Es lag Nebel über der Ewigen Stadt, als Archias aus dem Fenster seines Officiums blickte. Hinter ihm studierte Ferox gerade ein Blatt Papyrus mit gerunzelter Stirn. Die Krähe war tief in Gedanken versunken, während ihre Augen stur in die undurchdringliche graue Wand von Nichts draußen vor dem Fenster starrte. Die Nachwehen seiner kleinen feindlichen Übernahme hatte doch höhere Wellen in der Unterwelt geschlagen, als geplant. Natürlich, der Sturz des Egilius, die Übernahme seines Reviers und das beabsichtigte Bündnis mit Silius war alles zunächst mehr als erfolgreich gewesen, doch der schnelle Vormarsch hatte die anderen Bosse doch etwas nervös gemacht. Genauso wie Ferox es einst einmal prophezeit hatte, hatte der Unterweltboss Pedanius die Nerven verloren und seine Männer auf die von Archias gehetzt, in der Sorge um sein eigenes potenziell bedrohtes Revier. Daraufhin war auch Silius ein wenig ins Wanken gekommen, ob er den Packt mit Archias nicht doch neu verhandeln, oder gar auflösen sollte und auch der Boss Decrius hatte Boten zum Haus der Krähe geschickt, um evaluieren zu lassen wie ernst die Lage war und ob auch er aus Eigeninteressen eingreifen sollte. Viele kleine Konflikte also, die jeder für sich genommen harmlos sein mochten, zusammengenommen und unbehandelt jedoch einen neuen großen Bandenkrieg in der Unterwelt auslösen konnten. So hatte sich Archias also zuerst diesen Dingen widmen müssen, um die neu gewonnene Macht nicht gleich wieder zu verlieren (oder gar seinen Kopf), währendessen der eigentliche Feind, die Urbaner, weiterhin völlig ungestört an ihrer Station weiterbauen konnten. Natürlich wurde die Station jederzeit gut beobachtet, doch für Archias‘ Geschmack war deren Bau bereits viel zu weit fortgeschritten. Die Mauern ragten schon hoch auf im Bild der Stadt und neueren Berichten zufolge sollte sogar schon mit der Deckenkonstruktion begonnen worden sein. Ein inakzeptabler Umstand!
Die Sache mit den anderen Bossen hatte viel zu viel Zeit eingenommen, doch zum Glück war diese jetzt erledigt und er konnte in Zukunft alle seine Kräfte voll und ganz auf die Station konzentrieren.
Endlich wurden Geräusche vor der Tür vernehmbar, ehe diese auch schon aufging und drei Kinder den Raum betraten. Zwei Jungen und ein Mädchen. Ferox sah auf und auch der Boss Archias wandte sich zu ihnen um und lächelte. „Ah, da seid ihr ja meine Vögelchen, Willkommen! Nun, so berichtet mir, was es an Neuigkeiten gibt.
[Blockierte Grafik: https://www.byzantinisches-reich.eu/bilder/avatare/byzanz/weltlich_maennlich/got60.png] [Blockierte Grafik: https://www.byzantinisches-reich.eu/bilder/avatare/byzanz/weltlich_maennlich/pic113.png] | Gaius, Noctua und Manius
Ein wenig hibbelig trat der linke der beiden Jungen von einem Bein auf das andere, das Mädchen starrte stur zu Boden. Der rechte Bursche, Manius, blickte die beiden anderen an und als er sicher war, dass sie nicht sprechen würden, übernahm er diesen Teil. „Salve, Corvus! Wir kommen mit dem neuesten Bericht unserer Freunde. Cadia hat gesehen, dass Gebiet der Baustelle auch weiterhin auf Anordnung dieses Iuliers von immer drei Wachen abgeschritten wird. Appius und Aulus konnten zwei Soldaten belauschen, die gesagt haben, dass einer der Centurios sich Sorgen wegen der Dachkonstruktion macht und es als kritischsten aller Punkte ansieht. Auch will man ein System zur Brandbekämpfung einbauen unterhalb des Giebels. Oder Fässer mit Löschwasser da oben lagern. Jedenfalls legen die bei der Dachbaustelle großen Wert auf Sorgfalt und Vorsicht und die Gerüste werden seit dem letzten Einsturz auch ständig überwacht.“ Der Bericht war vollständig, also verstummte Manius und sah zu Boden. Archias war zufrieden. „Sehr schön Kinder, ihr dürft jetzt gehen. Wenn ihr in der Culina vorbeischaut wird euch die Köchin bestimmt ein wenig was süßes geben.“ Noctua strahlte bei diesen Worten Archias an und zog gleich daraufhin ihre beiden Freunde aus dem Zimmer. Bursa, der draußen Wache stand, schloss hinter ihnen wieder die Tür, während sich Archias an seinen Berater wandte. „Nun, du hast es gehört. Was machen wir?“
Ferox studierte eine Skizze der Baustelle, die die Kinderspione der Krähe für ihn angefertigt hatten.
| Ferox
„Die Kinder hatten erwähnt, dass man zwar beabsichtigt ein Feuerlöschsystem einzurichten, aber nicht, dass es das schon gibt. Wir sollten auf jeden Fall also vor dem Zeitpunkt handeln, da dieses existiert. “
Das klang logisch.
„Einverstanden, bleibt also nur noch die Frage wie wir diesen neuesten Bericht zu unserem Vorteil nutzen können. Wenn dieser Centurio meint das Dach sei heikel, dann sollten wir das ausnutzen. Wenn wir es schaffen die Balkenkonstruktion des Daches zum Einsturz zu bringen, wieviel Schaden würde das wohl anrichten?“
Ferox brummte, während er kurz darüber nachdachte. „Nunja, wir könnten zwar das Dach zum Einsturz bringen, aber ganz so viel würde das wohl nicht bringen. Wir müssten auch ein Feuer legen, damit der Dachboden instabil wird und herabfallende große Trümmer auch weiter unten im Gebäude ihre zerstörerische Wirkung entfalten können. Ist der Brand groß genug, könnte es auch die Außenmauern beschädigen, aber dafür müssten wir wohl etwas nachhelfen...“
Archias stimmte zu. „Und was, wenn wir doch den Moment abwarten, da die Wasserfässer am Dach verstaut werden? Man könnte das Wasser zuvor ja durch Öl ersetzen, oder zumindest einen Teil davon, solange die Dinger versiegelt und schwer wie Elefanten sind merkt doch niemand den Unterschied welche Flüssigkeit jetzt genau darin ist.“
„Mhm...bleibt also nur noch die Frage wie man das jetzt genau umsetzen will. Wir brauchen auf jeden Fall einige Männer gleichzeitig vor Ort, um den Dachstuhl schnell und effizient zum Einsturz und den Rest in Brand setzen zu können, doch beim üblichen Handwerkertausch werden wir in dieser kurzen Zeit wohl nicht mehr als zwei oder drei unserer Leute einschleusen können. Wir müssen also auch mit Bestechungen und Einschüchterungen von schon vorhandenen Bauarbeitern vorlieb nehmen, die die Urbaner schon kennen. Das können Babilus‘ Männer übernehmen, wenn du es so willst.“
Archias, ebenso immer noch die Baustellenskizze studierend, war einverstanden. „Machen wir es so. Die Kinder sollen ihm ein paar geeignete Opfer zeigen, die man umdrehen kann, ansonsten will ich, dass sie den genauen Zeitpunkt in Erfahrung bringen, wann die Wasserfässer hinaus aufs Dach geschafft werden sollen. Je eher, desto besser. Vllt. sollte man sich auch noch ein kleines Ablenkungsmanöver für die Wachen überlegen, arbeite diesen Gedanken näher aus. Unsere eingeschleusten und bestochenen Leute sollten so einen Tag vor dem Fasstransfer damit beginnen heimlich die Balken anzusägen und Seile bereitzuhalten, für einen schnellen und effizienten Abriss. Genauso sollen sie sich um Möglichkeiten kümmern, um hinterher gleich schnell das Feuer entfachen zu können.“
Ferox nickte. Für einen groben ersten Entwurf war dieser Plan schon einmal brauchbar. Natürlich galt es noch einige Feinheiten abzustimmen, wo sie es doch mit bis an die Zähne bewaffnete Soldaten und einer gut bewachten Baustelle zu tun hatten, doch so wie er das mitbekommen hatte, plante die Krähe offenbar einen Großangriff auf die Station. Für alles andere war es wohl schon zu spät, der Bau war zu weit fortgeschritten. Wäre ihre Aktion ein Erfolg, könnten sie hinterher natürlich derlei Unternehmungen wieder ins Auge fassen, doch zu allererst galt es jetzt einmal die allzu zügigen Baufortschritte zu stoppen und soweit wie möglich rückgängig zu machen mit Feuer und Chaos.