Beiträge von Eireann

    Abermals schluckte Eireann hart und kämpfte ihre aufsteigende Nervösität nieder. Denn es prasselten weitere Fragen auf sie hernieder. Sodass die Dunkelhaarige verzweifelt lauschte und bereits gedanklich eine Antwort formulierte.
    “Die Schädel waren nicht befestigt. Die Schädel wurden in Mauerritzen gesetzt.“
    Antwortete die Dunkelhaarige und visualisierte jenes Bild vor ihrem inneren Auge.
    “Diese Schädel. Sie haben mich beobachtet. Die toten Augen haben mich verfolgt und mir gesagt das ich verschwinden soll. Deswegen wollte i c h die Schädel verschwinden lassen.“
    Ob die Keltin nun die Zeichnung meinte oder die Schädel sei mal dahingestellt.

    Bei den fragenden Worten des Soldaten schüttelte Eireann ihren Koof. Sodass ihre dunklen Strähnen um's Gesicht tanzten.
    “Nein. Keine Zeichnung von Rabenschädeln. Echte Rabenschädel. Ich habe sie gesehen. Es ist kein Einzelner Dominus.“
    Wisperte Eireann und schielte aus dem Augenwinkel kurz empor. Bevor sie ihren Blick sogleich auf den Steinboden zu ihren Füßen heftete.

    Nun war es also so weit. Das eigentliche Verhör würde beginnen. Die Wortwechsel zuvor sollten die Keltin offenbar zermürben. Bis sie dann schließlich einknickte und den Urbanern alles erzählte was diese hören wollten. Denn Eireann wusste wieviel auf dem Spiel stand. Ihr Leben stand auf dem Spiel, denn mit diesem experimentierte die Dunkelhaarige und balancierte dabei gefährlich nahe an Abgrund.


    Innerlich brach Eireann der Schweiß aus. Jedoch verharrte sie vollkommen regungslos an Ort und Stelle und hielt ihren Kopf weiterhin gesenkt.
    “Die Spuren die sich mir beim Brand des Ganymed offenbarten.“
    Ob er ihr nun glaubte oder nicht. Eireann atmetet langsam ein- und wieder aus. Während ihr das Herz furchtbar laut in der Brust pochte und ihre Handinnenflächen nun ebenfalls von einem leichten Schweißfilm überzogen waren.
    “Die Rabenschädel...“
    Erklang abermals die Stimme der jungen Frau. Bevor sie sich ihre trockenen Lippen beleckte. Ob sie nach diesem Verhör zumindest einen frischen Krug Wasser in die Zelle gereicht bekam?


    Danach zu fragen wagte Eireann nicht. Und so herrschte wieder Stille.

    Die Keltin war dünn geworden und dunkle Schatten hatten sich unter ihre Augen gegraben. Während ihr gleichmäßiger Atem verriet das sie schlief. Zumindest hatte sie dies bis vor kurzem getan. Denn Eireanns Schlaf war äußerst leicht. Und so schreckte sie augenblicklich empor, als sie hörte wie sich die Klappe abermals öffnete. Die Urbaner waren zurück gekehrt. Endlich. Und so stemmte sich die Dunkelhaarige in die Höhe und verharrte mit niedergeschlagenem Blick in der Zelle.


    Der Stimme des Soldaten lauschte Eireann schweigend und zuckte bei seinen Worten leicht zusammen. Sie hatte nicht gelogen. Jedoch blieb Eireann verstummt. Auch wenn ihr die verschiedensten Gedanken durch den Kopf geisterten. So sprach sie keine davon aus. Schließlich wollte sie die Römer nicht provozieren, in dem sie unbedacht sprach.


    Seine Worte waren falsch. Nicht richtig. Und doch behielt Eireann ihre Gedanken für sich. Was sollte sie erwiedern? Was wollte er hören? Die Wahrheit verstand er nicht. Und so atmete Eireann tief durch, bevor sie ihre Stimme erklingen ließ.
    “Ich war in der Ruine um.. um meine Spuren zu verwischen Dominus.“
    Dann verstummte Eireann auch schon und hielt ihren Blick weiterhin gen Boden gesenkt.

    Natürlich glaubte er ihr nicht. Wieso sollte er auch. Somit blieb Eireann nichts anderes übrig als seinen Worten ruhig zu lauschen. Tz! Er konnte diesen Stein von überall herhaben. Jedoch ließ sie sich ihre Gedanken nicht anmerken und starrte stattdessen weiterhin zu Boden. Denn das er den Stein aus den Ruinen des Ganymed hatte glaubte ihm die Dunkelhaarige zum Beispiel überhaupt nicht. Sie konnte einen Uneingeweihten doch nicht in die Mysterien der Hellsichtigkeit einweihen. Und schon gar keinem Römer. So blieb die Keltin vollkommen regungslos vor der Türe stehen. Während seine Worte wie ein Todesurteil klangen. Endgültig und für immer.


    Als sich die Klappe schloss und Eireann wieder alleine war, schüttelte sie ihren Kopf.
    “Es war klar das er mir nicht glaubt. Hätte ich gesagt das er den Stein aus den Ruinen geholt hat. Dann hätte er behauptet dass er den Stein vor der Castra gefunden hat.“
    Sprach Eireann an sich selbst gewandt und atmetet im nächsten Augenblick tief durch.
    “Ich werde hier niemals herauskommen.“
    Murmelte die Silurerin mit einem mutlosen Klang in ihrer Stimme. Denn allmählich schwand ihre Hoffnung jemals das Tageslicht wieder erblicken zu dürfen. Und dieser Gedanke ließ die eigentlich stolze und furchtlose Keltin erstickt aufschluchzen.


    Den Krug Wasser und das harte Brot ignorierte Eireann im ersten Moment gänzlich. Bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte und den harten Brotkanten wie eine Verhungernde hinunterschlang. Das Wasser dagegen trank Eireann dann doch gesitteter und nicht alles auf einmal. So stellte sie den noch halbvollen Krug neben ihr Strohlager, auf welches sie sich erschöpft sinken ließ.

    Tatsächlich wurden Eireanns flehende Worte erhört und die Klappe öffnete sich. Endlich. Als sie dann jedoch den faustgroßen Stein in der Hand des Urbaners erblickte, wusste sie im ersten Augenblick nicht was der Soldat damit vorhaben könnte. Wollte er sie mit dem Stein tätlich angreifen?


    Bei diesem Gedanken rieselte der jungen Frau ein eisiger Schauer über den Rücken. Dabei zuckte sie jedoch nicht zusammen. Sondern blieb aufrecht vor der verschlossenen Türe stehen. Das sie sich der Gefahr aussetzte doch von dem Stein getroffen zu werden, war der Keltin bewusst. Denn noch immer fokussierte sie den Stein mit einem höchst wachsamen Ausdruck in ihren Augen. Jedoch hielt dieser Blickkontakt nicht lange an und Eireann senkte ihren Blick gen Boden. So wie es sich für eine gehorsame Sklavin gehörte.


    Als der Soldat schließlich erklärte was er von ihr forderte, spürte Eireann wie ihr das Herz bis zum Hals pochte. Nein. Das konnte nicht der Ernst des Soldaten sein. Wie sollte sie denn mit diesem Stein sprechen? Ihre Visionen konnte Eireann noch nicht kontrollieren und so überfielen sie diese Wachträume urplötzlich. Dies konnte sie dem Soldaten jedoch nicht mitteilen. Da er ihr sowieso kein Wort glauben würde. Was also sollte sie tun? Pure Verzweiflung sprach aus Eireanns Blick, die zum Glück ihren Kopf gesenkt hatte, sodass Lurco in ihrer Miene nicht lesen konnte.


    Hart schluckte die Dunkelhaarige und fokussierte schließlich den Stein.
    “Du hast diesen Stein vor der Castra gefunden Dominus. Dieser Stein lag dort bereits einige Zeit. Bevor du ihn aufgehoben hast.“
    Er würde ihr sowieso nicht glauben. Und dennoch versuchte es die junge Keltin. Auch wenn der Stein ein lebloser Stein blieb und nicht diesen Glanz verströhmte wie die Ruine des Ganymed.

    Tatsächlich hielt sich der Urbaner strikt an seine Vorgaben die er Eireann mitgeteilt hatte. Denn mittlerweile waren drei oder sogar noch mehr Tage ins Land gezogen und die Klappe ihrer Zellentür blieb verschlossen. Warum? Wollten die Soldaten sie dadurch mürbe machen. Sodass sie sich verplapperte? Aber was sollte sie denn sagen? Die Wahrheit. Natürlich. Das was die Keltin seit Beginn des Verhörs tat. Nur wollte ihr der Römer einfach nicht zuhören. Oder vielleicht verstand er sie auch einfach nicht?


    Dabei trat Eireanns keltische Stimmfarbe nur noch zu Tage wenn sie sich besonders aufregte oder im Liebespiel. Wieso sie ausgerechnet in diesem Augenblick daran denken musste war der Keltin unbegreiflich. Und so schüttelte Eireann abrupt ihren Kopf. Nein! Von diesen Gedankengängen sollte sie sich schleunigst diastanzieren und sich lieber darauf konzentrieren den Carcermauern den Rücken zu kehren. Und dann würde sie sich nie wieder zu solch' einer Dummheit hinreißen lassen.


    Taumelnd erhob sich die junge Frau im nächsten Moment und näherte sich der verschlossenen, hölzernen Türe.
    “Hallo? Hört mich jemand? Bitte.“
    Bettelte Eireann und räusperte sich im nächsten Augenblick. Denn ihre Kehle war staubtrocken und das knurren ihres Magens hatte sie schlichtweg ignoriert. Auch eine Möglichkeit den Gefangenen mürbe zu machen und ihn dadurch zu einem Geständnis zu zwingen.


    Regungslos verharrte die junge Frau vor der verschlossenen Türe und hoffte inständig das sich diese heute für sie öffnen würde, um sie in die lang ersehnte Freiheit zu entlassen. Oder ihr zumindest etwas zu essen und zu trinken zu bringen. Alles Dinge die sich Eireann wünschte. Wobei der Wunsch nach Freiheit natürlich alles andere in den Schatten stellte.

    Als er sie der Lüge bezichtigte, zuckte Eireann zusammen und schüttelte abrupt ihren Kopf. Ihre Worte entsprachen der Wahrheit. Einzig und alleine wahre Worte waren über ihre Lippen gesprudelt. Und dennoch misstraute ihr der Urbaner. Wieso?
    “Ich bin keine Lügnerin. Mein Dominus würde mich verstehen.“
    Murmelte die Keltin leise vor sich hin. Nachdem der Urbaner die Sichtklappe wieder geschlossen hatte und Eireann alleine zurück blieb.


    “Du würdest mich doch verstehen Dominus.“
    Konnte man Eireanns Stimme erneut vernehmen. Während ihr matter Blick auf einem undefinierbaren Fleck an der steinernen Carcermauer ruhte. Wenn er sie doch verstand wieso kam er dann nicht um sie aus dem Carcer zu befreien? Vielleicht wurde ihr Dominus auch einfach noch nicht benachrichtigt?


    Wirre Gedanken kreisten der Silurerin durch den Kopf und ließen sie schließlich mutlos aufseufzen.
    “Ich bin unschuldig. Ich bin keine Lügnerin.“
    Wisperte die Dunkelhaarige leise vor sich hin und verharrte weiterhin in dieser stoischen Position auf dem Boden kauernd. Wie lange würde es diesmal dauern bis die Urbaner zurück kehrten?

    Erneut war es still geworden im Inneren ihrer Zelle. Denn Eireann konzentrierte sich einzig auf ihre Atmung. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Und dann wären da noch ihre aufgeplatzten Fingerknöchel die schmerzten. Während sich die Dunkelhaarige erneut in ihre eigenen Gedanken verkrochen hatte, bemerkte sie nicht wie sich die Schritte der Urbaner erneut näherten. Erst beim Klang seiner Stimme zuckte Eireann zusammen und presste sich eng gegen die steinerne Mauer in ihrem Rücken. Mit einem flackernden Glanz in ihren Augen versuchte sie ihren Blick auf die kleine Öffnung zu fokussieren. Und spürte wie ihr das Herz innatürlich laut in ihrer Brust pochte. Sie würde einfach die Wahrheit sagen und lediglich auf die ihr gestellten Fragen antworten. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
    “Mein Dominus hat mich auf den Mercatus Urbis geschickt, um dort nach einem Frauennachttopf Ausschau zu halten.“
    Zum Ende hin wurde Eireann immer leiser. Jedoch raffte sie sich noch einmal auf und ließ ihre Stimme abermals erklingen.
    “Ich dachte es ist eine Abkürzung und ich wollte nur nach Hause zu meinem Dominus. Dann jedoch hat mich die Ruine gerufen. Die.. die Steine.. sie sangen ein wunderschönes Klagelied und erst meine Berührung brachte sie zum Verstummen.“
    Erneut verstummte Eireann und biss sich auf ihre Unterlippe. Während sie spürte wie ein angstvolles Gefühl die Glut der Wut in ihrem Innersten abtöteten und die Keltin ihren Kopf hängen ließ.

    “Bitte. Komm zurück. Bitte.“
    Bettelte die Dunkelhaarige und lauschte den sich entfernenden Schritten. Während sie ihre Finger gegen das Holz der Türe presste. Nur um im nächsten Augenblick hart dagegen zu pochen. So hart das ihre Fingerknöchel aufplatzten. Dies jedoch spürte Eireann nicht.


    Während sie verzweifelt das Hassgefühl niederkämpfte, welches sich seinen Weg in die Freiheit suchte.
    “Nein.“
    Keuchte sie auch schon im nächsten Augenblick und wandte sich abrupt herum. Die verschlossene Türe ignorierte Eireann und kauerte sich abermals in das zerwühlte Stroh.


    Mit zusammen gepressten Lippen umklammerte Eireann ihre Knie, die sie an ihren Körper gezogen hatte und lehnte ihren Kopf dagegen. Zum Glück bemerkte niemand die heißen Tränen der Wut, welche aus ihren Augenwinkeln kullerten und ihre Wangen befeuchteten.
    “Ersticken sollt ihr. An eurem eigenen Blut krepieren.“
    Murmelte sie mit leiser Stimme und wischte sich über die Augen.


    Abermals ließ sie ihren Blick mit diesem stoischen Ausdruck auf der Türe ruhen und harrte der Dinge.

    Der nächste Tag brach an und die Keltin kauerte auf ihrem Strohlager. Ihren Blick hatte Eireann stoisch auf das Holz der Türe geheftet. Mit gespitzten Ohren lauschte die Dunkelhaarige auf etwaige Geräusche oder gar Schritte die sich der Zelle näherten. Doch noch blieb alles ruhig und die Keltin presste ihre Lippen fest aufeinander. Würde der Urbaner am heutigen Tag tatsächlich nach ihr sehen oder sollte sie seinen Worten keinen allzu großen Glauben schenken?
    Als sich dann die kleine Klappe in der Türe öffnete, zuckte Eireann unwillkürlich zusammen und starrte die kleine Klappe in der Türe an. Denn diese hatte sich geöffnet und die Stimme des Soldaten erklang erneut. Wieder war es dieselbe Frage die an ihr Gehör drang.
    “Mein Dominus hat mich auf den Mercatus Urbis geschickt, um dort nach einem Frauennachttopf Ausschau zu halten.“
    Das sie auf dem Mercatus Urbis Tiberios begegnet war, musste dieser Soldat nicht wissen.
    “Wieso kommst du eigentlich nicht in die Zelle? Hast du etwa Angst vor mir?“
    Diese kleine Spitze konnte sich die Keltin nicht verkneifen.
    “Ich dachte es ist eine Abkürzung und ich wollte nur nach Hause zu meinem Dominus. Dann jedoch hat mich die Ruine gerufen. Ich weiß das wirst du nicht verstehen Soldat.“
    Ruhig entwichen diese Worte den Lippen der jungen Frau. Während ihr Blick mit diesem stoischen Gesichtsausdruck auf dem Holz der Türe ruhen.

    Tatsächlich öffnete sich ihre Zellentüre und Eireann blinzelte in Richtung des Schatten, der sich im Türrahmen abzeichnete.


    Als dann seine Stimme an ihr Gehör drang, zuckte die Dunkelhaarige zusammen und senkte ihren Blick gen Boden. Wie eine schuldbeladene Büßerin musste die Keltin auf den Soldaten wirken. Denn es war ausgerechnet jener Soldat der ihr die Peitschenwunden zugefügt hatte. Als sie die Erinnerung daran zu übermannen drohte, ballte sie ihre Finger zu Fäusten und presste ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen.


    Hastig krabbelte die Dunkelhaarige im nächsten Augenblick über den verdreckten Boden. In der stillen Hoffnung das sie den Urbaner noch erreichte, bevor sich die schwere Türe erneut schloss.
    “Bitte. Hört mich an, Dominus.“
    Bettelte die Dunkelhaarige und starrte schließlich nur noch das Holz der geschlossenen Zellentüre an.

    Zäh wie Honig verstrich die Zeit. Sekunden wurden zu Minuten. Wurden zu Stunden und schließlich zu Tage. Zumindest hatte Eireann diese Gedanken. Gedanken an die sie sich verzweifelt klammerte.
    “Hallo? Hallo?!“
    Verzweifelt krabbelte die Keltin zur Türe, presste sich dagegen und legte ihr Ohr gegen das Holz. Wo waren die Stimmen hin die sie glaubte vor der Türe gehört zu haben? Sie würde doch nicht... Nein. Diese Stimmen hatte Eireann deutlich gehört.


    Oder hatte sie sich diese Stimmen lediglich eingebildet. Wie es ihr bereits so häufig vorgekommen war? Entmutigt krabbelte Eireann zurück auf ihr Strohlager und schloss erschöpft ihre Augen.

    Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.
    Allmählich spürte Eireann wie ihre Atmung immer flacher wurde und sich ein zufriedenes Lächeln auf ihre Lippen schlich. Ein befreiendes Lächeln? Könnte man durchaus als solches betiteln. Auch wenn die Keltin eigentlich eine starke Persönlichkeit war. So setzte ihr diese erneute Inhaftierung sichtlich zu. Und das nur weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort war. Wenn sie nur nicht diese Abkürzung genommen hätte.... Jedoch würden sämtliche Selbstvorwürfe nichts bringen. Und so verharrte die junge Frau im dreckigen Stroh sitzend. Die Knie gegen ihren Körper gezogen und ihre Arme darum gelegt.


    Vielleicht würde sie in diesem Augenblick ihr Lebenslicht vollends zum Erlöschen bringen. Das Gegenteil was sie Tiberios gesagt hatte und was er ihr vermitteln wollte. Bei dem Gedanken an den furischen Sklaven ballte Eireann ihre Finger zu Fäusten. Sie wollte ihn doch eigentlich komplett aus ihrem Gedächtnis streichen. Genauso wie er sie vergessen zu haben schien. Denn alleine bei seinem kalten Blick war es Eireann eisig über den Rücken gerieselt. Mit einer unbedachten Tat ihrerseits hatte die Dunkelhaarige alles zerstört. Sie hatte sich sogar vor dem Lockenkopf erniedrigt. Und dennoch hatte Tiberios sie betrachtet als wäre sie eine völlige Fremde für ihn.


    Während die Sklavin in ihren Gedanken festhing. Wanderte ihr Blick erneut zur Türe und betrachtete diese. Würde es überhaupt zu einem Verhör kommen? Oder hatte dies der Soldat nur gesagt das sie ohne Gegenwehr mitkam? Wie würde dss Verhör stattfinden? Und welcher der Soldaten würde das Verhör führen? Etwa der Römer der sie bereits zum Brand des Ganymed befragt hatte? Leise seufzte Eireann schließlich auf und ließ ihren Kopf gegen die steinerne Wand in ihrem Rücken sinken.


    Und erneut konzentrierte sie sich auf ihren Atem.
    Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.

    Auch dieses pochen verhallte ungehört und Eireann ballte ihre Finger zu Fäusten. Wie lange wollten sie die Urbaner diesmal schmoren lassen? Und hieß es nicht das sie verhört werden sollte? Abermals geisterten der jungen Frau viel zu viele Gedanken durch den Kopf und verursachten einen stechenden Schmerz in ihren Schläfen.
    “Ist es ein Fluch der auf mir liegt? Ich war doch nur auf dem Heimweg.“
    Murmelte Eireann mit leiser Stimme und spürte wie ihr Herz hastiger in ihrer Brust pochte.
    “Bitte. Öffnet die Türe und lasst mich in die Freiheit.“
    Bettelte die stolze Keltin nun beinahe. Während sie ihren Blick starr auf die hölzerne Türe gerichtet ließ. Doch nichts geschah. Die Türe öffnete sich nicht.
    “Bitte.“
    Wagte sie einen erneuten Versuch und näherte sich der Türe. Jetzt presste Eireann sogar ihr Ohr gegen die Türe und lauschte mit angehaltenem Atem. Hatte sie da nicht gerade Schritte vor der Türe vernommen?
    “Hallo? Ist da jemand?“
    Stieß Eireann hastig hervor und lauschte mit gespitzten Ohren. Doch wieder nichts. Sie war tatsächlich alleine. Und diese Erkenntnis bohrte sich wie eine spitze Dolchklinge direkt in ihr Herz hinein. Schließlich wandte sich die junge Frau mit tiefer Verzweiflung im Blick herum. Näherte sich ihrem Strohlager und sank entmutigt zu Boden. Ihre Göttin meinte es nicht mehr gut mit ihr. Zuerst die Tatsache das sie Tiberios unwiderbringlich verloren hatte. Und dann ihre erneute Inhaftierung.

    Tatsächlich hatte sich Eireann in ihren Kokon aus allumfassende Stille gehüllt. Während sie sich auf dem durchweichten Stroh zum Schlafen niedergelegt hatte. Ihre Tunika war ohnehin besudelt. Da machten ein paar Strohhalme nun auch nichts mehr aus. Und dennoch spürte die Keltin wie das schlechte Gewissen an ihr nagte. Die Zeit verstrich so unglaublich zäh. Beinahe noch langsamer als bei ihrer ersten Inhaftierung. Zumindest hatte Eireann diesen Eindruck. Während ihr Geist frei und ohne Sorgen über ihrem Körper schwebte und man den Eindruck gewinnen könnte die junge Frau lächelte im Schlaf. Doch offenbar war dieses Lächeln lediglich eine optische Täuschung. Wer lächelt denn auch schon wenn man inhaftiert wurde? Eben. Niemand.


    Die Nacht wich dem frühen Morgen und Eireann öffnete augenblicklich ihre Augen. Das Stroh raschelte leicht unter ihrem Körper, als sie sich vorsichtig aufrichtete und im nächsten Moment in die Höhe stemmte. Mit etwas ungelenken Bewegungen näherte sich die junge Frau der massiven Türe und pochte leucht dagegen. Wie um auf sich aufmerksam zu machen. Blieb nur abzuwarten ob sie auch tatsächlich von einem der Soldaten gehört wurde. Ihr erstes pochen verhallte ungehört. Und so pochte die junge Frau ein weiteres mal und spitzte angestrengt ihre Ohren.


    Schließlich ließ Eireann ihre Stimme erklingen und verharrte direkt vor der Türe. Irgendwann musste sie doch gehört werden.
    “Bitte. Lasst mich in die Freiheit. Ich werde auch alles machen, was ihr wollt.“

    Wieso kam ihr Dominus nicht und befreite sie aus diesem Loch? Die Soldaten hatten ihren Dominus doch mit Sicherheit über den Verbleib seiner Sklavin informiert. Hatten sie doch, oder? Für einen kurzen Augenblick bekam es Eireann mit der Angst zu tun und ihr Herz trommelte hastiger in ihrer Brust. Was würde geschehen wenn ihr Dominus sie im Carcer einfach vergaß? Nein. Daran wollte die Dunkelhaarige nicht denken. Und so schob sie diesen Gedanken weit von sich.
    “Was geschieht mit mir? Ewig könnt ihr mich hier nicht festhalten.“
    War das Stimmlein der Keltin zu vernehmen. Während sie sich direkt vor der Türe postiert hatte und ihre Ohren spitzte. Denn wenn sie nicht alles täuschte musste sich Nicon in ihrer unmittelbaren Nähe in einer der Zellen befinden.


    Schließlich wich Eireann von der Türe zurück und ließ sich an die Wand gelehnt, zu Boden gleiten.
    “Ich habe nichts gemacht. Ich habe nichts gemacht. Ich habe nichts gemacht.“
    Murmelte die Sklavin immer wieder leise vor sich hin. Beinahe wirkte es so als wollte sie sich durch diese Worte innerlich beruhigen. Denn der Carcer ängstigte Eireann. Auch wenn die Angst momentan noch vom Zorn und der Ungerechtigkeit überlagert wurde. Und dann hörte Eireann die Stimme ihres Dominus in ihren Gedanken, dass sie gehorchen sollte. Und verstummte augenblicklich.

    Ihren Kopf hielt Eireann gesenkt. Während sie durch die Gassen getrieben wurde. Denn ihr Schleier befand sich noch immer in der Pranke des Urbaners und es sah fast so aus als würde sie ihren Schleier nicht so schnell wiederbekommen. Ein Gedanke der sie ihre Lippen fest aufeinander pressen ließ. Vielleicht könnte sie den Soldat fragen ob er ihr den Schleier wiedergeben würde? Immerhin war dieser Schleier ein Geschenk ihres Dominus. Bei dem Gedanken an ihren Dominus wurde Eireann regelrecht übel. Und so war es nicht verwunderlich das sie einige Schritte taumelte. Eh' sie ihre Schrittfolge wieder unter Kontrolle hatte.


    In der Castra angekommen spürte die Keltin musternde Blicke auf sich und wünschte sich mehr denn je ihren Schleier herbei. Denn hinter diesem hätte sie sich verstecken können. Doch so blieb Eireann nichts anderes übrig als ihren Kopf äußerst tief zu halten. Sodass ihre dunklen Strähnen ihr Gesicht verbargen. Als Eireann, in Begleitung der beiden Urbaner und Nicon erneut den Carcer betrat, straffte sie unwillkürlich ihre Schultern und versuchte ihre Nervösität in den Griff zu bekommen.


    Als Lurco seinem Kollegen erklärte wo man Eireann aufgegriffen hatte und was sie dort gemacht hatte. Spürte die junge Frau wie ihr ein eisiger Schauer über den Rücken rieselte und sie ihre Lippen äußerst fest aufeinander drängte. Sie war doch nur auf dem Heimweg. Wie oft sollte sie dies denn noch wiederholen? Vielleicht solange bis es auch endlich in den Köpfen der beiden Soldaten ankam?


    Langsam hob Eireann ihren Kopf an und fokussierte den Urbaner mit einem wachsamen glühen in ihren Augen.
    “Ihr habt die Falsche.“
    Konnte man Eireanns Stimme vernehmen.
    “Mein Dominus wird mich hier heraus holen.“
    Dabei blitzte es kurzzeitig in ihren Seelenspiegeln auf. Als sie mit gestrafften Schultern vor der Zellentür stand und dennoch keinen Schritt hinein tat. Erst der rüde Griff des Soldaten an ihrem Sklavenkragen ließ Eireann in die Zelle stolpern.


    Schließlich folgte das Geräusch des sich herumdrehenden Schlüssels und Eireann blieb direkt vor der Türe stehen. Ewig konnten die Urbaner sie hier nicht festhalten. Die Handhabe fehlte. Diese hatte auch beim Brand des Ganymed gefehlt und dennoch war Eireann lange Zeit Insassin dieser Zelle gewesen.