Beiträge von Tiberios

    Tiberios öffnete die Porta, er war gerade in der Nähe gewesen, weil heute der Tag war, an dem die balnearia sauber gemacht werden sollten. Er sah beide junge liberti und zumindest an Icarion erinnerte er sich sofort.


    Tiberios strahlte, denn er liebte Poesie und hatte lange nichts mehr rezitieren dürfen. Aber der Zeitpunkt ihrer Ankunft war ungünstig gewählt.


    "Salve, domini!", sagte er überrascht und verbeugte sich: "Ihr kommt bestimmt zur Probe der Medea? Leider ist meine Domina verreist, und ich habe keine Erlaubnis, irgend jemanden in die Casa zu lassen. Bitte verzeiht mir.
    Doch wenn ihr möchtet, ziehe ich mir rasch eine frische Tunika an und ich begleite euch, oder wir treffen uns an einem anderen Tag an einem anderen Ort? "


    Es bereitete Tiberius Unbehagen, die Abgesandten eines so hochstehenden Herren wie eines Ritters und Gardetribunen nicht eintreten lassen zu dürfen, doch der Befehl von Domina Stella war klar gewesen:Keine Besucher während ihrer Abwesenheit.

    Zitat

    Original von Sisenna Iunius Scato
    :


    Der Kampf kam an sein Ende, da Priscus stürzte, schweratmend im Sand liegen blieb. Flamma stand hochaufgerichtet, die Schwertspitze an seiner Kehle, über ihm und wartete auf das Urteil über seinen Gegner.


    „Tot dem Verlierer!“
    „Blut wir wollen Blut!“
    „Er hat gut gekämpft, lass ihn am Leben!"
    „Es war ein guter Kampf, keiner soll heute sterben!“


    Tiberios hörte auf, das Schauspiel zu genießen, sein Gesicht wurde ernst. Er zumindest wollte nicht, dass Priscus vor seinen Augen getötet wurde.


    Andreas stupste ihn : „Na dann schließ dich denen an, die Gnade rufen!“, forderte er ihn auf und skandierte mit ein paar Bürgern :„Er hat gut gekämpft, lass ihn am Leben!“, während eine andere Gruppe unermüdlich auf Iugula .- Stech ihn ab! beharrte.


    Tiberios jedoch saß wie erstarrt und hoffte nur, dass keiner sterben musste.


    Aber dann hörte er dominus Sisenna Iunius Scatos Stimme von der anderen Seite her :„Leben!“ rufen.
    Der Urbaner stand da, den Daumen nach oben gereckt.


    Der Ruf riss Tiberios aus seiner Verzagtheit. Er sprang auf und schloss sich dem Ruf an: "LEBEN!"
    Er hatte keine Ahnung, ob er gerade etwas Verbotenes tat, aber wer hier würde wissen, dass er nur ein Sklave war?
    Das Wichtigste war nun, die Stimme für die Schonung des unterlegenen Priscus, der mit einem guten Kampf alle unterhalten hatte, stark werden zu lassen.

    Zitat

    Original von Appius Furius Cerretanus
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    Tiberios entdeckte dominus Appius Furius Cerretanus, der die Tribüne der Mächtigen bewachend, in Dienstuniform aufrecht in der Menge stand. Der junge Grieche duckte sich etwas hinter den größeren Andreas. Wenn domina Furia Stella nicht in Roma war, war der Optio das Oberhaupt der Furier. Streng genommen hatten die furischen Sklaven keine Erlaubnis, hier zu sein, doch sie hatten ja schlecht in Brundisium nachfragen können.
    Nicht, dass dominus Appius Furius Cerretanus seiner Cousine Meldung machte. Oder sie gleich persönlich maßregelte und rauswarf.


    Zitat

    Original von Iduna
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    Andreas lachte wieder und klopfte Tiberios auf die Schulter: „Aber jetzt ist er hier gar nicht mehr wegzukriegen. Vermutlich will er auch morgen früh die Tierhatzen und am Mittag die Hinrichtungen sehen. Er wird noch ein richtiger Circusgänger. Eine Cubicularia bist du also? Verantwortungsvoller Posten, nicht?“


    Tiberios warf einen Blick auf Wonga: „Ist Wonga dein contubernalis,*Iduna?“, fragte er sehr direkt.
    Jetzt stieß Andreas Tiberios in die Rippen: „Da machst du mir Vorwürfe, ich sei zu zielstrebig, und du selbst stellst voll die indiskreten Fragen.“, sagte er.


    „Oh“, sagte Tiberios: „Ich wollte nicht indiskret sein, entschuldige bitte.“


    Was ihn abgelenkt hatte, war die Tatsache, dass Iduna eine iulische Sklavin war. Natürlich dachte er an Eireann. Iulische Sklavinnen hatten ihm kein Glück in der Liebe gebracht.
    Tiberios und Andreas nickten zu dem Custos hinüber: „Salve, Wonga“


    Was Iduna dann über ihren toten dominus sagte, wusste Tiberios schon von Rhea. Auch domina Iulia Graecina kannte er ja persönlich. (Was für eine Nacht war das gewesen, die Tragik der Sulamith, und auch hier war Eireann dabei gewesen, als sie noch seine Eireann war.)**:
    „Gaius Iulius Caesoninus war der Name deines dominus, nicht?“, sprach er: „ Ich glaube, die ganze Stadt hat davon gehört. Die Göttin Fama ***hat hundert Zungen und ist schneller als der Wind. Ganz schlimme Sache.“


    Iduna tat ihm Leid. Seinen Dominus auf so tragische Weise zu verlieren war nicht einfach, nahm er an. Aber er wollte nicht fragen, was aus ihr werden würde. Sie war ja da, um auf andere Gedanken zu kommen, hatte sie gesagt.
    Nur ob ein Gladiatorenkampf und das viele Blut das Richtige war, eine junge Frau aufzuheitern?
    Tiberios würde es versuchen:„Die beiden römischen Herren haben vorhin über die Gladiatoren geredet. Flamma kommt aus Parthien und bisher nur zwei mal einen Kampf verloren.“, wiederholte er zu Iduna, was er vorhin aufgeschnappt hatte:
    "Ist er nicht unglaublich?"


    Sim-Off:


    * hier: Lebensgefährte bei Sklaven
    **https://www.imperiumromanum.ne…?postid=919516#post919516
    ***Fama, das Gerücht

    Tiberios hatte Terpander nichts Näheres sagen können, weil er nichts Näheres wußte. Er hatte nur den Eindruck von Gefahr, die näher kam und dachte, dem uninformierten und urbanem Tratsch abholden Terpander warnen zu müssen.


    Aber die Antworten auf die Frage nach dem gemeinsamen Nenner zwischen all den Toten hatten weder Terpander noch dominus Scato.


    Der junge Grieche saß an seinem Schreibtisch und zerbrach sich den Kopf.
    Das er der vilicus des Handelshauses Furii gewesen war, bevor ihn domina Furia Stella zurück in die Casa beorderte, und dass er ab und zu nach Portus raus fuhr, um nach den Büchern zu sehen, das wussten nicht viele Leute. Wer immer ihn dort gesucht hatte, das musste jemand sein, den er genau in diesem Zeitraum gekannt hatte.


    Tiberios machte sich daran, die Namen der Betreffenden in eine Wachstafel zu ritzen, es wurde eine kurze Liste:


    - Alle domini der gens Furia
    - Terpander
    - Sisenna Iunius Scato
    - Eireann
    - Die drei Sklaven aus dem Handelshaus
    - Viniciana Thula
    - Nero Helvetius Archias



    Die Furier schieden aus. Wenn sie Tiberios loswerden wollten, konnten sie ihn entweder verkaufen oder töten. Der junge Sklave hoffte aber sehr, dass er ihnen so nützlich war und sie ihn gerne mochten, so dass sie weder für das eine noch das andere eine Veranlassung sehen würden. Er strich sie durch.


    Terpander: Scatos Sklave würde ihn ohne Zweifel selbst erledigen, wenn er das wollte. Aber warum sollte er so etwas wollen? Auch wenn er Tiberios ab und zu zu Tode erschreckt hatte, hatte er immer darauf geachtet, dass ihm nichts zustieß.


    Das Gleiche galt für dessen Herren, dominus Scato. Als Tiberios den Römer das letzte Mal gesehen hatte, hatte er den Eindruck gewonnen, der Urbaner schätze ihn durchaus lebendig; Tiberios errötete etwas, als er daran dachte - und strich den Namen durch.


    Eireann. Sie war schrecklicher Verbrechen beschuldigt gewesen und wieder frei gekommen. Nun gehörte sie Hairan alias Anis von Alexandria, der ein dunkles Wesen hatte, und sie schien zufrieden mit ihrem neuen dominus zu sein und ihm ergeben.
    Vielleicht war Eireann ja genauso wie Hairan geworden und erfreute sich am Unglück anderer.
    Tiberios‘ Hand zitterte, es schmerzte ihn, aber er musste ihren Namen stehen lassen.


    - Die drei Sklaven aus dem Handelshaus. Sie hatten Gorgonus geschickt, ihn, Tiberios, zu warnen. Es hätte wenig von Logik, dass sie ihm Böses wollten.


    - Viniciana Thula, eine freigelassene Dame, die Geschäftsbeziehungen mit Gnaeus Furius Philus hatte. Waum sollte sie etwas gegen dessen Sklaven haben? Durchstreichen.


    - Nero Helvetius Archias: Der Mann war undurchsichtig. Mal Feind, mal Freund für Tiberios gewesen. Terpander hatte ihn als Wolf bezeichnet. Aber er war nur ein Tavernenwirt, dem Tiberios auch noch einen Gefallen schuldete. Trotzdem: Undurchsichtig.
    Tiberios ließ ihn auf der Liste.



    - Alle domini der gens Furia
    - Terpander
    - Sisenna Iunius Scato

    - Eireann
    - Die drei Sklaven aus dem Handelshaus
    - Viniciana Thula

    - Nero Helvetius Archias


    Zwei Namen waren nicht durchgestrichen worden. Zwei Namen, die- das fiel Tiberios nun auf – eine Gemeinsamkeit hatten: Sie verbanden ihn, den unbedeutenden Sklaven mit dem ermordeten bedeutenden Römer Gaius Iulius Caesoninus.


    Eireann war unter dem Namen Livia Caesoninus‘ Sklavin gewesen. Sie hatte sich mit Tiberios gemeinsam von Archias zur Arbeit heranziehen lassen, weil Tiberios die Zeche nicht bezahlen konnte, und Gaius Iulius Caesoninus hatte daraufhin Archias gedemütigt und gemaßregelt.*


    Aber Tiberios hatte Archias nichts getan. Seine Idee mit dem Drohbrief, die hatte er nicht verwirklicht.
    Wieder eine Sackgasse von Überlegungen.


    Er hatte ihm nichts getan, aber wenn Archias geglaubt hatte, er würde es tun….?


    Tiberios schaute die Liste an. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Er dachte an die Konsequenzen, die das haben konnte; neue Verhöre vielleicht, und jemand würde auf die Spur des Geschäftes kommen, dass er Archias vorgeschlagen hatte.
    Ein einziges Mal in seinem Leben war er in Begriff gewesen, etwas Böses zu tun, um eine Frau zu retten, die es im nachhinein überhaupt nicht wert gewesen war. Was für ein fatuus, ein Narr war er gewesen! Aber er hatte am Ende der Versuchung nicht nachgegeben.**


    Und doch – nur der Schatten eines Verdachtes würde zerstören, was sich Tiberios aufgebaut hatte. Das durfte nicht geschehen.


    Domina Furia Stella, die so klug war, war weit fort. Dominus Appius Furius Cerretanus war der nächste Verwandte, aber er war ein Urbaner, und die unbarmherzige Gerechtigkeit der Hüter Romas würde mit einem Sklaven nicht nachsichtig sein.
    Mit Eireann hatte man auch keine Nachsicht gekannt. In Tiberios Augen war sie einfach nur auf das siebenundzwanzigste Feld von Senet gekommen. ***
    Kein Menschen interessierte sich tatsächlich für ihre Schuld oder Unschuld. Ihr Schicksal war für Tiberios eine Warnung.


    Nein, es gab niemanden, dem Tiberios' Gedanken nützen, aber einige, denen sie schaden konnten - besonders ihm selbst.


    Tiberios nahm die Wachstafel, ging in die culina zu den Penaten des Herdes.


    Fast zornig warf er die Wachstafel ins Herdeuer und schaute zu, wie die Schrift schmolz:


    Eireann
    Nero Helvetius Archias


    Tiberios würde schweigen über die beiden Namen auf seiner Liste. Hoffentlich würde Terpander, den einzigen, den er gewarnt hatte, seinem Herren oder dominus Lurco gegenüber auch schweigen.


    Würde man Tiberios fragen, würde er künftig von einem error, nur einem Irrtum, sprechen. Aber Eireann würde er fragen, ob sie wüsste, wer seinen Tod wünschte.
    Es vergingen einige Tage, bis er die Zeit fand, in die Subura zu gehen, um Eireann zu suchen. Wieder einmal war seine Neugier größer als Vorsicht und Angst.


    >>> Das siebenundzwanzigste Feld


    Sim-Off:

    *Konfrontation mit dem Wirt
    **Abwege
    ***Senet, altaegyptisches Würfel-Brettspiel. Das 27. Feld = Wasser des Chaos, eine Spielfigur, die darauf zu stehen kommt, ist verloren.

    Zitat

    Original von Iduna
    .


    Tiberios fand die Frage des Rotschopfes, der ihn so freundlich anlächelte, erheiternd:
    „Sieht man mir das so an, dass ich das erste Mal bei den Spielen bin? Ich hatte gehofft, zumindest Du würdest mich für einen alten Hasen halten.“



    „Als ob“, warf Andreas ein, der auf der anderen Seite neben Tiberios saß: „Als wir ankamen, hast du ein Gesicht gemacht, als ginge es zu deiner eigenen Kreuzigung.“ Er verbeugte sich spaßeshalber: „Andreas mein Name, aus der Casa Furia, und wie darf ich dich nennen, pulchrissima?“


    Tiberios stieß Andreas leicht in die Rippen, er ging ihm zu sehr aufs Ganze. Vielleicht war der riesenhafte Schwarze an der Seite des Mädchens ja ihr Freund oder ihr Mann, und das würde dann Ärger geben.


    Doch da sich Andreas vorgestellt hatte, tat es ihm der Alexandriner gleich:
    „Tiberios, aus der gleichen familia wie Andreas.“, sagte er: „Angst habe ich nicht. Tatsächlich finde ich den Zweikampf und alles hier äußerst aufregend. Und du?“


    Dieser Wirt hier war nicht so schmierig und freundlich wie sonst die Tavernenwirte. Aber er brauchte zumindest keinen Rausschmeißer. Gorgonus sah die Pranken des Typs und wusste, was Sache ist. Das Terpander einen Kopf kleiner war als er selbst, hatte nichts zu sagen, die meisten Männer waren das.


    Außer einem Jüngling gab es kein weiteres Personal, vor allen Dingen keine Schankmaiden. Das Schild "Zutritt für Frauen verboten" hatte Gorgonus nicht lesen können.


    Gorgonus kam ein neuer Gedanke. Vermutlich war der Schuppen noch nicht offiziell geöffnet und Terpander war nicht der Wirt, sondern ein custos. Das passte eher.


    Aber - er hob nun den Krug an seinen Mund und ließ sich das dunkle würzige Bier in die ausgetrocknete Kehle laufen, während ihm Rinnsale rechts und links auf die Tunika tropften - beim Pluto, die cervicia war erste Sahne.


    Gorgonus hatte den Krug ganz geleert, wischte sich die Lippen. Anstandshalber drehte er sich um, weil er Terpander nicht ins Gesicht rülpsen wollte.


    "Das war gut.", sagte er: "Wenn Tiberios ein Freund ist, hast du eine Idee, wer ihn in Orcus befördern will?"
    Zumindest Cassander würde Wert darauf legen, so etwas zu wissen. Gorgonus selbst nicht umbedingt.


    Er hatte noch vier Sesterzen und merkte, dass er in Stimmung kam.
    Noch einen Sesterz legte er vor Terpander hin:


    "Noch ein Bier, Wirt. Ich komm selten nach Roma, da will ich was davon haben.", sagte er:
    " Glotz nicht so. Deinen Brief schmeiß ich denen später in den Briefkasten."

    Mittlerweile waren die equites von ihren Pferden gesprungen und kämpften Mann gegen Mann.


    Die beiden muskelbepackten Krieger, die aufeinander einhieben, das Raunen und Aufstöhnen der Zuschauer, wenn es einen Treffer gab - habet! -, der Klang Metall gegen Metall, ja sogar das Knattern der aufgespannten Sonnensegel und der Duft von Parfüm, das ab und zu über die Sitze gesprengt wurde und sich mit dem metallischen Geruch von Schweiß und Blut und Pferd mischte....
    Es war Tiberios, als sähe er ein Schauspiel aus längst vergangener Zeit, Achilleus gegen Hektor etwa, doch gleichzeitig war er in der herrlichen, berauschenden Gegenwart Teil der wogenden Menge, Teil des Lebens und des drohenden Todes.
    MEDIA IN VITA IN MORTE SUMUS.*
    und dem jungen Maiordomus der Casa Furia schlug das Herz bis zum Hals.


    Zitat

    Original von Flavia Domitilla
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    Andreas stupste ihn in die Rippen: „Schau dir diese schöne edle Dame an“, sagte er und nickte in Richtung Flavia Domitilla: „ Ihr Gemahl hat Glück“ „Ich werde bestimmt nicht hinschauen“, sagte Tiberios.;„Das gehört sich nicht.“
    Er riskierte dennoch einen Blick unter gesenkten Wimpern und stellte fest, dass er die Römerin nicht das erste Mal sah, dunkelrote Haare und ein Antlitz, als wäre die königliche Hera vom Olymp herabgestiegen, um unter den Menschen zu weilen. Sie sah genauso aus wie bei der Lupercalia. Damals war Tiberios von den Luperci gesegnet worden und in dem Bewusstsein, das Zeichen des alten Gottes Faunus zu tragen, hatte er der Römerin einen Moment lang in die Augen gesehen, um ihre Farbe zu erkennen. Grün waren sie gewesen. Aber heute war er nur ein gewöhnlicher Sklave, und domina Flavia Domitilla so unerreichbar wie der Mond.


    Zitat

    Original von Iduna


    „Na dann werf mal einen Blick auf den niedlichen Käfer neben dir an. Den Rotschopf. Bestimmt lässt sie sich ansprechen.“, wisperte Andreas. Tiberios schüttelte unwillig den Kopf. Er hatte gar nicht gewusst, dass Andreas hinter jedem peplos her war, so konnte man sich täuschen.


    „Na, dann möchtest du stattdessen ein paar Pistazien knabbern?“, fragte Andreas.
    Wie konnte man nur so abgebrüht sein?
    Tiberios‘ Hände waren schweißfeucht.
    Aber er warf tatsächlich einen Blick auf die rothaarige junge Frau. Ihre blaue Tunika betonte ihre sanften blauen Augen. Sie schien angespannt, ja ängstlich zu sein. Warum war sie hier? Ob der Schwarze neben ihr sie mitgeschleppt hatte wie Andreas ihn? Doch Andreas hatte Recht behalten:
    Tiberios mochte es ungern zugeben, aber das Geschehen in der Arena faszinierte ihn.
    Er lächelte dem nervösen Mädchen zu: Nur mit der Ruhe.


    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    Dann wieder etwas lauter, um gegen die Lautstärke der Menge anzukommen, und mit einem kurzen Blick in die Arena:
    "Nun, wer wird deiner Ansi'ht nach gewinnen?"
    Nicht, dass Gracchus ernsthaft daran interessiert war, welcher Gladiator einen Sieg davon trug, doch ihm war an Faustus' Pläsier gelegen und er würde sich darob den Gepflogenheiten des Spektakels ergeben.


    Mittlerweile hatte ein ansehnlicher Römer neben dem Gardetribun Platz genommen und fragte mit erhobener Stimme, denn auf den Tribünen war es laut, wer denn sein Favourit wäre. Tiberios beugte sich vor, um den Namen mitzubekommen. Bestimmt konnte er hier etwas lernen, und lernen wollte er eigentlich immer.


    Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio


    Tiberios wurde nicht enttäuscht, mehr zu erfahren. Der Gardetribun und ein junger Begleiter beschrieben ihren favourisierten Kämpfer. Flamma also war wirklich ein Parther mit unglaublichen Reflexen, der erst zweimal verloren hatte. Die genannte Herkunft aus Carrhae war also echt und kein Trick, um die Spannung zu erhöhen. Tiberios kannte etwas von der parthischen Kultur und der Sprache, denn sein ehemaliger kyrios war ein Palmyrener mit familiären Beziehungen in das Partherreich gewesen.**
    Er selbst hatte sich in Palmyra sogar in parthischem Stil gekleidet. Für Tiberios war der östliche Nachbar keinesfalls ein Drecksvolk, aber ein Römer musste das wohl so sehen, ja.
    Vielleicht hielten deshalb so viele zu Priscus.


    Tiberios beschloss, die Partei des Flammus zu ergreifen. Beim nächsten Treffer des Parther sprang er ungestüm auf und hob die Faust. Andreas war ohnehin ein Anhänger des Schlächter von Carrhae.


    Sim-Off:

    *Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen
    **Ein neuer Sklave

    Postannahmestelle>>>



    Der furische Sklave Andreas war stehengeblieben und deutete auf die Zeichnung an der Mauer. In bunten Farben sah man zwei Reiter zu Pferd, darunter die Worte:

    PRISCUS VS FLAMMA


    „Das ist heute und fängt gerade an!“, sagte er begeistert: „Bitte, lass uns hingehen, bitte!“


    Tiberios zögerte. Er war noch nie bei den ludi gewesen.

    Aber Andreas sah ihm an, was er dachte: „Hinrichtungen von Verurteilten mag ich auch nicht“, sagte er:
    „Aber Wagenrennen oder Gladiatorenkämpfe – da gibt es REGELN. Die Gladiatoren sind astrein trainiert, und Könner, und sie sterben auch nicht ständig. Das ist große Kunst. Sag bloß, du hast so was noch nie einen Wettkampf gesehen?“


    Tiberios schüttelte den Kopf. Die Vorliebe für blutige Kämpfe waren eine der Dinge, die ihm als Griechen suspekt waren, was er aber einem Römer gegenüber nie ausgesprochen hätte.


    „Wenn du in Roma bist, musst du dich wie ein Römer benehmen, Maiordomus“, sagte Andreas weise:
    „Wir sitzen ja ohnehin nicht in der ersten Reihe. Ach ja, und Frauen kann man auch kennen lernen. Und es gibt immer Spezialisten, die was zum Kampf sagen können. Kurz und gut, es ist ein großes Vergnügen. Es ist mitreißend. Es bringt das Blut in Wallung: Flamma! Flamma! Flamma!“


    Tiberios lächelte etwas zweifelnd, aber Andreas bat ihn, und Andreas war immer freundlich und zuverlässig. Vielleicht hatte er ja Recht.
    "Gut, ich begleite dich.", sagte er: "Ich mach dir einfach alles nach, um keine Schande über uns zu bringen."


    Andreas deutete auf die Leibwächter eines vornehmen Eques, der Tiberios bekannt vor kam. Schwarze Haare, blaue Augen, sehr elegante Kleidung – war das nicht der kunstliebende Eques Romanus, der damals domina Iulia Graecina begleitet hatte? Ein leutseliger Herr war das gewesen.
    „Setzen wir uns in deren Nähe, da denken die anderen, wir gehören da dazu.“, grinste Andreas und schob Tiberios in die nächste Reihe über dem Gefolge des Mannes.


    Die unternehmungslustigen furischen Sklaven nahmen Platz* und hofften auf sachkundige Kommentare ihrer Vordermänner.



    Sim-Off:

    * keine historische Sitzordnung ;)

    "Nein, dominus, das war alles.", sagte Tiberios und verbeugte sich noch einmal kurz. Er schob sein Bronzeschild wieder unter seine Tunika:
    "Ich danke Dir für Deine Mühe und wünsche dir einen guten Tag."
    Er verließ die Postannahme, vor der Tür wartete Andreas, und beide Sklaven machten sich auf den Heimweg.


    Gorgonus dachte, während der Wirt schrieb, könnte er genauso gut etwas trinken. Eine cervisia wäre nicht schlecht, so ließ er einen seiner Sesterze auf den Schanktisch kullern.
    Was der Alte trieb, war ihm klar, es sollte eine Rückantwort geben.
    So langsam fand er fünf Sesterzen für den Botengang nicht zu viel bezahlt. Vermutlich hatte das Aas Tiberios genau gewusst, dass er den Weg zweimal gehen musste.


    „Ein Bier“, bestellte er.
    Durstig würde er keinesfalls noch einmal zur Casa Furia zurück latschen. Er musterte Terpander, der auf der Wachstafel herumkratzte. Er hatte ihn in Verdacht, dass er ein Gedicht schrieb.


    „Ist kleiner Grieche ein Kumpel von dir?“, fragte er.

    „Danke für die Auskunft, Herr, dann mache ich das so.“, sagte Tiberios:
    „Mein Name ist Tiberios, Sklave des Furius Philus und ich bitte Dich, nachzusehen, ob ich eine Berechtigung für die Wertkarte der gens Furia besitze. Ich glaube zumindest ja.“

    Er zeigte sein Bronzeschild mit der Aufschrift
    SERVUS AUTEM
    GN.FURIUS C.F SUB PHILUS
    vor, dass er für gewöhnlich an einem Lederband um den Hals trug, um sich auszuweisen, wenn er Besorgungen für die Casa Furia machte.


    Glafira
    Villa am Meer
    Brundisium
    Italia


    An Tiberios
    Hausverwaltung
    Casa Furia
    Roma


    Salve Tiberios
    ich bitte dich den Brief allen vorzulesen, damit ich ihn nicht neunmal schreiben muss.
    Ich gebe ihn Philetas, dem Kutscher mit, wenn er nach Roma zurück fährt.
    Also erstmal das Wichtigste: Wir sind gut und sicher in Brundisium angekommen. Und jetzt sind wir auch alle gesund und munter.

    So was Schönes wie die Villa und das Meer habe ich meinen Lebtag noch nicht gesehen. Das Meer ist ganz blau und der Himmel auch. Die Sonne brennt, aber es gibt immer eine Brise. Die Luft ist vieeel besser als in Roma. Es gibt einen Strand und erst bin ich barfuß gegangen, aber dann habe ich Holzsandalen angezogen, weil ich mir die Füße verbrannt habe.


    Ich schreibe euch mal, was wir machen: Morgens stehe ich früh auf, helfe der Domina beim Ankleiden und frisiere ihr eine schlichte Frisur. Dann serviere ich ihr das Frühstück: Frischgepressten Orangensaft , Früchte und Quark und frischgebackene kleine Brötchen mit Honig.


    Dann möchten wir an den Strand, und ich creme die Domina ein, damit ihre Haut schön weiß bleibt. Denn ich weiß schon: Sie will nicht die ganze Zeit unter dem Schirm bleiben. Domina Stella kann schwimmen, reiten, und sie spielt auch Ball.
    Ich kann noch nicht schwimmen. Ich kam ja vom Land und in Flüssen kann man nur baden. Doch Domina Stella zeigt es mir jeden Tag, wie ich die Arme und Beine bewegen soll. Bei ihr sieht es elegant aus, bei mir wie ein Frosch.


    Aber das Schönste: Wir sind am Strand geritten. Domina Stella auf Malika, Domina Clara und Tusca auf ihren Pferden und Nestor als Custos auf einem anderen. Da konnte ich nicht mit, doch dann sagte Nestor, ich kann hinter ihm sitzen und das habe ich gemacht und mich festgehalten. Und huiii, sind wir den Strand entlang. Ich hatte erst fürchterliche Angst, ich falle hinunter. Aber dann hat es mir mehr Spaß gemacht als alles im Leben.


    Nach dem Morgen gibt es ein leichtes Mittagessen ,und dann sollen die dominae ruhen. Dann nehme ich mir Sachen zum Saubermachen auf die Veranda, schüttle die Decken aus, schaue nach, ob ich etwas flicken kann, und ich und die anderen Sklaven gehen auf Zehenspitzen durchs Haus.
    Nur Tusca nicht, das ist eine ehemalige Kriegerin, und sie geht immer stolz durch das Haus. Am Anfang war ich schüchtern bei ihr, doch sie ist lieb, auch wenn sie nicht viel spricht. Sie kann genauso gut reiten wie Nestor und wenn die Beiden um die Wette reiten, stobt der Sand.


    Wenn unsere dominae ausgeruht haben, gehen wir nochmals in den Strand, schwimmen(die es können) und baden. Einen Tag gab es hohe Wellen, die haben mich fast umgehauen. Doch dann hat mir Domina Stella gezeigt , dass man hineinspringen und sich tragen lassen kann. Das war ein Gefühl im Bauch wie ich mir fliegen vorstelle.


    Die Herrinnen lesen auch oft unter dem Sonnenschirm oder unterhalten sich. Ich hole ihnen kühle Getränke, die sie hier in Amphoren im Keller aufbewahren und dann durch ein Sieb mit kleingehacktem Eis gießen. Das kleingehackte Eis ist sehr teuer; es wird von den Alpen in Blöcken gebracht und auch unter der Erde aufbewahrt.


    Später gehen wir alle in die balnearia und ziehen uns frische Sachen an und sehen wieder manierlich aus.


    Wenn es nacht wird, lenkt Sol seinen Wagen direkt ins Meer hinein. Die Sonne ist dann rot und steht tief, und das Meer färbt sich golden. Dann bringen die anderen Diener (ich kenne sie schon alle, sie sind freundlich und haben uns in ihrer Sklavenunterkunft gut Platz gemacht) große Fackeln und stellen sie auf. Ich laufe zwischen culina und Strand hin- und her, denn jetzt erst gibt es ein richtiges großes Essen. Die Männer machen eine Grube in den Sand und einen Rost und grillen Fleischspießchen und Lukaner Würste.


    Wenn Domina Stella möchte, spielt sie nach dem Essen für uns auf der Lyra. Dann kommen die Sterne raus und alles ist so feierlich, und ich bin froh. Musik mag ich sehr gerne.
    Manchmal ist es auch ausgelassen, die Mädchen singen und die Burschen tanzen. Sie wollten mit mir tanzen, aber ich war zu schüchtern.


    Wenn es spät ist, räumen alle auf und löschen das Feuer gut. Ich begleite Domina Stella in ihr Cubiculum, bin ihr behilflich , bürste ihr das Haar aus und öle es ein. Sie hat Sand im Haar, aber das macht nichts. Ich habe auch welchen, überall ist Sand. Bestimmt bringe ich ihn mit nach Rom, dann habe ich eine Erinnerung an diese wunderschönen Ferien in Brundisium.


    So ich hoffe euch geht es allen gut, das ist die Hauptsache
    liebe Grüße Eure Glafira


    PS: In meinen Sachen ist ein blaues Haarband, das gehört mir nicht, das ist bestimmt deines, Chloe. Warum wirfst du deine Sachen auch auf mein Bett? Ich bewahre es gut auf bei mir und bringe es Dir wieder mit.

    Tiberios war ein paar Tage zuhause geblieben, dann ging er in Begleitung von Andreas einige Dinge erledigen. Vorallendingen wollte er einen Brief an domina Furia Stella aufgeben.
    Er trat also ein und verbeugte sich, während Andreas draußen wartete.
    "Salvete, Domini", sagte er: "Ich möchte einen gewöhnlichen Brief nach Brundisium verschicken. Ist das möglich und was würde das kosten?"
    Er war noch nie auf dem Amt des Cursus Publicus gewesen und hatte daher keine Ahnung vom Ablauf.




    Domina Furia Stella
    Die Villa am Meer
    fundus cum villa
    Brundisium

    datum PRIDIE NON SEP DCCCLXX A.U.C.



    Sei gegrüßt, optima domina Furia Stella,
    wenn es dir gut geht, ist es gut, deiner familia geht es gut und alle sind gesund und munter.
    Wir haben mit dem Hausputz begonnen und uns zuerst die Hypocaustenanlage vorgenommnen.
    Dann werden die balnearia drankommen und alles weitere, bis die ganze Casa gereinigt ist.
    Abends sitzen wir zusammen, essen und danach singen wir und erzählen uns Geschichten. Vielleicht wollen wir mit allen ein Theaterstück einüben, eine Komödie, die aber nicht zu unanständig sein darf. Rhea und Chloe sind zumindest dafür, sie wollen gerne auf der Bühne stehen. (Und Nestor beeindrucken, fürchte ich)
    Wir haben jetzt schon viel Spaß damit. Aber tu bitte so, als sei es eine Überraschung, falls es klappt.
    Die Monatsabrechnung für letzten Monat ist fertig, und die Kosten für die Carruca sind beglichen. Alles geht seinen geregelten Gang.
    Sag bitte Glafira, dass die Hunde sie vermissen. Als wir sie am ersten Abend frei gelassen haben, haben sie überall herumgeschnüffelt und ihre Glafira gesucht. Und wir alle hier erwarten Glafiras Brief.


    Mögen die Götter Dich behüten und deine Gesundheit bewahren.
    Vale Tiberios
    Maiordomus Casa Furia



    Sim-Off:

    Bitte von der furischen Wertkarte abbuchen :)

    Kaum war Gorgonus gegangen, setzte sich Tiberios an einen Brief für seine Domina. Er wollte sie keinesfalls beunruhigen, daher beschloss er, keinesfalls unangenehme Vorkommnisse zu erwähnen. Domina Furia Stella sollte sich in Brundisium ganz und gar erholen und keine Sorgen machen.
    Also wurde Tiberios' Brief heiter:



    Domina Furia Stella
    Die Villa am Meer
    fundus cum villa
    Brundisium


    datum ANTE DIEM III NON SEP DCCCLXX A.U.C.


    Sei gegrüßt Optima Domina Furia Stella,
    wenn es dir gut geht, ist es gut, deiner Familia geht es gut und alle sind gesund und munter.


    Wir haben mit dem Hausputz begonnen und uns zuerst die Hypocaustenanlage vorgenommnen. Dann werden die Balnearia drankommen und alles weitere, bis die ganze Casa durchgearbeitet ist. Abends sitzen wir zusammen, essen und danach singen wir ein wenig und erzählen uns Geschichten.
    Vielleicht wollen wir mit allen ein Theaterstück einüben, eine Komödie, die aber nicht zu unanständig sein darf. Rhea und Chloe sind zumindest dafür, sie wollen gerne auf der Bühne stehen. (Und Nestor beeindrucken, fürchte ich)
    Wir haben jetzt schon viel Spaß damit. Aber tu bitte so, als sei es eine Überraschung, falls es klappt.
    Die Monatsabrechnung für letzten Monat ist fertig, und die Kosten für die Carruca sind beglichen. Alles geht seinen geregelten Gang.
    Sag bitte Glafira, dass die Hunde sie vermissen. Als wir sie am ersten Abend frei gelassen haben, haben sie überall herumgeschnüffelt und ihre Glafira gesucht. Und wir alle hier erwarten Glafiras Brief.


    Mögen die Götter Dich behüten und deine Gesundheit bewahren.
    Vale Tiberios


    Maiordomus Casa Furia


    "Salve", sagte Gorgonus und schaute sich um. Sauberer Laden, aber verdammt ruhig. Wo waren die Dirnen?
    Vielleicht war der Jüngling, der die Tische abwischte, Terpander?


    Den Mann vor sich hielt er nicht dafür, dazu sah er zu handfest aus. Außerdem schien er nicht sonderlich gesprächig.


    "Mich schickt Tiberios, der Maiordomus der Furier.", sagte er: " Ich habe einen Brief für einen gewissen Terpander."


    Er zeigte die Wachstafel vor; lesen konnte er sie ohnehin nicht:



    Tiberios
    Casa Furia
    Quirinal
    Roma


    Casa Leonis
    Via Nomentana vor der Porta Collina
    Viminal


    Briseis an Terpander,
    Gruß zuvor.
    Ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast, aber es gab einige Morde am hellichten Tag. Es sind nicht nur wichtige, sondern auch unwichtige Leute getötet worden.
    Gestern hat mich ein merkwürdiger Unbekannter in Portus gesucht. Er wusste meinen Namen. Ich wüßte nicht, dass ich Feinde habe, aber ich denke, dass vielleicht all die Toten auch nicht zufällig Opfer wurden. Vielleicht gibt es so etwas wie eine Liste für den Hades, und hinter allem steckt die gleiche Hand.
    Eventuell hat dein Dominus eine Idee, was wir für eine Gemeinsamkeit haben könnten? Dominus Scato ist klug.
    Ich passe auf mich auf, tu für dich und die Deinen das Gleiche.
    Der Überbringer dieser Nachricht ist Gorgonus, gib ihm etwas aus deiner Küche, er ist ein guter Mann.
    Wenn es dir gut geht, ist es gut, mir geht es gut
    .


    Casa Furia >>>



    Gorgonus hatte eine Nachricht von Tiberios für Terpander dabei. Er hatte nicht gefragt, wie Terpander aussah. Das war ein Freund von Tiberios und somit garantiert einer dieser Jünglinge, die sich gegenseitig Kränze aufsetzten und lispelnd Gedichte vorlasen - argh.
    Nun egal, für fünf Sesterzen konnte man so etwas mal fünf Minuten ertragen.


    Der furische Sklave fand die Casa Leonis und klopfte an die Porta - aber keiner zuhause. Also ging er um die Casa herum.
    und - Moment mal. Das war eine Taberna.
    Zum lallenden Löwen hieß die. Sah aber noch nicht offen aus. Trotzdem, das war ein Auftrag eher nach Gorgonus' Geschmack. Mit tabernae kannte er sich aus: Wein, Cervisia und geneigte Schankmaiden.


    Gorgonus klopfte an . Poch, poch, poch.

    porta>>>


    Tiberios ging Gorgonus voran in sein Officium, rückte den Stuhl zurecht und setzte sich – auf den Schreibtisch. Hinter dem Schreibtisch sah nach Vorgesetztem aus und das war er für den Ianitor gerade nicht.
    Er schenkte ihm posca in den Becher ein.


    „Warum bist du den weiten Weg gekommen, Gorgonus?“, fragte er.
    Er nannte ihn bei seinem Spitznamen. Die Gorgone Medusa sah schrecklich aus, und ihr Anblick versteinerte Menschen. Gorgonus konnte das auch.


    Gorgus schilderte in knappen Worten, was in Portus Ostiensis vorgefallen war.


    Dann schlürfte er seine Posca aus und endete: „Der Typ wusste, wie du heißt und wo du dich aufhälst. Er wusste nur nicht, wie du aussiehst. Cassander meint, entweder kennst du ihn – oder er war hinter dir her.“


    Normalerweise hätte Tiberios das nicht sehr wichtig genommen. Ein einzelner komischer Kerl, der nach ihm fragte. Aber da gab es gerade diese Ereignisse in letzter Zeit, von denen Rhea berichtet hatte und die der Grund dafür waren, dass die Sklaven in der Casa Furia blieben, arbeiteten und sich sehr vorsichtig gegenüber der Außenwelt verhielten.


    Und da gab es – das gestand Tiberios aber nur sich selbst ein– einen unguten Traum.


    „Meinst du, jemand beobachtet die Casa Furia? Ist dir etwas aufgefallen?“, fragte er.


    Gorgus zuckte die Schultern und antwortete:
    „Nicht dass ich wüßte. Cassander hat Himildo ja auch gestoppt, bevor der sich sein Maul verbrennt. Aber wenn ich hinter dir her wäre, würde ich hier anfangen.“


    Jetzt flattert ihm der Chiton, dachte er.
    „Wenn ich du wäre, würde ich mich nicht so viel draußen rumtreiben.“, sagte er.


    Tiberios nickte. Das hatte er auch nicht vor. Hier in Casa war er sicher, hoffte er.
    „Möchtest du hier übernachten?“, fragte er: „Wir machen abends ein gutes Essen, du bist eingeladen.“


    Aber Gorgus schüttelte den Kopf: „Will die andren nicht so lange alleine lassen.“, sagte er.


    „Dann iss noch etwas.“, sagte Tiberios. Er glitt vom Schreibtisch und steckte den Kopf aus der Tür: „Rhea!“
    Er bat Rhea, Gorgus einen Teller mit Fladenbrot, Käse und Oliven zu bringen oder auch Apfelkuchen, wenn es noch welchen gab.
    Aber er selbst nahm ihr den Teller ab. Gorgus war, soweit er sich erinnerte, etwas grob mit den Mädchen.


    Während Tiberios Gorgus zusah, der reinhaute, dachte er daran, wen sonst er noch warnen konnte. Da fiel ihm Terpander ein. Die Urbaner waren meistens in der Castra, konnte also gut sein, dass der iunische Sklave von all den Ereignissen der letzten Tage nichts erfahren hatte. Vielleicht hatte sogar die Taberna schon geöffnet, und alle Bewohner der Casa Leonis waren völlig arglos.


    Tiberios schrieb rasch einen Brief und unterschrieb mit Briseis, so wusste Terpander, dass das Schreiben wirklich von ihm war.



    Tiberios
    Casa Furia
    Quirinal
    Roma


    Casa Leonis
    Via Nomentana vor der Porta Collina
    Viminal


    Briseis an Terpander,
    Gruß zuvor.
    Ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast, aber es gab einige Morde am hellichten Tag. Es sind nicht nur wichtige, sondern auch unwichtige Leute getötet worden.
    Gestern hat mich ein merkwürdiger Unbekannter in Portus gesucht. Er wusste meinen Namen. Ich wüßte nicht, dass ich Feinde habe, aber ich denke, dass vielleicht all die Toten auch nicht zufällig Opfer wurden. Vielleicht gibt es so etwas wie eine Liste für den Hades, und hinter allem steckt die gleiche Hand.
    Eventuell hat dein Dominus eine Idee, was wir für eine Gemeinsamkeit haben könnten? Dominus Scato ist klug.
    Ich passe auf mich auf, tu für dich und die Deinen das Gleiche.
    Der Überbringer dieser Nachricht ist Gorgonus, gib ihm etwas aus deiner Küche, er ist ein guter Mann.
    Wenn es dir gut geht, ist es gut, mir geht es gut
    .



    Tiberios kramte aus seinen Sachen fünf Sesterzen und hielt sie Gorgus hin.
    „Wenn du gleich wieder nach Portus Ostiensis zurück kehren möchtest, könntest du mir einen Gefallen tun?“, fragte er:
    Hier das Geld für einen Platz in einer Reisecarruca für später.“


    „Ich brauche keine Carruca, ich habe Füße“, erwiderte Gorgus und nahm das Geld trotzdem.
    So viel hatte er normalerweise im Monat, und ob er sich dafür Falernerwein gönnte oder einen Abend im Lupanar ging den Griechen nichts an:
    „Ja klar, ich tu dir einen Gefallen. Aber Gedichte hör ich mir nicht an.“


    Tiberios lächelte – versuchte sich Gorgonus gerade an einem Witz. Er beschrieb ihm den Weg zur Casa Leonis, gab ihm die Tabula mit, und Gorgus verabschiedete sich und brach auf.


    >>> Casa Leonis

    Culina >>>



    Tiberios lächelte ein wenig , als er den hochgewachsenen und furchteinflößend aussehenden Gorgonus brav warten sah, wobei der immer einen nervösen Blick auf den Molosser warf, der wie Kerberos den Eingang bewachte.


    "Ist gut, Aischylos, du kannst Aramis zurückpfeifen. ", sagte er: "Gorgus gehört zum Handelshaus der Furier."


    "Salve, Gorgonus, was führt dich her?", fragte Tiberios ihn .


    Gorgus schaute sich um: "Kann ich reinkommen?", fragte er.


    "Natürlich kannst du das. Schickt dich Cassander? Ist was bei euch nicht in Ordnung?"


    "Reinkommen", wiederholte Gorgus.


    Tiberios, der immer noch einen Krup Posca in der Hand trug, nickte:
    "Natürlich. Aber entschuldige die Unordnung. Wir sind gerade beim Saubermachen des Hypocaustums. Ich habe bestimmt Rußflecken im Gesicht."


    Tiberios labert wie immer viel, dachte Gorgus. Er war heilfroh, als sich die stabile Porta endlich hinter ihnen schloss und folgte dem Maiordomus in sein Officium.



    >>> officium