Noch immer war der Thraker äußerst angespannt, hinzu kam auch noch die Hitze der Sonne, die sich mit der Hitze des Feuers vermischte. Lyciscus hatte sich die Entspannung in Antium dann doch etwas anders vorgestellt, als es schlussendlich kam. Nach diesem Spektakel würden wohl ein paar Tage, so wie es die Aurelia angekündigt hatte, nicht mehr reichen um den Sklaven zu entspannen.
Und schon ertönte wieder das Geschrei des Geisteskranken, rasch drehte sich Lyciscus in die Richtung, aus der er die laute vernahm. Natürlich stand er bereits vor ihm, wieder schwingend über seinem Kopf mit dem Gladius, auch wenn es nicht so schien, als würde er den Sklaven direkt angreifen, war der Thraker dennoch stets in einer verteidigenden Position verharrt. Was der Leibwächter überhaupt nicht verstand, waren die verwirrten Worte die der Mann von sich gab. Welche Hexe? Welche Göttin? Wovon sprach der Mann?
So wie der Verrückte nun da stand, wäre es durchaus möglich gewesen, einen Sprung nach vorne zu machen, und ihm den Dolch ins Kinn zu rammen. Und tatsächlich überlegte Lyciscus ob er diesem Chaos ein schnelles Ende bereiten sollte. Doch dann bemerkte er wie die Augen des Mannes hinter seiner Schulter in die ferne blickten, und scheinbar etwas oder jemanden fixierten. Natürlich folgten die Blicke des Thrakers ebenfalls in die Richtung, und sahen die Frau die er kurz davor noch zu Boden gelegt hatte. Sie hatte bereits den Sack über ihrem Kopf entfernt, und stürmte mit einem äußerst merkwürdigen Geschrei auf ihn zu. Da ihre Augen aber auf den Geisteskranken gerichtet waren, wusste Lyciscus das er gerade zwischen zwei Verrückten stand, die sich wohl gegenseitig abschlachten wollten. Kurz kam ihm der Gedanke, einfach zur Seite zu gehen, um den Beiden freien Lauf zu lassen, sich die Köpfe einzuschlagen. Aber wer würde dann eine Erklärung vortragen, wenn beide Tod auf dem Boden lagen.
Und so entschied er sich mit einem raschen Blick, wieder auf den Mann gerichtet, dessen Arm zu packen, in dem er den Gladius hielt, ruckartig zog er die Hand in einem Bogen herum, verdrehte dabei leicht das Handgelenk, so das der Gladius zugleich auf den Boden landete. Gleich darauf folgte ein wuchtiger Kopfstoß genau zwischen die Augen des Geisteskranken. Für einen Bruchteil einer Sekunde, konnte man ein knacken hören, wobei der Thraker jetzt nicht genau wusste, ob das Geräusch von seinem Körper stammte, oder von dem des Geisteskranken. Der Mann ging zu Boden, und schien im selben Moment auch bewusstlos zu sein, ein heftiger tritt gegen den Knauf des Gladius folgte, schon verschwand das Schwert irgendwo im Gras. Fast wäre im selben Moment noch die kreischende Furie an ihm vorbei gelaufen, hätte er nicht blitzschnell reagiert, und seinen linken Arm um ihren Bauch geschlungen. Durch ihren Schwung zog sie Lyciscus ein Stück mit sich, doch mit einer leichten Drehung konnte er sich hinter ihrem Rücken positionieren, und auch seinen rechten Arm um ihren Bauch schlingen. Nun hatte der Sklave sie fest im Griff, da die Frau klein und auch sehr leicht war, hatte er nur wenig mühe sie festzuhalten. Natürlich zappelte die Frau, und versuchte sich aus dem Griff zu befreien, scheinbar hatte sie wohl gerade absolut nichts anderes im Kopf als dem Mann den Kopf einzuschlagen.
Noch immer die Arme fest um sie gewickelt, trug Lyciscus die Frau ein Stück weiter weg, in die Richtung, aus der sie kreischend gekommen war. Dabei stellte er sie sogleich auf ihre Füße ab, packte sie an den Schultern, und richtete ihren Körper so aus, das er ihr in die Augen sehen konnte. Seine Hände waren immer noch auf ihren Schultern befestigt, kraftvoll und bestimmend, doch für einen kurzen Augenblick, stockte Lyciscus der Atem. Ihre Augen funkelten, sie brannten förmlich, allein mit diesem Blick hätte sie wohl jemanden umbringen können. Doch das war es nicht, was den Sklaven die Luft raubte, sondern das äußerst schöne Gesicht, das er soeben zu sehen bekam. Schnell fing sich der Thraker aber wieder, der Zeitpunkt konnte nicht schlechter gewählt sein, um sich Gedanken zu machen, welch hübsches Gesicht die Frau zum Vorschein brachte. Die rechte Hand löste sich von der Schulter, und fuchtelte vor der Nase der Frau herum. "Sei still Weib! Ich habe Dich doch nicht befreit und aus dem Haus gezerrt, damit Du wie eine Furie durch die Gegend läufst, und dabei versucht anderen Menschen den Kopf einzuschlagen!" er schrie zwar nicht, aber dennoch waren die Worte laut aus seinem Hals gedrungen. Erst jetzt löste er auch die andere Hand von ihrer Schulter, und stellte sich aufrecht hin, dabei legte er seine Hände in seine Hüften, und atmete kurz tief durch. Seine Blicke wanderten umher, völlig ungläubig sah er sich um, da waren drei Matrosen, mehr Tot als Lebendig und machten sich vor Angst in die Hose. Hinter ihm lag ein alter Mann, vermutlich mit gebrochener Nase und völlig bewusstlos, und dann war da auch noch diese Frau, die scheinbar selbst den Verstand verloren hatte. Lyciscus war sich nicht ganz sicher ob das hier alles wirklich passierte, denn in diesem Augenblick der kurzen Ruhe, schien es eher wie eine Zirkusveranstaltung.
Mit ruhigem Ton wandte sich der Sklave nun wieder an die Frau, "Du bleibst jetzt genau hier stehen, Du rührst Dich nicht vom Fleck! Ich bin sofort wieder bei Dir." wieder fuchtelte er drohend mit seinem Finger vor ihrer Nase herum. Dann sprach er zu dem Matrosen, der scheinbar noch immer mit seinem Kameraden beschäftigt war. "Der brennt doch schon lange nicht mehr... Kümmer Dich lieber mal um das Feuer im Haus!" das Feuer war zwar schon wesentlich kleiner, da es nur noch in der Mitte brannte, dennoch sollte sich jemand darum kümmern, und das würde der feige Matrose wohl auch noch zusammen bringen. Leise fluchend und murmelnd drehte der Thraker der Frau den Rücken zu, und hoffte nur, das sie tun würde, was er ihr sagte. Zeitgleich bewegte er sich zu dem Mann, den er tatsächlich bewusstlos geschlagen hatte, und packte seinen Körper, um ihn sich auf die Schulter zu legen. Ja der Bursche war doch etwas schwerer, aber Lyciscus musste ihn ja nur bis zu seiner Herrin tragen, die wiederum nicht so weit entfernt war. Mit dem Mann auf der Schulter bewegte er sich auf die Frau zu, und blieb vor ihr stehen, Geschickt wanderte sein Arm unter ihr Gesäß, dabei war es nicht seine Absicht die Frau unsittlich zu berühren, jedoch war es die beste Möglichkeit sie so auf seine andere Schulter zu bringen. Da sie so klein und leicht war, benötigte der Thraker nur einen kurzen ruck, und so ging er bepackt auf beiden Schultern in die Richtung seiner Herrin.
Der Arm der die Frau festhielt, verwendete wesentlich mehr Kraft, schließlich bestand immer noch die Möglichkeit das sie sich wehren würde, also musste der Thraker sicherstellen, das er fest genug zupackte, damit sie nicht auf dem Boden landen würde. Es dauerte nicht sonderlich lange, schon stand der Leibwächter ein paar Meter weit entfernt vor seiner Herrin, dabei ließ er beide Körper gleichzeitig auf den Boden gleiten, und bemühte sich dabei auch, das diese sanft landeten. Lyciscus war wütend, ja wirklich verärgert, wer konnte es ihm auch Übel nehmen, nach diesem Spektakel das einem Zirkusauftritt ähnelte. Und so sprach er schon fast vorwurfsvoll zu seiner Herrin, "Das nennst Du also Entspannung, ja?" dabei zeigte er mit ausgebreiteten Armen auf die zwei Geisteskranken die auf dem Boden lagen. Natürlich machte er der Aurelia keinen Vorwurf, weder konnte sie was dafür, noch war es ihre Idee das Lyciscus das Haus untersuchen sollte, es war allein seine Schuld, die ihn diese Lage gebracht hatte. Langsam und auch keuchend, ging er in Richtung seiner Herrin, dabei war das Ziel nur der Krug Wasser, der hinter ihr positioniert war. Um Erlaubnis zu bitten, ob er jetzt was trinken durfte, war sein letzter Gedanke, und so bediente er sich auch sofort, und trank einen ganzen Becher leer, bevor er den zweiten nachschenkte. "Ich glaube ich hab dem Mann die Nase gebrochen, er scheint bewusstlos zu sein... Die Frau hingegen ist aufgedrehter als es mir lieb ist... Ich denke sie sollte Dir erklären können was vorgefallen ist." entgegnete der Sklave seiner Herrin, und begann auch zugleich den zweiten Becher zu leeren. Natürlich richtete der Thraker seine Aufmerksamkeit weiterhin auf die Frau, denn sie konnte immer noch Gefährlich werden, dennoch interessierte Lyciscus was hier eigentlich geschehen war, und wer konnte wohl diese Antwort aus jemanden besser heraus kitzeln, als die Aurelia.