt? Du warst doch schon immer der Magister und hast uns die Welt erklärt, warum soll das jetzt geändert werden? Es war mein Friedensangebot, damit es endlich Ruhe gibt. Ich möchte nicht weiter zu dem Thema reden und dir auch nichts erklären. Ich geh jetzt in den Stall und schlafe bei meinem Rappen, das wäre nicht das erste mal. Wenn du mit willst muss du die Klappe halten sonst beunruhigst du die Pferde. Ansonsten wünsche ich dir eine gute Nacht“

    Trotz seines Hinkens versuchte der Apuaner möglichst schnell zu verschwinden.

    Am Vortag sah man in ihrer Turma ein geschäftiges Treiben wie selten. Tisander und alle anderen hatten gebürstet, gewintert und poliert. Ihre gesamte Ausrüstung hatten sie kontrolliert. Morgens in aller Frühe

    hatten sie sich gegenseitig beim ankleiden geholfen. Sie achteten darauf das ihre gesamte Turma im besten Licht erscheinen würden. Sie wollten der Ala alle Ehre machen.

    Tisander hatte noch ein kleines Amulett an einem Lederriemen angezogen. Ein kleines geschnitztest Holzpferdchen und war aus dem Nachlass eines der Verstorbenen.

    Wie auf einer Schnur aufgezogen standen sie jetzt auf ihren Pferden sitzend in einer Linie. Der Apuaner saß mit starrer Mine auf seinem Rappen. Er hatte ähnliches schon einmal in einem anderen Leben erlebt und wusste so ein Abschied konnte für viele schmerzhaft sein.

    Er vermutete, dass es von den Anwesenden am härtesten für den LAPP war. Doch es zeichneten sich ebenso Spuren beim Vexillaris und beim Decurio ab. Zu viele Kameraden hatten sie verloren, ein großer Verlust für die Ala. Beim Caesar und seiner Begleitung meinte er wenig zu erkennen. Für sie ist es bestimmt nur eine lästige Pflichtübung dachte er.

    Tisander verstand die Welt nicht mehr, hatte der Kleine ihn nicht verstanden oder wollte er es nicht verstehen. Der tat gerade so als ob er nichts verstehen würde und sein Verhalten aus irgend einem Grund falsch
    wäre. Wieso nur, er war doch sonst nicht auf dem Kopf gefallen und machte zeitweise auf Intelligenzbestie.

    Der Apuaner seufzte, holte tief Luft, schluckte und drehte sich langsam zu Fango um. „Weiß du was, wir vergessen das ganze, die ganze Zeit reden wir aneinander vorbei. Fangen wir einfach von vorne an oder
    besser noch machen wir einfach ganz normal weiter. Du bist der Magister und ich stelle mich dumm.“
    Damit schlug er dem Knirps leicht auf den Rücken. „Den Kuchen esse ich dann irgendwann, ich nehme aber auch gerne eine Wurst.“

    Natürlich hatte Tisander die Schritte gehört, die ihm folgten. Nun lass mich bloß in Ruhe dachte er. irgend ein dämliches Gerede kann ich gerade absolut nicht brauchen. Bei dem Klang der Stimme, die dann erklang zuckte er leicht zusammen. Mühsam riss er sich zusammen um nicht los zu brüllen. Während er sich zu Fango umdrehte entfuhr ihm. "Sicher alles in Ordnung und wunderbar. Was denkst du wie es einem ist wenn man gerade seinen Freund verloren hat und sich nicht erklären kann wie es dazu kommen konnte. Man hört Worte und weiß sie sind falsch und man antwortet ebenso falsch. Es läuft weiter und weiter, kann es nicht aufhalten, spürt wie es zu einem Desaster wird und lässt es dennoch geschehen. Zum Schluss steht man entsetzt vor einem Scherbenhaufen." Zur Bestätigung des Gesagtem nickte er mehrmals und hinkte weiter.

    Nachdem Tisander Fango aufgefordert hatte zu gehen war er noch eine Weile durch die Umgebung gehumpelt, zurückgekehrt um sich an zu kleiden. Was sich ohne die Hilfe des Kleinen als recht schwierig gestaltete.

    Außer zum Essen hatte er den ganzen Tag die Einsamkeit gesucht. Er war nicht in Selbstmitleid versunken, dazu war er nicht der Mann, aber Sorgen um das weitere Zusammenleben machte er sich dennoch. Er kam zu dem Ergebnis, ändern konnte er vorerst nichts, man musste abwarten wie sich die Dinge entwickelten.

    Spät kehrte er in seine Turma zurück, sah den Kuchen, der immer noch da lag und gab ihn Zisimos, mit dem Gedanken jetzt ist es auch zu spät. Er legte sich zum Schlafen hin, ohne sich auszukleiden, konnte natürlich nicht einschlafen. Mit dem verletzten Arm war an herumwälzen auch nicht zu denken. Missmutig glitt er von seinem Bett und ging nach draußen, tief atmete er die frische Abendluft ein. Sie schien eine beruhigende Wirkung zu haben, denn er begann darüber nachzugrübeln wie es soweit hatte kommen können. Er wollte den Kleinen nicht verlieren. Ihm fiel ein wie er ihn vermisst hatte als er alleine unterwegs war. Nicht nur das, er hatte sich um ihn gesorgt und nun das. Anstatt zu versuchen alles aufzuklären hatte er ihn von sich gestoßen und war beleidigt abgezogen. Wie kam er an ihn heran? Mit einem sehnsüchtigen Blick betrachtete er die Eingangstüre und wünschte sich, sie würde sich öffnen und der Knirps, sein Kleiner, käme nach draußen. Hinkend entfernte er sich langsam.

    Herje was kommt denn nun über uns, ein Unwetter? Das waren Tisanders Gedanken als Ocella wie Pluto der Herrscher der Unterwelt vor ihnen stand. Innerlich zuckte er mit den Schultern, wenn er meint er muss den Befehl uns so übermitteln und es ihm Freude macht. Er ist auch nur ein Befehlsempfänger, nur mit mehr Macht als unser eins. "Jawohl, Vexillarius", stimmte er mit ein, leise kam noch, "ganz wie du wünschst."

    Tisander löste sich ärgerlich aus der Umarmung. "Was willst du? Sag mir wie so du nur auf solch eine Idee kommst. Du redest immer weiter und hörst nicht zu. Ich sagte *Ach ne, denen bringst du Kuchen aber mich beschimpfst du als Tier.* Was ich damit meinte und nun sei nicht gleich gekränkt, denn ich wollte dich nur ein wenig ärgern. Du beschenkst die mit Kuchen, ich bekomme keinen aber dafür behauptest du einfach ich würde es mit Tieren treiben, machst auf besorgt und rätst mir ich solle zum Medicus gehen. Wie kommst du nur auf einen solchen Gedanken. Habe ich dich so geärgert, gequält, willst du dich so rächen? Wie lange kennen wir uns? Ich dachte du würdest mich inzwischen besser kennen."

    Für ihn war das Thema noch lange nicht gegessen. Er war oft von älteren gehänselt und geärgert worden. So etwas war ihm noch nie untergejubelt worden. Noch immer zu tiefst gekränkt meinte er abschließend. "Bitte geh, ich möchte jetzt alleine sein."

    Tisander stand da und starrte den Kleinen mit offenem Mund an. Hatte er das gerade wirklich richtig verstanden? Er hörte es in seinen Ohren rauschen. Mit einem Griff in einer einzigen Drehung hatte er die Tunika des Knirps ergriffen. Selbst in einem Arm hatte er ungeheure Kraft, durch das tägliche Arbeiten mit den Pferden, im Training für die Wagenrennen. Mühsam beherrschte er sich, um den Kleinen nicht hochzuheben und gegen die Wand zu nageln. „Du elender Wicht, du willst mich unbedingt falsch verstehen und wie mir scheint mir auch noch etwas andrehen. Jetzt könnte ich einfach sagen, du schließt wohl von dir auf andere aber ich bin nicht wie du und hänge dir einfach etwas an. Wenn ich jemals noch so eine oder eine ähnliche Äußerung von dir über mich höre, dann landest du mit einem einzigen Hieb ungespitzt in den Boden. Ich hatte angenommen zwischen uns bestände so etwas wie Freundschaft und da denkst du so etwas von mir? Dir ist schon klar, dass wir damit geschiedene Leute sind.“
    Dann ließ er einfach los und wandte sich ab um die entgegen gesetzte Richtung einzuschlagen. In seinen Augen glitzerte es. „Das war es dann wohl“, flüsterte er fast unhörbar.

    Ein wenig ärgerte Tisander sich über die Antwort mit dem Tier und beschloss nun weiter zu stänkern. Er verstand sich selber nicht, warum er plötzlich gegen den Kleinen anging.

    "Ach ne, denen bringst du Kuchen aber mich beschimpfst du als Tier. Was folgt als nächstes? Wächst du ihnen die Füße, putzt ihnen die Nase?" Kaum ausgesprochen tat es ihm leid. "Was soll's komm wir gehen essen ich lade dich ein, denn so arm bin ich auch nicht. Ich habe vier Geschäfte, Babier, Metzger, Töpfer und eine Tongrube. Alles selber erarbeitet. Da staunst du was. Trotzdem bin ich nun hier, weil ich etwas sinnvolles tun wollte und vorhatte etwas zu erleben. Was nutz mir das ganze Geld wenn ich Langeweile habe." Das war das erste mal, dass Tisander mehr von sich erzählte, linste gespannt zu dem Kleinen. Was würde der jetzt sagen?