Mehrere Stunden waren seit Brutus' kleinem Bettspielchen vergangen. Babilus und ein paar der Männer waren schon längst gegangen, aber zwei von den Banditen der Krähe saßen noch beisammen, Tappo und Titus.
Brutus war ebenfalls noch anwesend, aber er schlief immer noch seinen Rausch im Hinterzimmer aus, nachdem er sich an dem Schankmädchen vergangen gehabt hatte.
Gerade war Tappo dabei dem anderen von seinem jüngsten Einbruch zu erzählen.
| Tappo
"Ich stehe also in diesem Lagerhaus und bin kurz davor von dem Wachhund zerfleischt zu werden, als mir plötzlich die rettende Idee kommt! Schnell öffne ich meinen Sack und hole meinen größten Dietrich heraus und bevor der Wachhund mich mit seinen Fangzähnen schnappen kann springe ich auf die Kiste hinter mir und weiche meinem sicheren Tod noch im allerletzten Moment aus!"
Titus klebte geradezu an den Lippen des Meisters der Einbrecher.
| Titus
"Nein wirklich! Und was ist dann passiert?"
"Wart's nur ab! Also ich stehe da auf meiner Kiste, der Hund duckt sich schon, um zu einem weiteren Angriff anzusetzen, als meine Hand mit dem Dietrich nach vorne schnellt und sein spitzes Ende genau in die Halsschlagader des losspringenden Hundes sticht!"
"Nein!"
"Doch!"
"Wahnsinn!"
"Ja genau, also eine riesige Blutfontäne schießt aus der klaffenden Wunde hervor und der Hund fällt wie ein Stein zu Boden, er war sofort tot!"
Titus hätte beinahe sein Getränk umgestoßen, als er ganz aus dem Häuschen die Hände zusammenklatschte. Tappo erlebte immer so viel auf seinen Einbruchstouren, während er selbst immer nur langweiliges, unnötiges Zeug machen durfte, wie Schmiere stehen, oder Botschaften überbringen. Doch Titus fühlte sich zu höherem berufen! Er wollte auch als Bandit mit den anderen losziehen und Leute überfallen und eben Räubersachen machen, aber er wurde von allen in der Bande immer nur wie ein Trottel behandelt.
"Aber wie ging es dann weiter? Bestimmt waren die Wachen schon direkt um die Ecke beim Gebell des Hundes, oder?"
"Aber ja doch! Fast schon bei mir, es gab keine Möglichkeit zur Flucht!"
"Aber wie kommt es, dass du dann immer noch lebst und hier vor mir sitzen und diese Geschichte erzählen kannst?!"
"Ha ha, mein Freund! Kannst du dich noch an dieses halbleere Weinfass im Raum erinnern, das ich vorher erwähnt hatte?"
"Das das der Centurio mit seiner Truppe zum großen Fest angerissen hatte?"
"Exakt das! Ein Glück, dass ich seinen halbleeren Zustand vorher noch zufällig entdeckt hatte, bevor mich der Wachhund ein wenig ins Schwitzen gebracht hatte. Natürlich hatten die herbeigerannten Wachen sofort das ganze Lagerhaus und die nähere Umgebung durchsucht, aber dass sie auch in die Fässer und Kisten hineinsahen auf die Idee kamen sie nicht!"
"Nein wie einfallsreich! Und wie bist du dann da wieder ganz hinaus gekommen?"
"Natürlich auf eine ganz einfache Weise! Ich saß also in diesem Fass mit dem geschlossenen Deckel über mir und von den Füßen bis zum Bauchnabel in Wein getaucht, das heißt eigentlich bis zum Hals, der Oberflächenspiegel ist ja angestiegen wie ich mich hineingesetzt hatte. So saß ich in dem Fass und blieb dort einen ganzen Tag lang, bis endlich jemand kam und die Fässer abholte. Der hat mich hübsch auf seinen Wagen verladen zusammen mit den anderen Weinfässern die natürlich voll waren. Dann, als er nachts durch die Straßen Roms ratterte, um die Fässer auf den Palatin zu bringen, rollte ich mich einfach vom Wagen herunter, das Fass zerbarst auf dem Pflaster und ich war frei!"
"Nein!"
"Doch!"
"Aber das muss ja auch ein wenig Aufsehen erregt haben!"
"Hat es auch, mein Bester! Das waren ja aufeinander gestapelte Fässer, die sind natürlich alle mit mir vom Wagen gefallen, als ich meines ins rollen gebracht hatte!"
"Und der Fuhrmann?"
"Hat natürlich wie am Spieß geschrien! Aber was sollte er machen, wir waren ja nicht mehr im scharf bewachten Lagerhaus der Urbaner, sondern irgendwo des Nachts in den Straßen Roms. Ich habe mich daher aufgerappelt und bin getürmt so schnell es mir in meinem Zustand möglich war!"
"Das klingt alles so aufregend! Und hast du auch bekommen, weshalb du in diesem Lagerhaus warst? Was war es, was du stehlen hast müssen?"
Nach dieser Frage antwortete der Meister der Einbrecher nicht sofort, sondern tippte sich nur auf die Nase.
"Das Titus, ist nicht deine Angelegenheit. Nur so viel, ich habe bekommen was von mir verlangt wurde und der Hauptmann war sehr zufrieden mit mir!"
Das verpasste Titus dann doch wieder einen kleinen Dämpfer. Na klar, das Abenteuer an sich walzte Tappo groß und breit vor ihm aus, aber der eigentliche Grund dieser Mission war wieder mal zu wichtig und zu geheim, um es auch dem Schlusslicht der Bande zu verraten!
"Ob wohl auch die Krähe von deiner..."
| Brutus
"Still jetzt ihr elenden Waschweiber!"
Ertönte es da plötzlich hinter Titus, der heftig zusammenzuckte. Brutus stand direkt hinter ihm, offensichtlich war er von seinem Schönheitsschlaf erwacht. Wie ein nasser Sack ließ er sich auf seinen alten Platz von vorhin plumpsen. "Brav ihr Tröten, meine Cervisia steht noch genau da wie vorher auch noch, also wird mein Messer wohl keine Arbeit mehr mit euch bekommen heute."
Titus schluckte, Tappo hingegen grinste nur überlegen. Brutus bemerkte das und grollte weiter: "Was gibt es da so blöd zu grinsen, Rübenfresse?!"
"Och nichts nichts, es ist nur herzallerliebst zuzusehen, wenn das große Pummelchen sich über sein Fläschchen freut."
"Ich stech dich ab!"
Schon fuhr Brutus brüllend wie ein Stier hoch und zückte einen Dolch, um sich auf Tappo zu stürzen, doch dieser wich im letzten Moment aus und Brutus stolperte in seiner Wucht über Tappos Stuhl und weiter mit dem Kopf voran voll gegen die Wand, wo er zusammenbrach. Der Meistereinbrecher brach seinerseits in schallendes Gelächter aus, während Titus nur mit ganz weißem Gesicht daneben saß und nicht fassen konnte, was da gerade passiert war.
"Du bist wirklich lebensmüde...kann das sein?" fragte er immer noch ganz fertig, jedoch auch mit einem leicht bewundernden Unterton Tappo. Dieser schnaubte und winkte ab. "Ach, eigentlich ist Brutus ja ein ganz lieber, wenn er nicht gerade gegen irgendwelche Wände läuft."
Schon wieder eine Stichelei gegen den Schläger! Kannte Tappo denn gar keine Angst? Titus blieb der Atem weg. Keuchend und stöhnend rappelte sich Brutus wieder hoch, sich dabei den Kopf reibend, wo sich eine große Beule zu bilden begann. Brummig und knurrend steckte Brutus das Messer weg und setzte sich wieder an seinen Platz.
"Das wirst du mir büssen, Rübenfresse..."
Tappo verzog in gespieltem Ernst die Miene und nickte mehrmals. "Natürlich werde ich das."
"Jetzt sieh sich einer diese Sauerei an! " rief Brutus, denn jetzt erst bemerkte er, dass er bei seinem wütenden Aufspringen vorher auch an den Tisch gestoßen und sein Getränk umgeschüttet hatte.
"He du, du abgebrochener Kümmerling! Hol mir was neues zu trinken, wenn du keine Angst vor den Schankmädchen hast!"
Wie von der Wespe gestochen sprang Titus sofort auf, um zur Schank zu eilen. Er und Angst vor den Schankmädchen, dass er nicht lachte! Dem würde er zeigen wie er mit den Schankmädchen umging! Also trat Titus zu einem braunhaarigen jungen Ding von schlanker Figur und zog grob am Schulterstoff ihrer Kleidung. "Hee, du! Mein Freund dort hat sein Getränk verschüttet, mach das sauber! Und gleich noch eine Runde für uns, verstanden?"
Er und Angst vor Frauen...so weit kam's noch!