Der Wind wehte etwas stärker als sonst, vielleicht lag es aber auch schlicht daran, das sich die Beiden vorne am Bug des Schiffes befanden. Trotz der Müdigkeit die den Thraker völlig Kraftlos erschienen ließ, könnte er kein Auge zumachen, seine Gedanken kreisten endlos umher, und das würde sich auch bestimmt nicht so schnell ändern.
Als die Aurelia mit leisen Worten bestätigte, was Lyciscus noch zuvor ausgesprochen hatte, blickte er kurz über seine Schulter zu der schönen Frau. Langsam wandte er seinen Körper in ihre Richtung, und verharrte in dieser Position, während seine Augen auf seiner Herrin ruhten. Und so bekam der Leibwächter etwas Schönes zu sehen, wobei es nicht der Sonnenaufgang selbst war, sondern die Frau die auf dem Fass saß, und weit in die Ferne blickte. Das Bild faszinierte Lyciscus wesentlich mehr, als das aufgehen der Sonne, denn langsam bewegten sich die Lichtstrahlen, über die Zehenspitzen seiner Domina hinauf. Der Anblick war wahrhaftig etwas besonderes, zumindest für den Thraker, wie das Sonnenlicht die Aurelia Stück für Stück erhellte. Dabei glänzte ihre wundervolle weiße Haut, und der Wind durchströmte ihre Haare, und so sehr Lyciscus diesen Moment auch genoss, das von Zufriedenheit geprägte Lächeln, das die Aurelia ihm am Strand entgegnete, überbot diesen Moment mit Leichtigkeit.
Nun wanderte der Blick der Aurelia auf ihren Leibwächter, der wiederum noch immer fasziniert war von dem Bild das sich ihm bot. Mit einem Lächeln im Gesicht entgegnete sie dem Thraker positive Worte, wobei er nicht ganz verstand, warum gerade dieser Sonnenaufgang, einer der schönsten für sie war. "Du hast recht, Domina... der Anblick war... bezaubernd..." antwortete Lyciscus, wobei er den Sonnenaufgang eigentlich gar nicht wirklich betrachtet hatte, da seine Augen stets auf die Aurelia gerichtet waren. Eigentlich dachte der Leibwächter, das er sein Lächeln in Antium verloren hatte, doch seine Mundwinkel erhoben sich leicht, wenn auch nur minimal. Was es jedoch mit der Erinnerung auf sich hatte, verstand der Thraker nicht ganz, und als seine Herrin auch noch ein paar Schritte auf ihn zukam, fragte er sich, ob sie jetzt etwas besonderes von ihrem Leibwächter erwartete. "Ähm... also..." schon kratzte sich Lyciscus mal wieder am Hinterkopf "ich werde mich gerne an diesen Moment erinnern, Domina..." und nicht nur an diesen... Doch trotz allem, die Erinnerungen an Antium konnte man nicht einfach beiseite schieben, und auch die Worte, die sein Herz mit einem stechenden Schmerz füllten, veränderten einfach alles. Ein halber Tag war es bloß, aber dieser reichte, um mit Sicherheit sagen zu können, nichts würde mehr so sein, wie es einmal war, und das stimmte Lyciscus mehr als traurig.
Seuzfend blickte der Thraker nun auf seine Hände, die immer noch verbunden waren, die Schmerzen waren jedoch längst verschwunden, Mara hatte sich wirklich sehr fürsorglich um ihn gekümmert. "Wie lange wird es noch dauern, bis wir Ostia erreichen? Ich sollte davor noch Mara aufsuchen, da sie meine Verbände wechseln wollte." Natürlich wollte er die Griechin nicht wegen dieser Kleinigkeit wecken, es würde sich bestimmt ein guter Zeitpunkt finden, wo sie sich um seine Hände kümmern könnte. Es plagte ihn weiterhin sehr, das sie bald in Rom ankommen würden, und er seine Aufgabe niederlegen musste. Nun, Sklaven wurden sicherlich laufend ersetzt, wobei das nicht der Hauptgrund seines Schmerzes war, vielmehr war es die Tatsache, das die Aurelia ihn quasi fort schickte. Aber schlussendlich hatte er sich das ganze selbst zuzuschreiben, dank seiner Handlung in Antium, die er sich selbst nicht erklären konnte, und sich immer wieder die Frage stellte, warum er so absurd gehandelt hatte.