Beiträge von Tiberios

    Tiberios zuckte die Schultern, und als er sprach, klang seine Stimme akzentuiert und kalt:
    „Du fragst, für was ich Geld brauche, Dominus Saturninus? Ich spare, um mir endlich meine Freiheit zu erkaufen und ein Libertus zu werden. Dafür würde ich noch ganz andere Dinge tun, als Schmeicheleien und süße Worte von mir zu geben.“

    Als dominus Scato Tiberios frei gab, war es für ihn, als fiele ein Schatten über die Welt, und als würde der Park in plötzliches Dunkel getaucht. Wie Asche sah es in Tiberios‘ Gemüt aus, grau, kalt und kraftlos fühlte er sich, aber die über so viele Jahre eingeübte Haltung ließ ihn nicht in Stich, er verbeugte sich lächelnd wie ein Mime – acta est fabula, plaudite* - und dann sagte er mit klarer Stimme:
    Chairete, Dominus Scato. Jeden Buchstaben, den ich für dich schreiben durfte, habe ich mit Freude geschrieben, da Du ihn lesen würdest. Ich danke Dir für jeden einzelnen Moment. Es gibt kein Glück auf dieser Welt, das ich dir nicht wünsche! Chairete!

    Er hob die Hand und lächelte noch immer.


    Doch als Scato ihm Lebewohl gesagt hatte und er dachte, es könne ihn niemand mehr hören, rief er voller Zorn zum Himmel: „Grausamste Tyche, warum ließest du mich alles erreichen, was ich erreichen kann, um dich dann über mich lustig zu machen?! Wann habe ich es dir gegenüber an Respekt fehlen lassen?!“
    Er lehnte seine heisse Stirn gegen die steinerne Dryade, aber dem Stein war es gleich, dass ein Mensch an ihn gedrückt lautlos weinte.


    Erst nach einer ganzen Weile eilte Tiberios zur Casa Furia.



    Sim-Off:

    * Das Stück ist vorbei, applaudiert

    Tiberios schluckte und erhob sich, doch er schlug immer noch die Augen nieder:
    „In meiner freien Zeit darf ich für zahlende Kunden Übersetzungen aus dem Griechischen anfertigen.", sagte er leise:
    „Das ist sehr nützlich, weil ich so das Übersetzen nicht verlerne, und Domina Furia Stella hat nichts dagegen. Aber ich habe schon seit langer Zeit bemerkt, dass die Sesterze zahlreicher werden, wenn ich mich auch auf andere Weise...zugänglich zeige. Ein Streicheln hier, eine Berührung dort oder ein Kuss und…. Ich bekomme wesentlich mehr Trinkgeld als für den Schriftkram.
    Nur – Dominus Scato hat mir meinen Versuch, ihn zu umgarnen, fürchterlich übel genommen. Er hat mich alles Mögliche geheißen, deshalb habe ich geweint.“

    Tiberios fiel nach Alexandriner Sitte auf ein Knie und streckte eine Hand aus, er bat um Gnade und wirkte verzweifelt:
    "Dominus Saturninus, ich bin schlecht.", sagte er:
    "Alles ist alleine meine Schuld, und ich flehe dich an, mir zu vergeben!"

    Namenloser Park der Dryade Kraneia >>>

    Tiberios kam etwas zu spät und blieb sehr aufrecht vor dem Schreibtisch stehen, bevor er sich verbeugte:
    "Salve Dominus Saturninus. Ich sollte zu dir kommen, sobald ich zurück bin.", sagte er leise.
    Das letzte Wort des furischen Dominus an ihn war eine Drohung mit Strafe gewesen. Aber Tiberios fühlte nicht, dass ihn irgend etwas heute härter bestrafen konnte als der Abschied von dem einen geliebten Menschen.

    Dominus Scato zog Tiberios an sich, legte seinen Kopf an dessen Brust, und der Jüngling verging fast vor Seligkeit. Er streichelte das kurzgeschnittene blonde Haar des Urbaners, seine Ohren, seinen Nacken, in dem feine helle Härchen wuchsen, und nun wagte er es auch, mit den Lippen den Spuren seiner Finger nachzufahren.
    „Die Furier sind gut zu mir.“, erinnerte Tiberios flüsternd: „Dominus Furius Philus hat mich gekauft, obwohl er dachte, ich würde ihm gleich in der ersten Woche wegsterben, und Domina Furia Stella vertraute mir ihren ganzen Hausstand an.“
    Er hätte einer der vielen namenlosen Sklaven sein können, die schon auf dem Transport umkamen, und deren Leichen irgendwo zwischen Alexandria und Roma über Bord geworfen wurden. Stattdessen war Roma ihm zur zweiten Heimat geworden. Tiberios glaubte an die Führung von Tyche und an seinen persönlichen daimon.
    Das süße Gewicht von Scatos Haupt und die Wärme seiner Arme und Beine ließen sein Herz bis zum Halse schlagen. Der Urbaner war sanft mit ihm, so unendlich vertraut.
    Tiberios konnte nicht mehr sprechen, es schnürte ihm die Kehle zu, er konnte nicht einmal sagen, wie sehr er Scato vermissen würde. Nur seine Hände und sein Herzschlag sprachen: Niemals, solange er lebte, würde er diesen Mann vergessen, niemals aufhören, ihn zu lieben. Vielleicht war es deshalb sogar besser, dass er fort ging.
    Vielleicht war Tyche nicht ganz so erbarmungslos, wie es schien.

    Tiberios, der blieb, wo er war, wusste, dass sich alles um ein großes Missverständnis drehte:
    Für dominus Scato waren sie beide einfach zwei Männer, die sich Lebewohl sagten, und ein dritter störte dabei. Das kam weder aus philosophischen Überlegungen noch aus Kalkül; Scato hatte ihn, Tiberios, seit ihrer ersten Begegnung wie einen Menschen behandelt, ohne dass er es großartig begründet hatte.
    Vielleicht lag es an Terpander und der Tatsache, dass sein Lehrer der einzige in der Familie gewesen war, der den jungen Scato wirklich verstanden und geliebt hatte. Vielleicht war es nach einer solchen Erfahrung schwieriger, in Unfreien nichts weiter als sprechende Habe zu sehen.

    Dagegen war für dominus Saturninus das, was er wahrnahm, einfach nur, dass ein Fremder Hand an seinen Besitz legte. Dabei war er weder ungefällig noch geizig, er hätte ihn, Tiberios, sogar verliehen. Aber er wollte – und das war wichtig – um Erlaubnis gefragt werden.


    Wenn Tiberios ehrlich war, hätte er nichts dagegen gehabt, für eine Weile dominus Scato überlassen zu werden, um Abschied zu nehmen. Der Urbaner hätte einen dummen Witz über Lustknaben reißen und das Angebot akzeptieren können, und damit zwar Tiberios zu einem Gebrauchsgegenstand degradiert, der kein Mitspracherecht hatte, aber sich in Saturninus‘ Augen benommen wie ein typischer Römer.


    Doch Dominus Scato hatte Dominus Saturninus verjagt, als falle er lästig.
    Vermutlich hatte er sich den Furius zum Feind gemacht. Tiberios hätte sich deswegen schlecht fühlen müssen, aber dieses eine Mal versagte seine Selbstlosigkeit: Es war ein so großer Liebesbeweis.


    Vor Saturninus hatte Tiberios wenig Angst. Ohne die Erlaubnis seiner Domina würde er ihm nicht viel tun können.


    Tiberios legte seine Hand zurück an die Wange des Urbaners, streichelte sanft sein Gesicht.
    Kurz zitierte er Petronius Arbiter. „Qui asinum non potest, stratum caedit *“ um das Thema Aulus Furius Saturninus abzuhaken, dann beantwortete er Scatos Frage:
    „Für immer – nein. Es ist eher ein längerer Aufenthalt geplant. Du kannst mir schreiben: Casa Sergia, Broucheion Neapolis Alexandria ad Aegyptus. Wir werden irgendwann zurück kommen. Die Casa Furia wartet auf uns.“
    Es konnten Jahre ins Land gehen, das sprach er nicht aus.


    Sim-Off:

    *Wer den Esel nicht prügeln kann, prügelt den Sattel.

    Zitat

    Original von Aulus Furius Saturninus


    Tiberios hielt sich den Arm, der durch dominus Saturninus' Schlag wie Feuer brannte und bückte sich nach seinen Sachen, die auf dem Boden lagen. Die Tabula war zerbrochen, diesen Verlust konnte er finanziell verschmerzen, dem Griffel war nichts passiert. Er verwahrte ihn in seinem Beutel und sah nervös zu Dominus Saturninus hinüber. So grobe Behandlung war er nicht gewohnt, aber es wäre wirklich zu schlimm gewesen, wenn der Sklavenhändler seine Geste als Gebot interpretieren würde.


    Zitat

    Original von Iduna


    Tiberios sah dann auch, dass Iduna anwesend war, und dass deshalb vermutlich Angus seiner Hilfe, jemandem eine Nachricht zu schicken, nicht bedurfte. Iduna sprach mit einem jungen Mann, der ihr etwas aus einem Beutel anbot. Tiberios nickte der iulischen Cubicularia zu.
    Iduna sah traurig aus, natürlich wegen Angus, nahm Tiberios an.


    Wenn er sich gegenüber ehrlich war, wollte er nicht auf dem Sklavenmarkt sein. Die Idee dort verkauft zu werden war das einzige, das ihn wirklich ängstigen konnte; hier gab es Tränen und die dumpfe Hoffnungslosigkeit derer, die gerade auf Gedeih und Verderb in fremde Hände gegeben wurden. Lautlos bewegte der furische Sklave die Lippen und bat Tyche um einen glücklichen Ausgang für den Kelten dort oben auf dem Podest.

    Tiberios hatte sich noch nie in solch fachkundigen Händen befunden. Über den Zärtlichkeiten der liebkosenden Zunge, die über seine weiche Haut glitt und jeden geheimen Winkel ertasteten, vergaß er die düstere Umgebung und auch, dass den Soldaten vermutlich die Augen aus dem Kopf fielen. Der junge Alexandriner hatte vorher nicht vermutet, dass Terpander so liebevoll und konzentriert mit seinem Leib umgehen würde, doch nun wurde er eines Besseren belehrt. Mit jeder weiteren Berührung hatte er das Gefühl, durch seine Adern flöße anstatt Blut feuriges Silber. Ganz kurz dachte er daran, dass die Götter einst den Hermaphroditen gefragt hatten, wer mehr Lust empfände, Mann oder Frau, und er ihnen geantwortet hatte, dass die Frau tausendmal mehr. Auch die Seia, Dominus Scatos Mutter, war in den Genuss dieser Wonnen gekommen, die Satyros ihr spendete. Wenn das die Lust war, die Briseis erleben konnte, würde er ab heute für Terpander immer Briseis sein. Er seufzte wie ein Mädchen, während seine eigenen Hände Terpanders Haar und Nacken streichelten.

    Tiberios kannte den Mann, der gerade zum Kauf stand, in der Tat. Es war Angus, der keltische custos der Iulier, der Iulia Graecina beschützt hatte, als sie in der schmierigen Spelunke Sulamith und die ancilla zu befreien gekommen war.
    Auch bei der Werkschau des Dolios hatte er die Iulia begleitet. Das er nun auf dem Slavenmarkt gelandet war, erstaunte den furischen Sklaven, der davon ausgegangen war, dass Angus eine Vertrauensstellung bei seinen domini genoss, doch sehr.
    Wieder einmal dachte Tiberios, das nichts, aber auch gar nichts, sicher war auf dieser Welt. Es half nur wie ein Stoiker zu denken: Quo nos fata trabunt retrahunque sequamur.*
    Nicht die Stärke von Eisen, die Stärke von Wasser hielt welche wie sie am Leben, weich und nachgiebig sein, zurückweichen wie das Meer bei Ebbe, sich jeder Form anpassen. Sklaven, die anders dachten, standen irgendwann alle hier auf dem Podest, erst Eireann, jetzt Angus.
    Tiberios hätte gerne etwas für Angus getan (auch wenn ihm wie immer die Nase schmerzte, wenn er den hochgewachsenen Kelten sah). Er kramte in seinem Beutel, holte eine tabula und einen stilus hinaus. Dann machte er Angus mit beidem verstohlen ein Zeichen:
    Gibt es jemandem, den du eine Nachricht hinterlassen möchtest, wollte er ihm bedeuten, aber er wusste nicht, ob der Kelte ihn überhaupt wahrnehmen würde. Sein Blick ging wie in weite Ferne.


    Tiberios kannte diesen Blick nur zu gut aus eigener Erfahrung: Mein Körper ist hier. Ich bin weit weg.


    Sim-Off:

    * Man muss es (das Schicksal) annehmen wie es kommt.

    Tiberios war gerührt über Charislaus' Brief und über das Beutelchen mit dem Reiseproviant. Der liebe Charis, dachte er. Sorgen um ihn wie gesagt machte er sich nicht. Sie waren Sklaven, da war es nur gut, das Herz nicht allzu sehr an jemanden zu hängen.
    Tiberios machte sich aber auch keine Sorgen um Terpander. Von dessen Reaktion auf sein Schreiben ahnte er nichts. Er war sich nie sicher gewesen, ob der Spartiate ihn überhaupt leiden konnte oder ihn abgesehen von den Momenten, da er ihn zum Venusdienst begehrte, nur lästig fand. Das Terpander nicht antwortete, fand er daher nur natürlich.

    Dominus Scato hatte ihn losgelassen, als er sich auf die Bank setzte.


    Tiberios versuchte es halb scherzhaft, halb ernst: „Bitte beleidige meine domina nicht, sonst muss ich ihre Ehre verteidigen und werde gegen dich den Kürzeren ziehen.“ Es war natürlich ein Scherz, denn nie hätte er die Hand gegen einen civis erheben dürfen.


    Aber dann war ihm nicht mehr nach Scherzen zumute. Als Scato ihn losließ, tat er, was er lange nicht mehr getan hatte, da es in Roma selbst für einen Sklaven unüblich war, er sank auf die Knie.


    Dominus Scato wirkte so wütend, so überaus hasserfülllt und düster, dass Tiberios es nicht wagte, ihn anzusprechen geschweige denn zu berühren.


    Und dennoch wünschte sich der furische Sklave seltsamerweise, dass dieser Moment nicht vorbei gehen sollte.
    Gerade gab es nur sie beide, und niemals wieder würde Dominus Scato jener junge Mann sein, der er an diesem Tag in dem kleinen Park noch war; no humilis, ohne Niedrigkeit.
    Noch war er auf gewisse Weise unschuldig, denn er hatte noch nie oder zumindest noch nie routiniert getötet.
    In ein paar Jahren würde der Iunier vermutlich einer dieser milites sein, wie es so viele gab, abgebrüht und roh, vielleicht sogar zynisch und mit einer unausgesprochenen Verachtung allem gegenüber, was nicht römisch oder militärisch war.


    Niemals wieder würden sie sich ansehen , wie sie sich gerade angesehen hatten, der römische Urbaner und der griechische Sklave.


    Tiberios ahnte gerade wegen der heftigen Reaktion von dominus Scato, dass er ihn so lieb hatte wie er ihn, und der Kummer, ihm Kummer zu bereiten, zerriss ihn beinahe. Alles hätte er lieber getan, als Dominus Sisenna Iunius Scato zu kränken.
    Aber er blieb gefasst und still, den Kopf gesenkt, nur sein Atem ging schneller. Durch den Schleier der Tränen konnte er kaum etwas sehen.


    Dum loquimur, fugerit invida aetas*
    Immer noch kniete er. Dann legte er bittend seine schmale Hand auf dominus Scatos Knie.


    Sim-Off:

    *Noch während wir hier reden, ist uns bereits die missgünstige Zeit entflohen.

    Diesen Brief sendete Tiberios an Terpander, Sklave des Sisenna Iunius Scato:


    Chaire Térpandros,
    Ich kehre bald zurück nach Alexandreia, meine kyria schickt mich dort hin.
    So oft ich dich fragen wollte:
    Tis pothen eis andron?*
    So oft habe ich es nicht getan.
    Du warst mir hier in Rhoma das größte Rätsel.
    Ich danke dir für die Bitterkeit, und ich danke Dir für das Süße. Ich glaube, dass Du mir gegeben hast, was du mir geben konntest, vielleicht mehr als Du es selbst glaubst.
    Unvergesslich und teuer zugleich wirst du mir bleiben, Sohn der Chaidó.
    To pepromenon phygein adynaton**.
    Dennoch erflehe ich für Dich den Schutz der Götter, und bitte Dich, Briseis freundlich zu gedenken. Stell sie dir als einen glücklichen Menschen vor.


    Chairete Briseis


    Sim-Off:

    * Wer bist du unter den Menschen?
    **Es ist unmöglich, dem Schicksal zu entkommen.

    Tiberios, der bald aufbrechen sollte, hatte drei Briefe zum Abschied geschrieben. Dies war der Brief, der ihm am leichtesten gefallen war, da Tiberios nicht mit gemischten Gefühlen kämpfen musste: Der Jüngling war hell und licht gewesen wie ein Frühlingsmorgen.


    Salve mein lieber Charis,
    wenn es Dir gut geht, so ist es gut, und mir geht es gut.
    Dich habe ich nicht sehr lange gekannt. Doch um Dich sorge ich mich wenig, denn ich weiß, Du wirst lieben und geliebt werden, denn Du bist gut und liebenswert.
    Ich weiß nicht, wann wir uns wieder sehen, denn ich werde nach Alexandria reisen. Meine Domina sendet mich dort hin.
    Wenn Du traurig bist, wünsche ich dir, dass du post nubila phoebus denken kannst, und ich bitte dich, an mich freundlich zu denken, so wie ich es auch mit dir halten werde.


    Dein Tiberios



    Sim-Off:

    Die Taberne hat keinen Briefkasten. Daher hier :)
    * Nach den Wolken kommt die Sonne (Phoebus ist der Name Apollos als Sonnengott)

    „Und weiterhin spricht Medea: Und dem Land des Sisyphos will ich ein Götterfest und Opfer stiften für die Zukunft, diesem frevelhaften Mord zur Sühne. Diese Textstelle klingt kaum mehr verständlich, oder? Mit der Hera Burg ist nämlich der Tempel der Hera Akreia in Perachora gemeint, dort hatten die Korinther ein Heiligtum, bis die Römer es vor zweihundertsiebzig Jahren zerstörten.* Und dort hat man Medeas Söhne als Heroen verehrt. Sieben Mädchen und sieben Jungen aus vornehmen Familien versahen den Tempeldienst .Die Aufgabe der Kinder bestand darin, einmal im Jahr die Totenklage für Medeas Kinder zu wiederholen. Seneca hat diesen Bezug zum Korinther heraion dann weggelassen, so dass sein Ende wuchtiger und auch grausamer ist.", erklärte Tiberios zuvorkommend;
    Religionen und Kulte interessierten ihn so sehr, dass er sogar schon die Versammlungsorte der Christiani aufgesucht hatte, um mehr über ihren Kult zu erfahren, aber auch verbotenen magischen Ritualen, die den cthonischen Göttern gewidmet waren, hatte er einmal bereits beigewohnt.


    Als Dominus Serapio erklärte, dass sowohl Euripides als auch Senecas Stück unvergleichliche Kunstwerke seien, verstummte der Jüngling jedoch sofort ob dessen versöhnlicher Worte.
    Außerdem kam ihm in den Sinn, dass man seine Bemerkung über die Zerstörung des altehrwürdigen Korinth als Kritik an Roma verstehen konnte. Die ganze Bevölkerung von Korinth war damals entweder getötet oder versklavt worden. Nun jedoch herrschten andere Zeiten, Friedenszeiten. Es gab sehr viele graecophile Römer, deren geistige Heimat in Hellas lag. Auch Dominus Serapio, der die Musen liebte, musste doch alles Griechische lieben.


    Domnus Serapio streckte jetzt die Hand aus, um Tiberios genauer zu betrachten. Der furische Sklave wich nicht nur nicht aus, sondern stellte sich so hin, dass der Römer bequem sein Kinn anfassen und seinen Kopf zur Seite drehen konnte. Als Serapios Finger sanft über seine Wange strichen, lächelte er:
    "Ich stamme aus Alexandria, dominus Serapio. Ich danke dir für das Kompliment, dass ich dich an Nikolaos Kerykes erinnere, den früheren Epistates tou Mouseion"


    Die Worte, die Serapio sprach: Alexandria, das Museion, Nikolaus Kerykes, die Blemmyer ließen das Herz des jungen Sklaven so hoch schlagen, als sei der römische Ritter das Tor zu einer Welt voller Wunder, die nur darauf warteten, entdeckt zu werden:
    Das kühne Antlitz des Serapio, die durchdringende blaue Blick: Welch Köstlichkeiten hatte er gesehen, welche Höhen erklommen, in welche Tiefen war er gestürzt? War er in die Ferne wie Phidias gefahren? Was konnte er berichten?


    Und nun konnte Tiberios sich nicht zurückhalten, zu fragen:
    „Dominus Serapio, hast du später dann die Blemmyer erblickt? Ist es denn wahr, was Plinius Maior in der Historia naturalis schreibt: Das sie acephaloi, kopflose daimones sind und ihre Augen und Mund auf der Brust tragen?“



    Tiberios applaudierte spöttisch drei, vier Mal, dann sagte er:
    Komodía oder auch tragodía, so genau weiß ich es noch nicht bei dir, Kyriakos von Sparta. Ich sollte für meinen Auftritt als Medea Unterricht bei dir nehmen, so begabt wie du als Schauspieler bist.
    Dein Talent, dir Freunde zu machen, besteht darin, dass du den Schmierenkomödianten gibst, wenn du den Mund aufmachst. Deine ahnungslosen Kunden, die tapferen Urbaner, vermutlich sogar die unglückliche Eireann, sind auf deine Komödie reingefallen, genauso wie diese bedauernswerten Toten wie diese Dame mit dem fuchsroten Haar, die hier begraben liegt .
    Ich jedoch kenne deinesgleichen. Du bist edler Herkunft, aber tief gesunken. Leute wie Du werden zum Gladiator, zum Kriminellen oder pornos. Aber ihre alte Arroganz sinkt nicht mit ihrem Stern, so dass sie viel Unheil anrichten können.
    Hättest du nicht behaupten können, einer deiner Lupos hat eine Laterne umgestoßen, so dass es zum Brand in deinem Ganymed kam?
    Aber nein, du musstest ein achtzehnjähriges Helotenmädchen, das weder Fürsprecher hatte noch sonst eine Verteidigung, opfern, um deine eigene Haut zu retten oder auch nur darum, weil sie und ihresgleichen für dich weniger bedeuten als der Staub unter deinen Füßen.
    Ich habe mit Eireann nichts mehr zu schaffen. Sie war all das, was ich für sie riskiert habe, nicht wert, genauso wenig wie es mein Ideal einer reinen Iusticia wert war, irgend etwas dafür zu riskieren. Ich möchte nur wissen, ob sie die Information, wo ich zu finden bin, an jemanden weiter gegeben hat, der mir Böses will.
    Du hast gewonnen; Tibi gratulor*! Ich habe mit dir keinen Streit, also werde ich nun gehen.“

    Auch Sklaven hatten ihre subtile Weise, Verachtung ausdrücken zu können, und Tiberios vermied es in diesem Gespräch auf koine, Kyriakos als kyrios, Herren, anzusprechen, wie es ihm als Unfreiem angestanden hätte.


    Langsam, ohne den Spartiaten und seine Wurfklinge aus den Augen zu lassen, erhob er sich.



    Sim-Off:

    *ich gratuliere Dir