Es war ein ewiger Kampf, so wie bei der Sonne und den Wolken, schien die heiße Kugel einmal herab, so kam es nicht selten vor, das die Wolken ihre strahlen zur nichte machten. Andererseits, kam sie wieder hervor, oder strahlte gar durch die Wolken hindurch. Sie schenkten sich nichts, und waren endlose Konkurrenten in einem endlosen Kampf. Und genau so war es mit dem Verstand und dem Herzen, denn die Beiden waren wohl selten einer Meinung. Und gerade jetzt bekam Lyciscus es natürlich besonders zu spüren, während sein Verstand und seine Vernunft ihn einfach ständig mitteilten, das er eigentlich seine Hände bei sich lassen sollte, diese Berührungen und Gefühle die sie mit sich trugen, nicht sein sollten und noch weniger sein durften. Und auch wenn es vielleicht den Anschein machte, das diese liebevollen Berührungen eher als Harmlos einzustufen waren, so sollte niemand das recht haben, außer ihr Ehemann, diese wundervolle Frau so zu berühren. Der Leibwächter selbst würde es doch genau so wenig wollen, wenn ein anderer Mann seiner geliebten Frau so nahe käme, also warum tat er es dann doch? Nun, hier kam wieder das Herz ins Spiel, das aktuell einfach eine Stufe höher stand, als sein Verstand. Denn es klammerte an der Aurelia, wie es nie zuvor an einer Frau geklammert hatte, und der Thraker genoss die nähe, die Berührungen, die Zärtlichkeiten, alles Dinge, die ihn sogar scheinbar Glücklich machten, und sein Herz kraftvoll schlagen ließen.
Letztendlich konnte man nie sagen, was der richtige oder der falsche Weg war, man konnte es nur in Erfahrung bringen, wenn man das Risiko einging, und sich für einen der Wege entschied. Und aktuell schien sich Lyciscus für den Weg des Herzens zu entscheiden, und am liebsten würde er mit seiner Herrin umarmt einschlafen, in einer anderen Welt aufwachen, und die Zweisamkeit genießen. Aber die Realität sah nun mal anders aus, er war in dieser Welt gefangen, in dem es diese Zweisamkeit, von der er scheinbar träumte, niemals geben würde. Andererseits, war es ganz gut so, denn er war als Leibwächter verpflichtet, jeglichen Schaden von der Aurelia fern zu halten, und würde man noch weiter gehen, intensiver, gefühlvoller, liebevoller, so würde es wohl damit Enden, das er dem ansehen der Aurelia erheblichen Schaden zufügen würde, sollte es jemals jemand erfahren. Und das wiederum würde gegen seine Aufgabe sprechen, denn er musste seine Herrin auch von solchen Schaden bewahren.
Doch es war nicht gerade leicht, immer noch blickte Lyciscus der Aurelia in ihre wundervollen Blauen Augen, ihre bezauberndes Gesicht, ihre verführerischen Lippen, und einfach der Mensch, der in diesem Körper steckte. War es denn verwunderlich, das er sich dieser Frau völlig hingeben wollte? Und als seine Herrin dann meinte, das er keine Angst davor haben musste, das sie ihm wegschicken würde, erfreute es den Thraker natürlich im ersten Moment, doch was meinte sie damit, wenn er sie bitten würde? Wäre es denn wirklich möglich, sollte Lyciscus den Wunsch äußern Frei zu sein, das sie ihn gehen lassen würde? Interesse daran hatte er nicht, aber neugierig wäre der Leibwächter schon, ob die Aurelia den Weg für ihn einfach ohne gegenwehr freiräumen würde. Trotz allem lächelte er seine Herrin weiterhin liebevoll zu, während seine Daumen immer noch völlig unbewusst über ihren Bauch glitten. Das die Aurelia den Thraker nochmal aufmerksam machte, in Gesellschaft den braven Sklaven zu spielen, der mehr ein Gegenstand war als Mensch, konnte Lyciscus natürlich durchaus verstehen, auch dies gehörte zu seiner Aufgabe, und diente schließlich ebenfalls dem Schutz der Aurelia. "Natürlich nicht, Domina. Du kannst Dir sicher sein, das ich mich stehts bemühe, Dir keine Unannehmlichkeiten zu bescheren, Versprochen!" antwortete der Sklave ehrlich und knapp.
Vielleicht deutete Lyciscus die Berührungen, die Worte, und die Zärtlichkeiten völlig Falsch. So wie auch jetzt, wie die zarten Hände seiner Herrin über seine Oberarme herunter glitten, und es genau an diesen Stellen begann zu kribbeln. Er konnte sich nicht vorstellen, das die Aurelia ihn grundlos so berührte, vielmehr dachte er daran, das sie sehr wohl etwas damit bezwecken wollte, oder sie es gar selbst sehr genoss, ihren Leibwächter derart zu berühren. Und schon fokussierten die Augen des Thrakers wieder mal die Lippen der Aurelia, ihre überaus zärtliche Berührung zwang ihn regelrecht dazu, ihr Hüften etwas fester in seine Hände zu nehmen, bereit dazu, sie daran an sich zu ziehen. Sein Körper bewegte sich minimal und auch langsam nach vorne, in der Kombination wären sie Eng aneinander gepresst, er könnte ihr noch tiefer in ihre Augen blicken, und letztendlich würden sich seine Lippen sanft auf die seiner Herrin pressen. Lyciscus wusste aber ganz genau, was dies wohl bewirken würde, wenn die Aurelia seinen Kuss auch noch erwidern würde, in seinem Inneren würde ein enormes Feuer ausbrechen, das seinen Körper mit purer Leidenschaft durchströmen würde. Sein Verstand und seine Vernunft würden fort fliegen, weit weg, an einem Ort, an dem sie lange brauchten, um wieder zurück zu finden. Er würde sich seiner Leidenschaft völlig hingeben, und auch der wunderschönen Frau die vor ihm stand. Und so sehr es auch wollte, so sehr er davon träumte, und so sehr sein rasendes Herz ihm sagte, das er diese womöglich einzige Chance nutzen sollte, so drängte sich gewaltsam sein Verstand hervor.
Der Schutz seiner Herrin stand an erster Stelle, ...Sie... stand an erster Stelle, und wie sehr er diese Frau auch begehrte, und sein Herz sich nach ihrer nähe sehnte, es durfte einfach nicht sein. Und bevor es zu der explodierenden Berührung zwischen ihren Lippen kommen sollte, lockerte Lyciscus seinen Griff, und schritt ein wenig zurück, jedoch langsam und äußerst sanft. Es schmerzte den Leibwächter, obwohl es gerade mal vielleicht zwei oder drei Schritte waren, so fühlte sich der Thraker, als hätte er gerade alles verloren, was ihn je Glücklich gemacht hatte. Lyciscus atmete kurz durch, denn ihm war immer noch nicht bewusst, ob er gerade richtig gehandelt hatte, und irgendwie, bereute er bereits innerlich, das er sich von seiner Herrin entfernt hatte, wenn auch nur minimal. "Ich... also... Deine Worte, nein, Deine sehr offen und ehrliche Worte, bedeuten mir sehr viel Domina. Ich Danke Dir dafür!" sprach der Leibwächter mit einer etwas ernsteren Miene. "Aber möchtest Du nicht lieber zu Deinem Ehemann? Schließlich solltest Du doch Deine kostbare Zeit nutzen, Dich Deinem Glück etwas näher zu bringen, als Deinen Leibwächter ständig auf den Boden zu werfen." Nun, es war bestimmt gut gemeint, die Zärtlichkeiten die Lyciscus hier empfangen hatten, sollten eher ihrem Ehemann gelten, und diesen konnte man als Mann ja nun wirklich nicht widerstehen. Natürlich kam dieser Vorschlag auch deshalb, weil der Thraker sich davor fürchtete, ein weiteres mal nicht aus den Armen seiner Herrin zu kommen. Ein weiteres mal würde sein Herz sich nicht von seinem Verstand verdrängen lassen, denn bereits jetzt war es äußerst Mühsam und kostete viel Kraft, sich gegen sein begehren zu stellen. "Ich will Dich natürlich nicht los werden, Domina. Und natürlich überlasse ich es völlig Dir, was Du tun möchtest..." Dabei blickte Lyciscus wieder tief in die Augen seiner Herrin, während sein Herz nach ihr schrie, und nur hoffte, das es zu weiteren Berührungen kam, so hoffte sein Verstand darauf, weder die Aurelia noch Lyciscus, in eine Lage zu bringen, die womöglich so einiges ändern würde, und mit Sicherheit ein großes Risiko mit sich bringen würde.